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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: 24 U 6/03
Rechtsgebiete: BGB, RberG


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 652
RberG Art. 1 § 1
RberG Art. 1 § 5
Verpflichtet sich ein Unternehmen, Kunden von Energieversorgern mit dem Ziel der Kostenersparnis zu beraten (Energieberatungsunternehmen), so kann es sich um Rechtsbesorgung im Sinne von Art. 1 § 1 RberG handeln. Im Einzelfall kann die Rechtsbesorgung eine erlaubte Nebentätigkeit nach Art. 1 § 5 RberG darstellen (hier bejaht).
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 6/03

Verkündet am 15. Juli 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die am 06. Mai 2003 geschlossene mündliche Verhandlung unter Mitwirkung seiner Richter Z, E und T

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juli 2002 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die zulässige Berufung der Beklagten richtet sich gegen ihre antragsgemäße Verurteilung

* auf Herausgabe der Energiekostenrechnungen des Energieversorgers X (Strom) und Y (Erdgas) jeweils für den Zeitraum vom 01. Februar 2000 bis 18. November 2003 innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt und

* die Feststellung, sie sei verpflichtet, an die Klägerin 50% derjenigen Einsparungen (zzgl. MwSt) zu zahlen, die sie in der Zeit vom 01. Februar 2000 bis 18. November 2003 beim Strombezug von der X erzielt hat oder erzielen wird nach dem Stromlieferungsvertrag, der auf der Grundlage des Angebots vom 07. Februar 2000 zustande gekommen ist

mit dem im zweiten Rechtszug aufrecht erhaltenen Ziel der Klageabweisung. Die Beklagte rügt u. a., das Landgericht habe zur Frage der Sittenwidrigkeit erhebliche Beweisanträge übergangen und die Grundsätze der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sowie den Begriff der Ursächlichkeit/Mitursächlichkeit und die Beweislast hierzu verkannt. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und den Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I. Der hier umstrittene Vertrag über "Energie- und Telekommunikationsberatung" (GA 9, nachfolgend Beratungsvertrag genannt) ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig.

1. Allerdings ist der Beratungsvertrag ist (auch) auf Rechtsbesorgung im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG gerichtet. Das ergibt sich schon aus Nr. 1 S. 2 Beratungsvertrag, in welchem die Klägerin verspricht, die "Energie-Bezugsbedingungen" der Beklagten zu analysieren und sie darüber zu beraten, wie "eine Senkung unserer Energiekosten erzielt werden kann". Das Ziel (Energiekostensenkung) ist zwar wirtschaftlicher Natur, soll aber (auch) über eine Analyse der Rechtsbeziehungen der Beklagten zu ihren Energielieferanten herbeigeführt werden. In diesem Zusammenhang kommt es weniger auf die Frage an, ob die Begriffswahl "Energie-Bezugsbedingungen" auch rein technisch verstanden werden könnte (Tarifkosten). Maßgeblich ist, was die Parteien mit dem Vertrag erreichen wollten, wobei die Vertragspraxis hier die entscheidenden Hinweise gibt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH MDR 1988, 26 und 1994, 1148). Danach sollte die Klägerin nach dem übereinstimmenden Willen beider Vertragspartner auch prüfen und Lösungen vorschlagen, ob und wie sich die Beklagte aus vertraglichen Bindungen lösen kann (vgl. GA 13). Das ist Rechtsberatung, die stets dann vorliegt, wenn die Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten (vgl. z. B. BGH MDR 1988, 26 und 2000, 178). Selbst dann, wenn die vertragliche Umgestaltung nur auf dem Kulanzwege erreicht werden soll, liegt Rechtsbesorgung vor (vgl. BGH MDR 1995, 851, bestätigt BB 1997, 438). Denn auf eine Kulanzlösung orientiert man sich nur dann, wenn sonstige rechtliche Lösungen der Vertragsbindung (Kündigung, Anfechtung, Nichtigkeit) nicht ernstlich in Betracht kommen. Eine Rechtsbesorgung in diesem Sinne scheidet erst dann aus, wenn sie mit wirtschaftlicher Tätigkeit notwendig verbunden ist sowie sich in jedermann geläufigen Formen abspielt und daher ihrer Art nach nicht mehr als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden wird (BGH MDR 1987, 908; 1995, 865; 2000, 1447). Das wäre z.B. der Fall, wenn die Beklagte keinen vertraglichen Bindungen unterliegen und nun mit Hilfe der Klägerin den günstigsten Energielieferanten ermittelt würde (das wirtschaftliche Ermittlungsergebnis [günstigster Tarif] enthält gleichzeitig die rechtliche Empfehlung, mit dem benannten Anbieter zu kontrahieren). Darüber gehen die vertraglichen Ziele hier hinaus.

