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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.07.2003
Aktenzeichen: 23 U 135/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AO, KStG 1977


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 529
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
BGB § 389
AO § 42
KStG 1977 § 7
KStG 1977 § 8
KStG 1977 § 8 Abs. 3 Satz 2
1. Übernimmt ein Steuerberater die steuerliche Beratung einer Gesellschaft, deren Gesellschafter - für ihn erkennbar - in demselben Geschäftsbereich im Ausland eine weitere Gesellschaft gegründet haben, die in Konkurrenz zu der Muttergesellschaft treten kann, so ist der Steuerberater verpflichtet, zumindest in allgemeiner Form auf mögliche Probleme hinzuweisen, die sich im Zusammenhang mit der Besteuerung des Gewinns der ausländischen Gesellschaft ergeben können (z. B. verdeckte Gewinnausschüttung). Zu einer ins einzelne gehenden, abschließenden Überprüfung ist der Steuerberater aber insbesondere bei komplexen Sachverhalten nur aufgrund eines gesonderten Prüfauftrags verpflichtet.

2. Macht der Mandant einen Schaden wegen der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch die Finanzverwaltung geltend und hängt letzteres von Kriterien ab, die der Steuerberater auch bei pflichtgemäßer Beratung nicht hätte beeinflussen können, so fehlt es an der Ursächlichkeit einer im Beratungszeitpunkt gegebenen Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden. Das gilt auch dann, wenn die fehlenden Auswirkungen der Pflichtverletzung darauf beruhen, dass sich zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt die Rechtsprechung der Finanzgerichte geändert hat.

3. Der haftpflichtige Berater hat dem Mandanten vermögensmäßig lediglich so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde; der Geschädigte darf im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als das, was er nach der materiellen Rechtslage verlangen kann. Die hierzu erforderliche Differenzrechnung setzt einen Gesamtvermögensvergleich voraus, bei der alle Folgen des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

4. Dem Berufungsführer steht es frei, seine rechtliche Bewertung der vom Berufungsgericht nach § 529 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen auch außerhalb der Berufungsbegründung in den Grenzen, die § 533 ZPO setzt, zu ergänzen. Ein Verstoß gegen § 520 Abs. 3 ZPO liegt hierin nicht.


Tenor:

Die Berufungen der Beklagten zu 1. bis 3. gegen das am 5. Juni 2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 1. zu 79 %, die Beklagte zu 2. zu 7 % und der Beklagte zu 3. zu 14 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht mit der Klage Honorarforderungen aus der steuerlichen Beratung der Beklagten geltend. Die Beklagten rechnen hiergegen mit einer Schadensersatzforderung auf und machen den überschießenden Betrag im Wege der Widerklage mit der Begründung geltend, die Klägerin habe sie nicht ausreichend über die Gefahren einer verdeckten Gewinnausschüttung unterrichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 536 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten verneint. Hiergegen wenden sich die Berufungen der Beklagten. Ihre erstinstanzlich noch erhobenen gebührenrechtlichen Einwendungen gegen die Klageforderungen machen sie nicht mehr geltend. Ebenso verfolgen sie ihre Schadensersatzansprüche nur noch teilweise, nämlich hinsichtlich der angeblich unzureichenden Beratung der Klägerin zu der verdeckten Gewinnausschüttung vor und während des finanzgerichtlichen Verfahrens, indes nicht mehr hinsichtlich der erstinstanzlich darüber hinaus noch behaupteten sonstigen Pflichtverletzungen der Klägerin weiter.

Die Beklagten haben im Berufungsverfahrens zunächst hinsichtlich der Beratung zur verdeckten Gewinnausschüttung ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und die Ansicht vertreten, mit einer Entgeltvereinbarung im Jahre 1994 hätten die spätere Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch das Finanzgericht und die entsprechenden steuerlichen Belastungen der Beklagten vermieden werden können. Die Pflichtverletzung der Klägerin liege darin, dass sie sie - die Beklagten - nicht entsprechend beraten habe. Auf einen Hinweis des Senats verfolgen die Beklagten diese Argumentation nicht mehr weiter, weil mit Blick auf eine geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur verdeckten Gewinnausschüttung bei einer Tätigkeit der Gesellschafter, die mit der Gesellschaft konkurriert, eine Kausalität der pflichtwidrig unterbliebenen Beratung der Klägerin im Jahre 1994 zu verneinen sei. Sie stützen ihre Gegenforderungen aber nunmehr auf die Ansicht, die Klägerin habe ihnen im Jahre 1998 pflichtwidrig nicht zu einer Fortsetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens, sondern zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung des Finanzamts geraten. Dabei habe die Klägerin die Rechtsprechungsänderung nicht berücksichtigt.

