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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.11.1999
Aktenzeichen: 22 U 96/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 482
BGB § 492
BGB § 487
BGB § 481
BGB § 480 II
BGB §§ 482, 492, 487, 481, 480 II

Leitsätze:

1.

Die Aujeszkysche Krankheit (A.K.) von Schweinen ist kein Hauptmangel; wenn die Zusicherung des Verkäufers, die Schweine seien A.K.-frei, sich als unrichtig herausstellt, kann der Käufer Wandelung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen.

2.

Ein Viehhändler, der an einen Schweinemäster in einem Gebiet, das als frei von Aujeszkyscher Krankheit (A.K.) gilt, Ferkel ohne amtstierärztliche Bescheinigung aber mit der Erklärung liefert, die Tiere seien A.K.-frei, sichert damit nur zu, daß die Ferkel aus einem als A.K.-frei geltenden Bestand stammen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.11.1999 - 22 U 96/99

rechtskräftig


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 96/99 5 O 271/98 (Landgericht Wuppertal)

Verkündet am 12.11.1999

Tellmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

W D, M Str. 15, T,

Kläger und Berufungskläger,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte

gegen

F W B, T Str. 82, H

Beklagter und Berufungsbeklagter,

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22.10.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, die Richterin am Oberlandesgericht Müller-Piepenkötter und den Richter am Landgericht Galle für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 20.04.1999 teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.270 DM nebst 4 % Zinsen daraus seit dem 25.09.1998 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 91 % und der Beklagte zu 9 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 8.500 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaften erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger betreibt einen Schweinemastbetrieb, der Beklagte ist Viehhändler. Die Parteien standen seit längerer Zeit in Geschäftsbeziehung. 1998 bezog der Kläger von dem Beklagten in vier Lieferungen 317 Ferkel zu einem Gesamtkaufpreis von 41.614,08 DM:

 LieferdatumAnzahl der TiereKaufpreis
28.1.1998556.270,00 DM
12.2.19989212.459,08 DM
25.2.19988611.610,00 DM
13.3.19988411.275,00 DM
Summe31741.614,08 DM

Der Beklagte hatte die Tiere von verschiedenen Ferkelzüchtern erworben. Über die Lieferungen wurden jeweils Auftragsbestätigungen erstellt, auf deren Rückseite die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten abgedruckt sind (Bl.31 R GA). Dort ist u.a. ausgeführt:"

"4. Der Verkäufer haftet nur für die gesetzlichen Hauptmängel und nur im gesetzlichen Umfang ...

9. Abweichende Vereinbarungen gelten nur, wenn sie schriftlich besonders vereinbart sind."

Der Betrieb des Klägers liegt in einer Zone, die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung zum Schutz gegen die Aujeszkysche Krankheit vom 10.11.1997 (nachf. VO) als frei von Aujeszkyscher Krankheit (nachf.: A.K.) gilt. Die A.K. ist eine hochinfektiöse Viruskrankheit mit einer Inkubationszeit von maximal 3 Wochen. Sie führt in der Regel zum Tod des Tieres. Während einer am 25.3.1998 durchgeführten amtstierärztlichen Untersuchung wurden einigen Tieren Blutproben entnommen. Die Analyse der Proben ergab, daß die Tiere vom A.K.-Virus befallen waren. Das Veterinäramt der Kreisverwaltung Neuwied erließ daraufhin gegen den Kläger Sperrverfügungen, wonach ihm erlaubt wurde, die schlachtreifen Tiere zu veräußern, und der übrige Bestand unter amtlicher Aufsicht zu töten war (Verfügungen vom 31.03.1998 und 06.04.1998, Bl.86 ff. und 164 ff. GA). Der Beklagte beantragte bei der Tierseuchenkasse des Landes Rheinland-Pfalz eine Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz. Von dieser erhielt er in 2 Zahlungen einen Betrag von insgesamt 90.571,44 DM, der wie folgt berechnet wurde:

