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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.06.2001
Aktenzeichen: 22 U 218/00
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 638 Abs. 1
AGBG § 11 Nr. 10 f
1.

Die Lieferung und Montage einer aus zwei Spritzkabinen nebst Be- und Entlüftungsanlage bestehenden, 5,70m hohen, 21m langen und 15m breiten Anlage in dem Neubau einer Werkhalle zur Produktion von Containern und anderen Behältern sind Bauwerksarbeiten im Sinne des § 638 Abs.1 BGB.

2.

Ziffer VII Abs.2 der VDMA-Bedingungen, durch die die Gewährleistungsfrist einheitlich auf sechs Monate beschränkt wird, ist wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 f AGBG, der grundsätzlich auch auf Verträge zwischen Kaufleuten anzuwenden ist, unwirksam.


Oberlandesgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am 29. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 9. November 2000 wird zurückgewiesen.

die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Die Kl beauftragte die Bekl 1995 mit der Lieferung und Montage von zwei Spritzkabinen nebst Be- und Entlüftungsanlage in dem Neubau ihrer Werkhalle zur Produktion von Containern und anderen Behältern in L. Die Anlage wurde durch Inbetriebnahme am 16.4.1996 abgenommen. In der Folgezeit traten Schäden an den Zu- und Abluftkanälen auf. Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens verlangt die Kl von der Bekl Zahlung eines Vorschusses auf die Mängelbeseitigungskosten. Die Bekl beruft sich vor allem auf Verjährung.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl hat keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 26.692,00 DM auf die Kosten verurteilt, die voraussichtlich zur Beseitigung der Mängel an der von ihr errichteten Be- und Entlüftungsanlage für die Spritzkabinen in der Werkshalle der Klägerin in L erforderlich sind. Die Gewährleistungsansprüche der Klägerin wegen der Mängel sind nicht verjährt.

Mängel der Anlage

Durch das Gutachten, das der Sachverständige Prof. Dr. H in dem selbständigen Beweisverfahren 20 H 28/97 AG Lübben unter dem 23.06.1998 (28 ff d. A. 20 H 28/97 AG Lübben) erstellt hat, ist erwiesen, daß die von der Beklagten errichtete Anlage die in dem Gutachten im einzelnen beschriebenen und durch eine Lichtbildreihe dokumentierten Mängel aufweist. Ursachen sind, wie der Sachverständige in seinem Gutachten anschaulich dargelegt und erläutert hat, planerische konstruktive Fehler und Ausführungsfehler, die sich teilweise überlagern. Die Konstruktion der Zu- und Abluftkanäle ist insgesamt "zu weich" angelegt; das Zusammenwirken von statischen und dynamischen Lasten ist nicht genügend berücksichtigt worden. Am Zuluftkanal sind, wie der Sachverständige festgestellt hat, die wegen dessen Länge gegebenen statischen Verhältnisse nicht ausreichend berücksichtigt worden; zudem fehlt es den einzelnen Kanalelementen an ausreichender Stabilität und die Schraubverbindungen der Trennbleche halten der starken dynamischen Belastung nicht stand. Der auf dem Hallendach angebrachte Zuluftkrümmer hat sich infolge Windeinwirkung verzogen. Die nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen auch am Abluftkanal infolge des starken Luftstroms auftretenden starken dynamischen Belastungen haben ferner dazu geführt, daß Schraubverbindungen der Bleche der Ablufthauben ausgerissen sind.

Während die Schäden an den Ablufthauben, wie der Sachverständige Prof. Dr. H dargelegt hat, durch Anbringen von soliden Verstärkungen und Befestigungen an den kritischen Stellen behoben werden können, erfordert die Behebung der Mängel an der Zuluftanlage die vollständige Erneuerung des Zuluftkanals, die den konstruktiven Erfordernissen Rechnung trägt. Eine Sanierung des Zuluftkanals durch Anbringen von Verstärkungen und Versteifungen an den vorhandenen Bauteilen scheidet aus, nachdem - worauf der Sachverständige zutreffend hinweist - ein bereits in der Vergangenheit von Seiten der Beklagten durchgeführter Nachbesserungsversuch keinen Erfolg gebracht hat.