Der Beklagte zu 4. hat seine Berufung vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Beklagten zu 1. bis 3. haben zunächst im Berufungsverfahren ihre Gegenforderungen zur Aufrechnung gestellt und den weitergehenden Betrag hilfsweise für den Fall, dass die Aufrechnung Erfolg hat, im Wege der Widerklage geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 2.6.2003 haben sie dieses Hilfsverhältnis fallen gelassen und beantragen nunmehr,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Klage abzuweisen,

2. auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen,

a) an die Beklagte zu 1. 298.045,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

b) an die Beklagte zu 2. 1.683,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

c) an den Beklagten zu 3. 24.621,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit

zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine Pflichtverletzung liege weder bei der Erstberatung im Jahre 1994 noch bei der Beratung im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verständigung im Jahre 1998 vor. Im übrigen fehle es an einer Kausalität einer Pflichtverletzung in 1994 für den geltend gemachten Schaden. Letzterer sei im übrigen nicht ausreichend dargelegt sei, weil die Beklagten keinen Gesamtvermögensvergleich vorgenommen hätten. Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 4. sei zu 50 % an der "H...." (H...) beteiligt gewesen, so dass ohnehin eine Hinzurechnungsbesteuerung der Gewinne der H... nach dem Außensteuergesetz vorzunehmen sei. Schließlich vertritt die Klägerin die Ansicht, die im Berufungsverfahren erfolgte Klageerweiterung sei gemäß § 533 ZPO unzulässig. Gegenüber Ansprüchen aus einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verständigung beruft die Klägerin sich auf die Einrede der Verjährung.

II.

Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1. bis 3. bleiben in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben und die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Beklagten zu 1. bis 3., soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens sind, verneint.

1. Die Klageforderungen sind in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe entstanden. Davon ist im Berufungsverfahren mangels Berufungsangriffs der Beklagten auszugehen.

2. Die Klageforderungen sind nicht infolge der Aufrechnung der Beklagten nach § 389 BGB erloschen. Schadensersatzansprüche der Beklagten bestehen nicht.

a) Dabei kann dahin stehen, ob ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus positiver Verletzung eines Steuerberatervertrages auch der Beklagten zu 1. und dem Beklagten zu 3. zustehen kann, obwohl ein Vertrag über eine steuerliche Beratung nur zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2. und 4. bestand. Die Beklagten zu 1. und 3. könnten in den Schutzbereich dieses Vertrages einbezogen sein. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht erforderlich, weil die sonstigen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nicht gegeben sind.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin scheitert ein derartiger Schadensersatzanspruch allerdings nicht bereits daran, dass eine Pflichtverletzung der Klägerin bei der Erstberatung im Jahre 1994 zu verneinen wäre. Der Steuerberater hat nämlich im Rahmen seines Auftrags seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten (vgl. nur BGH GI 2003, 108, 109 m. w. Nachw.). Eine Pflichtverletzung hat die Klägerin dadurch begangen, dass sie die Beklagte zu 2. nicht zumindest in allgemeiner Form auf mögliche Probleme hinwies, die sich im Zusammenhang mit der Besteuerung des in Hongkong von der H... erzielten Gewinns ergeben konnten. Für die Klägerin war nämlich bei den Gesprächen im Jahre 1994 trotz deren sehr allgemeinen Inhalts erkennbar, dass es der Beklagten zu 2. darauf ankam, ob in bestimmter Beziehung hinsichtlich der unternehmerischen Gestaltung des Unternehmens Änderungen angezeigt schienen bzw. ob zu einzelnen Punkten eine weitergehende Prüfung erfolgen sollte. Auch wenn die Klägerin den Sachverhalt anhand der ersten Gespräche nicht abschließend steuerrechtlich beurteilen konnte, so hätte sie doch das Thema einer verdeckten Gewinnausschüttung ansprechen müssen. Diese kam und kommt stets bei einer Tätigkeit von Gesellschaftern, die mit derjenigen der Gesellschaft konkurriert, in Betracht. Dieses Konkurrenzverhältnis war für die Klägerin auch schon bei den ersten Gesprächen erkennbar. Das hätte dann anschließend Anlass für einen weitergehenden, freilich auch gesondert zu vergütenden Prüfauftrag der Beklagten zu konkreten Empfehlungen der Klägerin sein können.

