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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.01.2000
Aktenzeichen: 24 U 92/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 559
BGB § 560
BGB § 1006
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

24 U 92/99

Verkündet am 22. Januar 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2000 durch seine Richter Z, E und S

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 17. März 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal geändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden verurteilt, der Auszahlung des bei dem öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer M K, P in 4 W auf dessen Depositenkonto hinterlegten Versteigerungserlöses in Höhe von 76.968,93 DM nebst aufgelaufener Zinsen an die Klägerin zuzustimmen.

Die Beklagten tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 20.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in der selben Höhe leistet. Die Sicherheitsleistungen können auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse in der Europäischen Gemeinschaft erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Bürogebäude N und in E. Mit Mietvertrag vom 1. Februar 1990 vermietete sie an die S S GmbH (spätere Gemeinschuldnerin zu 1) im Gebäude N Lager- und Büroflächen. Am 29. September 1992 schloß sie mit der späteren Gemeinschuldnerin zu 1) einen weiteren Mietvertrag über Räumlichkeiten im Gebäude N.

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu 1) wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Wuppertal vom 28. Februar 1995 das Konkursverfahren eröffnet. Der Beklagte zu 1) wurde zum Konkursverwalter bestellt. Die Mietschulden der Gemeinschuldnerin zu 1) gegenüber der Klägerin beliefen sich zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung auf 449.390,90 DM und wurden zur Konkurstabelle festgestellt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Gemeinschuldnerin zu 2), der auch Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin zu 1) war, gründete als Nachfolgegesellschaft die S S M GmbH (die spätere Gemeinschuldnerin zu 2)). Diese mietete von der Klägerin zunächst mit Vertrag vom 27. Februar 1995, geändert durch Vertrag vom 30. Juni 1995, die selben Büroräume im Gebäude N die ursprünglich von der späteren Gemeinschuldnerin zu 1) angemietet worden waren.

Der Beklagte zu 1) verkaufte am 28. Februar 1995 unter Eigentumsvorbehalt das Inventar der Gemeinschuldnerin zu 1) an die spätere Gemeinschuldnerin zu 2). Zu einer Bezahlung des Kaufpreises für das Inventar kam es nicht. Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu 2) wurde mit Beschluß vom 1. September 1997 das Konkursverfahren eröffnet. Auch sie hatte gegenüber der Klägerin erhebliche Mietrückstände.

Die Beklagten zu 1) und 2) einigten sich darauf, das Inventar zu versteigern und erteilten dem Versteigerer K mit Schreiben vom 12. Juni 1997 den Auftrag hierzu. Der Versteigerer erzielte einen auszukehrenden Erlös in Höhe von 76.968,93 DM. Dieser wurde bisher nicht ausgekehrt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund ihres Vermieterpfandrechts stehe ihr der Versteigerungserlös zu. Sie berief sich hierauf mit Faxschreiben vom 23. Juni 1997 an den Beklagten zu 1).

Die Klägerin hat behauptet, sie habe von dem Verkauf des Inventars erst im Juni 1997 erfahren. Der Versteigerer habe ausschließlich Gegenstände veräußert, die sich bereits vor dem Konkurs der Gemeinschuldnerin zu 1) im Haus Nr. 73 befunden hätten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) wie im Tenor erkannt zu verurteilen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, die Klägerin habe von dem Verkauf des Inventars an die Gemeinschuldnerin zu 2) bereits vorab erfahren, da eine Beteiligung der Klägerin an der Gemeinschuldnerin zu 2) im Raume gestanden habe. Im Zuge der Vermietung an die Gemeinschuldnerin zu 2) seien Einrichtungsgegenstände aus dem Haus 76 in das Haus 73 erbracht worden, während die dort befindlichen Gegenstände teilweise auch an einen weiteren Ort gebracht worden seien bzw. Einrichtungsgegenstände aus anderen Niederlassungen der Gemeinschuldnerin zu 1) in das Haus Nr. 73 transportiert worden seien.

