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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.06.2002
Aktenzeichen: 24 U 183/01
Rechtsgebiete: PV, AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

PV § 3
PV § 3 Nr. 5
PV § 7 Nr. 3
PV § 17 S. 1
PV § 3 Nr. 6 S. 1
PV § 3 Nr. 6 S. 3
AGBG § 5
BGB § 536
BGB § 582
BGB § 282 a.F.
BGB § 538 n.F.
BGB § 548 a.F.
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 582 Abs. 1
BGB § 557 Abs. 1 a.F.
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 183/01

Verkündet am 11. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 28. Mai 2002 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, E und T

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Juni 2002 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel des Klägers, mit welchem er die Abweisung seiner auf Pacht, Nutzungsentschädigung und Schadensersatz gerichteten Zahlungsklage (14.764,00 DM nebst Zinsen) bekämpft, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Zu den einzelnen Forderungspositionen gilt das Folgende:

I. Pacht für Mai 2000 (1.380,00 DM)

Das Landgericht hat diese Position zu Recht abgewiesen, obwohl unstreitig ist, dass die Beklagte die Pacht für den Monat Mai nicht bezahlt hat.

1. Der Anspruch des Klägers besteht ohnehin nur in Höhe der Nettopacht (1.160,00 DM), weil die Betriebskostenabrechnung mangels näherer Bestimmung im Pachtvertrag (vgl. § 4 Nr. 2 Abs. 2 PV) spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2001 hätte abgerechnet werden müssen. Darauf hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu Recht hingewiesen. Nach Eintritt der Abrechnungsreife besteht deshalb kein Anspruch mehr auf die Betriebskostenvorauszahlung (220,00 DM).

2. Der Anspruch ist infolge der von der Beklagten erklärten Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch erloschen. Die näheren Einzelheiten dazu werden nachfolgend unter Nr.IV erörtert werden.

II. Nutzungsentschädigung für die Monate Juni 2000 bis August 2000 (3 x 1.380,00 DM = 4.140,00 DM)

Nutzungsentschädigung gemäß § 557 Abs. 1 BGB a.F. (§ 546a Abs. 1 BGB n.F.), wie vom Landgericht geprüft, kann der Kläger schon deshalb nicht verlangen, weil die Beklagte dem Kläger die Pachtsache nicht vorenthalten hat. (wird ausgeführt)

III. Schadensersatzansprüche

1. Renovierung der Pachträume (2.320,00 DM)

Was der Kläger unter dieser Position geltend macht), sind Kosten der Malerarbeiten für beide verpachteten Räume. Die Beklagte trifft keine besonderen Dekorationspflichten aus Anlass der Vertragsbeendigung. Die diesbezüglichen Vertragsklauseln sehen keine Renovierung bei Vertragsende vor.

a) § 7 Nr. 3 PV verpflichtet die Pächterin, die Räume "in ordnungsgemäßem Zustand ... zurückzugeben". Dieser Begriff ist ein Synonym für vertragsgemäßen Zustand, ohne dass er selbst definiert, was vertragsgemäß ist (vgl. Bub/Treier/Scheuer Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Anm. V Rn.203 m.w.N.). Diese Frage richtet sich also nach dem sonstigen Vertragsinhalt in Verbindung mit den gesetzlichen Bestimmungen.

b) § 17 S. 1 PV verpflichtet die Pächterin, die Räume "im bezugsfertigen Zustand" zurückzugeben. Auch dieser rechtlich unspezifische Begriff verpflichtet den Pächter nicht zur Endrenovierung, denn auch ohne eine solche können Räume von einem Nachfolger bezogen und bestimmungsgemäß genutzt werden (vgl. Bub/Treier/ Scheuer, aaO Anm. V 201 m.w.N.).

c) Maßgeblich ist also, ob die Beklagte bei Vertragsende Schönheitsreparaturen schuldete, das heißt ob diese fällig gewesen sind. Das ist, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, nicht der Fall.

