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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.02.2002
Aktenzeichen: 23 U 22/01
Rechtsgebiete: AO, BGB, ZPO, StBerG


Vorschriften:

AO § 122
AO § 122 Abs. 2
AO § 122 Abs. 1
AO § 124 Abs. 1 Satz 1
AO § 155
AO § 233 a
BGB § 282
BGB § 278
BGB § 209 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 211 Abs. 2
BGB § 213 Satz 1
BGB § 212 a Satz 2
BGB §§ 249 ff
BGB § 284 I
BGB § 288 I a.F.
ZPO § 287
ZPO § 693 Abs. 2
ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 92 I
ZPO § 101 I
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
StBerG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

23 U 22/01

Verkündet am 5.2.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2002 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht D den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht F

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. August 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.411,88 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 20.01.1996 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten beider Rechtszüge fallen der Klägerin zu 85 % und der Beklagten zu 15 % zur Last. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen zu 15 % dem Beklagten, im übrigen den Streithelfern zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei bzw. der Streithelfer durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei bzw. die Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den beklagten Steuerberater aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes K auf Ersatz der ihnen auferlegten steuerlichen Nebenleistungen (Verspätungszuschläge, Zinsen gem. § 233 a AO und Säumniszuschläge) für die Jahre 1986 bis 1992 sowie auf Ersatz von Vollstreckungskosten, Kosten eines weiteren Steuerberaters und Darlehenszinsen in Anspruch.

Der Beklagte betreute die Klägerin, die eine Imbissstube betreibt, und ihren Ehemann, der gewerblich Messezimmer vermietet, seit 1972/1973 in allen steuerlichen Angelegenheiten einschließlich der Buchführung. Das Mandatsverhältnis wurde mit Anwaltsschreiben vom 30.06.1993 unter Ankündigung von Regressansprüchen mit sofortiger Wirkung gekündigt, wobei als Kündigungsgrund angegeben wurde, die Eheleute B hätten keinerlei Vertrauen mehr zum Beklagten, nachdem das Finanzamt D wegen Steuerforderungen von 280.000,00 DM die Zwangsvollstreckung eingeleitet habe, obwohl der Beklagte den Eheleuten wiederholt erklärt habe, diese Forderungen würden sich sofort erledigen, da er entsprechende Schritte unternommen habe (K 21; GA Bl. 109).

Der Kündigung war folgendes vorausgegangen:

Nach einer Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 17.06.1992, K 5; GA Bl. 78 f) hatte das Finanzamt D für die Jahre 1986 bis 1988 die Steuern der Klägerin und ihres Ehemannes angehoben, und zwar durch die Steuerbescheide vom 08.09.1992 (Umsatzsteuer der Klägerin), 09.09.1992 (Einkommens- und Kirchensteuer für 1986), 23.09.1992 (Einkommens- und Kirchensteuer für 1987/88) und 05.10.1992 (Gewerbesteuermessbescheid für die Klägerin für 1986 bis 1988). Darüber hinaus hatte das Finanzamt D durch die Steuerbescheide vom 28.12.1992 die Einkommensteuer und Kirchensteuer der Klägerin und ihres Ehemannes für die Jahre 1989 und 1990 aufgrund von Schätzungen festgesetzt, weil bis dahin keine Steuererklärungen abgegeben worden waren. Der Beklagte hatte gegen diese Bescheide Einsprüche eingelegt und Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt, ohne jedoch die Rechtsbehelfe zu begründen. Das Finanzamt hatte die Einsprüche mangels Begründung zurückgewiesen und am 18.06.1993 beim Grundbuchamt Antrag D Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek für Steuerforderungen von 244.684, 00 DM gestellt (K 46).

Weitere Steuerschätzungen erfolgten für die Jahre 1989 und 1990 zur Umsatzsteuer und Gewerbesteuer der Klägerin und ihres Ehemannes, und zwar durch die Steuerbescheide vom 18.05.1993, 22.06.1993, 09.08.1993 und 21.07.1994 sowie für 1991 zur Einkommens- und Kirchensteuer (Bescheid vom 02.02.1994) und zur Umsatzsteuer (Bescheide vom 29.11.1993 und 02.02.1994).

(Die Steuerbescheide befinden sich im Anlagehefter unter K 40; Übersichten befinden sich unter K 41 bis K 45 im Anlagehefter.)

Der Steuerberater W den die Klägerin und ihr Ehemann nach Kündigung des Mandats des Beklagten im Juni 19,93 beauftragten, konnte durch Verhandlungen mit dem Finanzamt eine Reduzierung der Steuern für 1986 bis 1991 erreichen (Steuerbescheide K 40). Es verblieben vom Finanzamt festgesetzte steuerliche Nebenleistungen (Verspätungszuschläge, Zinsen und Säumniszuschläge), die nunmehr Gegenstand der Klageforderung sind.