c) Weitere Einzelheiten zu der Pflichtverletzung im Jahre 1994 können aber offen bleiben, weil diese Pflichtverletzung nicht kausal für den geltend gemachten Schaden war. Das hat das Landgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen.

Zunächst kann als naheliegend und einzig vernünftig unterstellt werden, dass die Beklagte zu 2. auf einen entsprechenden allgemeinen Hinweis der Klägerin dieser einen weitergehenden Prüfungsauftrag hinsichtlich des Problems einer Versteuerung der in Hongkong erzielten Gewinne in Deutschland erteilt hätte. Die Klägerin hätte dann die steuerrechtliche Lage bereits im Jahre 1994 zu prüfen gehabt. Aber auch derart umfassend beraten hätten die Beklagten den geltend gemachten Steuerschaden nicht vermeiden können.

aa) Das Finanzamt hat die Hinzurechnung der Einkünfte der H... bei der Beklagten zu 1. mit § 42 AO begründet. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, wenn man sie mit der ausführlichen Argumentation des Finanzamts als gegeben ansieht, hätten auch durch einen entsprechenden Hinweis des Klägerin im Jahre 1994 nicht vermieden werden können. Jedenfalls behaupten die Beklagten keine Handlungsalternative, die diese Folge gehabt hätte. Weder eine dafür erforderliche vollständige Umstrukturierung des Handels in Hongkong noch eine Aufgabe des gerade Gewinn erzielenden Geschäfts in Hongkong kamen ernsthaft in Betracht.

bb) Dasselbe gilt für eine eventl. Besteuerung nach dem Außensteuergesetzt (AStG), dessen §§ 7,8 unter bestimmten, hier zweifelhaften und zwischen den Parteien zum Teil streitigen (Beteiligung des Beklagten zu 4. zu 50 % an der H...) Voraussetzungen eine Steuerpflicht inländischer Gesellschafter wegen der Einkünfte ausländischer Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, vorsehen.

cc) Auch hinsichtlich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung war die Pflichtverletzung der Klägerin nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden. Die Ursächlichkeit ist deshalb zu verneinen, weil die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung von Kriterien abhängt, die die Klägerin auch bei pflichtgemäßer Beratung nicht hätte beeinflussen können. Das entspricht inzwischen, nach einem entsprechenden Hinweis des Senats, auch der übereinstimmenden Auffassung der Parteien. Dem liegt folgende Überlegung zugrunde:

Die Beklagten haben sich darauf gestützt, sie hätten mit einer ggf. gegen Entgelt vorzunehmenden Zustimmung der Gesellschaft zu der Tätigkeit der Gesellschafter in Hongkong vermeiden können, dass letztere gegen ein Wettbewerbsverbot verstieß, und so eine verdeckte Gewinnausschüttung vermeiden können. Die dieser Überlegung zugrundeliegende steuerrechtliche Lage und Handhabung der Finanzverwaltung des Jahres 1994 ergibt sich aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 4.2.1992 (GmbHR 1992, 191, Bl. 291 GA). Handelt danach ein geschäftsführender bzw. beherrschender Gesellschafter einem vertraglichen oder gesetzlichen Wettbewerbsverbot zuwider, so hat die Gesellschaft einen Schadensersatzanspruch gegen ihn. Verzichtet sie darauf, diesen Anspruch geltend zu machen, so stellt dies die Zuwendung eines Vermögensvorteils dar, die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist. Das bedeutete im Ergebnis, dass der unter Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot erlangte Gewinn der Gesellschaft zugerechnet wurde. Etwas anderes war dadurch zu erreichen, dass zwischen der Gesellschaft und dem betroffenen Gesellschafter eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung getroffen wurde, die den Gesellschafter im Regelfall zu einer angemessenen Gegenleistung verpflichten musste. Mit Blick hierauf haben die Beklagten zunächst die Auffassung vertreten, sie hätten - entsprechend beraten - im Jahre 1994 eine entsprechende Entgeltvereinbarung getroffen und die späteren Nachteile aus einer verdeckten Gewinnausschüttung so vermeiden können.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann die Ursächlichkeit allerdings nicht schon deshalb verneint werden, weil eine derartige Vereinbarung mangels liquider Mittel der Beklagten zu 2. auch bei pflichtgemäßer Beratung durch die Klägerin nicht abgeschlossen worden wäre. Die Beklagten haben in der Berufungsbegründung zu Recht und nachvollziehbar dargelegt, dass auch eine Entgeltvereinbarung in der Form einer Beteiligung der Beklagten zu 1. an den in Hongkong von den Beklagten zu 2. und 3. mit der H... erzielten Gewinnen in Betracht gekommen wäre.