Die Beklagten haben die Meinung vertreten, die Klägerin habe ihr Vermieterpfandrecht zumindest konkludent gegenüber dem Zeugen S aufgegeben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, das Inventar sei nie in das Eigentum der Gemeinschuldnerin zu 2) gelangt und gegenüber der Gemeinschuldnerin zu 1) sei das Vermieterpfandrecht durch Verzicht erloschen; denn die Klägerin habe im Zuge des Verkaufs der Gegenstände an die spätere Gemeinschuldnerin zu 1) eine konkludente Willenserklärung in dieser Richtung abgegeben.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt.

Sie wiederholt und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, weder wörtlich noch konkludent eine Verzichtserklärung abgegeben zu haben. Die Erwerberin habe nicht gutgläubig lastenfrei erwerben können, weil der Zeuge ihr Vermieterpfandrecht gekannt habe. Auch hätte eine derartige Erklärung gegenüber dem Eigentümer, der Gemeinschuldnerin zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 1), abgegeben werden müssen; denn die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) habe infolge der Veräußerung der Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt nur ein Anwartschaftsrecht erlangt, an dem im übrigen ebenfalls ein Vermieterpfandrecht entstehen könne.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, wie in erster Instanz beantragt.

Die Beklagten bitten um

Zurückweisung der Berufung.

Auch sie wiederholen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Sie behaupten, die Gegenstände hätten sich zum Teil in den Mieträumlichkeiten N Nr., zum Teil in den Räumen der Nr. 76 und zum Teil in den Räumlichkeiten M P-S a befunden, von wo sie teilweise in die Räumlichkeiten N Nr. zurückgeschafft worden seien. Infolge Zustimmung der Klägerin hiermit liege ein Erlöschen des Vermieterpfandrechts gemäß den §§ 559 und 560 BGB vor. Auch andere Räumlichkeiten in dem selben Grundstück stellten ein anderes Grundstück im Sinne des § 559 BGB dar.

Sie vertreten weiter die Auffassung, dem Verhalten der Klägerin lasse sich ein Verzicht auf ihr Pfandrecht entnehmen. Sie habe dieses Recht hinsichtlich ihrer Mietforderungen gegen die Gemeinschuldnerin zu 1) nicht geltend gemacht und sich erstmals im Schreiben vom 23. Juni 1997 darauf berufen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich schon der Vermögensverfall der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) abgezeichnet, die im Jahre 1996 nur 1 x 50.000 DM Miete gezahlt und 1997 keine Mietzinsen bezahlt habe. Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang behauptet, die Klägerin habe von allen Vorgängen bei der Gründung der Nachfolgegesellschaft, auch von dem Verkauf der Gegenstände, gewußt, ebenso davon, daß eine Fortführung des Geschäfts ohne den Inventarverkauf nicht möglich gewesen wäre und daß die Altschulden nicht mitübertragen wurden. Mit allem sei die Klägerin einverstanden gewesen.

Eine Verzichtserklärung gegenüber dem Beklagten zu 1) sei nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin den Zeugen S als Empfangsboten des Beklagten zu 1) angesehen und gewußt habe, daß der Zeuge diesen über die Gespräche informieren werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Anders als den Beklagten steht der Klägerin ein Recht auf Auszahlung des hinterlegten Betrages zu. Ihr Vermieterpfandrecht ist weder durch Wegschaffung der dem Pfandrecht unterliegenden Sachen noch durch Verzicht weggefallen.

1.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind schon deshalb passivlegitimiert, weil sie gemäß dem an den Versteigerer gerichteten Schreiben vom 12. Juni 1997 (GA 70) beide den Auftrag zur Versteigerung erteilt haben und Rechte am Versteigerungserlös geltend machen.

2.