2. Der Senat teilt aber Auffassung des hiesigen 8. Zivilsenats (BB 1989, 523), der sich jedenfalls im Ergebnis der hiesige 15. Zivilsenat angeschlossen hat (Urt. v. 27.03.1996 -15 U 118/95-; der BGH hat mit Beschluss v. 24. September 1998 -III ZR 132/96- die Revision nicht angenommen), wonach die rechtsbesorgende Tätigkeit der Klägerin durch Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG gedeckt ist.

a)

Nach dieser Bestimmung ist fremde rechtsbesorgende Tätigkeit eines kaufmännischen oder sonstigen gewerblichen Unternehmers dann erlaubt, wenn sie mit einem Geschäft des Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang steht. Das bedeutet zunächst, dass die wirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund steht und die rechtsbesorgende Tätigkeit deshalb als bloßes Hilfs- und Nebengeschäft erscheint. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten besteht nur dann, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit sich von der rechtsbesorgenden nicht trennen lässt, ohne dass die erstgenannte nicht unangemessen erschwert wird (vgl. BGH MDR 2000, 606). Dabei ist stets der Gesetzeszweck im Auge zu behalten. Der besteht darin, einerseits das rechtssuchende Publikum vor inkompetenten Beratern zu schützen, andererseits eine erlaubte wirtschaftliche Tätigkeit nicht unmöglich zu machen. Bei der Auslegung der Bestimmung ist aber auch zu berücksichtigen, dass Art. 1 § 1 RBerG in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) derjenigen, die nicht Rechtsanwälte oder nicht im Besitz einer behördlichen Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten sind, eingreift (vgl BVerfG NJW 1998, 3481 und 2002, 1192). Die Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit muss deshalb durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein; unumgängliche Beschränkungen des Freiheitsrechts stehen zudem unter dem Gebot der Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet, dass das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sein und bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt sein müssen (BVerfG aaO).

b)

Wird dieser Maßstab hier angelegt, handelt es sich im Streitfall bei der angestrebten und geschuldeten Rechtsbesorgung um ein bloßes Hilfs- oder Nebengeschäft. Die rein wirtschaftliche Betätigung eines Energieberaters steht ersichtlich ganz im Vordergrund. Sie besteht in Folgendem:

* Feststellung des Energiebedarfs und der Energiequellen * Feststellung des Energielieferanten und der konkreten Kosten * Feststellung der günstigsten oder günstigerer Energiequellen und ihrer Lieferanten * Vergleichsrechnung * Kosten-Nutzen-Analyse für die Umstellung auf eine andere Energieart * Betriebswirtschaftliche Auswertung * Darstellung der Ergebnisse in Text (Entwürfe oder Anschreiben an den Energielieferanten)