Voraussichtliche Kosten der Mängelbeseitigung

Die Beseitigung der Mängel erfordert, wie der Sachverständige Prof. Dr. H in seinem ergänzenden Gutachten vom 22.05.2000 (Bl. 159 ff GA) ausgeführt hat, unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Kostensteigerungen einen Aufwand von 26.692,00 DM. Die von der Beklagten hiergegen erhobenen Einwendungen gehen fehl.

Ein Vergleich der Preise für die von der Beklagten eingebauten Bauelemente (vgl. S. 1 der Auftragsbestätigung der p GmbH vom 26.10.1995 (Bl. 221 GA) mit den von dem Sachverständigen Prof. Dr. H veranschlagten Kosten verbietet sich schon im Hinblick darauf, daß die Qualität der von der Beklagten gelieferten und montierten Bauelemente in der aufgezeigten Weise mangelhaft war.

Ob die nach der Darstellung der Beklagten von einer S GmbH in D angebotenen "Kanalteile" den konstruktiven Anforderungen entsprechen, kann aufgrund der Materialbeschreibung in dem Schriftstück Bl. 222 GA nicht beurteilt werden. Zudem betrifft der Angebotspreis Bl. 222 GA nur die reinen Materialkosten, während die von dem Sachverständigen Prof. Dr. H veranschlagten Kosten auch die Montage umfassen. Die Preise sind deshalb nicht vergleichbar.

Einer weiteren Aufklärung durch Erheben weiterer Beweise über die Höhe der zu erwartenden Nachbesserungskosten bedarf es nicht. Die von dem Sachverständigen anhand von Erfahrungswerten geschätzten Nachbesserungskosten reichen als Grundlage für die Berechnung des Vorschußanspruchs nach § 633 Abs. 3 BGB aus, zumal der Vorschuß der Klägerin nicht endgültig zugesprochen wird, diese vielmehr nach durchgeführter Nachbesserung über die tatsächlich entstandenen Kosten mit der Beklagten abrechnen muß.

Verjährung

Der Vorschußanspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verjährt. Der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der festgestellten Werksmängel unterliegt der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB.

Entweder ist die von der Beklagten gelieferte und montierte, aus zwei Spritzkabinen nebst Be- und Entlüftungsanlage bestehende Anlage selbst ein Bauwerk im Sinne des § 638 Abs. 1 BGB. Dafür sprechen schon ihre Größe (5,7 m hoch, bis 21 m lang und insgesamt etwa 15 m breit) sowie der Umstand, daß sie schon durch ihr Gewicht mit dem Boden und darüber hinaus auch durch die unter Pos. 4 der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 31.08.1995 (Bl. 43 ff, 53 GA) beschriebene Aufhängung an Quer- und Längsträgern mit dem Gebäude fest verbunden ist (vgl. BGH BauR 1999, 670 = NJW 1999, 2434 - Förderanlage für eine Automobilproduktion).

Oder aber es handelt sich bei der Anlage um einen Teil der - wie aus dem Auftragsschreiben vom 26.07.1995 (Anlg. K1 - Bl. 8 GA) hervorgeht - neu erbauten Werkhalle zur Produktion von Containern und anderen Behältern. Als solche hatte sie eine aus der Zweckbestimmung der Werkhalle hergeleitete Funktion für diese zu erfüllen und diente damit deren Herstellung. Auch in diesem Fall stellten die Lieferung und Montage der Anlage Arbeiten bei Bauwerken im Sinne des § 638 Abs. 1 S. 1 BGB dar (vgl. BGH NJW 1987, 837 = MDR 1987, 397 = BauR 1987, 205, 206).

Die fünfjährige Verjährungsfrist war ungeachtet ihrer Unterbrechung durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens 20 H 28/97 AG Lübben noch nicht verstrichen, als der Beklagten die Klageschrift am 24.02.1999 zugestellt wurde (Bl. 28 GA).

Die Gewährleistungsfrist ist auch nicht gemäß VII, Abs. 1 der "Allgemeine Bedingungen für Lieferungen von Maschinen für Inlandsgeschäfte" (VDMA-Bedingungen - Bl. 42/428 GA) abgekürzt worden.