Die Beklagten gehen auch fehl mit der Auffassung, die Klägerin habe das Vermieterpfandrecht innerhalb der vom Amtsgericht Wuppertal unter dem 1. März 1995 bis zum 31. März 1995 gesetzten Frist gemäß § 118 der inzwischen außer Kraft getretenen Konkursordnung, die aber für Altfälle weiterhin Geltung hat, anmelden müssen, die Frist aber versäumt. Das Vermieterpfandrecht ist ein besitzloses Pfandrecht, so daß die genannte Frist die Klägerin nicht betraf (vgl. auch Palandt/Putzo, HGB, 58. Aufl., § 563 Rdnr. 7).

3.

Das Vermieterpfandrecht der Klägerin ist nicht durch erlaubte Entfernung der Sachen aus den Mieträumlichkeiten untergegangen (§ 560 BGB).

a)

Ursprünglich bestand für die Klägerin ein Vermieterpfandrecht an den in die Räumlichkeiten N Nr. und eingebrachten Sachen der späteren Gemeinschuldnerin zu 1) aufgrund der Mietverträge von 1990 und 1992. Nach der Beweisaufnahme vor dem Senat steht aufgrund der Aussage des Zeugen S zur Überzeugung des Senats fest, daß die Gegenstände bereits im Dezember 1993 von den Räumlichkeiten in Nr. 76 in die Räumlichkeiten in Nr. 73 umgeräumt wurden, mithin erheblich vor der Konkurseröffnung vom 28. Februar 1995. Der Zeuge hat seine schriftlichen Erklärungen im Schreiben vom 10. September 1999 (GA 270) in seiner Vernehmung bestätigt. Der Senat folgt dem Zeugen hierzu wie in allen weiteren Punkten.

Der Zeuge hat eine in sich geschlossene, widerspruchsfreie Aussage gemacht, Unklarheiten auf Nachfragen beseitigt und einen insgesamt glaubwürdigen Eindruck bei dem Senat hinter lassen.

Damit war ein Vermieterpfandrecht der Klägerin gegenüber der späteren Gemeinschuldnerin zu 1) an allen im Dezember 1993 in den Räumlichkeiten Nr. 73 befindlichen Gegenständen entstanden sowie an den später bis zur Konkurseröffnung angeschafften und in die genannten Räumlichkeiten eingebrachten weiteren Gegenstände.

Daß einige wenige Gegenstände in den Räumlichkeiten Nr. 76 zurückgeblieben sind, ändert hinsichtlich der Ansprüche der Klägerin am Versteigerungserlös nichts: Der Erlös ist, wie unstreitig geworden ist, ausschließlich aus der Versteigerung der in den Räumlichkeiten Nr. 73 befindlichen Gegenstände erzielt worden.

Nach der weiteren Aussage des Zeugen S in Verbindung mit seinem bereits erwähnten Schreiben vom 10. September 1999 steht ferner fest, daß diese Gegenstände nicht, auch nicht teilweise, in ein anderes Mietobjekt auf der M-P S a in E geschafft und später wieder in das Mietobjekt Nr. 73 zurückgebracht worden sind.

Ferner steht fest, daß der Klägerin Mietzinsansprüche gegen die spätere Gemeinschuldnerin zu 1) in einer den Versteigerungserlös übersteigenden Höhe zustanden und somit im Ergebnis auch, daß das Vermieterpfandrecht der Klägerin vor der Versteigerung nicht durch Entfernung der Gegenstände untergegangen ist.

Selbst wenn die fehlende Wegschaffung der Sachen nicht zur Überzeugung des Senats feststünde, so würde dies im Ergebnis nichts ändern; denn ein positiver Beweis für die Entfernung der Sachen ist den insoweit beweispflichtigen Beklagten keinesfalls gelungen. Der Vermieter muß nur beweisen, daß und gegebenenfalls wann seine Forderung gegen den Mieter entstanden ist, ferner daß die in Anspruch genommenen Sachen dem Mieter gehören und eingebracht sind. § 1006 BGB gilt hier nicht, da der Vermieter nicht Besitzer ist. Der Mieter bzw. ein Dritter muß beweisen, daß die Forderung des Vermieters nicht mehr besteht, die Sache unpfändbar ist und deshalb ein Vermieterpfandrecht nicht entstanden ist, und daß das Pfandrecht durch erlaubte Entfernung untergegangen ist (Soergel/Heintzmann, BGB, 12. Aufl., § 559 Rdnr. 32 und § 560 Rdnr. 14; vgl. auch MK-Voelskow, BGB, 2. Aufl., § 560 Rdnr. 10 m.w.N.).