 Wert von 807 Tieren (Anl.3 zur Berufungsbegründung)173.166,40 DM
./. Erlös aus der Veräußerung von 197 Tieren brutto47.076,10 DM
Rest126.090,30 DM
Davon 2/384.060,20 DM
zzgl. Kosten der Verwertung/Tötung6.511,24 DM
Summe90.571,44 DM

Die Tierseuchenkasse kürzte den Betrag von 126.090,30 DM um 1/3 mit der Begründung, der Kläger habe entgegen § 4 Abs. 2 VO Schweine ohne die erforderlichen Gesundheitsbescheinigungen in seinen Bestand eingestellt; außerdem habe er das nach § 24c Viehverkehrsordnung zu führende Bestandsregister nicht vorgelegt (Verfügung vom 07.09.1998 Bl. 160 ff. GA).

Der Kläger hat mit Klageschrift vom 23.07.1998 einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 68.674,73 DM geltend gemacht, den er wie folgt berechnet hat:

 Kaufpreise für die Lieferungen vom 28.1., 12.2., 25.2., 13.3.199841.614,08 DM
entgangener Gewinn für 5 Monate85.060,65 DM
Erneuerung der alten Stallungen15.000,00 DM
Gesamtschaden141.674,73 DM
./. Abschlagszahlung der Tierseuchenkasse73.000,00 DM
Summe8.674, 73 DM

Den entgangenen Gewinn hat er wie folgt berechnet (Rechenfehler sind berichtigt):

 Anzahl der 1997 eingekauften Schweine1.735
./. 2,5 % Tierverluste1.692
Erlös bei einem Marktpreis von 353,21 DM/Schwein 597.631,32 DM
./.Einkaufspreis -240.000,00 DM
./.Futterkosten v. 81 DM/Schwein -137.052,00 DM
./.sonstige Kosten -16.450,00 DM
Jährlicher Deckungsbetrag 204.129,32 DM
Monatlich 17.010,78 DM
Für 5 Monate 85.053,88 DM

Mit Schriftsatz vom 22.02.99 (Bl.32 GA) hat er die Abschlagszahlung der Tierseuchenkasse mit 78.500 DM beziffert und eine weitere Zahlung der Tierseuchenkasse in Höhe von 12.071,44 DM auf den Schaden angerechnet. In Höhe von 5.500 DM hat er die Klage zurückgenommen. In Höhe von 12.071,44 DM hat er den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Der Kläger hat behauptet, Tiere aus der Lieferung des Beklagten seien mit dem A.K.-Virus infiziert gewesen. Der Beklagte habe ihm wider besseres Wissen erklärt, die Lieferungen seien A.K.-frei.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 51.103,29 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen,

2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm allen weiteren Schaden zuzüglich 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage zu ersetzen, der ihm aus den Viehlieferungen vom 28.1., 12.2., 25.2. und 13.3.1998 entsteht, soweit nicht Forderungsübergang auf die Tierseuchenkasse des Landes Rheinland-Pfalz erfolgt.

3. festzustellen, daß der Rechtsstreit in Höhe von 12.071,44 DM erledigt ist.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die von ihm gelieferten Tiere seien nicht mit dem A.K.-Virus behaftet gewesen. Alle seine Zulieferbetriebe seien A.K.-frei. Im Rahmen des vom Veterinäramt der Kreisverwaltung Neuwied durchgeführten Anhörungsverfahrens habe er sämtliche erforderlichen A.K.-Bescheinigungen vorgelegt. Die Krankheit könne auch durch Lieferungen anderer Händler eingeschleppt worden sein. Soweit er geäußert habe, die Lieferungen seien A.K.-frei, habe er im besten Wissen und Gewissen gehandelt. Der vom Kläger angegebene Marktpreis für ein Schwein sei zu hoch angesetzt. Derzeit müsse mit einem Verlust von 80 DM pro Schwein gerechnet werden.