Demgegenüber ist die von der Klägerin geschuldete rechtliche Beratung nur ganz geringfügig. Sie besteht allein in der Prüfung der Frage, ob die Beklagte an den Energielieferanten noch rechtlich gebunden ist oder nicht. Besteht eine vertragliche Bindung nicht mehr, steht es der Beklagten frei, neue Vertragsbedingungen auszuhandeln (so der vom BGH nicht angenommene Fall des OLG Düsseldorf 15 U 118/95 aaO). Besteht noch eine vertragliche Bindung, können neue Tarife und die damit erstrebte Energiekosteneinsparung nur auf der Grundlage einer Kulanzregelung getroffen werden. Zwar hat der Bundesgerichtshof erkannt, dass auch die Aushandlung von Vertragsänderungen auf der Grundlage von Kulanz eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheit bedeuten kann (NJW 1995, 3122 = MDR 1995, 851). Ob das im Einzelfall zutrifft, hängt aber von der Bedeutung und dem Gewicht der wirtschaftlichen Beratung einerseits und der Rechtsbesorgung andererseits ab, wobei der verfassungsrechtliche Schutz der Berufsausübungsfreiheit stets zu beachten ist. Die aufgezeigte Rechtsbesorgung ist nicht nur vom Gewicht her eher unbedeutend, sie ist ferner einfach strukturiert. Es geht der Beklagten ja nicht darum, umfassend darüber rechtlich beraten zu werden, wie sie sich aus einem möglicherweise wirtschaftlich ungünstigen Vertrag lösen kann, sondern allein um die Frage, ob ihre Energiekostenbilanz verbessert werden kann und durch welche Maßnahmen das möglich ist. Unter den aufgezeigten zahlreichen Varianten befindet sich nur ein Fall, in dem rechtliche Fragen berührt werden. Das ist nur dann der Fall, wenn die vom Kunden tatsächlich gezahlten Energiekosten im Vergleich zu den am Markt üblichen Kosten ungünstiger sind und die Vertragsbindung fortdauert, so dass nur eine Kulanzregelung erfolgversprechend ist. Auch im Rahmen einer solchen Verhandlung kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Vorschläge der Klägerin nicht sich nicht auf die Kraft und/oder das Gewicht rechtlicher Argumente stützt. Maßgeblich ist allein das wirtschaftliche Gewicht ihres Kunden. Hat der Energielieferant ein wirtschaftliches Interesse daran, den Kunden über die vertragliche Restlaufzeit hinaus an sich zu binden, wird er sich auf niedrigere Tarife einlassen. Er wird nämlich kalkulieren, dass der Kunde sich nach Vertragsablauf an einen anderen Lieferanten binden wird, wenn er dessen Wünsche nach Herabsetzung der Tarife während der Vertragslaufzeit abschlägig bescheidet. Auch das macht deutlich, dass hier nicht rechtliche Erwägungen den Ausschlag geben, sondern allein wirtschaftliche.

