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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.09.2001
Aktenzeichen: 22 U 47/01
Rechtsgebiete: AGBG


Vorschriften:

AGBG § 9
AGBG § 11 Nr. 10 b
In den in einen Kaufvertrag über neue Möbelstücke einbezogenen AGB des Verkäufers, durch welche diesem ein Recht zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung eingeräumt wird, sind die Klauseln:

"Macht der Verkäufer von seinem Nachbesserungsrecht Gebrauch und schlägt ein zweiter Nachbesserungsversuch fehl, leben die gesetzlichen Gewährleistungsrechte, nämlich Minderung des Kaufpreises oder Rückabwicklung des Kaufvertrags (Wandlung) wieder auf.

Dies gilt auch dann, wenn der Verkäufer eine ihm zur Mängelbeseitigung gesetzte Frist und Nachfrist verstreichen läßt, ohne den Mangel zu beheben."

wegen Verstoßes gegen §§ 9, 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz unwirksam.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 47/01

Verkündet am 14.09.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 24. August 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und die Richterin am Landgericht Schuh-Offermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 15. Dezember 2000 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.737,81 DM Zug um Zug gegen Rückgabe der Sitzgarnitur "Lupus", bestehend aus zwei Sesseln und einem dreisitzigen Sofa, Holzart: Teak, Bezugsstoff: Fiedler Texas, Farbe Nr. 2, zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte mit der Rücknahme der Sitzgarnitur in Annahmeverzug ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kl bestellte am 2.3.1999 bei der Bekl eine Sitzgarnitur bestehend aus zwei Sesseln und einem dreisitzigen Sofa. In dem Vertrag wurde auf die umseitig abgedruckten AGB der Bekl verwiesen, die unter anderem die im Leitsatz zitierten Klauseln enthielten. Nach Lieferung der Sitzgarnitur am 29.4.1999 und Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 10.737,81 DM rügte der Kl am 19.8.1999 den unterschiedlichen Musterverlauf der einzelnen Kissen sowie sich nach jedem Gebrauch bildende Mulden in den Sitzkissen. Die Bekl bot an, die Kissen wegen des unterschiedlichen Musterverlaufs auszuwechseln, bestritt jedoch Mängel der Sitzkissen. Mit Schreiben vom 12.11.1999 begehrte der Kl Wandlung und erhob am 30.11.1999 Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Sitzgarnitur. Die Bekl beruft sich auf Verjährung, verweist darauf, dass der Kl den Austausch der Bezüge nicht zugelassen habe und stellt im übrigen Mängel in Abrede.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Dem Kläger steht ein Recht zur Wandelung des Kaufvertrages über die Sitzgarnitur und damit ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 459, 467, 346 BGB zu.

1.

Es liegt ein Kaufvertrag und kein Werklieferungsvertrag vor, da der Kläger eine vertretbare Sache erworben hat, denn sowohl Ausführung als auch Bezugsstoff waren nach Katalog ausgesucht und nicht speziell nur für den Kläger angefertigt.

2.

Die Sitzgarnitur weist zwei Mängel auf.

Der Bezugsstoff ist so verarbeitet, dass der Musterverlauf auf den einzelnen Kissen nicht einheitlich ist. Die Streifen sind unterschiedlich breit verarbeitet. Dass dieses nicht fachgerecht ist, stellt die Beklagte nicht in Abrede.

Außerdem ist die Polsterung mangelhaft. Dies steht fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen W (Bl. 82 GA). Der Sachverständige hat festgestellt, dass die vom Kläger beanstandete Muldenbildung in den Sitzen von Couch und Sesseln vorhanden und darauf zurückzuführen ist, dass die Bespannung der Holzrahmen, auf denen die Sitzkissen aufliegen, sich infolge der Benutzung ausgedehnt hat und eine Mulde aufweist. Da die Federkerneinlage in den Sitzkissen rundherum mit einem Schaumstoffstreifen umgeben ist, haben die Sitzkissen selbst horizontal keinen Halt, so dass bei Belastung die Federkerneinlage nach unten aus dem Schaumstoffstreifen heraus in die Mulde der Sitzbespannung hineingedrückt wird und in dieser Form auch bleibt. Bei Verwendung eines Kaltschaumkissens wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen die Mulde in der Sitzbespannung zwar ebenfalls entstanden, jedoch würde nach der Belastung das Kissen von selbst wieder die ursprüngliche Form annehmen, so dass optisch die Mulde wieder verschwände. Das Sachverständigengutachten wird von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Danach weist die Sitzgarnitur jedenfalls in der angebotenen Ausführung - Unterlage mit sich ausdehnender Bespannung in Verbindung mit Sitzkissen mit Federkerneinlage - einen Mangel auf, denn die Bildung einer Mulde, die auch nach der Benutzung nicht wieder verschwindet, kann nicht als ordnungsgemäße Ausführung einer Sitzgarnitur angesehen werden. Darauf, ob die Beklagte dem Kläger Kaltschaumkissen empfohlen hat, weil sich bei Kissen mit Federkern nach dem Aufstehen die Rückbildung nicht sofort in voller Höhe einstelle und gelegentlich Faltenwurf entstehe (Bl. 25 GA), kommt es nicht an, denn dies entspricht nicht der vom Sachverständigen festgestellten und von der Beklagten gerade bestrittenen dauerhaften Muldenbildung.