Das Landgericht Wuppertal hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, daß die Lieferungen des Beklagten mit dem A.K.-Virus verseucht gewesen seien. Der Kläger habe nicht behauptet, daß der Amtstierarzt den Virus bei Tieren aus der Lieferung des Beklagten festgestellt habe, bevor diese mit anderen Schweinen zusammengeführt worden seien. Nur dann wäre auszuschließen gewesen, daß sich diese Tiere nicht erst im Stall des Klägers infiziert hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des angefochtenen Urteils sowie des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 20.4.1999 (Bl.45 bis 52 GA) verwiesen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 23.4.1999 zugestellte Urteil vom 20.4.1999 Berufung eingelegt, die am 21.5.1999 eingegangen ist.

Er behauptet, er habe mit Rücksicht darauf, daß Rheinland-Pfalz A.K.-freie Zone sei, beim Kauf Gesundheitszeugnisse des jeweiligen Herkunftsbetriebes verlangt. Bei einigen Lieferungen habe der Beklagte keine Gesundheitszeugnisse ausgehändigt, sondern mündlich zugesichert, die Schweine seien amtstierärztlich untersucht; er sei in der Lage, die Bescheinigungen auf Anforderung umgehend nachzureichen. Der Kläger nimmt auf eine vom Veterinäramt der Kreisverwaltung Neuwied erstellte Tabelle (Anl. 1, Bl. 85 GA) Bezug und behauptet weiter, daß aus dem dort aufgeführten Gesamtlieferumfang von 889 Schweinen lediglich 40 Schweine aus dem Betrieb W D stammten; die übrigen Schweine seien vom Beklagten geliefert worden. 82 Schweine seien zum Zeitpunkt der Entdeckung der Krankheit bereits verkauft gewesen. Hinsichtlich der Lieferanten, die in Spalte 5, lfd. Nr. 1-4, 6-11 aufgeführt sind, sei der Beklagte außerstande gewesen, im Anhörungsverfahren Gesundheitsbescheinigungen vorzulegen. Nur deshalb habe die Tierseuchenkasse den Betrag von 126.090,30 DM um 1/3 gekürzt.

Hinsichtlich der Schadensberechnung nimmt er auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Abweichend von der erstinstanzlichen Schadensberechnung bringt er die erstatteten Verwertungs-/Tötungskosten (6.511,24 DM) nicht mehr in Abzug, so daß er eine Schadensersatzforderung von 57.614,53 DM (141.674,73 DM-84.060,20 DM) errechnet.

Hilfsweise macht er die Differenz zwischen dem gekürzten und dem vollen Entschädigungsbetrag (= 42.030,10 DM) zuzüglich eines zehnprozentigen Mehrwertsteueraufschlags mit der Behauptung geltend, die Tierseuchenkasse hätte ihn in voller Höhe entschädigt, wenn der Beklagte die fehlenden A.K.-Nachweise nachgereicht hätte. Auf die Differenz seien, so meint er, 10 % aufzuschlagen. Im Verkaufsfalle hätte er den zehnprozentigen Mehrwertsteuersatz behalten dürfen, da er pauschal zur Mehrwertsteuer herangezogen werde.

Er beantragt,

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils

a) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 57.614,53 DM nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen,

b) festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm allen weiteren Schaden nebst 4 % Rechtshängigkeitszinsen zu ersetzen, der ihm aus den Viehlieferungen vom 28.1., 12.2., 25.2. und 13.3.1998 entstanden ist und entsteht, soweit solche Ansprüche nicht im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Tierseuchenkasse des Landes Rheinland-Pfalz übergegangen sind,

