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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.10.2002
Aktenzeichen: 2a Ss (OWi) 258/02 - (OWi) 65/02 II
Rechtsgebiete: FPersV, FPersG


Vorschriften:

FPersG § 2 Nr. 3
FPersG § 8 Abs. 1 Nr. 1
FPersV § 6 Abs. 1 Nr. 1
FPersV § 6 Abs. 6
FPersV § 8 Nr. 1 d

Entscheidung wurde am 27.11.2002 korrigiert: Vorschriften geändert, Verfahrensgang und amtlichen Leitsatz hinzugefügt
Die bußgeldbewehrte Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr für Fahrer von zur Güterbeförderung dienenden Fahrzeugen mit einen zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

2a Ss (OWi) 258/02 - (OWi) 65/02 II 104 Js 163/02 StA Mönchengladbach

In der Bußgeldsache

gegen

pp.,

wegen Ordnungswidrigkeit

hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf durch den Richter am Oberlandesgericht B. als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 2 OWiG am

23. Oktober 2002

auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 7. Mai 2002 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird gemäß § 80 Abs. 1 und 4 OWiG als unbegründet auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen §§ 8 Abs. 1 Nr. 1 FPersG, 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 6, 8 Nr. 1 d FPersV eine Geldbuße von 150,-- € verhängt.

Dagegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er die Verfassungswidrigkeit von § 6 FPersV rügt. Er macht geltend, die Vorschrift sei unverhältnismäßig und verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG.

II.

Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen betreibt der Betroffene einen Kurierdienst ohne weitere angestellte Fahrer und erledigt die ihm übertragenen Aufgaben mit einem Kleintransporter, der ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,4 t hat. Am 4. Mai 2001 führte er mit diesem Fahrzeug einen Transport von W. über das Ruhrgebiet zurück nach W. aus. Bei einer durchgeführten Kontrolle wurde festgestellt, dass der Betroffene keine Aufzeichnungen über Lenk-, Ruhe- und Arbeitszeiten mit sich führte. Der im Fahrzeug befindliche Fahrtenschreiber war nicht in Betrieb.

III.

Das Rechtsmittel ist als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auszulegen. Der Antrag ist nicht begründet.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 80 Abs. 1 OWiG nur zuzulassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

1. Es kann vorliegend die Frage dahinstehen, ob über die gesetzlich geregelten Zulassungsgründe hinaus die Rechtsbeschwerde auch zugelassen werden kann, um eine zulässige und begründete Verfassungsbeschwerde zu ersparen, weil das angefochtene Urteil eine die Verfassungsbeschwerde rechtfertigende Rechtsgutsverletzung enthält (vgl. dazu OLG Düsseldorf, 3. Senat für Bußgeldsachen, NStZ 1984, 320, 321 mwN; BayObLGSt 1995, 158, 160; VRS 75, 100, 102; OLG Celle NStZ-RR 1997, 183; OLG Hamm NJW 1974, 2098, 2099; Göhler, 13. Aufl., § 80 OWiG Rdnrn. 3 und 16 e).

2. Denn in diesem Fall wäre jedenfalls Voraussetzung für eine Zulassung, dass die Verurteilung auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erfolgt ist oder der Betroffene in seinen Grundrechten verletzt ist (vgl. OLG Düsseldorf, aaO). Dies ist nicht der Fall.

Die in § 8 Nr. 1 d FPersV bußgeldbewehrte Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr für Fahrer von zur Güterbeförderung dienenden Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t (§ 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 FPersV) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

Zwar berührt diese Pflicht den Schutzbereich des in Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Grundrechts auf freie Berufsausübung. Die in §§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 6, 8 Nr. 1 d FPersV getroffenen Regelungen stellen jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Regelungen der Berufsausübung dar. Solche Regelungen können auch durch Rechtsverordnungen, die den Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen, getroffen werden (vgl. BVerfGE 38, 348, 371).