Der Beruf des Energieberaters hat sich etabliert und wird mit Blick auf die fortschreitende Liberalisierung des Energiemarktes an Bedeutung noch zunehmen. Es liegt auf der Hand, dass die Klägerin diesen Beruf nicht mehr ausüben könnte, wenn sie ihre Kunden im Falle fortdauernder Vertragsbindung an ihren Energielieferanten sogleich an einen Rechtsanwalt verweisen müsste. Dieser könnte gegenüber dem Energielieferanten rechtlich auch gar nicht argumentieren. Er müsste vielmehr unter Rückgriff auf die von der Klägerin ermittelten betriebs- und marktwirtschaftlichen Daten um eine Kulanzregelung bitten. Die Tätigkeit des Rechtsanwalt hätte demnach wie die des Energieberaters ihren Schwerpunkt auf der Darstellung der wirtschaftlichen Tatsachen. Es liegt auf der Hand, dass ein Rechtsanwalt auf der Ebene der Energieberatung keine eigene Leistung anzubieten hätte, die am Markt gefragt ist. Dem Senat, der schwerpunktmäßig mit den Gebührenforderungen der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltregressen befasst ist, ist deshalb auch kein Fall bekannt, in welchem Rechtsanwälte derartige Leistungen anbieten oder auch nur bewerben. Für die Klägerin als Angehörige des Berufsstandes der Energieberater ist es unzumutbar, ihre (kostenbewussten) Kunden nur deshalb auf einen Rechtsanwalt verweisen zu müssen, weil in Einzelfällen, die ohnehin bei Vertragsschluss (noch) nicht voraussehbar sind, die rechtlich einfache Frage nach fortdauernder Vertragsbindung berührt werden könnte. Der hier zu entscheidende Fall ist vergleichbar mit demjenigen, den das Bundesverfassungsgericht am 29. Oktober 1997 entschieden hat (BVerfGE 97, 12 = NJW 1998, 3481). Dort ging es um die geschäftsmäßige Überwachung gewerblicher Schutzrechte in Patentsachen. Der Bundesgerichtshof (MDR 1987, 908 = NJW 1987, 3005) hatte die geschäftsmäßige Fristenüberwachung als unvereinbar mit dem Rechtsberatungsgesetz gehalten, weil der Schwerpunkt der Tätigkeit auf fremder Rechtsbesorgung liege (drohender Rechtsverlust), wobei der geringe Schwierigkeitsgrad der geschuldeten Rechtsbesorgung keine Rolle spiele. Das Bundesverfassungsgericht betont dagegen die einfache Struktur und die Fokussierung der Rechtsbesorgung auf eine einzelne Rechtsfrage, die ohne Gefährdung der Rechtspflege als eines überragenden Guts des Gemeinwohls auch von Kaufleuten ausgeübt werden könne. Der (neben den Patentanwälten, die die gleiche Dienstleistung anbieten) etablierte Beruf der so genannten Patentgesellschaften sei deshalb verfassungsrechtlich (Art. 12 Abs. 1 GG) geschützt.

Im Streitfall verhält es sich hinsichtlich der Quantität und Qualität fremder Rechtsbesorgung nicht anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht (aaO) entschiedenen Fall. Er unterscheidet sich von ihm lediglich dadurch, dass in jenem Fall die Dienstleistung (auch) von Patentanwälten, die zur umfassenden geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten in Patent- und gleichgestellten Sachen berufen sind (§ 3 PatAnwO) angeboten wird, während die hier in Rede stehende Dienstleistung, wie bereits ausgeführt, von Rechtsanwälten soweit ersichtlich nicht angeboten wird. Dieser Umstand unterstreicht aber nur die Tatsache, dass für die von der Klägerin angebotene Dienstleistung ein Marktbedürfnis besteht, dass von den Rechtsanwälten nicht gedeckt wird. Verfassungsrechtlich ist deshalb der Schutzbereich des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG nicht enger zu ziehen; eher das Gegenteil könnte erwogen werden, ohne dass es einer Beantwortung dieser Frage hier bedürfte.

II. Der umstrittene Vertrag ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen sittenwidriger Preisgestaltung nichtig. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte, wie das Landgericht meint, Unvergleichbares miteinander vergleicht und ob das von der Klägerin verlangte Honorar tatsächlich mehr als das doppelte desjenigen beträgt, was verkehrsüblich als Entgelt für vergleichbare Dienstleistungen verlangt wird (objektiver Tatbestand). Eine Sittenwidrigkeit des Vertrags scheidet deshalb aus, weil zu Lasten der Klägerin eine verwerfliche Gesinnung bei Vertragsschluss nicht festgestellt werden kann. Eine verwerfliche Gesinnung liegt dann vor, wenn der Vertragspartner, zu dessen Gunsten sich der Vertragsschluss auswirkt, die schwächere Lage des anderen Teils bewusst ausnutzt oder sich leichtfertig der Erkenntnis verschließt, dass sich der andere Teil nur wegen seiner schwächeren Lage auf die drückenden Bedingungen einlässt (vgl. BGHZ 128, 257 und ständ. Rspr.).

