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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.05.2000
Aktenzeichen: 2a Ss (OWi) 128/00-(OWi) 39/00 III
Rechtsgebiete: StPO, OWiG, StVG, BKatV
Vorschriften:
StPO § 349 Abs. 4 | |
StPO § 473 Abs. 1 | |
StPO § 473 Abs. 4 | |
OWiG § 79 Abs. 3 | |
OWiG § 79 Abs. 6 | |
OWiG § 46 Abs. 1 | |
StVG § 25 Abs. 1 Satz l | |
BKatV § 2 Abs. 1 Nr. 4 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
2a Ss (OWi) 128/00 - (OWi) 39/00 III 512 (40) Js 495/98 StA Wuppertal
In der Bußgeldsache
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 3. Senat für Bußgeldsachen durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht v B und die Richterin an Amtsgericht B am
15. Mai 2000
auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 13. Januar 2000 nach Anhörung der Beschwerdeführerin und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig gemäß §§ 349 Abs. 4 StPO, 79 Abs. 3 und Abs. 6 OWiG
beschlossen:
Tenor:
1.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Betroffene wird zu einer Geldbuße von 250,-- DM verurteilt.
2.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt die Betroffene mit der Maßgabe, daß die Beschwerdegebühr um ein Viertel ermäßigt wird. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen der Betroffenen werden zu einem Viertel der Staatskasse auferlegt.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Wuppertal hat gegen die Betroffene wegen fahrlässigen Mißachtens des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage eine Geldbuße von 250,-- DM verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.
Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat der Senat mit Beschluß vom 14. Oktober 1999 das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Nach erneuter Hauptverhandlung hat das Amtsgericht die Betroffene wegen des nunmehr rechtskräftig feststehenden fahrlässigen Rotlichtverstoßes vom 9. November 1997 wiederum zu einer Geldbuße von 250,-- DM verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die in dem angefochtenen Urteil ausgesprochene Rechtsfolge hat keinen Bestand. Zu seiner Begründung hat das Amtsgericht folgendes ausgeführt:
"Für diese Tat (qualifizierter Rotlichtverstoß) ist gemäß Nr. 34.2 der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) die Verhängung einer Geldbuße von 250,-- DM vorgesehen. Darüber hinaus ist gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 2 Abs. 1 Nr. 4 BKatV i. V. m. Nr. 34.2 des Bußgeldkataloges regelmäßig ein Fahrverbot von einem Monat zu verhängen, wenn der Fahrzeugführer ein rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt, obwohl die Rotlichtphase schon länger als eine Sekunde andauert. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Anhaltspunkte für außergewöhnliche Umstände, die es rechtfertigen könnten, ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, sind dem Gericht nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung aller für und gegen die Betroffene sprechenden Umstände ist das Gericht der Überzeugung, daß der durch die Verhängung eines Fahrverbotes angestrebte Erfolg durch die Verhängung einer angemessen erhöhten Geldbuße nicht erreicht werden kann.
Zwar fiel zugunsten der Betroffenen ins Gewicht, daß die abzuurteilende Tat fast zwei Jahre und drei Monate zurückliegt. Die Betroffene ist nach der Tat nur noch ein Mal, am 24. November 1997, verkehrsordnungsrechtlich in Erscheinung getreten.
Strafschärfend war demgegenüber die durch Bußgeldbescheid vom 12. Februar 1996 geahndete Ordnungswidrigkeit zu berücksichtigen.
Die übrigen Vorbelastungen der Betroffenen wurden nicht zu Lasten der Betroffenen berücksichtigt. Der Bußgeldbescheid vom 23. Oktober 1997 wurde erst am 11. November 1997 rechtskräftig und konnte somit am 4. November 1997 die ihm zugedachte Warnfunktion noch nicht erfüllen. Die durch Bescheid vom 5. Februar 1998 geahndete Tat wurde erst am 24. November 1997 und somit nach der hier abzuurteilenden Tat begangen.