Im Auftrag der Klägerin und ihres Ehemannes teilte Rechtsanwalt J der Streithelfer zu 1), der zugleich Mitglied der Rechtsanwaltssozietät ist, die erstinstanzlich die Klägerin vertreten hat, mit Schreiben vom 25.09.1994 (BB 1, GA Bl. 293 f) dem Beklagten die ihm zur Last gelegten Verfehlungen und die hierdurch entstandenen Schäden mit; zugleich forderte er ihn auf, bis 09.10.1995 mitzuteilen, ob er an einer außergerichtlichen Einigung interessiert sei und auf die Einrede der Verjährung verzichte. Da der Beklagte hierauf nicht reagierte, haben die Klägerin und ihr Ehemann über ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 30.12.1995 einen Mahnbescheidsantrag eingereicht. Darin ist ihre Hauptforderung mit 204.491,62 DM mit folgender Begründung angegeben: "Anspruch auf Schadensersatz aus Steuerberatungsvertrag". Am 16.01.1996 hat die Rechtspflegerin auf Bitten der Prozessbevollmächtigten der Eheleute B im Mahnbescheidsantrag handschriftlich hinzu gesetzt: "Gemäß letztem Aufforderungsschreiben vom 20.12.1995". Dieses Aufforderungsschreiben, ebenfalls verfasst von Rechtsanwalt J ist im Verlaufe des Prozesses mit der Berufungsbegründung zu den Gerichtsakten gereicht worden (GA Bl. 330), der Beklagte bestreitet, es vorher erhalten zu haben Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann am 19.01.1996 Kostenvorschuss geleistet haben, ist der Mahnbescheid am 11.03.1996 zugestellt worden Der Beklagte hat unter dem 22.03.1996 Einspruch eingelegt. Unter dem 15.05.1996 hat der Ehemann der Klägerin seine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten an seine Ehefrau abgetreten. Die Klägerin hat dann über ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit dem am 08.04.1998 beim Landgericht eingereichten Schriftsatz die Klage begründet und zugleich weiteren Kostenvorschuss geleistet Wegen der Aufschlüsselung der nunmehr auf insgesamt 196.376,24 DM reduzierten Klageforderung wird auf die Berechnungen auf den Seiten 26 bis 31 der Klagebegründungsschrift verwiesen.

Die Klägerin hat ihren Schadenersatzanspruch damit begründet, dass der Beklagte die im Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts D vom 17.06.1992 aufgeführten Mängel der Buchführung zu verantworten und weder während noch nach der Betriebsprüfung trotz Aufforderung des Finanzamtes etwas zur Korrektur dieser Mängel unternommen und es außerdem grundlos unterlassen habe, die längst fälligen Steuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1991 zu fertigen. Sie hat behauptet, auf zahlreiche Anfragen nach dem Sachstand habe der Beklagte sie, die Klägerin, und ihren Ehemann beruhigt und ihnen empfohlen keine Zahlungen zu leisten; sie hätten erst aufgrund des Schreibens des Amtsgerichts Düsseldorf vom 25.06.1993 erfahren, dass auf Veranlassung des Finanzamts auf ihrem Grundbesitz eine Sicherungshypothek wegen bestehender Steuerschulden eingetragen worden sei.

Unstreitig teilte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann mit Schreiben vom 29 04 1993 (K 18 GA Bl. 106) mit, dass er nur noch einige Zusammenstellungen für das Finanzamt benötige und anschließend die Sache zur ihrer Zufriedenheit erledigen werde.

Zur Höhe der steuerlichen Nebenkosten hat die Klägerin auf die Aufstellungen unter K 41 bis K 45 und die unter K 40 überreichten Steuerbescheide verwiesen.

Zur Begründung ihrer weitergehenden Schäden hat sie vorgetragen: Aufgrund der Buchführung des Beklagten seien Neubearbeitungen und Korrekturen erforderlich geworden, die vom Steuerberater W mit seinen Rechnungen vom 18.04., 16.05. und 18.07.1994 (K 48, GA Bl. 202 ff) in Ansatz gebrachte Kosten von insgesamt 50.353.78 DM verursacht hätten. Um die festgesetzten Steuern sowie die Nebenleistungen und Honorare des Steuerberaters W bezahlen zu können, hätten sie und ihr Ehemann 1994 insgesamt 4 Darlehen (im einzelnen aufgezählt auf S. 29 bis 31 der Klagebegründungsschrift) aufnehmen müssen, die bis 1997 Zinsen von 89.772,46 DM verursacht hätten. Hätte der Beklagte die Buchführung korrekt geführt und rechtzeitig korrekte Steuererklärungen verfasst, hätten sie die zeitlich früher verteilt auf mehrere Jahre festgesetzten Steuern aus liquiden Mitteln bezahlen können.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 196.376,24 DM nebst 12,5 % Zinsen seit dem 20.01.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und sich zu den Vorwürfen der Klägerin wie folgt eingelassen:

Die Buchführung habe er ordnungsgemäß und unter Verwertung sämtlicher ihm von den Eheleuten B übergebenen Unterlagen geführt. Aus der Buchhaltung habe er die Steuererklärungen entwickelt. Auf die im Rahmen der Buchführung aufgedeckten Diskrepanzen habe er die Eheleute B ständig hingewiesen, aber kein Gehör gefunden. Die vom Finanzamt nach der durchgeführten Betriebsprüfung erbetenen Unterlagen seien nicht in seinem Besitz gewesen. Die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für 1989 und 1990 habe er nach Erhalt der Schätzungsbescheide gefertigt und dem Ehemann der Klägerin bzw. dem Steuerberater W am 04.07.1993 übergeben. Er habe den Eheleuten B nicht geraten, Zahlungen zu unterlassen. Vielmehr habe er sie über die Entwicklung der Rechtsbehelfsverfahren unterrichtet und auf drohende Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sowie Säumniszuschläge hingewiesen. Die Einsprüche habe er nicht begründet, weil die Klägerin und ihr Ehemann eine gerichtliche Auseinandersetzung gewünscht hätten.

Im übrigen hat der Beklagte die einzelnen Schadenspositionen dem Grund und der Höhe nach bestritten und die Auffassung vertreten, der Vortrag der Klägerin hierzu sei bereits unschlüssig.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, sämtliche Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie hat ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten den Streit verkündet.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidungen das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach den erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten.

Beide Parteien wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen ergänzende Ausführungen. Die Streithelfer schliessen sich dem Vorbringen der Klägerin an.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache zum Teil Erfolg.

A.

Die Beklagte schuldet der Klägerin nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung Schadensersatz in Höhe von 18.411,88 Euro. Die weitergehenden Forderungen der Klägerin sind zum Teil verjährt, zum Teil dem Grunde oder der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt.

I.

Der zuerkannte Schadensersatzsanspruch setzt sich wie folgt zusammen:

1. Verspätungszuschläge:

a) Einkommens- und Kirchensteuer:

1989, Steuerbescheid vom 28.12.1992 200,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 28.12.1992 200,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 02.02.1994 200,00 DM

b) Umsatzsteuer:

aa) Klägerin:

1989, Steuerbescheid vom 09.10.1996 100,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 25.09.1996 100,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 02.02.1994 100,00 DM

bb) Ehemann:

1989, Steuerbescheid vom 09.08.1993 100,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 21.07.1994 100,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 02.10.1996 200,00 DM

2. Zinsen nach § 233 a AO.

a) Einkommen- und Kirchensteuer:

1989, Steuerbescheid vom 24.09.1996 3.707,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 24.09.1996 2.233,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 24.09.1996 420,00 DM

b) Umsatzsteuer:

aa) Klägerin:

1989, Steuerbescheid vom 18.05.1993 442,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 18.05.1993 161,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 21.07.1994 220,00 DM

bb) Ehemann der Klägerin:

1989, Steuerbescheid vom 21.07.1994 949,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 21.07.1994 585,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 02.10.1996 349,00 DM

c) Gewerbesteuer:

aa) Klägerin:

1989, Steuerbescheid vom 18.04.1994 756,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 18.04.1994 826,00 DM

bb) Ehemann:

1990, Steuerbescheid vom 07.10.1976 623,00 DM

3. Säumniszuschläge:

a) Einkommenssteuer:

1989, Steuerbescheid vom 09.06.1994 9.662,00 DM 1990, Steuerbescheid vom 04.07.1994 7.683,00 DM 1991, Steuerbescheid vom 21.07.1994 1.418,00 DM

b) Umsatzsteuer:

aa) Klägerin:

1989, Kontoauszug FA: 298,00 DM 1990, Kontoauszug FA: 319,00 DM 1991, Kontoauszug FA: 501,00 DM

bb) Ehemann:

1989, Kontoauszug FA: 241,00 DM 1990, Kontoauszug FA: 517,00 DM 1991, Kontoauszug FA: 498,00 DM

4. Zwangsvollstreckungskosten, K 46 876,88 DM

5. Steuerberaterkosten: 1.325,62 DM

Summe 36.010,50 DM umgerechnet 18.411,88 Euro.

Der Beklagte ist für die vorstehenden Schäden nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung verantwortlich.

1.