2. die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet mit Nichtwissen, die Zusicherung abgegeben zu haben, daß die gelieferten Tiere A.K.-frei seien. In der mündlichen Verhandlung vom 22.10.1999 hat er erklärt, eine A.K.-Bescheinigung zu der Ferkelzucht V, von der er die Schweine aus der Lieferung vom 28.01.1998 bezogen habe, nicht vorlegen zu können. Im übrigen, so behauptet er, lägen zu sämtlichen Herkunftsbetrieben amtstierärztliche Bescheinigungen vor. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 03.09.1999 und 07.10.1999 (Bl. 144 bis 149 GA und Bl.179 bis 187 GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Der Kläger kann gemäß §§ 492, 481, 480 Abs. 2 BGB lediglich den Kaufpreises aus dem Vertrag vom 28.01.1998 als Schaden geltend machen, da der Beklagte die am 28.01.1998 gelieferten Schweine nicht aus einem als A.K.-frei geltenden Betrieb bezogen hat. Hinsichtlich der übrigen Kaufpreiszahlungen bestehen keine Erstattungsansprüche, da die am 12.02., 25.02., 13.03.1998 gelieferten Tiere aus als A.K.-frei geltenden Beständen stammten und der Beklagte keine Garantie für die Gesundheit der Tiere übernommen hat. Ein Anspruch auf Erstattung des sonstigen Schadens (entgangener Gewinn, Aufwendungen zur Stallerneuerung) setzt voraus, daß die Tierseuche aus einem nicht als A.K.-frei geltenden Bestand eingeschleppt worden ist; die somit einzig in Betracht kommende Lieferung vom 28.01.1998 kann indes aufgrund der kurzen Inkubationszeit der Krankheit nicht schadensursächlich gewesen sein. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Kürzung der Entschädigungsleistung entstanden ist. Im einzelnen:

1)

Die A.K. ist kein Hauptmangel i.S.d. § 482 Abs.2 BGB, so daß § 492 BGB zur Anwendung kommt. Diese Vorschrift verweist u.a. auf § 487 Abs. 1 BGB, wonach der Käufer nur Wandlung - nicht Minderung - verlangen kann. § 487 Abs. 1 BGB schließt aber nach seinem Sinn und Zweck Schadensersatzansprüche wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§§ 480 Abs. 2, 463 S. 1 BGB) nicht aus (RGZ 60, 234 ff.), so daß über § 481 BGB die Vorschrift des § 480 Abs. 2 BGB gilt.

Der Beklagte hat dem Kläger zugesichert, daß die verkauften Schweine aus Beständen stammen, die den Voraussetzungen der Anlage zu § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 14 Abs. 3 VO (nachf. Anl. zur VO) entsprechen. Die vom Kläger behauptete Erklärung des Beklagten, die Gesamtlieferung sei A.K.-frei, die Bestände seien amtstierärztlich untersucht, entsprechende Bescheinigungen werde er nachreichen, bedarf der Auslegung (§§ 133, 157 BGB). Nach den Umständen war die Erklärung nicht dahin zu verstehen, daß der Beklagte die Gewähr für die A.K.-Freiheit der Tiere übernehmen wollte. Dagegen spricht schon Nr. 4 seiner Geschäfts- und Lieferbedingungen, wonach er für die Abwesenheit einer Krankheit der vorliegend in Rede stehenden Art keine Gewähr übernahm. Die Erklärung diente der Beruhigung des Klägers, da dieser auf der Vorlage amtstierärztlicher Bescheinigungen bestand und der Beklagte die Bescheinigungen nicht vorlegen konnte (Bl.33 GA). Daraus folgt, daß sie keinen weitergehenden Erklärungswert hatte, als der Inhalt der Bescheinigungen, deren Vorlage der Kläger verlangte. Wie sich aus der Anl. zur VO und der Krankheitsentwicklung der A.K. ergibt, bietet eine gemäß der Anl. zur VO erstellte amtstierärztliche Bescheinigung keine Gewähr, daß der untersuchte Bestand zum Zeitpunkt des Kaufs A.K.-frei ist. Die Bescheinigung kann nur eine auf den Augenblick der Untersuchung bezogene Erklärung abgeben. Da sich der Gesundheitszustand eines Tieres, wie für jedermann erkennbar ist, ständig verändern kann, lassen sich aus dem Ergebnis einer längere Zeit zurückliegenden Untersuchung für den Zustand zum Zeitpunkt des Kaufs keine brauchbaren Schlußfolgerungen ziehen (BGH NJW-RR 1986, 1438). Die der amtstierärztlichen Bescheinigung zugrunde liegende Untersuchung kann bis zu einem Jahr zurückliegen. Nach erfolgreicher Basisuntersuchung (Abschnitt I der Anl. zur VO) gilt der Bestand als A.K.-frei. Zur Aufrechterhaltung dieses Status finden im Regelfall in Abständen von 6 Monaten stichprobenhaft blutserologische Untersuchungen statt (Abschnitt II der Anl. zur VO). Die Kontrolluntersuchungen können auf maximal 12 Monate verlängert werden. Da die A.K. hochinfektiös ist und die Inkubationszeit zwischen 1 Tag und drei Wochen liegt, liegt es auf der Hand, daß ein Schweinebestand trotz derartiger Untersuchungen zum Zeitpunkt des Kaufs von der A.K. befallen sein kann.