Auch die berufliche Situation der Betroffenen rechtfertigt das Absehen von einem Fahrverbot nicht, da die Betroffene ihren Jahresurlaub nehmen kann, um die Auswirkungen des Fahrverbotes abzumildern oder aufzufangen.
Die zu verhängende Geldbuße wurde tat- und schuldangemessen auf 250,-- DM festgesetzt, weil für das Gericht unter Berücksichtigung aller für und gegen die Betroffene sprechenden Zumessungsgesichtspunkte nicht gerechtfertigt erschien, von den in vergleichbaren Fällen üblichen Betrag abzuweichen."
Diese Erwägungen des Amtsgerichts tragen die Verhängung eines Fahrverbots nicht (mehr).
Das Fahrverbot ist als sogenannter Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer vorgesehen, um den Täter vor einem Rückfall zu warnen und ihm ein Gefühl für den zeitweisen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr zu vermitteln (vgl. BT-Drucksache IV/651 Seite 12). Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot - auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter - aber nur dann erfüllen, wenn es sich in einem kurzen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, VRS 68, 262, 263; 3. Strafsenat VRS 84, 337, 338). Da das Fahrverbot in erster Linie spezialpräventiven Zwecken dient, kann es sinnlos erscheinen, wenn seit der Tat längere Zeit bis zur Entscheidung verstrichen ist (vgl. Mehlhaus/Janiszewski, StVO, 14. Aufl., Rdnr. 1 zu § 25 StVG m. w. N.). Deshalb bedarf es besonderer Umstände für die Annahme, daß zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Täter die Verhängung eines Fahrverbots nach einem längeren Zeitablauf noch unbedingt notwendig ist (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).
Zwar läßt sich dem angefochtenen Urteil entnehmen, daß sich das Amtsgericht bei Anordnung des Fahrverbots dieser Grundsätze bewußt war, jedoch sind im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände festgestellt, die die Verhängung des Fahrverbots nach einem verstrichenen Zeitraum von ca. zwei Jahren und drei Monaten zwischen Tatbegehung und dem angefochtenen Urteil, noch rechtfertigen könnten.
Ein besonderer Umstand in diesem Sinne ist vorliegend nicht dadurch gegeben, daß die Betroffene seit der Tat vom 4. November 1997 erneut im Straßenverkehr aufgefallen ist (so grundsätzlich Schönke-Schröder, StGB, 25. Aufl., § 44 Rdnr. 15). Zwar wurde nach den getroffenen Feststellungen gegen die Betroffene mit Bußgeldbescheid vom 5. Februar 1998 (rechtskräftig seit dem 21. Februar 1998) eine Geldbuße von 170,-- DM festgesetzt, weil sie am 24. November 1997 die Vorfahrt eines anderen Verkehrsteilnehmers mißachtet und fahrlässig einen Verkehrsunfall verursacht hatte. Jedoch liegt auch diese Tat über zwei Jahre vor der letzten tatrichterlichen Verurteilung, so daß auch insoweit der spezialpräventive Zweck des Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung verliert.
Der aufgezeigte Rechtsfehler führt wegen der Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße zur Aufhebung des gesamten Rechtsfolgenausspruch.
Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß weitere für die Höhe der Geldbuße oder die Anordnung eines Fahrverbots bedeutsame Feststellungen getroffen werden können, kann der Senat gemäß § 79 Abs. 6 OWiG in der Sache selbst entscheiden und den Rechtsfolgenausspruch neu festsetzen.
Unter Absehen der Verhängung eines Fahrverbots erachtet der Senat die Verhängung der Regelgeldbuße von 250,-- DM als angemessen. Da die Denkzettel- und Warnungsfunktion des Fahrverbots vorliegend entfällt, hat auch eine Erhöhung der Geldbuße zur Erreichung dieses spezialpräventiven Zweckes zu unterbleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 473 Abs. 1 und 4 StPO.
Ende der Entscheidung
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