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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.09.2001
Aktenzeichen: 23 U 34/01
Rechtsgebiete: EStG, BGB, ZPO


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1
BGB § 242
ZPO § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

23 U 34/01

In dem Rechtsstreit

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dohnke-Kraff, den Richter am Oberlandesgericht Treige und den Richter am Landgericht Dr. May

am 7. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung der beabsichtigten Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 16.11.2000 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet, weil die Berufung keine Aussichten auf Erfolg hat. Das Landgericht hat zutreffend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Verletzung vertraglicher Pflichten (Hinweis auf die steuerliche Behandlung von Umsatzprovisionen als verdeckte Gewinnausschüttung und Empfehlung geeigneter Massnahmen zur Vermeidung von Körperschaftssteuer) verneint. Auf die zutreffende Begründung der angefochtenen Entscheidung wird verwiesen. Die Antragsschrift vom 02.01.2001 rechtfertigt keine andere Beurteilung.

I.

Es fehlt bereits an der Darlegung und auch dem Nachweis eines Auftrags, aufgrund dessen der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Gemeinschuldnerin auf die Gefahr einer Steuerbelastung aus verdeckter Gewinnausschüttung hinzuweisen und dieser Gefahr durch geeignete Massnahmen und Empfehlungen entgegenzuwirken.

Der Sachvortrag des Klägers, der Zeuge F habe ab Gründung der Gemeinschuldnerin ständig in allen buchhalterischen und steuerlichen Belangen Kontakt mit dem Beklagten gehalten und diesen stets über sämtliche laufenden Verhältnisse der Gemeinschuldnerin durch eingehende mindestens einmal wöchentlich stattfindende Gespräche und Erörterungen informiert und jederzeit auf dem Laufenden gehalten, ist ebenso unzureichend wie die Aussage des Zeugen Fratz, der Beklagte habe die Gemeinschuldnerin sämtlichst und in allen Dingen steuerlich beraten und auch die Bilanzerstellung vorgenommen. Diese Angaben lassen nicht erkennen, wer und zu welchem Zeitpunkt dem Beklagten einen Auftrag zur Steuerberatung der Gemeinschulderin erteilt hat. Es fehlen auch entsprechende Rechnungen des Beklagten über angeblich von ihm erbrachte Beratungsleistungen. Die in der Rechnung vom 25.03.1992 über DATEV-Kosten sowie acht Stunden Beratung bei der Einrichtung und Einarbeitung Fibu im Februar/März 1992 erwähnten Leistungen verpflichteten den Beklagten nicht zur Beratung der Gemeinschuldnerin über den steuerrechtlichen Hintergrund von Umsatzprovisionen.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beklagte die Monatsauswertungen in den Jahren 1992 und 1993 vereinbarungsgemäss auf Plausibilität überprüfen sollte, folgt daraus keine Beratungspflicht des Beklagten über die Steuerproblematik von Umsatzprovisionen. Nicht einmal bei einem Jahresabschluss, der über die handels- und steuerrechtlichen Grundsätze ordnungsgemässer Buchführung gemäss § 5 Abs. 1 EStG hinausgehend oft auch zahlreiche andere steuerlich bedeutsame Vorgänge beinhaltet, wäre der Steuerberater zur steuerrechtlichen Überprüfung aller einzelnen Vorgänge verpflichtet. Andernfalls würde ihm ein unzumutbares, auch durch eine Versicherung kaum abzudeckendes Haftungsrisiko aufgebürdet (BGHZ 128, 362).

II.

Der Beklagte war auch nicht im Rahmen seiner vertraglichen Nebenpflicht aus § 242 BGB, den Mandanten vor Schaden zu bewahren (BGH WM 1991, 1304; BGHZ 128, 362) dazu verpflichtet, auf die steuerrechtliche Problematik von Umsatzprovisionen hinzuweisen. Solche Nebenpflichten erwachsen dem Steuerberater nur dann, wenn für ihn auf den ersten Blick ersichtlich ist, dass eine steuerrechtliche Fehlentscheidung getroffen worden ist (BGHZ 128, 362). Diese Voraussetzung ist hier jedoch schon deshalb nicht schlüssig dargelegt, weil nicht mitgeteilt worden ist, welche Erkenntnisse die angeblich dem Beklagten zur Plausibilitätsprüfung vorgelegten DATEV-Monatsauswertungen vermittelten.

Selbst wenn sich nach dem Inhalt der DATEV-Monatsauswertungen die Gefahr einer Steuerbelastung aus verdeckter Gewinnausschüttung aufgedrängt haben sollte, wäre der Beklagte nicht zum Schadensersatz verpflichtet, weil nicht feststellbar ist, dass bei Kenntnisnahme der DATEV-Monatsauswertungen durch den Beklagten die jetzt unstreitige Steuerbelastung vermeidbar gewesen wäre.

1.