Die Herkunft aus einem als A.K.-frei geltenden Bestand ist aber eine Eigenschaft der Kaufsache im Sinne der §§ 492, 480 Abs. 2 BGB, da sie als wertbestimmender Faktor der verkauften Sache anhaftet und für den Käufer von erheblicher Bedeutung ist. Das ergibt sich schon aus § 4 Abs. 2 VO und Abschnitt II Ziff. 6 der Anl. zur V0, wonach in Bestände, die als A.K.-frei gelten, nur Schweine in Begleitung amtstierärztlicher Bescheinigungen eingeführt werden dürfen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Herkunft auch zugesichert. Die Wichtigkeit der Bescheinigungen war ihm bekannt; weil er sie nicht vorlegen konnte, wollte er für die Herkunft der Schweine einstehen.

Der Vortrag des Klägers, der Beklagte habe ihm erklärt, die Schweine seien A.K.-frei, gilt als zugestanden, da der Beklagte die Behauptung unzulässig mit Nichtwissen bestritten hat, § 138 Abs. 4 ZPO.

Bei den am 28.01.1998 erworbenen Schweinen war die vereinbarte Eigenschaft nicht vorhanden, da der Beklagte die Schweine aus einem Bestand bezogen hatte, der nicht im Sinne des § 1 Abs. 2 VO A.K.-frei war. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.10.1999 eingeräumt, eine A.K.-Bescheinigung zu dem Lieferbetrieb V nicht vorlegen zu können, so daß davon auszugehen ist, daß eine solche auch nicht existiert. Die am 12.02., 25.02., 13.03.1998 gelieferten Schweine hatten hingegen die zugesicherte Eigenschaft, da zu sämtlichen in Spalte 5, Zeilen 9 bis 11 der Liste aus Anl.1 (Bl.85 GA) aufgeführten Betriebsnummern AK-Bescheinigungen vorliegen, die zum Zeitpunkt der Lieferung gültig waren (vgl. Bl.180 bis 187 GA). Der Kläger hat die inhaltliche Richtigkeit dieser Schriftstücke nicht bestritten.

2)

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung des entgangenen Gewinns und der Aufwendungen zur Stallerneuerung.

Wie oben dargelegt, bieten die Bescheinigung nach § 1 Abs. 2 VO keine Gewähr dafür, daß die Schweine zum Zeitpunkt des Kaufs tatsächlich frei von A. K. sind. Daraus folgt, daß der Beklagte für die aus der Einschleppung der Krankheit resultierenden Schäden nicht haftet, wenn Tiere aus den Lieferungen vom 12.02., 25.02., 13.03.1998 infiziert gewesen sein sollten. Die Lieferungen erfolgten aus als A.K.-frei geltenden Betrieben. Vor dem Risiko, daß auch in solchen Betrieben die A.K. auftreten kann, sollte die Zusicherung nicht schützen.