Er hat seine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag mit der Klägerin und ihrem Ehemann verletzt, da er die Steuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1991 nicht fristgerecht angefertigt hat. Sein Verschulden ist gem. § 282 BGB zu vermuten. Nach eigenen Angaben hat er die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für 1989 und 1990 erst im Juli 1993, also ca. ein halbes Jahr nach den Steuerschätzungen des Finanzamtes, dem Ehemann der Klägerin bzw. dem Steuerberater W überreicht; die Steuererklärung für 1991 hat er überhaupt nicht gefertigt. Eine ausreichende Entschuldigung hat er für seine Versäumnisse nicht angegeben. Seine allgemeine Einlassung, er habe von seinen Mandanten nicht in ausreichendem Maße Informationen und Belege über ihre Einnahmen und Ausgaben erhalten, ist unerheblich. Es gehörte nämlich zu seinen Aufgaben, die ihm vorgelegten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit und auch daraufhin zu überprüfen, ob sie Unstimmigkeiten aufwiesen. Bei Diskrepanzen durfte er sich nicht darauf beschränken hierauf hinzuweisen. Er hätte vielmehr seinen Mandanten rechtzeitig sowie klar und unmißverständlich mitteilen müssen, welche Unterlagen er zur sachgerechten Erledigung seines Auftrags benötige, und versuchen müssen, die vom Finanzamt gerügten Unstimmigkeiten im Gespräch mit seinen Mandanten zu klären. (BGH NJW 1992, 307/309; NJW-RR 1991 794/795; NJW 1994, 1472; NJW 1998, 2048/2049). Von dieser Verpflichtung war er auch dann nicht befreit, wenn seine Mandanten bei gehöriger Sorgfalt hätten erkennen können, dass das Finanzamt ihre Unterlagen nicht als vollständig anerkennen werde, denn selbst unrichtige oder unvollständige Informationen der Mandanten räumen den Vorwurf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Beraters nicht aus, sondern können allenfalls unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens Bedeutung gewinnen (BGH NJW 1999, 1391/1392).

2.

Die Versäumnisse des Beklagten waren ursächlich für den vorstehend aufgezeigten Schaden. Wäre der Beklagte seiner Buchführungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen und hätte er rechtzeitig die Steuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1991 abgegeben, wäre nicht nur die überhöhte Steuerschätzung sondern - mit hoher Wahrscheinlichkeit - auch die unter A I aufgeschlüsselten steuerlichen Nebenkosten, Vollstreckungskosten und Steuerberaterkosten vermieden worden.

3.

Ein Mitverschulden der Klägerin und ihres Ehemannes ist nicht schlüssig dargelegt.

Sie konnten grundsätzlich darauf vertrauen, dass der wegen seiner besonderen Sachkunde von ihnen eingeschaltete Beklagte die ihm übertragenen Aufgaben sach- und fristgerecht erfüllen und ggf. unter präziser Fragestellung rechtzeitig um Information und Nachweise ersuchen werde, wenn die ihm überreichten Unterlagen lückenhaft waren oder Unstimmigkeiten aufwiesen (BGH NJW 1992, 307/309; NJW 1998, 1486/1488). Es ist nicht feststellbar, dass sie bei gehöriger Sorgfalt hätten erkennen können, das Finanzamt werde aufgrund von Unstimmigkeiten ihrer Unterlagen Steuerschätzungen in der tatsächlich festgesetzten Höhe vornehmen. Hiergegen spricht die spätere Teilrücknahme der Steuerschätzungen nach Einschaltung des Steuerberaters W.

Ein Mitverschulden an den Säumniszuschlägen und Zwangsvollstreckungskosten kann der Beklagte nicht daraus herleiten, dass er auf die Möglichkeit dieser Kosten hingewiesen habe. Er musste nämlich damit rechnen, dass seine Mandanten aufgrund seiner Beschwichtigungen, insbesondere seines Schreibens vom 29.04.1993 darauf vertrauten, die Steuerschätzungen seien falsch und er, der Steuerberater, werde dies alsbald klären. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Mandanten unter solchen Umständen ihre Steuerschuld nicht tilgen, wenn ihr Steuerberater ihnen dies nicht vorsorglich ausdrücklich rät (BGH NJW-RR 1991, 794/795). Einen vorsorglichen Ratschlag, die Steuerschulden innerhalb der in den Steuerbescheiden angegebenen Fristen zu zahlen, hat aber der Beklagte unstreitig nicht erteilt. Es ist zu vermuten, dass die Eheleute B einem entsprechenden Ratschlag gefolgt wären, zumal die Säumniszuschläge von 1 % pro Monat wesentlich höher waren als die damaligen Kredit- und Anlagezinsen.

4.

Die ab Juni 1993 erfolgte Beratung der Klägerin und ihres Ehemannes durch den Steuerberater W und die Rechtsanwälte S hat kein Entlastung des Beklagten zur Folge. Insbesondere ist hierdurch nicht der Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und den eingetretenen Schäden seiner Mandanten unterbrochen worden. Ein Mitverschulden des neuen Steuerberaters, das sich die Eheleute B gemäß § 278 BGB anrechnen lassen müssten, hat der Beklagte nicht behauptet.

