Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.11.2000
Aktenzeichen: 2b Ss 167/00 - 51/00 I
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 182 Abs. 2
Zur tatrichterlichen Feststellung des Fehlens der Fähigkeit des jugendlichen Tatopfers zur sexuellen Selbstbestimmung.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2b Ss 167/00 - 51/00 I 1 Ws 395/00 412 Js 272/98 StA Düsseldorf

Eingegangen auf der Geschäftsstelle am 30. November 2000

R, Justizsekretärin z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In der Strafsache

wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen

hat der 1. Strafsenat auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der VII. großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2000 in der Sitzung vom 28. November 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht S als Vorsitzender,

Richter am Oberlandesgericht H, Richter am Oberlandesgericht S als beisitzende Richter,

Staatsanwalt J als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft,

Rechtsanwältin A als Verteidigerin,

Justizsekretärin z. A. R als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1.

Das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Langenfeld hat den Angeklagten am 25. August 1999 wegen sexuellen Mißbrauchs eines Jugendlichen nach § 182 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Auf die dagegen gerichteten Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, hat die Strafkammer durch das angefochtene Urteil den Angeklagten unter Aufhebung des Urteils des Jugendschöffengerichts freigesprochen und ihm für die erlittene Polizei- und Untersuchungshaft einen Anspruch auf Entschädigung zuerkannt. Eine ausdrückliche Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft enthält das Urteil nicht.

Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt, und ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung.

2.

Mit ihrem Urteil hat die Strafkammer, wie ausdrücklich ausgeführt wird, "auf die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft entschieden. Daß die Berufung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung nicht übersehen worden ist, folgt aus dem Strafantrag der Vertreterin der Staatsanwaltschaft, der mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten die vom Jugendschöffengericht verhängte Strafe überschritt.

Wenn die Strafkammer in dem Urteilsausspruch die Berufung der Staatsanwaltschaft nicht erwähnt, so ergibt sich aus dem Freispruch, daß sie das Rechtsmittel verwerfen wollte und verworfen hat. Dem entspricht auch die Kostenentscheidung, durch die der Staatskasse die gesamten Verfahrenskosten, also auch die Kosten der Berufung der Staatsanwaltschaft auferlegt worden sind. Danach ist in dem angefochtenen Urteil lediglich der Ausspruch der Verwerfung der Berufung der Staatsanwaltschaft unterblieben.

II.

Die Revision ist begründet.

Die lückenhaften Feststellungen und die die erhobenen Beweise nicht umfassend berücksichtigende Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils tragen den Freispruch des Angeklagten nicht.

1.

Die Strafkammer hat festgestellt: Der homosexuell veranlagte, an männlichen Kindern und Jugendlichen interessierte und dreimal u. a. wegen sexueller Nötigung, Mißbrauchs von Kindern, exhibitionistischer und homosexueller Handlungen zu einer Geldstrafe, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie zu einer weiteren Freiheitsstrafe von sechs Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilte Angeklagte habe an den Weihnachtstagen 1997 den - wie ihm bekannt gewesen sei - damals 15-jährigen Zeugen M G auf dessen Wunsch und mit Einverständnis der Mutter in seine Wohnung mitgenommen, um dort gemeinsam zu übernachten. Nachdem sie sich einen Soft-Sex-Film angesehen hätten, habe sich der Zeuge in das Schlafzimmer des Angeklagten in dessen Bett begeben, während der Angeklagte im Wohnzimmer habe schlafen wollen.

Der Zeuge sei noch nicht eingeschlafen gewesen, als sich der Angeklagte, der sich spätestens zu diesem Zeitpunkt entschlossen habe, mit dem Zeugen sexuelle Handlungen auszutauschen, in das Schlafzimmer begeben und sich zu dem Zeugen in das Bett gelegt habe, was dieser ohne Widerspruch habe geschehen lassen. Es sei möglich, daß beide sich zunächst wechselseitig gestreichelt und sich entkleidet hätten. Dann habe der Angeklagte den Zeugen mit den Worten, er solle ihm einen blasen, zur Ausführung des Mundverkehrs aufgefordert. Der Zeuge, der sich sexuell eher zu Mädchen hingezogen fühle, habe kein Interesse gehabt, dem Verlangen des Angeklagten nachzukommen und ihm dies auch klargemacht, indem er ihm erklärt habe, er wolle das nicht, denn er stehe auf Mädchen und sei nicht schwul. Dennoch habe der Angeklagte sein Ansinnen nicht aufgegeben und nachdrücklich auf die Vornahme des Mundverkehrs gedrängt. Daß er dem Zeugen dabei gedroht habe, stehe nicht fest.