aa) Unter Schönheitsreparaturen sind die Dekorationsmaßnahmen zu verstehen, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Pachtsache, also ihren Verschleiß erforderlich werden. Dazu gehört auch der Tapetenanstrich, um den es hier geht. Grundsätzlich schuldet sie der Verpächter (§§ 536, 548 BGB a.F. = §§ 535 Abs. 2, 538 BGB n.F.). Im Streitfall aber haben die Parteien eine abweichende Vereinbarung getroffen, nämlich in § 3 Nr. 5 PV. Danach hat die Pächterin die Durchführung der Schönheitsreparaturen übernommen.

bb) Fällig sind Schönheitsreparaturen immer dann, wenn sich die Pachtsache in einem so abgenutzten Zustand befindet, dass es aus der Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung von Treu und Glauben im Rechtsverkehr und der Verkehrssitte unzumutbar ist, sie in diesem Zustand zu belassen. Darlegungs- und beweispflichtig dafür ist der Kläger. Sein diesbezüglicher Vortrag und die diesbezüglichen Beweisantritte sind unzureichend.

(1) Aus dem bloßen Zeitablauf zwischen letzter Renovierung (April 1997) und Rückgabe der Räume (Ende Mai 2000) lässt sich zu Gunsten des Klägers nichts herleiten. Die Parteien haben nämlich im Vertrag Renovierungsfristen nicht festgelegt. Es gibt auch keinen Erfahrungssatz, der besagt, dass schon nach drei Gebrauchsjahren Räume, die als Friseursalon genutzt worden sind, so verschlissen sind, dass sie der Neudekoration bedürfen. Das gilt hier umso mehr, als die Räume mit Inventar verpachtet worden sind und deshalb die gelegentlich feststellbaren Farbschattierungen hinter Spiegeln, Schränken usw. mangels Beseitigung des Inventars und der Einbauten nicht sichtbar werden.

(2) Allerdings sind die Parteien einig darin, dass die Wand- und Deckendekoration bei Vertragsende verschmutzt gewesen ist. Dennoch löst das im Streitfall nicht die Pflicht zur Schönheitsreparatur aus. Das folgt daraus, dass für die hier in Rede stehende Verschmutzung nicht die Vermutung gilt, dass sie auf dem Pachtgebrauch beruht. Die Beklagte behauptet nämlich, diese Verschmutzungen seien auf die Einwirkungen des Brandes zurückzuführen, der unstreitig im Dezember 1999 im nicht von der Beklagten gemieteten Keller des Haus stattgefunden hatte und für dessen Verursachung die Beklagte unstreitig nicht verantwortlich ist.

Der Brand hatte auch Auswirkungen auf die gemieteten Räume im weitesten Sinne. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Versicherung der Beklagten eingetreten ist für Brandschadensfolgen, die an von ihr eingebrachtem Inventar eingetreten war. Da die Beklagte, wie oben bereits dargestellt worden ist, nur die Verschlechterung der Dekoration schuldet, die auf dem Pachtgebrauch beruht, müssen andere in Betracht kommende Ursachen ausgeschlossen sein, um ihre Haftung zu begründen.

Streiten wie hier die Parteien eines Pachtvertrags darüber, wer von ihnen für Verschlechterungen der Pachtsache verantwortlich ist und kommen wie im Streitfall Ursachen aus der Verantwortungssphäre beider Seiten ernsthaft in Betracht, obliegt es zunächst dem Verpächter, sich von seiner Verantwortlichkeit zu entlasten (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl. Rn. 355ff; BGH NJW 1994, 2019; NJW 2000, 2344). Es fehlt neben dem Beweisantritt schon an ausreichenden Darlegungen des Klägers zu dieser Streitfrage. Eines besonderen Hinweises auf diese Defizite durch den Senat bedurfte es angesichts des substantiierten Berufungsvortrags der Beklagten zu den Umständen der Brandschadensregulierung nicht mehr.