5.

a)

Die Höhe der Verspätungszuschläge, Zinsen und Säumniszuschläge ergibt sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Steuerbescheiden und Kontoauszügen des Finanzamtes D.

b)

Die Höhe der vom Beklagten zu erstattenden Zwangsvollstreckungskosten ergibt sich aus dem Antrag des Finanzamtes D vom 18.06.1993 an das Amtsgericht D (K 46). Weitere Vollstreckungskosten sind nicht schlüssig dargelegt. Für eine Schätzung nach § 287 ZPO fehlen ausreichende Grundlagen.

c)

Die vom Beklagten zu erstattenden Steuerberaterkosten erfassen nur einen geringen Teil der Positionen der Rechnungen des Steuerberaters W und bei diesen nicht die Umsatzsteuer, da die Eheleute B als Gewerbetreibende zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (BGH NJW 1972, 1460). Folgende Rechnungspositionen hat der Senat zuerkannt:

Rechnung vom 18.07.1994 (Bl. 207 f GA) Pos. 2: Prüfung der GewStB/Zinsbescheid 1989/90: 225,00 DM Rechtsbehelfsverfahren gegen GewStB 91: 543,80 DM Aussetzung der Vollziehung 60,00 DM Pos. 4, 12 Prüfung GewStB/Zinsbescheid 91: 75,00 DM 75,00 DM Pos. 8 bis 10 Einstellung der Vollstreckung 43,50 DM 6,52 DM 30,00 DM 4,50 DM Rechnung vom 18.07.1994 (GA B. 212/213) Pos. 1 Prüfung der EStB 89 bis 91 187,50 DM Gesamt-Nettosumme: 1.325,82 DM

6.

Die vorstehenden Schadensersatzansprüche sind nicht verjährt.

Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 68 StBerG begann nicht vor der Bekanntgabe der ersten Schätzungsbescheide vom 28.12.1992, bei Zugrundelegung der Fiktion des § 122 Abs. 2 AO also nicht vor dem 31.12.1992, und endete damit nicht vor dem 31.12.1995. Zu diesem Zeitpunkt, nämlich am 30.12.1995 war beim Amtsgericht Düsseldorf bereits ein Mahnbescheid eingegangen, der gem. § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 693 Abs. 2 ZPO die Verjährung unterbrochen hat. Die Voraussetzungen des § 693 Abs. 2 ZPO liegen vor: Die Klägerin und ihr Ehemann haben auf Anforderung des Gerichts vom 09.01.1996 (diese durften sie abwarten, BGH NJW 1986, 48) unverzüglich am 19.01.1996 die Gerichtskosten bezahlt, worauf am 11.03.1996 die Zustellung des Mahnbescheids erfolgt ist.

Der Inhalt des Mahnbescheids erfüllt die Individualisierungsanforderungen des § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Dies gilt bereits für die ursprüngliche Bezeichnung des Anspruchs, umso mehr bei Berücksichtigung des von der Rechtspflegerin nach Rücksprache mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16.01.1996 handschriftlich eingetragenen Zusatzes, mit dem der Mahnbescheid schließlich dem Beklagten zugestellt worden ist, und in dem die zuerkannten Schadensersatzsansprüche ebenso wie in der späteren Klagebegründung vom 02.03.1998 erwähnt sind. Dabei kann unterstellt werden, dass das Aufforderungsschreiben vom 20.12.1995 den Beklagten erst im Verlaufe des Prozesses bekannt gegeben worden ist.

§ 690 § 1 Nr. 3 ZPO verlangt lediglich eine hinreichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs. Dieser muss so gekennzeichnet sein, dass er über einen Vollstreckungsbescheid Grundlage eines Vollstreckungstitels sein und der Antragsgegner erkennen kann, welcher Anspruch gegen ihn erhoben wird, damit er zu beurteilen vermag, ob er sich gegen ihn zur Wehr setzen soll oder nicht. Wann diesen Anforderungen Genüge getan ist, kann nicht allgemein und abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen Angaben im Einzelfall von dem Zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (BGH NJW 1994, 323/324; NJW 2000, 1420).

Der Beklagte war spätestens drei Monate vor Eingang des Mahnbescheids durch das Schreiben des Rechtsanwalts J (= Streithelfer zu 1)) vom 25.09.1995 (BB 1, GA Bl. 293) über die gegen ihn gerichteten Vorwürfe und die hieraus hergeleiteten Schadensersatzansprüche in groben Umrissen informiert worden mit der Folge, dass für ihn bei Erhalt des Mahnbescheids keine Zweifel verbleiben konnten, dass dieser sich mit den von Rechtsanwalt J angekündigten Schadensersatzansprüchen befasste. Dass er - wie er behauptet - über die im Aufforderungsschreiben vom 20.12.1995 erfolgte Substantiierung des Schadensersatzanspruches erst im Verlaufe des Prozesses nach Übergang in das streitige Verfahren informiert worden ist, ist vor diesem Hintergrund unschädlich.

Die mit Eingang des Mahnbescheides erfolgte Verjährungsunterbrechung hat zwar gem. den §§ 211 Abs. 2, 213 Satz 1, 212 a) Satz 2 BGB ihr Ende gefunden, als die Eheleute B den Rechtsstreit nach Eingang des Widerspruchs des Beklagten nicht weiter betrieben haben. Es fand jedoch eine erneute rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung statt mit Eingang der Anspruchsbegründung und dem Antrag auf Abgabe an das Landgericht vom 02.03.1998.

