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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.03.2002
Aktenzeichen: 24 U 104/01
Rechtsgebiete: ArbGG, RBerG, BGB, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 11
RBerG § 1 Abs. 1
BGB § 164
BGB § 278
BGB § 164 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 104/01

Verkündet am 19. März 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2002 durch seine Richter Z, T und D

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. März 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Beklagte nicht passiv legitimiert ist.

Die Berufung vermag die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, nicht in Frage zu stellen.

1.)

Der Beklagte haftet der Klägerin nicht aus positiver Vertragsverletzung eines Rechtsberatungsvertrages (§§ 611, 675 BGB). Denn zwischen den Parteien ist ein solcher Vertrag nicht zustande gekommen.

a)

Es lässt sich zunächst nicht feststellen, dass die Klägerin dem Beklagten persönlich das Angebot zum Abschluss eines Rechtsberatungsvertrages unterbreitet hat. In ihrem Schreiben hat sich die Klägerin ausnahmslos an den D-Landesverband (im folgenden: D) "z.H." des Beklagten gewandt. Sogar das Begleitschreiben vom 29. Oktober 1998, mit dem die Klägerin eine Prozessvollmacht übersandte, ist so adressiert. Dass die Prozessvollmacht selbst keinen direkten Hinweis auf den D enthält, lässt unter Berücksichtigung der in § 164 Abs.1 Satz 2 BGB enthaltenen Regelung nicht den Schluss zu, dass zu dem Beklagten persönlich eine vertragliche Beziehung hergestellt werden sollte. Immerhin ergibt sich aus dem ersten Satz des Vollmachtsvordrucks die Stellung des Beklagten als Geschäftsführer, wobei dies den Status des Beklagten beim D beschrieb.

Soweit die Klägerin mit der Berufung geltend macht, sie habe sich von Anfang an direkt an den Beklagten gewandt und die erste Kontaktaufnahme sei telefonisch erfolgt, nachdem eine Kollegin den Beklagten empfohlen habe, reicht dies nicht aus, um ein Vertragsangebot an den Beklagten persönlich zu belegen. Es ist schon fraglich, ob die Klägerin anlässlich der ersten Kontaktaufnahme überhaupt ein Vertragsangebot unterbreitet hat. Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn unstreitig hat die Klägerin den Beklagten stets nur über den D erreicht. Dass dabei über die Frage, wer Vertragspartner werden würde, überhaupt zwischen den Parteien gesprochen wurde, ist nicht dargetan.

b)

Jedenfalls fehlt es an einer Vertragsannahmeerklärung des Beklagten. Unstreitig ist zwar, dass der Beklagte für die Klägerin rechtsberatend tätig geworden ist. Ob die darin liegende konkludente Vertragsannahmeerklärung in eigenem Namen oder im Namen des D abgegeben worden ist, bestimmt sich indes nach § 164 BGB.

Nach Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift macht es keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. Für die Abgrenzung zwischen Vertreter- und Eigengeschäft gelten die allgemeinen Auslegungsregeln. Entscheidend ist, wie der Erklärungsempfänger das Verhalten des Handelnden verstehen durfte. Dabei sind alle Umstände, insbesondere früheres Verhalten, Zeit und Ort der Erklärung, die berufliche Stellung der Beteiligten, die Art ihrer Werbung und die erkennbare Interessenlage zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2000,3344; Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164 Rdnr.4).

Im Streitfall ergibt sich daraus, dass der Beklagte persönlich keine vertragliche Verpflichtung eingegangen ist. Dass und ggf. mit welchem Wortlaut eine Vertragsannahme bereits bei einem ersten Telefongespräch erklärt worden ist, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die durchweg unter dem Briefkopf des D erfolgte schriftliche Korrespondenz, bei der der Beklagte stets als "Geschäftsführer" zeichnete, spricht zunächst entscheidend gegen ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Vielmehr handelte der Beklagte ersichtlich für den D, dem er aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer verpflichtet war.

Auch die Satzung des D und seine Rechtsschutzordnung deuteten nicht darauf hin, dass sich der Beklagte persönlich verpflichteten wollte. Nach § 2 Abs. 1 der Rechtsschutzordnung umfasst der Rechtsschutz des D Rechtsberatung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung des Mitglieds. Nach § 5 Abs. 1 behält sich der D die Benennung des Rechtsvertreters und notwendigenfalls die Beauftragung von Gutachtern vor. Anders als Rechtsschutzversicherer, die Rechtsschutz grundsätzlich in Form der Kostenübernahme gewähren (vgl. §§ 1, 5 ARB 1994), ergab sich aufgrund der Mitgliedschaft der Klägerin mithin vorrangig ein Anspruch auf Rechtsschutz durch den D selbst. Da es sich bei dem D um eine Gewerkschaft in der Rechtsform eines Vereins handelt, war dabei offensichtlich, dass für diesen eine natürliche Person die Rechtsberatung durchführen würde.