b)

Das Vermieterpfandrecht der Klägerin ist ferner nicht durch die Übertragung der Gegenstände auf die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) untergegangen. Unstreitig sind die Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt veräußert worden. Die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) hat kein Eigentum erworben, weil die Gemeinschuldnerin zu 1) oder der Beklagte zu 1) den Kaufpreis unstreitig nicht erhalten hat.

Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, daß ein Vermieterpfandrecht auch an einem Anwartschaftsrecht entstehen kann (BGH LM § 559 BGB Nr. 3). Hier ist das Eigentum an den Gegenständen aber nicht durch Befriedigung des Vorbehaltsverkäufers auf die neue Mieterin übergegangen; denn unstreitig ist der Kaufpreis nicht gezahlt worden. Hieraus folgt, daß die Gemeinschuldnerin zu 2) und ihr Konkursverwalter, der Beklagte zu 2), keine dem Vermieterpfandrecht der Klägerin vorgehenden Rechte erworben haben. Denn es hatte auch kein lastenfreier Erwerb, also ein Erwerb eines Anwartschaftsrechts ohne Belastung mit dem Vermieterpfandrecht, stattgefunden: Der Zeuge S war Geschäftsführer sowohl der Gemeinschuldnerin zu 1) wie der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) und kannte alle Vorgänge. Ihm war auch, wie sich aus seiner Vernehmung vor dem Senat ergibt, klar, daß der Klägerin ein Vermieterpfandrecht zustand; denn er hätte, wie er ausdrücklich bekundet hat, bei einer Veräußerung an einen außenstehenden Dritten auf das Vermieterpfandrecht hingewiesen (S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 11. Januar 2000).

Weil die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) keinesfalls ein vom Vermieterpfandrecht unbelastetes Recht an der, später versteigerten Gegenständen erlangt hat und der Klägerin unstreitig auch gegenüber der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) Mietzinsansprüche in einer den Versteigerungserlös übersteigenden Höhe zustehen, können im übrigen die Eigentumsverhältnisse an den Sachen letztlich offen bleiben: In jedem Falle steht der Klägerin aufgrund ihres Vermieterpfandrechts das bessere Recht am Versteigerungserlös gegenüber beiden Beklagten zu.

4.

Schließlich ist das Vermieterpfandrecht der Klägerin auch nicht durch Verzicht untergegangen. Eine ausdrückliche Verzichtserklärung ist nicht abgegeben worden, wie sich aus der klaren Bekundung des Zeugen S hierzu ergibt (S. 3 unten der Sitzungsniederschrift vom 11. Januar 2000). Entgegen der Meinung des Landgerichts und der Beklagten läßt sich ein Verzicht auch nicht aus den vom Zeugen S geschilderten sowie weiteren unstreitigen Umständen folgern:

Auch wenn die Kenntnis der Klägerin davon. Zugrundegelegt wird, daß die Gemeinschuldnerin zu 1) in Konkurs gegangen war, daß die Gegenstände aus den Mieträumlichkeiten an die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) veräußert wurden, daß sich auch die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) bereits bei Aufnahme ihrer Tätigkeit in finanziellen Schwierigkeiten befand (nach der Aussage des Zeugen S wurden ihr anfangs von der Klägerin teilweise die Mieten gestundet, S. 5 der Sitzungsniederschrift vom 11. Januar 2000), und daß die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) darauf angewiesen war, mit den dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Gegenständen weiterzuarbeiten, kann aus der Billigung dieser Vorgänge durch die Klägerin, die nicht sogleich ihr Vermieterpfandrecht geltend gemacht hat, kein Verzicht auf dieses abgeleitet werden.