B.

Die weitergehenden Schadensersatzansprüche sind zum Teil verjährt, zum Teil dem Grunde bzw. der Höhe nach nicht gerechtfertigt.

I.

Folgende Schadenspositionen werden von der Verjährung gemäß § 68 StBerG erfasst:

- Verspätungszuschläge/Zinsen/Säumniszuschläge auf Einkommens-, Kirchen-, Umsatz- und Gewerbesteuern für 1986 bis 1988,

- Steuerberaterkosten, die zur Korrektur der auf die Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide für 1986 bis 1988 angefallen sind,

Insoweit folgt der Senat den Rechtsausführungen des Landgerichts.

1.

Die vorstehenden Schadenspositionen stehen sämtlich in einem adäquat kausalen Zusammenhang mit Pflichtverletzungen des Beklagten anlässlich der Buchführung und der darauf basierenden Steuererklärungen für die Jahre 1986 bis 1988. Die Versuche des Beklagten, die Verantwortung für die Buchführungsmängel und die hierauf basierenden Mängeln der Steuererklärungen den Eheleuten B ganz oder wenigstens teilweise anzulasten, haben keinen Erfolg. Auf die Ausführungen unter A II. 1. wird verwiesen.

2.

Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG wurde spätestens mit Bekanntgabe der o. g. Steuerbescheide gem. den §§ 122, 155 AO in Lauf gesetzt (BGH NJW 1995, 2108). Spätestens zu diesem Zeitpunkten waren die Schäden entstanden. Eine eventuelle gem. § 122 Abs. 1, 2 AO gegenüber dem Beklagten als Bevollmächtigtem erfolgte Bekanntgabe wurde gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann gem. § 124 Abs. 1 Satz 1 AO wirksam. Für den Beginn der Verjährungsfrist kommt es nicht darauf an, wann diese die Bescheide erhalten und von ihrem Schaden erfahren haben (BGH NJW-RR 1998, 742, 743). Massgeblich ist allein, dass mit der Bekanntgabe der Steuerbescheide die öffentlich-rechtlichen Steueransprüche konkretisiert (§§ 37 Abs. 1, 38, 155 Abs. 1 A. O.) und die Grundlage für die Verwirklichung dieser Ansprüche geschaffen worden ist (BGH NJW 1995, 2108, 2109).

Der für den Verjährungsbeginn maßgebliche erste Teilschaden entstand mit der Bekanntgabe der aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Einkommen- Kirchen- und Gewerbesteuerbescheide für 1986 bis 1988 im September/Oktober 1992, da diese Bescheide überhöhte Steuerschätzungen enthielten. Zu diesem Zeitpunkt begann der Lauf einer einheitlichen Verjährungsfrist hinsichtlich der durch Steuerfestsetzung bereits eingetretenen Schäden und der zu diesem Zeitpunkt bereits vorhersehbaren und später erst eingetretenen adäquat verursachten Nachteile, denn die Verjährung bei einem sich erst nach und nach entwickelnden Schaden aus ein und derselben Verletzungshandlung kann - anders als bei mehreren selbständigen Handlungen des Schädigers - bereits eingetreten sein, bevor sich ein späterer Folgenachteil einstellt (BGH NJW 1998, 1488; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, Rdn. 1245-1247; Seite 680 zu "Spätschäden"). Dies gilt für alle unselbstständigen steuerlichen Nebenkosten (BGH NJW 1996, 1895, 1896 zu später festgesetzten Aussetzungszinsen; BGH NJW 2000, 2678 f zu Säumniszuschlägen, die Entscheidung des BGH vom 31.1.1991 (NJW-RR 1991, 794 f), wonach die Verjährungsfrist für Versäumniszuschläge erst mit deren Festsetzung beginnt, betrifft einen anderen Fall, in dem vorher kein anderweitiger Teilschaden entstanden war; Gräfe-Lenzen-Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl. Rdn. 879; Späth, Bonner Handbuch zur Steuerberaterhaftung, § 68 StBerG Rdn. B 1005 für alle steuerlichen Nebenkosten). Gleiches gilt auch für die Vollstreckungskosten und die zur Schadensminderung aufgewandten Steuerberaterkosten (zu letzteren: OLG Düsseldorf, 18. ZS, Urteil vom 28. 5. 1990, zitiert im Bonner Handbuch unter § 68 StBerG, R 822.47, und bei Gräfe, a.a.O. Rdn. 900, Fußnote 1683; soweit der BGH-NJW 1986, 1162/1163 - für Korrekturkosten auf den Zeitpunkt abgestellt hat, in welchem diese angefallen waren, ergab sich ebenfalls nicht das Problem eines zeitlich vorher eingetretenen anderweitigen Teilschadens).