Auch die der Klägerin erkennbare Interessenlage des Beklagten spricht dagegen, dass zwischen den Parteien ein persönliches Vertragsverhältnis besteht. Als Geschäftsführer stand der Beklagte ersichtlich in einer vertraglichen Beziehung zum D. Nichts sprach dafür, dass der Beklagte darüber hinaus mit rechtssuchenden Mitgliedern des D einzelvertraglich in Verbindung treten wollte, zumal eine gesonderte Vergütung für die rechtsberatende Tätigkeit im Einzelfall weder ersichtlich noch dargetan ist. Ferner deutete nichts darauf hin, dass der Beklagte die für eine geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erforderliche Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG besaß.

Auch die in § 11 ArbGG getroffene Regelung, wonach sich die Parteien vor den Arbeitsgerichten auch durch Vertreter von Gewerkschaften oder Arbeitnehmervereinigungen vertreten lassen können, spricht gegen ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. § 11 ArbGG verleiht dem Verbandsvertreter Postulationsfähigkeit. Aber erst die darüber hinaus erforderliche Prozessvollmacht macht die Erklärungen des Verbandsvertreters für die Prozesspartei verbindlich (vgl. Grunsky, ArbGG, 7.Aufl., § 11, Rdnr.11). Der Erteilung einer Prozessvollmacht für den Beklagten kommt deshalb eine entscheidende Bedeutung nicht zu.

Sie ist auch nicht etwa im Hinblick darauf von ausschlaggebender Bedeutung, dass der Beklagte den Vorprozess zunächst bei einem Amtsgericht anhängig gemacht hat. Denn für die Frage, ob die Parteien durch ein Vertragsverhältnis verbunden sind, kann nicht entscheidend sein, vor welchem Gericht der Beklagte mehr als vier Monate nach der ersten Kontaktaufnahme mit der Klägerin versucht hat, Ansprüche durchzusetzten.

Überdies hat der Beklagte auch bei der Formulierung der Klageschrift deutlich gemacht, dass er nicht persönlich die Interessen der Klägerin im Prozess vertrat. Neben der Verwendung des Briefpapiers des D ergibt sich dies namentlich aus dem vorletzten Satz der Klageschrift, wonach der D satzungsgemäß die Interessen hauptberuflich tätiger Journalisten und Journalistinnen vertritt.

Auch die vorprozessualen Schreiben des Beklagten vom 10. und 27. November 1998 ließen keinen Zweifel daran, dass sich der Beklagte namens des D an den ehemaligen Arbeitgeber der Klägerin wandte.

Es kann dahinstehen, aufgrund welcher Umstände zu einem späteren Zeitpunkt ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter für die Klägerin tätig geworden ist und welche vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin und diesem bestehen.

Ein entscheidender Unterschied zwischen dem Beklagten und dem später tätig gewordenen Rechtsanwalt besteht nämlich darin, dass dieser Rechtsanwalt außerhalb des D stehend und unter eigenem Briefkopf für die Klägerin tätig geworden ist.

2.)

Eine Eigenhaftung trifft den Beklagten ferner nicht in seiner Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe des D.

Gegen den Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB bestehen regelmäßig keine vertraglichen Ansprüche (vgl. BGH WM 1990, 815,818). Ausnahmsweise wird eine eigene vertragliche Ersatzpflicht des Erfüllungsgehilfen dann bejaht, wenn die positive Vertragsverletzung nicht in einer Schlechterfüllung, sondern in einer Verletzung von Nebenpflichten besteht und der Erfüllungsgehilfe bei der Anbahnung und Abwicklung des Vertragsverhältnisses für sich Vertrauen in Anspruch genommen hat (vgl. BGH a.a.O.; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 276, Rdnr. 129).

Vorliegend ist der mögliche Schaden der Klägerin jedoch nicht durch eine Verletzung einer nebenvertraglichen Schutzpflicht entstanden. Vielmehr beruht er nach dem Vorbringen der Klägerin auf einer Schlechterfüllung der hauptsächlich geschuldeten Beratungspflicht.

Der Beklagte haftet auch nicht als "Sachwalter" persönlich. Voraussetzung für eine derartige Haftung wäre, dass er gleichsam in eigener Sache tätig geworden wäre, d.h., dass er in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen oder dem Verhandlungsgegenstand besonders nahe gestanden hätte, weil er sich einen eigenen Nutzen versprach (vgl. BGH a.a.O.).

Beides lässt sich im Streitfall nicht feststellen.

Selbst wenn sich die Klägerin auf die Empfehlung einer Kollegin an den Beklagten wandte, folgt daraus nicht mehr als das normale Vertrauen, das der Mandant bei der Übertragung einer Rechtsangelegenheit regelmäßig voraussetzt. In welcher Weise der Beklagte dieses Vertrauen in Anspruch genommen hat, ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin gar nicht. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Beklagte sich einen persönlichen Vorteil von der Wahrnehmung der Angelegenheiten der Klägerin versprach. Im Gegenteil sprechen die Umstände dafür, dass der Beklagte weder von der Klägerin noch vom D einen besonderen Vorteil von der Bearbeitung der Rechtssache erwarten konnte.

3.)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und der Wert der Beschwer für die Klägerin betragen 8.925,77 € (= 17.452,28 DM).

Ende der Entscheidung

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