Eine Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung im Jahre 1994 für die spätere Entscheidung, ob die Gewinne der H... der Beklagten zu 1. zuzurechnen und deshalb in Deutschland zu versteuern sind, ist aber jedenfalls deshalb zu verneinen, weil sich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ab dem Jahre 1996, also noch vor dem Abschluss des hier maßgeblichen Besteuerungsverfahrens, grundlegend geändert hat. Auf die Vereinbarung, die die Beklagten im Jahre 1994 bei richtiger Beratung abgeschlossen haben wollen, kommt es nicht mehr an. Der BFH hat sich ausdrücklich auch von der Rechtsauffassung distanziert, die in dem o. g. Schreiben des BMF vertreten wurde (BFH NJW 1997, 1804). Danach gilt jetzt folgendes:

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (BFH NJW 1997, 1804 m. w. Nachw.). Als Gegenstand einer verdeckten Gewinnausschüttung kommen Vermögensvorteile jeder Art in Betracht (FG München, GmbHR 1998, 748). Vermögensvorteil kann auch ein zu aktivierender Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter sein, der gegen ein zivilrechtliches Wettbewerbsverbot verstößt (z. B. BFH NJW 1997, 1806).

Einen derartigen Schadensersatzanspruch hat die Beklagte zu 1. hier nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 2817 m. w. Nachw. auch seiner früher schon in dieser Weise bestehenden Rechtsprechung) schulden die Gesellschafter einer GmbH dieser grundsätzlich weder wegen Treuepflichtverletzung noch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung Schadensersatz, wenn sie ihr einvernehmlich handelnd Vermögen entziehen, das zur Deckung des Stammkapitals nicht benötigt wird. Dem hat sich der BFH angeschlossen und verneint eine verdeckte Gewinnausschüttung mangels Schadensersatzanspruchs in derartigen Fällen (BFH NJW 1998, 3663: Die Einwilligung der Gesellschafter lässt die Wettbewerbshandlung erlaubt sein, auch ohne einen förmlichen Gesellschafterbeschluss; BFH NJW 1997, 1806). Auf die Frage, ob eine Vereinbarung gegen Entgelt getroffen wurde, kommt es nach dieser Rechtsprechung für die Frage des Schadensersatzanspruchs nicht mehr an.

Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte zu 1. auch ohne die von den Beklagten angeführte Entgeltvereinbarung keinen Schadensersatzanspruch, dessen Nichtgeltendmachung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen könnte. Die Gesellschafter der Beklagten zu 1. haben nämlich einvernehmlich die H... in Hongkong gegründet. Die Beklagten zu 2. und 3. waren zugleich Gesellschafter beider Gesellschaften. Bis 1997 war allerdings außerdem noch die Großmutter des Beklagten zu 3. als weitere Gesellschafterin an der Beklagten zu 1. beteiligt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass sie diesen Aktivitäten in Hongkong nicht zugestimmt hätte. Im übrigen ist der Beklagte zu 3. im Jahre 1997 Gesamtrechtsnachfolger seiner Großmutter geworden und hat auch ihre Anteile an der Beklagten zu 1. übernommen, so dass jedenfalls damit ein allseitiges Einvernehmen hergestellt war.