Unerheblich ist, dass der Beklagte in der Folgezeit bis zur Kündigung seines Steuerberatermandates weitere Pflichtverletzungen begangen hat, indem er Anfragen des Finanzamtes unbeantwortet ließ, von ihm eingelegte Einsprüche nicht begründete und gegenüber den Eheleuten B vorgab, es werde ihm in Kürze gelingen, die Steuern auf die korrekten Zahlen zurückzuführen, statt ihnen vorsorglich zu empfehlen, zur Vermeidung vor allem der Säumniszuschläge die festgesetzten Steuern zu bezahlen. Bei diesen weiteren Pflichtverletzungen handelt es sich nicht um selbständige schadensursächliche Pflichtverletzungen, die die vorangegangenen schadensauslösenden Pflichtverletzungen gleichsam aufhoben und wegen ihrer Dauerwirkung eine neue Verjährung für jeden weiteren Teilschaden beginnen ließen. Sie beruhen vielmehr auf der allgemeinen Vertragspflicht des Steuerberaters, von ihm verursachte Nachteile seiner Mandaten abzuwenden oder wenigstens zu mindern und ändern daher nichts an der einheitlichen Verjährungsfrist für sämtliche auf der vorangegangenen Pflichtverletzung beruhenden Folgeschäden (BGH und Lit. a.a.O.).

4.

Die im September/Oktober 1992 in Gang gesetzte dreijährige Verjährungsfrist endete im September/Oktober 1995, also vor Eingang des Mahnbescheids. Der Beklagte ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Sekundärhaftung gehindert sich auf den Ablauf der Verjährungsfrist zu berufen. Die Klägerin und ihr Ehemann waren nämlich bereits ca. 2 1/4 Jahr vor Ablauf der Verjährungsfrist ab Juni 1993 zunächst durch die Rechtsanwälte Dr. S später durch den Streithelfer zu 1) anwaltlich beraten worden. Dem Schreiben der Rechtsanwälte Dr. S vom 30.06.1993 (Bl. 109 GA) durfte der Beklagte entnehmen, dass diese von den Eheleuten B umfassend mit der Wahrnehmung ihrer Interessen, insbesondere der Überprüfung seiner Versäumnisse und den daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen seiner Mandanten und der Durchsetzung der Regressansprüche beauftragt waren. Da ein mit der Durchsetzung ihrer Regressansprüche beauftragter Anwalt regelmäßig auch die Verjährungsfrage prüfen muss, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Eheleute B seiner Belehrung auch hierzu nicht mehr bedurften. Angesichts des eindeutigen Inhalts des Anwaltschreibens vom 30.06.1993 kann offen bleiben, ob auch der Streithelfer zu 1), der dem Beklagten mit Schreiben vom 25.09.1995, als die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche betreffend das Jahr 1986 bereits abgelaufen war und die Verjährung der Schadensersatzansprüche betreffend die Jahre 1987 und 1988 kurz bevorstand, das Ergebnis der jahrelangen Überprüfung seiner Steuerberaterleistungen mitteilte, von den Eheleute B rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung der Primäransprüche einen ihn, den Beklagten, entlastenden Anwaltsauftrag erhalten hatte.

II.

Die unter A. und B. I. nicht abgehandelten Ansprüche sind dem Grunde bzw. der Höhe nach nicht gerechtfertigt.

1.

Die verbleibenden Säumniszuschläge betreffend das Steuerjahr 1992 schuldet der Beklagte nicht, weil insoweit eine den Schadensersatz auslösende Pflichtverletzung nicht feststellbar ist. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung seines Mandatsverhältnisses im Juni 1993 mit der Fertigung der Steuererklärung für 1992 in Verzug war.

2.

Die unter A. II. 5 c) nicht erwähnten Kosten des Steuerberaters W sind aus folgenden Gründen vom Beklagten nicht zu erstatten:

a)

Rechnung vom 16.05.1994 (K 48, GA Bl. 202):

Die Kosten für die erstmals vom Steuerberater W gefertigten Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für 1991 sind als sog. "Ohnehin Kosten" nicht erstattungsfähig. Unstreitig hat der Beklagte entsprechende Leistungen weder erbracht noch vergütet erhalten.

b)

Rechnungen vom 18.04.1994 (K 48, GA Bl. 204, 205, 220, 221):

Die Kosten für die "Durchsicht, Prüfung, Berichtigung der Finanzbuchhaltung 1991/1992" sind hinsichtlich der konkret erbrachten Leistungen, worauf der Beklagte hingewiesen hat, nicht nachprüfbar aufgeschlüsselt.

c)

Rechnungen vom 18.04.1994 (K 48, GA Bl. 206, 222):

Die Ausführungen zu b) gelten auch für diese Rechnungen, die sich mit der Durchsicht, Prüfung, Berichtigung, bzw. Erstellung der Finanzbuchhaltung 1993 befassen. Soweit diese Kosten Tätigkeiten erfassen, die erst nach Juni 1993 erbracht werden konnten, scheidet eine Erstattungspflicht des Beklagten auch deshalb aus, weil er nach Kündigung des Steuerberatervertrages nicht mehr verpflichtet war, die Buchhaltungstätigkeit für die Eheleute B fortzusetzen.

d)

Rechnung vom 18.07.1994 (K 48, GA Bl. 207 bis 211):

Pos. 1, 28

Tätigkeiten für die Steuerjahre 1986 bis 1988 werden von der Verjährung erfasst.