Zu Unrecht ist die Beklagte der Auffassung, vom objektiven Tatbestand könne umstandslos auf den subjektiven Tatbestand geschlossen werden. Ein solcher Rückschluss lässt sich nur in solchen Fällen ziehen, in welchen die asymmetrische Machtverteilung gleichsam vertragstypisch ist (so genannte strukturelle Verhandlungsunterlegenheit, vgl. dazu grundlegend BVerfG NJW 1994, 36). Das trifft z. B. im Bereich des Verbraucherkredits (vgl. BGHZ 104, 105 und 110, 338, ständ. Rspr.) des Verbraucherleasing (BGH NJW 1994, 1019, ständ. Rspr.) und in Fällen der Bankbürgschaftsgewährung zugunsten naher Angehöriger (BGHZ 125, 206, NJW 2001, 815, ständ. Rspr.) zu. In diesen (und nur diesen) Fällen wird (widerleglich) vermutet, dass der verhandlungsüberlegene Teil die (vertragstypisch) schwächere Position des anderen Teils bewusst oder zumindest leichtfertig zu seinem Vorteil ausgenutzt hat.

Anders verhält es sich in den Fällen, in denen von einer strukturellen Verhandlungsunterlegenheit keine Rede sein kann. So verhält es sich etwa, wenn der benachteiligte Teil als Kaufmann ein Darlehen aufnimmt (BGH NJW 1991, 1810), als freiberuflich tätiger Architekt einen Leasingvertrag abschließt (BGH NJW 1995, 1022), in den Fällen nicht gewerbsmäßiger Darlehnsgeber (BGH NJW-RR 1990, 1199), wenn der der Bank bürgende nahe Angehörige Mitgesellschafter des schuldenden Unternehmens ist (BGH NJW 1998, 894) oder in allen den Fällen, in denen aufgrund besonderer Umstände eine Verhandlungsunterlegenheit gerade nicht nahe liegt (BGHReport 2001, 955 und MDR 2003, 148 jew. für Grundstücksgeschäfte; BGH MDR 2001, 1105 = NJW 2002, 55 und NJW-RR 2002, 8 jew. für gewerbl. Mietverhältnisse). In allen diesen Fällen muss der benachteiligte Vertragsteil die Umstände darlegen und notfalls beweisen, die seine Unterlegenheit bei Vertragsschluss begründeten, dass ferner der andere Vertragsteil das erkannt und für sich zum Vorteil ausgenutzt hat (Einzelfallprüfung).

Im Streitfall kann von einer typischen strukturellen Verhandlungsunterlegenheit der Beklagten keine Rede sein. Sie ist als im Handelsregister eingetragene Gesellschaft Kaufmann (§ 5 HGB). Zu ihren Gunsten besteht deshalb keine Vermutung, dass die für sie ungünstige Gestaltung der Honorarbedingungen die verwerfliche Gesinnung der Klägerin indiziert. Tatsachen, die eine Verhandlungsunterlegenheit der Beklagten belegen könnten, werden von ihr nicht vorgetragen.

III. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechenschaftslegung, gerichtet auf Herausgabe der Energiekostenrechnungen (Strom und Gas), hat. Der Anspruch beruht auf Nr. 2 S. 3 des Beratungsvertrags für die Zeit des Vertragslaufs und auf Nr. 8 S. 2 Beratungsvertrag für die Zeit nach Kündigung des Beratungsvertrags. Diese Rechenschaftsverpflichtung endet erst fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte infolge der erbrachten Beratungsleistung Einsparungen erzielt hat (vgl. dazu nachfolgend unter Nr. IV).

IV. Schließlich scheitert der Feststellungsantrag (Strom) auch nicht an mangelnder Kausalität zwischen der Beratungstätigkeit der Klägerin und dem eingetretenen Verhandlungserfolg.

