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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 22 U 194/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
BGB § 463
BGB §§ 276, 463

Leitsätze:

1. Ein Rechtsanwalt, der im Wege des Regresses in Anspruch genommen wird, weil er für den Käufer eines Gebrauchtwagens den Vorprozeß, in welchem dieser wegen arglistiger Täuschung durch den Verkäufer gemäß § 463 BGB den großen Schadenersatz geltend gemacht hatte, fehlerhaft geführt hat, haftet mangels Schadens des Mandanten nicht für solche Schadensposten, die nicht Gegenstand des Vorprozesses waren.

2. Bei einem mit einem Stand von 109.000 km für 18.700 DM erworbenem BMW 318i ist der Gebrauchsvorteil auf 0,20 DM pro km jedenfalls nicht zu hoch geschätzt.

3. Der Gebrauchtwagenkäufer, der ein Urteil auf großen Schadenersatz erwirkt hat, kommt mit seiner Rückgabepflicht erst in Verzug, wenn der Verkäufer nach Rechtskraft des Urteils die Rückgabe anmahnt.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2001 - 22 U 194/00 - rechtskräftig


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL

22 U 194/00 3 O 211/00 LG Wuppertal

Verkündet am 27.04.2001

Gehenzig, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf, auf die mündliche Verhandlung vom 06. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller- Piepenkötter und die Richterin am Landgericht Schuh-Offermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 30. Oktober 2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.381,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. März 2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte 23 % und der Kläger 77 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt: Der Sohn des Kl kaufte am 13.2.1998 bei dem Autohaus S einen gebrauchten BMW 319i mit einer Gesamtfahrleistung von 109.000 km für 18.700 DM. Der Kl, dem sein Sohn sämtliche Ansprüche abgetreten hatte, nahm die Verkäuferin wegen bei Vertragsschluß bewußt nicht offenbarter Vorschäden auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch. Er beauftragte den Bekl, die Ansprüche klageweise geltend zu machen. Nachdem diese Klage nur teilweise Erfolg hatte, verlangt der Kl von dem Bekl Schadenersatz wegen fehlerhafter Prozeßführung. Der Kl macht geltend, der Bekl habe zu den Kreditkosten falsch vorgetragen. Zudem habe der Bekl vergessen, den Aufwand für die Anschaffung neuer Reifen geltend zu machen. Infolge falscher Antragstellung sei ein zu hoher Gebrauchsvorteil abgezogen worden. Da der Bekl nicht auf die Rückgabepflicht nach Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß hingewiesen habe, sei der Pkw nicht schon im Oktober 1999 zurückgegeben worden. Der Bekl müsse deshalb auch für die Reparaturkosten in Höhe von 5.135,97 DM infolge eines am 14.1.2000 eingetretenen Motorschadens einstehen.

Das LG hat die Klage durch unechtes Versäumnisurteil in vollem Umfang abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat nur in Höhe von 2.381,00 DM nebst Zinsen Erfolg, insoweit ist der im Termin am 06. April 2001 säumige Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen, im übrigen ist die Berufung durch unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch nur wegen der im Vorprozess geltend gemachten aber nicht schlüssig begründeten Kreditkosten zu, aber nicht wegen der weiter geltend gemachten Positionen, da hinsichtlich des Gebrauchsvorteils ein fehlerhaftes Verhalten des Beklagten und hinsichtlich der Reifen- und Reparaturkosten ein Schaden nicht festgestellt werden kann.

1. Hinsichtlich der Kreditkosten, die der Beklagte als Hauptforderung in Höhe der Bearbeitungsgebühr und im übrigen als Nebenforderung in Höhe der Kreditzinsen im Vorprozess geltend gemacht hatte, ist die im übrigen wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers des Fahrzeugs gemäß § 463 BGB begründete Schadensersatzklage gegen den Gebrauchtwagenverkäufer abgewiesen worden, weil der Beklagte vorgetragen hatte, der Kläger habe den Kredit aufgenommen und das Landgericht Düsseldorf damit einen Schaden des Zedenten, dessen Ansprüche der Kläger geltend gemacht hatte, nicht hat feststellen können. Dies beruht auf einer Pflichtverletzung des Beklagten, weil er nach dem als zugestanden anzusehenden Vorbringendes Klägers wusste, dass Kreditnehmer der Zedent war. Auch die Finanzierungskosten wären als nutzlose Aufwendungen vom Verkäufer zu erstatten gewesen und bei ordnungsgemäßer Erfüllung der dem Beklagten aufgrund des Anwaltsvertrages obliegenden Verpflichtung zu sachgerechtem Vortrag im Vorprozess zuerkannt worden.

2. Wegen der Reifen ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein Schaden entstanden ist, weil der Beklagte diese Forderung im Vorprozess nicht geltend gemacht hat.