Pos. 3, 5, 7:

Ein Zusammenhang mit Pflichtverletzungen des Beklagten ist nicht erkennbar, da konkrete Leistungen nicht bezeichnet sind.

Pos. 6:

Ein Zusammenhang des Antrags auf Anpassung der Gewerbesteuervorauszahlungen 1993/1994 mit einer Pflichtverletzung des Beklagten ist nicht erkennbar.

Pos. 12 (dritter Teil), Pos. 13 bis 27:

Hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für 1993 trifft den Beklagten keine Verantwortung.

e)

Rechnung vom 18.07.1994 (K 48, GA 212, 213)

Pos. 1, 2:

Hinsichtlich der Steuerbescheide 1992, 1993, 1994 trifft den Beklagten keine Verantwortung.

Pos. 3 bis 8:

Ein konkreter Zusammenhang mit Pflichtverletzungen des Beklagten ist nicht ersichtlich, es fehlt an einer konkreten Leistungsbeschreibung.

f)

Rechnungen vom 16.05.1994 (K 48, GA Bl. 214/215/216 bis 219):

Die Kosten für die Ermittlung von Einnahmeüberschüssen und die Fertigung der Steuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1991 sind als sog. "Ohnehin Kosten" nicht erstattungsfähig. Unstreitig hat der Beklagte nicht einmal für die nach seinen Angaben Anfang Juli 1993 überreichten Steuererklärungen für 1989 und 1990 ein Honorar erhalten.

3. Darlehnszinsen:

Insoweit fehlt es an einem schlüssigen Vortrag der Klägerin dazu, dass die Darlehnszinsen durch die festgestellten Pflichtverletzungen des Beklagten verursacht worden sind.

Ob und inwieweit ein nach § 249 ff BGB zu ersetzender Schaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach einem rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis bewirkten Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenen Umstand eingetreten wäre. Der haftpflichtige Steuerberater hat den Mandanten so zu stellen, wie dieser bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters stünde. Dazu muss die tatsächliche Gesamtvermögenslage derjenigen gegenübergestellt werden, die sich ohne den Fehler des Steuerberaters ergeben hätte (BGH NJW 1998, 982; Zugehör, a.a.O Rdn. 1087).

Diese Anforderungen erfüllt das Klagevorbringen nicht. Nach dem Vortrag der Klägerin verblieben den Eheleute B aufgrund der mehrjährigen Verzögerung bei der Bezahlung der Steuerschulden für die Jahre 1986 - 1991 erhebliches Kapital, das anderweitig genutzt werden konnte. Es ist nicht auszuschließen, dass sich aus der Kapitalnutzung in den Jahren 1986 bis 1994 Vermögensvorteile ergaben, die höher waren als die Nachteile der Darlehnsaufnahmen im Jahre 1994. Die Ungewissheit geht nicht nach den Regeln der Vorteilsausgleichung zu Lasten des Beklagten, denn diese Regeln gelten nur dann, wenn das schädigende Ereignis das Vermögen des Betroffenen durch Einwirkung auf einen bestimmten Gegenstand geschmälert hat und es darum geht, ob dieser Beeinträchtigung ein anderweitiger auf das Schadensereignis zurückzuführender Vermögensvorteil gegenübersteht (BGH, a.a.O.). In den Fällen, in denen der BGH über Zinsschäden und deren Verjährung entschieden hat (NJW 1986, 1162 f; NJW 1991, 2833 f), war die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Steuerberaters und den Finanzierungskosten unproblematisch, da in diesen Fällen ausschließlich unberechtigte, später wieder zurückgenommene Steuerforderungen aus Kreditmitteln bezahlt worden waren.

Angesichts des Fehlens einer schlüssigen Begründung des Zinsschadens kann offenbleiben, ob der hierauf gerichtete Schadensersatzanspruch der Klägerin verjährt ist.

B.

Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 284 I, 288 I a.F. BGB. Ein höherer Zinsschaden ist von der Klägerin nicht nachprüfbar dargelegt worden. Ihre Behauptung in der Klagebegründung, sie nehme ständig Bankkredit in einer die Klagebegründung übersteigenden Höhe zu einem Zinssatz von 12,5% in Anspruch, steht mit ihrem Vortrag zu den 1994 aufgenommenen Darlehn in Widerspruch und ist auch angesichts der ständig schwankenden Bankkreditzinsen zu pauschal.

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 I, 101 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht kein Anlass (§ 543 n.F. ZPO), die Revision zuzulassen.

Streitwert der Berufung: 100.405,57 Euro. Beschwer der Klägerin: 81.993,69 Euro. Beschwer des Beklagten: 18.411,88 Euro.

Ende der Entscheidung

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