Der Beklagte ist aber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er AK-infizierte Schweine aus Beständen geliefert hat, die den Status der A.K.-Freiheit im Sinne des § 1 Abs. 2 VO nicht besaßen. Die Einstellung von Beständen, die keinen tierärztlichen Kontrollen unterliegen, erhöht die Gefahr einer Verbreitung der A.K. wesentlich. Die Verpflichtung zur Lieferung aus Beständen mit dem Status der A.K.-Freiheit bezweckte die Vermeidung dieses Risikos.

Folglich kann der Kläger den entgangenen Gewinn und die Kosten der Stallerneuerung nur verlangen, wenn Schweine aus der Lieferung vom 28.01.1998 infiziert waren. Das ist aber aufgrund der kurzen Inkubationszeit von 1 Tag bis maximal 3 Wochen und der hohen Ansteckungsfähigkeit der Krankheit ausgeschlossen. Die Krankheit wäre lange vor dem 25.03.1998 augenfällig geworden, wenn sie durch die Lieferung vom 28.01.1998 eingeschleppt worden wäre. Erst recht gilt das für die vor dem 28.01.1998 gekauften Schweine, so daß es offen bleiben kann, woher der Beklagte diese bezogen hat.

3)

Der Kläger kann auch nicht die Kürzung des Entschädigungsbetrags als Schaden geltend machen. Die Argumentation des Klägers, die Tierseuchenkasse hätte die volle Entschädigungssumme bezahlt, wenn der Beklagte die A.K.-Bescheinigungen vollständig vorgelegt hätte, scheitert bereits an dem Umstand, daß die Entschädigungskürzung auch auf einen Verstoß gegen die Buchführungspflicht gestützt wurde (S. 2 des Bescheides der Tierseuchenkasse vom 07.09.1998 (Bl.161 GA)). Überdies oblag es dem Kläger, die A.K.-Bescheinigungen, die offenbar zum überwiegenden Teil vorhanden waren (vgl. 180 bis 187 Bl. GA), bei dem zuständigen Veterinäramt des Kreises Kleve zu beschaffen. Da ihm die Betriebskennziffern bekannt waren, wäre er hierzu ohne besondere Mühe in der Lage gewesen.

4) Da der Beklagte nicht für den Schaden haftet, der durch die Einschleppung der A.K. entstanden ist, hat auch der Feststellungsantrag keinen Erfolg.

5)

Im angefochtenen Urteil wurde auch der erstinstanzlich gestellte Antrag, festzustellen, daß durch die Zahlung der Tierseuchenkasse vom 17.09.1998 Erledigung eingetreten ist, abgewiesen. Da der Kläger uneingeschränkt Berufung eingelegt hat, wendet er sich auch dagegen. Er verfolgt aber den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag nicht weiter. Ziffer 2 des Berufungsantrags ist dahin auszulegen, daß der Kläger nunmehr die Feststellung begehrt, daß der Beklagte auch die auf den Betrag von 12.071 DM entfallenden Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dieser Antrag hat keinen Erfolg, da die Voraussetzungen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht dargelegt sind.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert:

a)Antrag Lit. a): 57.614,53 DM

b)Antrag Lit. b): 15.000 DM

c)Antrag auf Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, den auf den Betrag von 12.071,44 DM entfallenden Kostenanteil zu tragen: unter 1.000 DM (Differenz der bis zum 22.02.199 angefallenen Prozeßkosten bei einem Streitwert von 83.674,73 und bei einem Streitwert von 71.603,29 DM).

Beschwer für den Kläger: über 60.000 DM.

Beschwer für den Beklagten: 6.270 DM.



Ende der Entscheidung

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