3.

Die Wandelung ist auch nicht durch § 5 der AGB der Beklagten (Bl. 29 GA) ausgeschlossen, wonach diese das Recht zur Nachbesserung oder Nachlieferung hat.

Diese Klausel ist gemäß §§ 9, 11 Nr. 10 b AGBG unwirksam. Zwar werden dem Käufer für den Fall des Fehlschlagens der Nachbesserung die gesetzlichen Gewährleistungsrechte Minderung des Kaufpreises oder Rückabwicklung des Kaufvertrages vorbehalten. Jedoch soll dies nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, die zum einen unklar formuliert und zum ändern zu eng sind, gelten.

Die Formulierung "Macht der Verkäufer von seinem Nachbesserungsrecht Gebrauch und schlägt ein zweiter Nachbesserungsversuch fehl, ..." lässt schon nicht klar erkennen, wann der Käufer die gesetzlichen Gewährleistungsrechte ohne einen Nachbesserungsversuch des Verkäufers geltend machen kann, da nicht klargestellt ist, wann und wie der Verkäufer zu erkennen geben muss, ob er von seinem Nachbesserungsrecht Gebrauch macht, und weil die Möglichkeit des Fehlschlagens deshalb, weil von vornherein feststeht, dass Nachbesserung nicht möglich ist, und der Verkäufer Nachlieferung ablehnt, sich aus der Klausel ebenfalls nicht klar ergibt.

Diese Klausel benachteiligt den Käufer auch deshalb unangemessen, weil in jedem Fall dem Verkäufer zwei Nachbesserungsversuche zugestanden werden. Danach müsste der Käufer auch dann einen zweiten Nachbesserungsversuch hinnehmen, wenn durch grobes Verschulden der Beklagten oder ihrer Hilfspersonen der erste Versuch fehlgeschlagen wäre (vgl. BGH NJW 1998, 677, 678).

Außerdem verstößt § 5 der AGB gegen § 11 Nr. 10 b AGBG, weil nicht alle möglichen Fälle des Fehlschlagens der Nachbesserung, die zum Wiederaufleben der gesetzlichen Gewährleistungsrechte führen, hinreichend deutlich genannt sind (vgl. BGH a.a.O.). Die Alternative der Verweigerung fehlt. Die ungebührliche Verzögerung der Nachbesserung ist an unangemessene Voraussetzungen geknüpft. Denn das Recht zur Ausübung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche soll nicht nur die Gewährung einer angemessenen Zeit zur Nachbesserung und das Verstreichen dieser Zeit voraussetzen, sondern eine ausdrückliche Fristsetzung und auch noch die Setzung einer Nachfrist. Dem Käufer wird mit dem Erfordernis der doppelten Fristsetzung eine weit über die angemessene Zeit zur Mängelbeseitigung hinausgehende Verzögerung zugemutet.

4.

Der Anspruch auf Wandelung ist auch nicht verjährt.

Die Lieferung der Sitzgarnitur erfolgte am 29.04.1999. Hinsichtlich der Bezüge hat die Beklagte schriftlich am 24.10.1999 unter Bezugnahme auf vorherige mündliche Erklärungen den Mangel anerkannt und Nachbesserung durch Nachlieferung angeboten. Das Schreiben vom 24.10.1999 lag innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 477 Abs. 1 BGB und unterbrach die Verjährung gemäß §§ 208, 477 Abs. 3 BGB für alle konkurrierenden Gewährleistungsansprüche, weil in dem Angebot der Nachlieferung das Bewusstsein zum Ausdruck kommt, für den Mangel Gewähr leisten zu müssen (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 208 Rdn. 5; BGH NJW 1988, 254, 255).

Die damit erneut in Gang gesetzte Verjährungsfrist von sechs Monaten ist durch die Einreichung der Klageschrift am 03.12.1999 gemäß § 209 Abs. 1 BGB an diesem Tage unterbrochen worden, da die Klage demnächst am 21.12.1999 zugestellt worden ist (§ 207 Abs. 1 ZPO).

Darauf, ob hinsichtlich des Mangels der Polsterung Verjährung eingetreten ist, kommt es nicht mehr an, da bereits der Mangel des Bezugsstoffes die Wandelung rechtfertigt.

II.

Die vom Kläger weiter angesprochenen Ansprüche aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen wegen Verletzung der Beratungspflicht und aus §§ 306, 812 BGB, weil die Lieferung einer mängelfreien Sache unmöglich sei, kommen neben den Gewährleistungsansprüchen nicht in Betracht, hinsichtlich der Mängel des Kaufgegenstandes schließen die Gewährleistungsregeln diese Ansprüche aus (vgl. Palandt, a.a.O., Heinrichs zu § 306 Rdn. 14, Putzo Vorbem. vor § 459 Rdn. 7, jeweils m.w.N.).

III.

Das Interesse an der Feststellung des Annahmeverzuges ergibt sich aus § 756 ZPO, die Begründetheit aus §§ 293, 295 BGB, da wegen der Weigerung der Beklagten, der Wandelung zuzustimmen, das wörtliche Angebot ausreicht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß, § 546 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer der Beklagten: 10.737,81 DM; dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges kommt neben dem Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises kein selbständiger Wert zu.

Ende der Entscheidung

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