An dieser Darlegungs- und Beweislast ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte bei Rückgabe erklärt haben soll, sie werde die Tapetenverschmutzung ihrer Versicherung zur Regulierung melden. Damit hat die Beklagte weder eine Einstandspflicht eingeräumt noch eine konstitutiv begründete Erfüllungspflicht übernommen. Das hatte der Kläger, wie er selbst einräumt, auch sofort erkannt; denn er sah keinen Grund, aus welchem die Versicherung der Beklagten für den hier umstrittenen Schaden einzustehen hätte.

d) Schließlich spricht Einiges dafür, dass der Kläger auf eine Renovierung konkludent verzichtet hat, weil im Abnahmeprotokoll vom 31. Mai 2000 ein Dekorationsdefizit nicht vermerkt worden ist. Die Erklärung des Klägers, der Mangel sei offenkundig gewesen und hätte deshalb der Aufnahme in das Protokoll nicht bedurft, ist nicht schlüssig, zumal die Beklagte gerade (aus den oben erwähnten Gründen) nicht ihre Einstandspflicht eingeräumt hatte.

e) Allerdings war die Beklagte verpflichtet gewesen, den auf der Schaufensterscheibe aufgebrachten Schriftzug zu entfernen. Doch auch dazu fehlt eine entsprechende Position im Abnahmeprotokoll. Das spricht für konkludenten Verzicht, weil der Kläger nicht behauptet, außerhalb des Protokolls habe die Beklagte diese Pflicht anerkannt, und weil der Schriftzug auch offenkundig gewesen ist. Der Kläger konnte gute Gründe gehabt haben, den Schriftzug (einstweilen) zu belassen, um bei potentiellen Pachtinteressenten die Aufmerksamkeit auf die Art der zu verpachtenden Räume zu verstärken, zumal der Beseitigungsaufwand ersichtlich gering gewesen war. Die Malerfirma hat in ihrem Kostenvoranschlag für diese Position keine Kosten angesetzt, und auch der Kläger setzt im Prozess keine besonderen Kosten dafür an, so dass auch unter Kostengesichtspunkten nachvollziehbar ist, dass der Kläger bei Abnahme keine Veranlassung gesehen hatte, die Beklagte diesbezüglich zu verpflichten.

2. Defekte Hydraulik an sechs Friseurstühlen (4.188,00 DM)

Auch diese Kostenposition hat das Landgericht zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Schadensersatz.

a) Die Beklagte wäre ohne weiteres schadensersatzpflichtig aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung, wenn feststünde, dass der eingetretene Schaden durch eine ihr zurechenbare schuldhafte Handlung herbeigeführt worden ist. Diese Feststellung lässt sich indes nicht treffen.

Allerdings besteht gemäß § 282 BGB a.F. für den Regelfall eine gesetzliche Vermutung dafür, dass der Pächter für einen nach Übergabe eingetretenen Schaden verantwortlich ist, wenn er beim Pachtgebrauch eingetreten ist. Im Streitfall gilt diese Vermutung aber nicht zu Lasten der Beklagten.

Die Beklagte hat nämlich bestritten, dass dem Vorpächter, in dessen Rechte und Pflichten sie mit der Vertragsübernahme eingetreten ist, Stühle mit intakter Hydraulik übergeben worden sind. Der Kläger als Verpächter ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die Stühle bei Übergabe an den Vorpächter intakt gewesen sind. Ein Beweisantritt fehlt.