Schließlich habe der Zeuge eingewilligt, bei dem Angeklagten den Mundverkehr ausgeführt und ihn auf dessen Verlangen sodann mit der Hand bis zum Samenerguß befriedigt, während der Angeklagte seinerseits am Glied des Zeugen gerieben habe.

2.

a)

Die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung hat die Strafkammer im wesentlichen auf die Aussage des Zeugen M G, den sie trotz einiger Gedächtnislücken für glaubwürdig und dessen Angaben sie für glaubhaft gehalten hat, sowie die Einlassung des Angeklagten gestützt. Diese Ausführungen enthalten insoweit einen Mangel, als die Kammer darlegt, sie habe "mit der Sachverständigen" nicht feststellen können, daß der Angeklagte dem Zeugen M G gedroht und ihn dadurch zur Ausführung des Mundverkehrs veranlaßt habe. Zwar habe der Zeuge stets bekundet, der Angeklagte habe ihm gedroht, jedoch wisse er nicht mehr, mit welchen Worten. Welche Bekundungen der Zeuge G in der Berufungshauptverhandlung gemacht hat, gibt die Kammer ebenso nicht wieder wie den Inhalt der Ausführungen der Sachverständigen, die sie zu dem Ergebnis geführt haben, eine Bedrohung des Zeugen G durch den Angeklagten stehe nicht fest. Soweit die Strafkammer ferner Bekundungen des Zeugen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht zitiert, wird nicht angegeben, durch welches Beweismittel diese in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.

b)

Zu den sexuellen Erfahrungen und Verhaltensweisen des Zeugen M G trifft das angefochtene Urteil keine ausdrücklichen Feststellungen. Es fehlt insoweit auch eine Beweiswürdigung. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung werden insoweit lediglich die Angaben der Zeugen M G und F sowie die Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Psychologin K wiedergegeben, ohne daß sich die Strafkammer mit ihnen auseinandersetzt und sie würdigt.

aa)

Aus den weiteren Ausführungen des angefochtenen Urteils läßt sich entnehmen, daß die Strafkammer entsprechend den Bekundungen des Zeugen M G davon ausgegangen ist, daß dieser erstmals im Altei von 13 Jahren in dem Heim, in dem er untergebracht war und ist, auf der Toilette mit einem anderen Jungen wechselseitig oral verkehrt, daß sich ein ähnlicher Vorfall zu einem späteren - näher nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt - mit einem anderen Jungen wiederholt und daß der Zeuge erstmals mit 14 Jahren mit einem damals 18-jährigen Mädchen und später, nach dem Vorfall mit dem Angeklagten, nochmals mit einem Mädchen Geschlechtsverkehr gehabt hat. Hieran knüpft die Strafkammer die folgenden Darlegungen:

"Die Kammer konnte auch angesichts des Gutachtens der Sachverständigen K nicht die sichere Überzeugung gewinnen, dem Zeugen M G habe zum Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs des Angeklagten die Fähigkeit zu sexueller Selbstbestimmung gefehlt. Es kann umgekehrt nicht ausgeschlossen werden, daß der Zeuge damals über diese Fähigkeit bereits verfügte. Darauf deuten seine sexuellen Vorerfahrungen hin. Diese hatte der Zeuge im einverständlichen Kontakt mit verschiedenen Partnern gesammelt. Er hatte also bereits mehrfach eigenbestimmte Entscheidungen in weitreichenden sexuellen Angelegenheiten getroffen und sowohl homosexuelle Praktiken als auch heterosexuellen Geschlechtsverkehr ausprobiert. Diese Erfahrungen hat er - nach seinem Bekunden - für sich als angenehm oder weniger befriedigend bewertet. Darauf basierend hat er als seine sexuelle Grundorientierung erkannt, daß er nicht homosexuell ist, sondern auf Mädchen steht. Als Anzeichen einer sexuellen Reifung ist auch zu bewerten, daß es dem Zeugen wichtig ist, daß sexuelle Kontakte einverständlich ablaufen und er ganz offen sagt, was er möge und was nicht. Auf dieser Grundlage hat der Zeuge in der fraglichen Situation eine eigene Entscheidung getroffen und dem Angeklagten erklärt, er lehne die ihm angesonnenen sexuellen Handlungen ab, weil er nicht schwul sei. Der Umstand, daß es dem Angeklagten durch beharrliches Weiterverfolgen seiner sexuellen Wünsche gelungen ist, den Zeugen umzustimmen, schließt die Befähigung des Zeugen zu sexueller Selbstbestimmung nicht aus. ...