Zuwendungen an die beherrschenden Gesellschafter, zu denen die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin gehörten, werden von der Finanzverwaltung und von den Finanzgerichten nur unter strengen Voraussetzungen als Betriebsausgaben anerkannt. U.a. wird gefordert, dass die Zuwendung als Geschäftsführergehalt im voraus klar und eindeutig vereinbart worden ist (BGH NJW 1997, 2238; BGH NJW 1998, 1486). Eine solche Vereinbarung hätte die Gemeinschuldnerin mit ihren Geschäftsführern zumindest für das Steuerjahr 1992 bereits 1991 im Zusammenhang mit ihrer Gründung treffen müssen. Für diesen Zeitpunkt fehlt es jedoch an dem Nachweis eines Steuerberatervertrages, aufgrund dessen der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, auf eine geeignete Fassung der Geschäftsführerverträge hinzuwirken. Das Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 15.03.1995 spricht sogar eher dafür, dass der Beklagte erst im Vorfeld der Betriebsprüfung (beginnend ab 24.04.1995) im Rahmen der nachträglichen Erstellung der Geschäftsführerverträge mit allen steuerrechtlich massgeblichen Einzelheiten betreffend die 1992 (DM 123.492,--) und 1993 (DM 127.342,--) an die Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten Beträge und deren nachträgliche "Provisionsfindung" durch angebliche aussergewöhnliche Leistungen der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer F und S konfrontiert worden ist. Die Formulierung des Schreibens der Gemeinschulnderin vom 15.03.1995 wäre nicht erklärlich, wenn der Beklagte bereits vor der ersten Zahlung Kenntnis von allen steuerrechtlich massgeblichen Einzelheiten der Umsatzprovisionen gehabt hätte bzw. mit deren Prüfung im Rahmen eines Steuerberatermandates betraut gewesen wäre. Dann hätte eine schlichte Bezugnahme auf eine angeblich vor der Zahlung stattgefundene eingehende Erörterung der Umsatzprovisionen mit dem Beklagten genügt. Änderungen der Gesellschafterverträge nach Beginn des Geschäftsjahres 1992 hätte das Finanzamt voraussichtlich nicht anerkannt. Im übrigen hat der Kläger nicht im einzelnen dargelegt, aus welchen Monatsauswertungen der Beklagte verdeckte Gewinnausschüttungen hätte entnehmen können. Der Kläger ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass bei pflichtgemässem Handeln des Beklagten ein Schaden nicht eingetreten wäre (BGH NJW 1994, 1472). Solange es ihm nicht gelingt, ein Steuerberatermandat für den Zeitpunkt der Gründung der Gemeinschuldnerin nachzuweisen, helfen ihm aufgrund der oben geschilderten Anforderungen der Finanzverwaltung und Finanzgerichte an die Anerkennung von Betriebsausgaben die Beweiserleichterungen des Anscheinsbeweises und § 287 ZPO nicht weiter. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe erst im Zusammenhang mit den im Juli 1993 begonnenen Arbeiten zur Erstellung des Jahresabschlusses für 1992 Kenntnis von den vorherigen Entnahmen der Gesellschaftergeschäftsführer erlangt. Den entgegenstehenden Klägervortrag, der Beklagte habe von den Umsatzprovisionen schon gewusst, bevor diese überhaupt zur Ausführung bzw. Verbuchung gekommen seien und diese seien - schon wegen der Höhe der geplanten Zahlungen - im Vorfeld mit Zustimmung des Beklagten ("Können Sie machen") angesprochen worden, hat der Zeuge Fratz nicht hinreichend bestätigen können. Seine Angaben dazu sind nicht ergiebig und weisen erhebliche Erinnerungslücken auf. Er konnte sich weder an Zeitpunkt und Inhalt einer angeblich nur telefonisch erfolgten Unterredung mit dem Beklagten noch daran erinnern, ob der Beklagte steuerrechtliche Bedenken geäussert hat. Er konnte nicht einmal sicher sagen, wann und in welcher Weise (monatlich oder quartalsweise) die Umsatzprovisionen im zweiten Jahr gezahlt und verbucht worden sind.

2.

Selbst wenn man unterstellt, dass die DATEV-Monatsauswertungen 1992 den Beklagten hätten veranlassen müssen, der Gemeinschuldnerin eine Änderung der Gesellschafterverträge zum 01.01.1993 zu empfehlen, hätten Schadensersatzansprüche des Klägers keine Aussichten auf Erfolg. Nach dem Beklagtenvortrag wäre eine (weitere) Erhöhung der Geschäftsführergehälter vom Finanzamt als unangemessen bewertet worden. Der Sachvortrag des Klägers, den im Rahmen des von ihm erhobenen Unterlassungsvorwurfs die Darlegungs- und Beweislast für den hypothetischen Kausalverlauf bei vertragsgerechtem Verhalten des Beklagten trifft (BGH NJW 1990, 2129; BGH NJW 1992, 2695; Zugehör; Handbuch der Anwaltshaftung, 1999, Rn 1039 mwN), enthält zur Angemessenheit der Erhöhung der mit DM 355.492,-- (1992) bzw. DM 372.000,-- (1993) bezifferten Bezüge der Geschäftsführer F und S um weitere DM 123.492,-- bzw. DM 127.342,-- keine hinreichenden Angaben. Die vom Kläger dargelegte Grössenordnung der Unternehmensgruppe N A and M nebst GbR (mit einem Umsatz von über DM vier Mio.) und die hieraus folgende besondere Verantwortung und Sachkenntnis der Geschäftsführer, die Bedeutung dieser Geschäftsführertätigkeiten und die Handhabung bei vergleichbaren Unternehmensgruppen sind nicht zu berücksichtigten, massgeblich ist allein die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern in Bezug auf die konkreten Verhältnissse der Gemeinschuldnerin.

Ende der Entscheidung

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