Darüber hinaus nimmt der BFH auch bei Verneinung eines Schadensersatzanspruchs eine verdeckte Gewinnausschüttung dann an, wenn durch das Verhalten der Gesellschafter eine Gewinnverlagerung zu Lasten der Gesellschaft angenommen werden kann. Das ist bei einer Leistung der Gesellschafter gegenüber Dritten dann der Fall, wenn die Gesellschaft dadurch eine konkrete Geschäftschance verliert (z. B. BFH NJW 1997, 1806, 1807). Verfügt die Gesellschaft bei Wahrnehmung der Chance durch den Gesellschafter-Geschäftsführer oder einen diesem Nahestehenden gegen diese über keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz oder Vorteilsherausgabe, kann dennoch eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sein, wenn ein fremder Dritter für die Überlassung der Geschäftschance ein Entgelt gezahlt hätte (BFH GmbHR 2003, 183). Wie mit Blick hierauf der vorliegende Fall steuerrechtlich abschließend zu beurteilen ist, kann offen bleiben. Eine im Sinne des Beklagtenvortrags im Jahre 1994 erfolgte Gestaltungsberatung der Klägerin hat hierauf keine Auswirkungen, weil sich die Geschäftschancen nach den bisherigen geschäftlichen Aktivitäten der Beklagten zu 1., auf die die Klägerin naturgemäß keinen Einfluss hatte, beurteilen.

d) Auch wenn man die Frage der Kausalität anders beurteilen wollte, wäre ein Anspruch der Beklagten zu 1. bis 3. zu verneinen, weil sie einen Schaden nicht dargelegt haben.

Der haftpflichtige Berater hat dem Mandanten vermögensmäßig lediglich so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten stünde; der Geschädigte darf im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als das, was er nach der materiellen Rechtslage verlangen kann (BGH NJW 2001, 673, 674 m. w. N.). Die hierzu erforderliche Differenzrechnung setzt einen Gesamtvermögensvergleich voraus, bei der alle Folgen des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Der Auftraggeber genügt seiner Obliegenheit zum Nachweis eines Schadens deshalb nicht bereits dadurch, dass er einen einzelnen ihm entstandenen Vermögensnachteil herausgreift und hieraus seinen Schaden ableitet; er hat vielmehr in die von ihm vorzunehmende Vergleichsrechnung alle - auch ihm günstige - Umstände einzustellen, die auf der Pflichtverletzung des Beraters beruhen (BGH NJW 1998, 982, 983; Senat GI 2002, 241 = OLGR 2002, 332). Ist - wie hier - zu ermitteln, ob und inwieweit sich eine Vermögensdisposition, die jemand im Vertrauen auf den Rat oder die Auskunft eines anderen getroffen hat, als für ihn als günstig oder ungünstig erweist, so lässt sich ein etwaiger Schaden erst dann feststellen, wenn sich die Vermögenslage "unter dem Strich" schlechter darstellt, als sie es sein würde, wenn die Maßnahme unterblieben wäre (BGH und Senat a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen haben die Beklagten einen Schaden infolge des Unterbleibens einer Entgeltvereinbarung im Jahre 1994 auch nicht ansatzweise dargelegt. In die Vergleichsrechnung wären nämlich nicht nur die später wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung festgesetzten Steuern einzustellen, sondern auch die sonstigen Folgen einer derartigen Vereinbarung, also zum Beispiel der Umstand, dass die Beklagten zu 2. und 3. einen Teil ihres Gewinns an die Beklagte zu 1. hätten zahlen müssen, der dann bei der Beklagten zu 1. auch hätte versteuert werden müssen. Im übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass auch der Veräußerungsgewinn dann teilweise an die Beklagte zu 1. hätte abgeführt werden müssen. Nicht erkennbar sind auch Vorteile der Beklagten aus einer Entgeltvereinbarung, die unabhängig von der oben dargestellten Rechtsprechungsänderung dadurch entstanden sein könnten, dass im Umfang des gezahlten Entgelts sich der Höhe nach die verdeckte Gewinnausschüttung reduziert. Auch hierbei sind die Nachteile aus dieser Abwicklung mit zu berücksichtigen, die vor allem darin bestehen, dass den Beklagten zu 2. und 3. im Umfang des gezahlten Entgelts der Gewinn der H... nicht zur Verfügung gestanden hätte und dass die Beklagte zu 1. diese Zuwendungen in ähnlicher Weise zu versteuern gehabt hätte wie bei der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung.