Der Zeuge hatte seine sexuelle Grundorientierung geäußert und dem Angeklagten seinen Unwillen kundgetan. Diese grundsätzliche Einstellung hat er nicht aufgegeben. Daß er sie auf äußeres Drängen in der konkreten Situation in Kenntnis der bevorstehenden sexuellen Handlungen nicht durchgehalten hat, sondern schwach geworden ist und den Anmutungen des Angeklagten aufgrund eines - möglicherweise - auch nur momentan für richtig gehaltenen neuen Entschlusses nachgegeben hat, führt ebensowenig zu einer anderen Beurteilung wie der Umstand, daß die sexuellen Betätigungen ihm dann doch nicht gefallen und ihn nachhaltig belastet haben mögen."

bb)

Diese Ausführungen tragen das von der Jugendkammer gewonnene Ergebnis, daß das Fehlen der Fähigkeit des Zeugen G zur sexuellen Selbstbestimmung für den Zeitpunkt des Vorfalles nicht habe festgestellt werden können, nicht.

Die Strafkammer hat ihre Entscheidung wesentlich auf sexuelle Vorerfahrungen des Zeugen G gestützt und hierin "eigenbestimmte Entscheidungen in weitreichenden sexuellen Angelegenheiten" gesehen, ohne die Umstände dieser Kontakte, das Lebensalter und die Persönlichkeit, die geistige und seelische Entwicklung des Zeugen M G sowie das Lebensalter seiner Partner hinreichend zu berücksichtigen. Hierbei hat sie sich auch nicht mit den Ausführungen der Sachverständigen K und den Bekundungen des Zeugen F auseinandergesetzt, was - wenn dies geschehen wäre - sie möglicherweise zu einer anderen Beurteilung veranlaßt hätte. So hat die Kammer nicht berücksichtigt und sich nicht damit auseinandergesetzt, daß die Sachverständige K den zwei sexuellen Erlebnissen des M G mit zwei anderen Jungen im Heim für die Beurteilung der Frage der Fähigkeit des Zeugen zur sexuellen Selbstbestimmung keine besondere Bedeutung beigemessen, sondern sie als ein allerdings über bloße "Doktorspiele" hinausgehendes "Ausprobieren" bewertet hat. Diese Bewertung wird dadurch unterstützt, daß der Zeuge G zum Zeitpunkt des ersten Vorfalles 13 Jahre alt und damit ein Kind war, das nach den heutigen Erkenntnissen nach seiner geistigen und seelischen Reife in keinem Falle soweit entwickelt ist, daß es im sexuellen Bereich eigenverantwortlich zu entscheiden in der Lage ist. Deshalb ist der sexuelle Mißbrauch von Kindern nach § 176 StGB auch strafbar, ohne daß das Fehlen der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung gefordert wird. Der erste Vorfall begründet deshalb die Annahme der Strafkammer, der Zeuge G habe eine eigenbestimmte Entscheidung in einer weitreichenden sexuellen Angelegenheit getroffen, nicht. Zur Zeit des zweiten Vorfalles war der Zeuge G zwar möglicherweise schon 14 oder 15 Jahre alt, jedoch fällt besonders ins Gewicht, daß er nach dem Gutachten der Sachverständigen K von unterdurchschnittlicher Intelligenz ist und nach den Bekundungen des Zeugen F nicht altersgemäß entwickelt war, eine heiminterne Lernbehindertenschule besucht hat und eine Berufsausbildung nicht wird absolvieren können.

Übereinstimmend haben der Zeuge F und die Sachverständige K darüber hinaus betont, daß der Zeuge G leicht beeinflußbar ist und gerne fremde Meinungen übernimmt.

Hätte die Strafkammer dies berücksichtigt und gewertet, hätte sie möglicherweise auch in diesem Vorfall keine eigenbestimmte Entscheidung in einer weitreichenden sexuellen Angelegenheit gesehen.

