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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.06.2002
Aktenzeichen: 2a Ss (OWi) 139/02 - (OWi) 37/02 II
Rechtsgebiete: LImSchG NW
Vorschriften:
LImSchG NW § 9 Abs. 1 | |
LImSchG NW § 17 Abs. 1 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
2a Ss (OWi) 139/02 - (OWi) 37/02 II
In der Bußgeldsache
gegen pp.
wegen Verstoßes gegen das LImSchG NW
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen durch die Richterin am Oberlandesgericht R.-H. als Einzelrichterin am
17. Juni 2002
auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken vom 25. Februar 2002 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 LImSchG NW i.V.m. § 17 Abs. 1 d) und e) LImSchG NW eine Geldbuße von 500 € festgesetzt. Mit seiner hiergegen gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
1.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge (vorläufigen) Erfolg.
Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
".. Auch im Juli 2001 war der Betroffene Inhaber der Gaststätte "H. u. K." in D.. Am 21.07.2001 teilte ein anonymer Anrufer der Polizeiinspektion D. mit, dass von der Gaststätte des Betroffenen eine erhebliche Lärmbelästigung durch Abspielen überlauter Musik ausgehe. Bei einem anschließenden Polizeieinsatz am 21.07.2001 gegen 23.50 Uhr konnten die eingesetzten Beamten K. und S. feststellen, dass die Musik durch die geschlossene Eingangstür, bei geschlossenen Fenstern, bis auf die Straße zu hören war. Nachdem die Beamten die Gaststätte betreten hatten, konnten sie feststellen, dass eine normale Verständigung in dieser Gaststätte nicht möglich war. Die Gesprächspartner mußten zunächst "angeschrien" werden, um überhaupt von den eingesetzten Polizeibeamten verstanden zu werden. Dem Betroffenen ist dann mitgeteilt worden, dass der Musikpegel zu senken sei. Dieser Aufforderung ist der Betroffenen nachgekommen."
2.
Die Feststellungen tragen den Schuldspruch weder zur äußeren noch zur inneren Tatseite.
a) Nach § 9 Abs. 1 LImSchG NW sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, welche die Nachruhe zu stören geeignet sind.
aa) Kein Zweifel besteht allerdings daran, dass sich der Betroffene im Sinne dieser Vorschrift betätigt hat. Denn er war als Betreiber der Gaststätte dafür verantwortlich, dass hiervon keine Belästigungen ausgingen, die vorrangige schützenswerte Belange der Nachbarschaft beeinträchtigten.
bb) Nicht zweifelsfrei belegt sind dagegen die Feststellungen zur Störung der Nachtruhe. Wann eine derartige Störung vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, u.a. nach dem Gebietscharakter, in dem sich der Lärm auswirkt. Maßgeblich ist dabei, ob es sich um eine Industriegebiet, Gewerbegebiet, Gebiet gemischter Nutzung oder um ein reines Wohngebiet handelt (OLG Düsseldorf (1. Senat) NStE Nrn.1, 2 und 5 zu § 9 LImSchG NW, Boisseree/Oels/Hausmann, Immissionsschutzrecht, 3. Aufl., Stand: August 2001, § 9 LImSchG NW Rn. 5, Stich/Porger, Immissionsschutzrecht des Bundes und der Länder, Bd.3, zu § 9 LImSchG NW). In welchem Gebiet die Gaststätte des Betroffenen gelegen ist, lässt sich den Urteilsfeststellungen nicht zuverlässig entnehmen. Auch der Grad der Lärmbelästigung ist nicht hinreichend festgestellt. Zwar sind dazu Maßangaben, die nur durch eine Schallpegelmessung zu ermitteln wären, nicht notwendig. Auch durch andere Beweismittel - wie hier etwa durch Zeugenvernehmung - kann die Lärmbelästigung grundsätzlich nachgewiesen werden (OLG Düsseldorf NStE Nr. 5 zu § 9 LImSchG NW). Dass die Polizeibeamten auf der Straße trotz geschlossener Fenster und Türen in der Gaststätte "sehr laute" Musik gehört haben, rechtfertigt auch nicht in Verbindung mit dem Umstand, dass ein anonymer Anrufer sich bei der Polizei über die Lärmbelästigung beschwert hat, den Schluss, die Intensität des Lärms sei geeignet gewesen, die Nachtruhe zu stören. Nicht alle nächtlichen Geräusche sind hierzu geeignet. Ob der anonyme Anrufer, der Grund für den Einsatz der Polizeibeamten am 21. Juli 2001 gewesen ist, überhaupt Anwohner war und damit zu dem von § 9 Abs. 1 LImSchG NW geschützten Personenkreis gehört, ist nicht dargelegt. Passanten werden durch die Vorschrift nicht geschützt (vgl. OLG Köln, MDR 1978, 250; OLG Düsseldorf NStE Nr. 2 zu § 9 LImSchG). Die Polizeibeamten sind ersichtlich im Rahmen ihrer Dienstpflicht tätig geworden; sie zählen nicht zu den geschützten Personen im Sinne des § 9 Abs. 1 LImSchG NW.
Sollte der Anrufer Anwohner gewesen sein, hätte geprüft werden müssen, ob es sich bei diesem um eine verständige, durchschnittlich empfindliche Person gehandelt hat. Denn auf die Befindlichkeiten von Nachbarn mit übersteigerter Lärmempfindlichkeit wird nicht abgestellt (vgl. Boisseree/Oels/Hausmann, aaO., § 9 LImSchG NW Rn. 5).
b) Die Urteilsfeststellungen belegen ebenso wenig einen Verstoß gegen § 10 Abs. 1 LImschG NW. Danach dürfen Geräte, die der Schallerzeugung oder Schallwiedergabe dienen, nur in einer solchen Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht unerheblich belästigt werden. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt nur vor, wenn unbeteiligte Personen tatsächlich gestört worden sind. Die Polizeibeamten sind allgemein im Interesse von Anwohnern tätig geworden. Dass sie selbst durch die aus der Gaststätte dringenden Musikgeräusche erheblich belästigt worden ist, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Überdies hat der Betroffene auf Aufforderung der Beamten den Musikpegel auch unverzüglich gesenkt. Der anonyme Anrufer mag zwar belästigt worden sein. Welche Intensität diese Belästigung erreichte, wird jedoch im Urteil nicht mitgeteilt.
3. Auch die Annahme von vorsätzlicher Begehungsweise ist in dem angefochtenen Urteil nicht ausreichend belegt. Insbesondere hat das Amtsgericht nicht in überprüfbarer Weise ausgeführt, dass der Betroffene einen Verstoß gegen die Bußgeldtatbestände des Landesimmissionsschutzgesetzes zumindest billigend in Kauf genommen hat.
Die unzureichenden Feststellungen führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Für eine Entscheidung in der Sache gemäß § 79 Abs. 6 OwiG ist kein Raum, da nicht auszuschließen ist, dass über die Intensität des aus der Gaststätte des Betroffenen dringenden Lärms noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können.
Es besteht keine Veranlassung für eine Verweisung an ein anderes Amtsgericht oder an eine andere Abteilung des Amtsgerichts D..
Ende der Entscheidung
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