Auf die o. g. in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Schadensdarlegung hat die Klägerin in der Berufungserwiderung unter Angabe der maßgeblichen Entscheidungen ausführlich und zutreffend hingewiesen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass er dem folgt. Ein weiterer Hinweis war nicht erforderlich.

e) Soweit die Beklagten zu 1. bis 3. nunmehr ihre Gegenforderung auf eine angebliche Pflichtverletzung der Klägerin im Jahre 1998 bei der Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren stützen, besteht ein Anspruch nicht.

aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Erstrecken der Aufrechnung auf diese Gegenforderung nicht gemäß § 533 ZPO unzulässig. Das gilt jedenfalls dann, wenn man die Vorschrift mit der Begründung schon nicht für anwendbar hält, bereits die Aufrechnungserklärung in erster Instanz umfasse auch diese Gegenforderung, es liege deshalb keine erstmalige Aufrechnung in der Berufungsinstanz vor, die § 533 ZPO regelt. Der maßgebliche Sachverhalt ist nämlich bereits in erster Instanz vorgetragen worden, auch wenn dessen rechtliche Bewertung zunächst nicht im Vordergrund stand. Die Beratung, zu der die Beklagten die Ansicht vertreten, sie sei unzureichend, ergibt sich aus dem erstinstanzlich vorgelegten Schreiben der Klägerin vom 29.9.1998, das das Landgericht in seinen tatsächlichen Feststellungen ausdrücklich genannt hat. Aber auch wenn man dies anders sehen wollte, lägen jedenfalls die Voraussetzungen des § 533 ZPO vor. Der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich der Inhalt der abschließenden Beratung der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren, steht fest und ist zwischen den Parteien unstreitig. Das begründet die Sachdienlichkeit im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO und führt dazu, dass Tatsachen maßgeblich sind, die der Entscheidung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind, § 533 Nr. 2 ZPO.

Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt hierin auch kein Verstoß gegen § 520 Abs. 3 ZPO, weil die Berufungsbegründung noch nicht ausdrücklich auf diese zweite Pflichtverletzung gestützt ist. Dem Berufungsführer steht es frei, seine rechtliche Bewertung der vom Berufungsgericht nach § 529 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen auch außerhalb der Berufungsbegründung in den Grenzen, die § 533 ZPO setzt, zu ergänzen (vgl. auch § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

bb) Die Beklagten zu 1. bis 3. haben insoweit allerdings in der Sache keinen Anspruch, weil die Klägerin bei der Beratung der Beklagten bei der Führung des finanzgerichtlichen Verfahrens und dem Abschluss der tatsächlichen Verständigung eine Pflicht aus dem Steuerberaterverhältnis nicht verletzt hat. Inhaltlich ergibt sich die Beratung aus dem unstreitigen Schreiben der Klägerin vom 29.9.1998 (Bl. 180 ff. GA, Anlage B 11). Mit diesem Schreiben empfahl die Klägerin im Ergebnis nach ausführlicher Darlegung der rechtlichen Hintergründe den Abschluss der tatsächlichen Verständigung.

Zu der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung sind die Ausführungen in dem Schreiben allerdings etwas undeutlich, weil sie zum Teil den Anschein erwecken, dass noch die bis 1996 geltende Rechtsprechung des BFH zugrunde gelegt wird. Das kommt etwa darin zum Ausdruck, dass von einer Verletzung des Wettbewerbsverbots die Rede ist. Gleichwohl sind die Darlegungen nicht in einer zur Pflichtwidrigkeit führenden Weise falsch. Die Klägerin hatte sich zunächst daran zu orientieren, dass das Finanzgericht - wenn auch in einem Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes - die vorläufige Ansicht vertreten hatte, es liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Dass man dies auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsänderung so sehen konnte, liegt auf der Hand. Die maßgeblichen Kriterien sind in dem Schreiben der Klägerin auch genannt, wenn dort von der Wahrnehmung von Geschäftschancen der Gesellschaft (Beklagte zu 1.) durch die Gesellschafter (Beklagte zu 2. bis 3.) die Rede ist (Seite 1 a. E.). Anzunehmen, die Beklagte zu 1. habe in Hongkong keinerlei Geschäftschancen gehabt, liegt fern. Immerhin war sie selbst längere Zeit in Fernost geschäftlich aktiv. Diese Überlegung liegt offenbar auch dem Hinweis des Finanzgerichts zugrunde. Zwar ist dessen genauer Wortlaut nicht bekannt. Dem o. g. Schreiben der Klägerin zufolge stellte das Finanzgericht aber darauf ab, inwieweit Altkunden der Beklagten zu 1. und inwieweit Neukunden der H... an dem Umsatz der letzteren beteiligt waren. Das gibt die Überlegungen wieder, die nach der neuen Rechtsprechung des BFH anzustellen sind.