Für die Feststellung des zweimaligen Geschlechtsverkehrs des Zeugen G mit Mädchen hat sich die Strafkammer offenbar mit pauschalen Angaben des Zeugen begnügt, ohne Einzelheiten zu erfragen und dadurch die Richtigkeit zu überprüfen. Dies aber wäre erforderlich gewesen, da nicht fernliegt, daß der Zeuge diese Erlebnisse und weitere sexuelle Kontakte mit Mädchen fälschlich behauptet und betont hat, nicht homosexuell zu sein und "auf Mädchen zu stehen", um nach den ihm ersichtlich peinlichen Vorfällen im Heim den Verdacht zu vermeiden, er sei homosexuell. Zudem sind Einzelheiten dieser möglichen sexuellen Erlebnisse bedeutsam, um beurteilen zu können, ob sie auf freien Entscheidungen des Zeugen beruhten. So war die Partnerin des Zeugen bei seinem angegebenen ersten Geschlechtsverkehr 18 Jahre alt, also vier Jahre älter als er selbst. Angesichts dieses Altersunterschiedes hätte es der näheren Aufklärung bedurft, unter welchen Umständen der Geschlechtsverkehr erfolgte und ob hierbei bestimmend der Zeuge G oder seine Partnerin war. Ohne derartige Feststellungen kann dieser sexuelle Kontakt nicht als eigenbestimmte Entscheidung des Zeugen gewertet werden. Dem späteren angeblichen Geschlechtsverkehr des Zeugen G mit einem Mädchen kommt für die Beurteilung seiner Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung keine Bedeutung zu, da er nach den Angaben des Zeugen nach dem Vorfall mit dem Angeklagten erfolgte. Auch das von der Strafkammer festgestellte Verhalten des Zeugen G vor, während und nach den wechselseitigen sexuellen Handlungen mit dem Angeklagten spricht nicht für, sondern gegen die Fähigkeit des Zeugen zur sexuellen Selbstbestimmung zu diesem Zeitpunkt.

Wenn der Zeuge nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils den Wunsch des Angeklagten nach oraler Befriedigung zunächst mit der Begründung ablehnte, er wolle das nicht, er stehe auf Mädchen und sei nicht schwul, sich schließlich aber dem Drängen des Angeklagten beugte und ihn mit dem Mund und mit der Hand befriedigte, so entspricht das der Charakterisierung des Zeugen durch die Sachverständige K und den Zeugen F, daß er nicht altersgemäß entwickelt war, sich sehr leicht beeinflussen läßt und fremde Meinungen übernimmt. Das Verhalten des Zeugen bestätigt die Beurteilung der Sachverständigen, sie könne sich nicht vorstellen, daß M G sich den sexuellen Wünschen eines Erwachsenen, auch wenn er sie - wie hier - verstehe, hätte entziehen können. Dann aber hat der Zeuge mit seinem Nachgeben gegenüber dem Verlangen des Angeklagten entgegen der Meinung der Jugendkammer keine eigene Entscheidung für die sexuellen Handlungen mit dem Angeklagten getroffen, sondern sich die Entscheidung des Angeklagten aufzwingen lassen. Auch mit dieser Beurteilung der Sachverständigen hat sich die Jugendkammer nicht auseinandergesetzt.

3.

Auch die Ausführungen der Jugendkammer, mit denen sie begründet, ein vorsätzliches Verhalten des Angeklagten nicht feststellen zu können, sind rechtsfehlerhaft.

Daß der Vorsatz des Angeklagten angesichts der anfänglichen Ablehnung des Zeugen M G den Mißbrauch, das ihm bekannte Schutzalter des Zeugen und die sexuellen Handlungen umfaßte, ist nach den getroffenen Feststellungen unzweifelhaft. Darüber hinaus muß der Vorsatz zwar mindestens bedingt auch die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung umfassen. Dafür reicht jedoch aus, daß er die diese fehlende Fähigkeit begründenden persönlichen Umstände des Opfers kennt oder billigend in Kauf nimmt. Da der Angeklagte den Zeugen M G seit mehreren Monaten kannte, mehrfach auch mit ihm allein zusammengetroffen war und sich eingehend mit ihm - auch über sexuelle Dinge - unterhalten hatte, können ihm dessen unterdurchschnittliche Intelligenz, seine nicht altersgemäße Entwicklung, seine leichte Beeinflußbarkeit und seine Unfähigkeit, seinen Standpunkt gegenüber Erwachsenen durchzusetzen, nicht verborgen geblieben sein. Dafür spricht auch, daß er sein Verlangen nach sexuellen Handlungen mit dem Zeugen trotz dessen anfänglicher Ablehnung weiterverfolgt und auch durchgesetzt hat.

III.

Aufgrund der dargelegten Mängel war das angefochtene Urteil mit den Feststellungen nach § 353 StPO aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Mit der Aufhebung des Urteils hat sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entschädigungsentscheidung erledigt.

Ende der Entscheidung

Zurück