Zweifel bestehen bereits, ob die VDMA-Bedingungen überhaupt auf die Vertragsbeziehungen der Parteien Anwendung finden. Die Beklagte hat zwar in dem Angebot, durch dessen Annahme das Vertragsverhältnis nach der eigenen Darstellung der Klägerin zustande gekommen ist (vgl. Bl. 2 GA), ihre Leistungen "zu unseren Verkaufs- und Lieferbedingungen" angeboten. Die Klägerin hat jedoch bereits im ersten Rechtszug die Behauptung der Beklagten, sowohl ihrem Angebot als auch der Auftragsbestätigung (Bl. 44 ff GA) seien die VDMA-Bedingungen beigefügt gewesen (vgl. Bl. 35 GA), bestritten (vgl. Bl. 62 GA). Sind die VDMA-Bedingungen aber dem Angebot der Beklagten (und auch ihrer Auftragsbestätigung) nicht beigefügt gewesen, sind sie nicht wirksam in die Vertragsbeziehungen der Parteien einbezogen worden. Zwar kann im Verkehr zwischen Kaufleuten, wie den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits, die ausdrückliche Einbeziehung von AGB auch dann wirksam sein, wenn diese dem für den Vertragsschluß maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der andere Teil ihren Inhalt nicht kannte. Auch hier gilt aber der Grundsatz, daß der Verwender dem anderen Teil ermöglichen muß, vom Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (vgl. BGHZ 102, 293, 304 = NJW 1988, 1210, 1212). Wenn auch nicht in jedem Fall die Aushändigung solcher zusätzlicher Vertragsbedingungen an den kaufmännischen Vertragspartner notwendig ist, muß er doch regelmäßig klar und eindeutig darauf hingewiesen werden. Dabei muß die Bezugnahme auf die Vertragsbedingungen so gefaßt sein, daß bei dem Vertragspartner keine Zweifel auftreten können und er auch sonst in der Lage ist, sich über die Bedingungen ohne weiteres Kenntnis zu verschaffen (BGH a. a. O.).

Bei dem in der ersten Zeile jeder Angebotsseite wiederholten Hinweis der Beklagten, "zu unseren Verkauf- und Lieferbedingungen bieten wir an", ist dies nicht der Fall. Er läßt insbesondere nicht erkennen, daß die - an sich gebräuchlichen und unschwer zugänglichen - VDMA-Bedingungen einbezogen werden sollten, so daß die Klägerin allein aufgrund des Hinweises in dem Angebot der Beklagten gar nicht in der Lage war, sich von dem Inhalt der AGB, die die Beklagten zum Gegenstand der Vertragsbeziehungen machen wollte, Kenntnis zu verschaffen.

Die Beklagte hat zwar behauptet, der Text der VDMA-Bedingungen sei ihrem Angebot beigefügt gewesen, und hat diese Behauptung durch das Zeugnis ihres Mitarbeiters N unter Beweis gestellt. Dem Beweisantritt braucht jedoch nicht nachgegangen zu werden. Selbst wenn die VDMA-Bedingungen in der von der Beklagten behaupteten Weise wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind, ist durch die unter VII dieser Bedingungen getroffene Verjährungsregelung die gesetzliche fünfjährige Verjährungsfrist nicht wirksam verkürzt worden. Die Klausel unter VII, Abs. 2 der VDMA-Bedingungen, durch die die Gewährleistungsfrist einheitlich auf sechs Monate beschränkt wird, ist wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 f AGBG, der grundsätzlich auch auf Verträge zwischen Kaufleuten anzuwenden ist (vgl. BGHZ 90, 274, 277 f = BGH NJW 1984, 1750, 1751 f; BGHZ 122, 241, 245 ff = BGH NJW 1993, 2054 f), unwirksam.

Dem Rechtsmittel der Beklagten mußte hiernach der Erfolg versagt bleiben.

Nebenentscheidungen

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz und zugleich Beschwer der Beklagten: 26.692,00 DM.

Ende der Entscheidung

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