Hinzu kommt, dass der Schaden an einem typischen Verschleissteil eingetreten ist. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass der Schaden infolge des bestimmungsgemäßen Gebrauchs eingetreten ist. Mit Blick auf das Alter der Stühle von insgesamt 25 Jahren liegt das sogar ganz nahe, denn der Kläger behauptet nicht, dass die Hydraulik wesentlich jüngeren Datums ist.

b) Unrichtig ist die Ansicht des Klägers, auf die vorstehend erörterte Frage komme es nicht an, weil die Beklagte als Pächterin gemäß § 582 Abs. 1 BGB verschuldensunabhängig auch für Reparaturen von Inventar hafte, die infolge von bloßem Verschleiss erforderlich werden. Die Bestimmung des § 582 BGB gilt nicht im Streitfall, weil im Pachtvertrag Abweichendes vereinbart worden ist. Dabei gehen Unklarheiten, die sich aus der Verwendung eines für Mietverträge vorgesehenen Formulars für den hier abgeschlossenen Pachtvertrag ergeben, wodurch spezifische. gesetzliche Regelungen für den Pachtvertrag außer Kraft gesetzt worden sind, zu Lasten des Klägers als Verwender des Formulars (§ 5 AGBG).

aa) Gemäß § 3 Nr. 6 S. 1 und 3 PV hat die Beklagte nur "kleinere Schäden" bis zu maximal 5% der Jahresmiete [gemeint ist Jahrespacht] auf eigene Kosten zu beseitigen. Darunter ist die Jahresnettopacht zu verstehen, weil in § 3 PV stets zwischen Miete [gemeint ist Pacht] und Nebenkosten/Betriebskosten unterschieden wird. Dann ist es konsequent, unter "Jahresmiete" [gemeint ist wiederum "Jahrespacht"] das Entgelt ohne Betriebskostenvorauszahlung entsprechend der Unklarheitenregelung (§ 5 AGBG) zu verstehen. Die Kappungsgrenze liegt bei (1.160,00 DM x 12 = 13.920,00 DM x 5/100 =) 696,00 DM/Jahr, ohne dass es auf die Ursache des Schadens ankäme. Im Streitfall geht der Schaden weit über die genannte Grenze hinaus.

bb) Der Senat ist auch nicht der Auffassung, dass die Beklagte bei größeren Schäden jedenfalls für einen Reparaturkostenbeitrag bis zur vereinbarten Grenze haftet. Sie ist vielmehr bei größeren Schäden ganz frei. Das ergibt die Auslegung der Kleinreparaturklausel. Sie dient dazu, Auseinandersetzungen der Parteien über die Ursachen kleinerer Schäden zu vermeiden (vgl. BGH NJW 1989, 2247 zu derartigen Klauseln im Wohnraummietrecht; Bub/Treier/Kraemer , aaO Anm.III Rn. 1081b). Die hier im Vergleich zu § 582 BGB begünstigte Beklagte soll alle kleineren Schäden bis zur Höchstgrenze tragen müssen, ohne dass der Frage nachgegangen werden müsste, worauf sie beruhen. Das vereinfacht die Abwicklung des Vertragsverhältnisses. Daraus folgt aber gleichzeitig, dass sie für größere Schäden nicht einzustehen hat, denn in diesen Fällen bedarf es stets der Aufklärung, worauf der Schaden beruht. Der mit der Kleinreparaturklausel verfolgte Zweck kann demnach bei größeren Schäden nicht erreicht werden. Wünscht demnach der Verpächter bei größeren Schäden stets einen Reparaturkostenbeitrag des Pächters, muss das im Vertrag ausdrücklich geregelt sein (vgl. dazu BGH aaO, der derartige Beteiligungsklauseln im Wohnraummietrecht für unwirksam hält).

3. Mietzinsausfall Juni 2000 bis August 2000 (3 x 1.380,00 DM = 4.140,00 DM) (wird ausgeführt)

IV. Aufrechnung mit Kaution gegen Pacht für den Monat Mai 2000 (1.380,00 DM)

1. Die Aufrechnung der Beklagten mit dem beanspruchten Kautionsrückzahlungsanspruch (1.380,00 DM) gegen den fälligen Nettopachtzins (vgl. dazu oben unter Nr. I) des Monats Mai 2000 (1.160,00 DM) greift durch. (wird ausgeführt)

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Senat sieht keinen Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Berufungsstreitwert (zugleich Beschwer des Klägers). 6.149,82 EUR (12.028,00 DM)

Ende der Entscheidung

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