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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.02.2001
Aktenzeichen: 2a Ss 326/00 - 60/00 III
Rechtsgebiete: StPO, StGB, AO
Vorschriften:
StPO § 100 a | |
StGB § 129 | |
AO § 374 |
Erkenntnisse aus einer Telefonüberwachung, die wegen einer Katalogtat nach § 129 StGB angeordnet worden ist, können gegen einen an der kriminellen Vereinigung nicht beteiligten Dritten nicht schon deswegen verwertet werden, weil dieser als Hehler die von dem Verdächtigen in strafbarer Weise beschaffte Ware absetzt oder abzusetzen hilft. Die unmittelbare Verwertung von Zufallserkenntnissen über Anschlußdelikte zu einer Katalogtat gegen Dritte ist unzulässig.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
2a Ss 326/00 - 60/00 III 210 Js 423/99 StA Wuppertal
In der Strafsache
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei
hat der 3. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B den Richter am Oberlandesgericht von B sowie der Richter am Landgericht am
5. Februar 2001
auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 16. kleinen Strafkammer des Landgerichts Wuppertal vom 17. Mai 2000 nach Anhörung des Beschwerdeführers und der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig gemäß § 349 Abs. 4 StPO
beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Amtsgericht Wuppertal hat den Angeklagten wegen Steuerhehlerei zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 DM verurteilt. Auf seine Berufung hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und verurteilte ihn wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Solingen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die weiteren Verfahrensrügen sowie auf die gleichfalls erhobene Sachrüge bedarf es nicht.
1.
Die Revision beanstandet zu Recht als Verfahrensfehler, dass das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten Erkenntnisse verwertet hat, die aufgrund einer gegen den Zeugen wegen einer Katalogtat nach § 100 a StPO durchgeführten Telefonüberwachung gewonnen worden sind.
a)
Gegen den Zeugen B war die Telefonüberwachung wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) angeordnet und durchgeführt worden. Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hamburg hatten den Verdacht ergeben, dass dieser Zeuge Mitglied einer internationalen Tätergruppe war, die große Mengen unversteuerter Zigaretten aus Osteuropa nach Deutschland einschmuggelte und hier gewinnbringend absetzte. Im Rahmen dieser Telefonüberwachungen wurden Telefonate zwischen dem Zeugen und - nach den Urteilsfeststellungen - dem Angeklagten aufgezeichnet, die das Landgericht als Vereinbarung einer Lieferung von 40.000 unversteuerten Zigaretten gewertet und - andere unmittelbare Beweismittel standen nicht zur Verfügung - der Verurteilung des Angeklagten zugrundgelegt hat.
b)
Die Verwertung dieser Ergebnisse der Telefonüberwachung zum Nachteil des Angeklagten war rechtsfehlerhaft. Mochten diese Erkenntnisse als Beweismittel für die Straftaten des Zeugen B rechtsfehlerfrei herangezogen werden können, so sind sie - soweit es um den gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf der Steueherhehlerei geht - nur "Zufallserkenntnisse" gegen einen von der Telefonüberwachung nicht betroffenen Dritten. Im vorliegenden Verfahren standen diese Ergebnisse der Telefonüberwachung nur zur Verfügung, wenn der Angeklagte auch selbst hätte überwacht und die dabei gewonnenen Erkenntnisse dann unmittelbar gegen ihn hätten verwendet werden können (vgl. BGHSt 26, 298, 302). Voraussetzung hierfür wäre gewesen, dass auch gegen den Angeklagten als Dritten die Voraussetzungen der Anordnung einer Telefonüberwachung wegen einer Katalogtat nach § 100 a StPO vorgelegen hätten (vgl. BGH StV 1991, 208, 209; BayObLG JR 1983, 124 f. mit Anm. Rieß; KK-Nack, StPO, 4. Aufl. § 100 a Rdnr: 48; Kleinknecht/MeyerGoßner, StPO, 44. Aufl. § 100 a Rdnr. 20; Pfeiffer, StPO, 3 Auflage, § 100 a Rdnr. 10; Rudolphi SK StPO, § 100 a Rdnr. 29; LR-Schäfer, StPO, 24. Auflage, § 100 a Rdnr. 35 ff.).
Dies war hier nicht der Fall. Gegen den Angeklagten bestand zu keiner Zeit der Verdacht einer Katalogtat nach § 100 a Satz 1 Nr. 1 c StPO. Die Urteilsfeststellungen stellen ausdrücklich klar, es gebe "keine Anhaltspunkte dafür, dass er Mitglied der kriminellen Vereinigung" gewesen sei (UA Seite 13).
c)
Das Landgericht meint zu Unrecht, die Erkenntnisse aus der ordnungsgemäß angeordnete Telefonüberwachung könnten hier als "Zufallsfunde" verwertet werden, weil der Angeklagte als Hehler Beteiligter der Tat sei. Aus der Telefonüberwachung gewonnene Erkenntnisse können nur dann im Verfahren gegen Dritte verwendet werden, wenn ein Zusammenhang mit der Katalogtat nach § 129 StGB besteht (BGHSt 26, 298, 302; St 28, 122, 127). Im Zusammenhang mit dieser Katalogtat stehen Taten, auf deren Begehrung die Tätigkeit der bei der Überwachung vermuteten kriminellen Vereinigung gerichtet ist (vgl. HK-Lemke, StPO, § 100 a Rn. 21). Ausgeschlossen von der Verwertbarkeit bleiben Zufallserkenntisse, die sich - wie vorliegend - auf Handlungen außerhalb der überwachten kriminellen Gruppe beziehen. Ebensowenig dürfen Erkenntnise zu Anschlußdelikten zu einer Katalogtat verwertet werden (BGHSt 28, 122, 127; Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 19).
2.
Die aufgezeigte rechtsfehlerhafte Verwertung von Erkenntnissen aus der Telefonüberwachung zum Nachteil des Angeklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts (§§ 353,354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Ende der Entscheidung
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