Im übrigen war zum damaligen Zeitpunkt die gesamte steuerrechtliche Einordnung der Situation keineswegs geklärt, was die Empfehlung einer tatsächlichen Verständigung nicht pflichtwidrig erscheinen lässt. Dabei spielt eine maßgebliche Rolle, dass Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens Bescheide des Finanzamts waren, die keineswegs auf der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, sondern auf § 42 AO beruhten. Die danach drohende vollständige Zurechnung des Gewinns der H... zu der Beklagten zu 1. galt es zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erfolgte nach vorläufiger Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch das Finanzgericht ein im Wortlaut nicht näher bekannter Hinweis auf eine verdeckte Gewinnausschüttung. Letztere ist im vorliegenden Fall - wie ausgeführt - auch nach der neueren Rechtsprechung des BFH keineswegs ausgeschlossen, sondern hängt davon ab, inwieweit die Tätigkeit der H... der Beklagten zu 1. Geschäftschancen entzog. Die anschließenden, auf Empfehlung des Finanzgerichts aufgenommenen Verhandlungen mit dem Finanzamt über die Höhe der zu berücksichtigenden Gewinne waren vor diesem Hintergrund durchaus vorteilhaft für die Beklagten, weil sie eine Möglichkeit boten, die Unsicherheit über die - immer noch im Raume stehende - vollständige Zurechnung des Gewinns der H... zu vermeiden. Im Ergebnis wurde auch gegenüber den ursprünglichen Festsetzungen des Finanzamts eine Reduzierung erreicht.

Dass bei einer Durchführung des finanzgerichtlichen Verfahrens mit eventl. weiterer Sachverhaltsaufklärung aus der damaligen Sicht der Klägerin zusätzliche Vorteile in einem Umfang als sicher zu erwarten gewesen wären, der das Zuraten zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung als pflichtwidrig erscheinen ließe, ist nicht erkennbar. Das gilt auch für weiteren Vortrag bzw. weitere Unterlagen zum Fehlen von Geschäftschancen der Beklagten zu 1. in Hongkong. Hierauf heben die Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 24.6.2003 maßgeblich ab und stellen auf die (finanziellen) Hintergründe der Gründung der H... ab. Sie übersehen dabei, dass die Klägerin hierzu, insbesondere auch zur Umsatzentwicklung der Beklagten zu 1. bereits eingehend in der sehr ausführlichen Klagebegründung vom 7.4.1998 vorgetragen hatte, wenn auch im Zusammenhang mit § 42 AO. Gleichwohl ist das Finanzgericht von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgegangen, was von der Klägerin in ihrer abschließenden Empfehlung selbstverständlich zu berücksichtigen war. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bietet der Schriftsatz vom 24.6.2003 nicht.

3. Die - jetzt unbedingt erhobene - Widerklage ist aus den vorstehenden Erwägungen auch mit Blick auf § 533 ZPO zulässig, aber unbegründet, ohne dass es auf die Frage der Verjährung der Ansprüche ankäme.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 2 ZPO. Dem Beklagten zu 4. fallen keine Kostenanteile zur Last, da seine anfängliche Beteiligung zu einer Erhöhung des Streitwerts nicht geführt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass.

Streitwert für das Berufungsverfahren:

bis zum 1.6.2003: 41.802,78 EUR (davon betr. die Beklagte zu 1. 19.059,82 EUR,

die Beklagte zu 2. 9.086,33 EUR,

den Beklagten zu 3. 13.656,63 EUR).

danach 366.152,61 EUR (davon betr. die Beklagte zu 1. 317.105,48 EUR,

die Beklagte zu 2. 10.769,47 EUR,

den Beklagten zu 3. 38.277,66 EUR).

Ende der Entscheidung

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