Dies ist vorliegend der Fall, denn die Regelungen über die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 FPersG) sowie über die Mitführpflicht von entsprechenden Aufzeichnungen (§ 6 Abs. 6 FPersV) sind vom zuständigen Verordnungsgeber entsprechend der Ermächtigungsgrundlage in § 2 Nr. 3 FPersG erlassen worden. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung sind in dieser Norm hinreichend bestimmt (vgl. im einzelnen BayObLGSt 1996, 58, 59).

Im übrigen verstoßen §§ 2 Nr. 3 FPersG, 8 Nr. 1 d FPersV auch nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Die dort getroffenen Regelungen genügen dem verfassungsrechtlichen Gebot hinreichender Bestimmtheit. Die Voraussetzungen, unter denen ein Handeln oder Unterlassen den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, müssen für den Betroffenen zwar bereits aufgrund der Ermächtigungsnorm und nicht erst durch die darauf gestützte Verordnung erkennbar sein. Allerdings kann die Spezifizierung des Bußgeldtatbestands dem Verordnungsgeber überlassen werden (vgl. BVerfGE 75, 329, 342; 38, 348, 371/372; 14, 245, 251). Diesen Anforderungen wird § 2 Nr. 3 FPersG gerecht. Der durch die Norm betroffene Personenkreis kann ausreichend voraussehen, dass Nachweise über Lenk- und Ruhezeiten für die Durchführung der notwendigen polizeilichen Kontrollen unerlässlich sind. Nur so kann noch vor Ort schnell und ohne großen Aufwand zu überprüft werden, ob der kontrollierte Fahrer die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten eingehalten hat. Insoweit enthält § 8 Nr. 1 d FPersV eine zulässige Spezifizierung des in § 2 Nr. 3 FPersG normierten Tatbestands.

Es bedarf keiner besonderen Begründung, dass das Gebot über das Mitführen von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten ohne entsprechende Bußgeldsanktion wirkungslos wäre. Deshalb ist für den betroffenen Personenkreis aufgrund der Ermächtigungsnorm des § 2 Nr. 3 FPersG auch die in § 8 Nr. 1 d FPersV enthaltene Bußgeldbewehrung der in § 6 Abs. 6 FPersV normierten und insoweit auch hinreichend genau bestimmten Mitführpflicht von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten vorhersehbar (ebenso BayObLGSt 1996, 58, 59 für §§ 2 Nr. 1 a FPersG, 8 Nr. 1 a, 4 Abs. 1 Satz 1 FPersV).

Die bußgeldbewehrte Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten für Fahrer von Transportfahrzeugen zwischen 2,8 t und 3,5 t verstößt auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot, das der Einschränkung auch des Grundrechts auf freie Berufsausübung Grenzen setzt. Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit dies aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheint. Der Grundrechtsschutz reduziert sich insoweit auf die Abwehr in sich verfassungswidriger, weil übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen. Die Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen über Lenk- und Ruhezeiten verstößt nicht deshalb gegen das Übermaßverbot, weil sie sich auch an Fahrer von Fahrzeugen mit einem relativ niedrigen zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,8 t und 3,5 t richtet und damit häufig an sog. Kleinfuhrunternehmer, die ihr Transportgewerbe allein betreiben. Die Entscheidung des Verordnungsgebers, auch solche Transportfahrzeuge zu erfassen, ist aufgrund der auch mit dem Führen solcher Fahrzeuge verbundenen Gefahren aus sachlichen Gründen gerechtfertigt und deshalb nicht willkürlich. Im Hinblick auf das mit den Regelungen der FPersV bezweckte Ziel eines umfassenden Schutzes von Leben und Gesundheit der am Straßenverkehr teilnehmenden Bürger sind die den Fahrer eines Transportfahrzeuges zwischen 2,8 t und 3,5 t treffenden Aufzeichnungs- und Mitführpflichten auch nicht unzumutbar.

Da nach alledem mangels Vorliegens eines Verfassungsverstoßes eine Verfassungsbeschwerde nicht zulässig und begründet wäre, kommt eine ausnahmsweise Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegend nicht in Betracht. Es kann daher dahinstehen, welcher der o.a. Auffassungen zur Frage der Erweiterung der gesetzlichen Zulassungsgründe zu folgen ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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