1. Zu Recht ist das Landgericht der Auffassung, dass eine bloße Mitursächlichkeit der Beratungsleistung der Klägerin ausreichend ist.

a) Bei der Auslegung des in Nr. 3 S. 3 Beratungsvertrag vorformuliert gebrauchten Begriffs "verursacht" gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 5 AGBG Rn. 6 m.w.N.). Es ist also festzustellen, was die Parteien gewollt haben. Da einzelne Klauseln von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgehandelt zu werden pflegen und auch für den Streiffall nicht erkennbar ist, dass die hier in Rede stehende Klausel ausgehandelt worden ist, ist eine objektive Auslegung geboten. Diese ist so vorzunehmen, wie sie - ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden - von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise getroffen wird (Palandt/Heinrichs, aaO Rn. 7 m.w.N.). Erst dann, wenn auch nach Ausschöpfung aller Auslegungsmöglichkeiten eine unklare Vertragslage bleibt, ist die dem Verwendungsgegner günstigste Auslegungsvariante zugrunde zu legen.

b) Bei Anlegung dieses Maßstabs kommt der Senat mit dem Landgericht zu dem Ergebnis, dass eine Mitursächlichkeit ausreichend ist. Maßgeblich dafür ist, dass das von der Beklagten geschuldete Entgelt dem Lohn eines Nachweismaklers ähnlich ist. Gemäß § 652 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Kunde zur Entrichtung des versprochenen Maklerlohns nur dann verpflichtet, wenn der Hauptvertrag infolge des Nachweises zustande kommt. Hier wie dort ist eine Tätigkeit zu entfalten, die zum Abschluss eines Hauptvertrags geführt hat. Im Maklerrecht entspricht es der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mitwirkung des Nachweismaklers ausreichend ist (Palandt/Heinrichs, aaO Rn. 25f und 48ff m.w.N.). Notwendig ist, dass der Partner des Hauptvertrags grundsätzliche Bereitschaft hat, einen Vertrag mit dem Kunden abzuschließen, und dass es letztlich auf die Tätigkeit des Maklers zurückzuführen ist, wann es zum Vertragsschluss gekommen ist.

So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin hat den Kontakt zur Stromlieferantin initiiert, indem sie der Beklagten die aktuellen Marktdaten der Stromkosten geliefert, mit den von ihr tatsächlich geleisteten Kosten verglichen und sie veranlasst hat, von der Stromlieferantin ein günstigeres Angebot zu fordern. Auf diesen Wunsch ist die Stromlieferantin eingegangen. Auch wenn sie (zunächst) ein aus der Sicht der Klägerin unzureichendes Angebot unterbreitet hatte, so hat die Stromlieferantin doch deutlich zu erkennen gegeben, dass sie an einem Verhandlungsergebnis mit dem Ziel der Tarifsenkung interessiert ist. Auch die Beklagte bestreitet diesen Zusammenhang nicht. Unbeachtlich ist, dass die Beklagte (auf Empfehlung der Klägerin) dieses Angebot zurückgewiesen und den Bezugsvertrag ordentlich gekündigt hatte, um den Verhandlungsdruck auf die Lieferantin zu erhöhen. Die Verhandlungsbereitschaft der Lieferantin wurde dadurch nicht beendet. Im Gegenteil, sie blieb aufrecht erhalten und die Lieferantin setzte die Vertragsverhandlungen mit der Beklagten auch noch fort, als diese die Klägerin aus dem weiteren Verhandlungsprozess aus- und ihre Muttergesellschaft einschaltete und erst dann erfolgreich zum Abschluss kam. Die Mitwirkung der Klägerin an diesem Erfolg ist offenkundig. Der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, der Vertragsschluss sei gänzlich ohne Mitwirkung der Klägerin zustande gekommen, ist nicht nachzugehen, weil dieser Behauptung ein rechtlich unzutreffendes Verständnis der ursächlichen Mitwirkung der Klägerin zugrunde liegt.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Rechtsstreit gibt keinen Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Berufungsstreitwert: Klage/Leistung 1.000,00 EUR Klage/Feststellung 30.000,00 EUR Widerklage 5.337,89 EUR Summe 36.337,89 EUR

Ende der Entscheidung

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