Ein solcher Verzicht war rechtlich nicht geboten, um der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) eine Aufnahme ihrer gewerbilchen Tätigkeit zu ermöglichen; denn es war ja durchaus möglich, das Vermieterpfandrecht bestehen zu lassen, es aber erst geltend zu machen, wenn sich ergab, daß die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) nicht in der Lage sein würde, dauerhaft der Klägerin einen Mietzins zu zahlen, der deren Vorstellungen entsprach. Dementsprechend hat der Zeuge S bekundet, er und die Klägerin seien froh gewesen, daß durch die damaligen Vorgänge Möglichkeiten geschaffen werden sollten, die in der Zukunft wirtschaftlich sinnvolle Verdienstmöglichkeiten auch im Interesse der Klägerin ergeben könnten. Dies habe auch seinen Niederschlag in der Abfassung des Mietvertrages mit der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) gefunden Staffelmiete, die niedrig begann und langsam anstieg - und auch in dem Änderungsvertrag von Juni 1990 (S. 4 der Sitzungsniederschrift vom 11. Januar 2000). An dieser Einschätzung ändert sich nichts dadurch, daß die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) nicht für die Mietschulden der Gemeinschuldnerin zu 1) einstehen sollte. Zwar wäre denkbar gewesen, daß die Klägerin es vorzog, ihr Vermieterpfandrecht wegen der Mietschulden der Gemeinschuldnerin zu 1) sogleich durchzusetzen. Dies hätte aber bedeutet, daß die spätere Gemeinschuldnerin zu 2) ihren Geschäftsbetrieb nicht hätte aufnehmen können und die Klägerin keine Chance gehabt hätte, später möglicherweise auf Dauer einen Mietzins in von ihr erstrebter Höhe von jener zu erhalten, und es hätte dann auch keinen Sinn für die Klägerin gemacht, sich an dieser Gesellschaft zu beteiligen, wie dies - als eine erörterte Alternative - die Beklagten behaupten und wie zu ihren Gunsten unterstellt werden kann.

Unter den verschiedenen Möglichkeiten wäre jedenfalls diese Alternative für die Klägerin besonders ungünstig gewesen, nämlich bei Beginn des Mietvertrages im Februar 1995 sowohl die Durchsetzung des Vermieterpfandrechtes zu unterlassen und zugleich endgültig auf dieses Recht zu verzichten; denn dann hätte sie sich endgültig ihres einzigen Sicherungsrechtes beraubt, während sie bei Unterlassen der Durchsetzung des Vermieterpfandrechtes ohne gleichzeitigen Verzicht es selbst in der Hand hatte zu bestimmen, ob, wann und unter welchen Umständen (insbesondere bei welchen Mietzinsrückständen der späteren Gemeinschuldnerin zu 2) sie von ihrem Vermieterpfandrecht Gebrauch machen wollte.

Nach allem kann mithin weder aus Rechtsgründen noch von der Interessenlage her eine Verzichtserklärung der Klägerin angenommen werden. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der ein Erfahrungssatz gilt, daß ein Verzicht nicht zu vermuten ist (BGH NJW-RR 1996, 237 m.w.N.) und daß ein unzweideutiges Verhalten erforderlich ist, das vom Erklärungsgegner als Aufgabe des Rechts verstanden werden kann (BGH FamRZ 1981, 763). Gegen ein derartiges Verständnis des Erklärungsgegners, des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin zu 1) und der späteren Gemeinschuldnerin zu 2), des Zeugen Sch, spricht im übrigen dessen Bekundung, einen Dritten hätte er auf das Vermieterpfandrecht hingewiesen. Das läßt den Schluß zu, daß er selbst nicht einen Verzicht auf dieses Recht annahm.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz, zugleich Höhe der Beschwer für die Beklagten: 76.968,93 DM.

Ende der Entscheidung

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