Denn der Schadensersatzanspruch ist durch den Vorprozess nicht beschränkt und der Kläger nicht gehindert, diesen Anspruch, der noch nicht Streitgegenstand des früheren Verfahrens gegen den Verkäufer war, noch nachträglich geltend zu machen.

Auch ist der Anspruch, da er auf arglistigem Verschweigen eines Fehlers des gekauften Fahrzeugs beruht, nicht verjährt. Es gilt nämlich die dreißigjährige Verjährungsfrist, da § 477 BGB die kurzen Verjährungsfristen nur für Wandelung und Minderung und den Schadensersatzanspruch wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft, nicht dagegen für den Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers anordnet.

3. In dem Vorprozess hat das Landgericht den vom Kläger zu erstattenden Gebrauchsvorteil mit 0,20 DM pro km jedenfalls nicht zu hoch geschätzt. Eine Berufung, mit der ein niedrigerer Abzug hätte durchgesetzt werden sollen, hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Nichteinlegung der Berufung war nicht fehlerhaft.

Die vom Kläger geltend gemachten 0,67 % pro 1.000 km entsprechen einer zu erwartenden Laufleistung von 150.000 km. Von einer solchen Laufleistung kann bei einem BMW 318i, der bereits einen Kilometerstand von 109.000 km aufweist, jedoch nicht mehr ausgegangen werden.

Wenn man unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung und der technischen Ausstattung für ein Neufahrzeug dieser Klasse eine Gesamtlaufleistung von 200.000 km zugrundelegt, ergibt sich bei der noch verbleibenden Laufleistung von 91.000 km ausgehend von dem Nettokaufpreis unter Berücksichtigung des vereinbarten Rabatts schon etwas mehr als der angesetzte Betrag von 0,20 DM (Kaufpreis[18.700] : Restnutzungsdauer[91.000] = 0,20549 DM). Dabei ist nicht berücksichtigt, dass der eigentlich vereinbarte Kaufpreis, welcher den Wert des Fahrzeugs wiedergibt, 20.950,00 DM betrug, woraus sich ein höherer Gebrauchsvorteil pro km ergeben würde.

Dass das Landgericht die Zahl der von seinem Sohn gefahrenen Kilometer zu hoch angesetzt hätte, behauptet der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr.

4. Zu Recht hat das Landgericht die Klage auch wegen der Erstattung der Reparaturkosten für den Motorschaden im Januar 2000 abgewiesen. Denn insoweit ist wiederum ein Schadendes Klägers deshalb nicht feststellbar, weil der Ersatzanspruch gegen den Autoverkäufer nicht ausgeschlossen ist.

Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass zu den dem Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges, der wegen arglistigen Verschweigens von Unfallschäden den großen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 BGB geltend macht, zu erstattenden nutzlosen Aufwendungen auch die Reparaturkosten, die der Wiederherstellung und Erhaltung der Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs dienen, gerechnet werden müssen. Mindestens hat ein Bereicherungsausgleich zu erfolgen (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rdn. 784, 785 für den Fall der Wandelung). Um eine solche Reparatur handelte es sich bei der Beseitigung des Motorschadens.

Das Landgericht geht weiter zutreffend davon aus, dass der Anspruch ausgeschlossen ist, wenn der Käufer sich mit der Rückgabe der Kaufsache in Verzug befindet, weil er dann gemäß § 287 S. 2 BGB auch für zufälligen Untergang oder zufällige Beschädigung der Sache haftet.

Verzug mit der Rückgabe des Fahrzeug bestand jedoch nachdem Vortrag des Klägers im Januar 2000 nicht. Er trat entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht bereits mit Kenntnis des Urteils im Vorprozess ein, denn der Käufer ist erst ab Rechtskraft des Urteils verpflichtet, die Kaufsache zurückzugeben (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rdn. 2018). Er trat auch nicht ohne Mahnung mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils gemäß § 284 Abs. 2 BGB ein, denn dies war für den Kläger kein kalendermäßig bestimmter Termin, sondern allenfalls kalendermäßig aufgrund der Zeitpunkte der Zustellung an die Parteien berechenbar. Dabei hing der Zeitpunkt der Rechtskraft nicht nur von der Zustellung an den Kläger, sondern auch von der Zustellung an den Beklagten des Vorprozesses ab. Verzug hätte deshalb nur durch eine Mahnung nach Fälligkeit gemäß § 284 BGB herbeigeführt werden können. Eine solche verzugsbegründende Mahnung ist nicht erfolgt. Die Mahnung der Autoverkäufers vom 21.10.1999 mit Fristsetzung bis zum 25.10.1999 konnte Verzug nicht begründen, weil zu diesem Zeitpunkt mangels Rechtskraft des Urteils die Fälligkeit des Rückgabeanspruch noch nicht eingetreten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 546 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für die Berufung: 10.210,82 DM; Beschwer des Beklagten 2.381,00 DM; Beschwer des Klägers: 7.829,82 DM.

Ende der Entscheidung

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