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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.12.2001
Aktenzeichen: 3 Ws 512/01
Rechtsgebiete: StPO, RPflG, ZPO, BRAGO


Vorschriften:

StPO § 464 b
StPO § 311 Abs. 2
RPflG § 21 Abs. 1 Nr. 1
RPflG § 11 Abs. 1
RPflG § 3 Nr. 3 c
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 577 Abs. 2
BRAGO § 27 Abs. 1 Nr. 1
1.

Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beträgt auch in Strafsachen zwei Wochen; die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 StPO gilt hier nicht.

2.

Lichtet der Verteidiger seine aus den Verfahrensakten gefertigten Fotokopien für seinen Mandanten ab, so sind die durch den zweiten Kopiervorgang entstandenen Auslagen nicht erstattungsfähig.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Ws 512/01

In der Strafsache

wegen schwerer räuberischer Erpressung

hat der 3. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B., den Richter am Oberlandesgericht von B. und den Richter am Landgericht O. am

20. Dezember 2001

auf die sofortige Beschwerde des früheren Angeklagten gegen den Beschluss der Rechtspflegerin beim Landgericht Wuppertal vom 23. Oktober 2001 nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Wuppertal

beschlossen:

Tenor:

Unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses werden die dem früheren Angeklagten aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf

3.044,42 DM

nebst 4 % Zinsen seit dem 12. September 2001 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der frühere Angeklagte zu tragen.

Gründe:

I.

Das Landgericht Wuppertal hat den früheren Angeklagten mit Urteil vom 30. August 2001 vom Vorwurf der schweren räuberischen Erpressung freigesprochen und die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 4. September 2001 hat dieser beantragt, die ihm zu erstattenden notwendigen Auslagen i.H.v. 3.785,97 DM nebst Verzinsung gegen die Staatskasse festzusetzen. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat mit dem angefochtenen Beschluss die zu erstattenden Kosten jedoch nur auf 2.893,62 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 12. September 2001 festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Freigesprochene mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 464 b Satz 3 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 11 Abs.1 RpflG zulässig. Insbesondere ist das Rechtsmittel rechtzeitig eingelegt.

Für die Einlegung des Rechtsmittels gilt gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 577 Abs. 2 ZPO eine Frist von zwei Wochen und nicht die einwöchige Frist nach § 311 Abs. 2 StPO. Dies folgt aus der Verweisung in § 464 b Satz 3 StPO. Wenn dort für die "Kostenfestsetzung" eine entsprechende Anwendung der Vorschriften der ZPO auf das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung angeordnet wird, so hat das für das gesamte Verfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens zu gelten, mithin auch für die Beschwerdefrist (Senatsbeschluss vom 16. September 1999 - 3 Ws 408/99; OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat VRS 99, 461).

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg.

Die gegen die Staatskasse festzusetzenden Auslagen des Freigesprochenen, die durch die Inanspruchnahme seines Verteidigers entstanden sind, sind wie folgt zu berechnen:

1.

Für seine Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren steht dem Verteidiger gemäß §§ 84 Abs. 1, 83 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ein Gebührenrahmen von 60 DM bis 760 DM zur Verfügung. Die vom Rechtsanwalt in dem Kostenfestsetzungsantrag bestimmte Gebühr von 1.100 DM bewegt sich außerhalb des Gebührenrahmens; sie ist gemäß § 12 Abs. 2 BRAGO unbillig und damit nicht verbindlich.

Bei der mithin vom Senat zu bestimmenden Gebühr muss der Bearbeitungsaufwand angemessen berücksichtigt werden. Der Anklagevorwurf war erheblich. Die Beweissituation gestaltete sich überaus schwierig, was später auch zum Freispruch führte. Schließlich bestand gegen den früheren Angeklagten ein Haftbefehl, der in Anwesenheit des Verteidigers verkündet wurde und dessen Aufhebung er über mehrere Instanzen hinweg betrieben hat. Die minderen Einkommensverhältnisse sowie der verhältnismäßig geringe Aktenumfang treten demgegenüber zurück.

Unter diesen Umständen hält der Senat die Höchstgebühr von 760 DM für gerechtfertigt.

Da dieser Betrag ausreicht, die gesamte Tätigkeit des Verteidigers in diesem Verfahrensstadium angemessen zu entgelten, kommt eine Erhöhung gemäß §§ 84 Abs. 1 Halbsatz 2, 83 Abs. 3 BRAGO nicht in Betracht.

2.

Hinsichtlich des ersten Hauptverhandlungstages am 23. August 2001, welcher von 10.00 Uhr bis 15.10 Uhr andauerte, besteht ein Gebührenrahmen von 120 DM bis 1.520 DM; die Mittelgebühr liegt bei 820 DM.

Die vom Rechtsanwalt im Kostenfestsetzungsantrag bestimmte Höchstgebühr von 1.520 DM ist gemäß § 12 Abs. 2 BRAGO unbillig und damit nicht verbindlich. Anders als die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren erscheint die Sache in der Hauptverhandlung nur mäßig überdurchschnittlich.

Mit dem Landgericht hält der Senat insoweit 1.150 DM für gerechtfertigt.

3.

Für den Folgetermin am 30. August 2001 ist die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO von 600 DM gemäß § 12 Abs. 1 BRAGO angemessen.

4.

Die beanspruchte Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO von 30 DM steht dem Rechtsanwalt nur einmal zu, da das Verfahren nicht über mehrere Instanzen lief (Gerald Schmidt, 12. Aufl., BRAGO, Rdnr. 5 zu § 26).

5.

Eine Auslagenerstattung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für gefertigte Fotokopien ist nur in Höhe von 84,50 DM möglich, (165 Blatt).

Von den vom Rechtsanwalt angefertigten 298 Fotokopien waren insgesamt 133 Stück als Mehrfertigungen für den Freigesprochenen bestimmt. Diese Mehrfertigungen waren zur sachgemäßen Verteidigung nicht erforderlich. Obwohl dem Rechtsanwalt insoweit ein gewisser Ermessensspielraum einzuräumen ist, kommt es nicht auf seine Ansicht oder diejenige seines Mandanten an, sondern auf den Standpunkt eines vernünftigen, sachkundigen Dritten; es ist also ein objektiver Maßstab anzulegen (Hartmann, Kostengesetze, 26. Auflage, § 27 BRAGO Rdn.6 m. w. N.). Hier hatte der Rechtsanwalt die Möglichkeit, die Sache mit dem Mandanten an Hand seiner eigenen Handakte zu erörtern. Da aber Kopien aus den Handakten nicht erstattungsfähig sind (Hartmann a. a. o. Rdn. 31), können auch hier die Mehrkopien nicht als erforderlich angesehen werden. Gründe, von diesem Grundsatz abzuweichen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Auf den somit zu errechnenden Gesamtbetrag von 2.624,50 DM fallen 16 % Umsatzsteuer i.H.v. 419,92 DM an, so dass sich der zu erstattende Betrag auf 3.044,42 DM beläuft, welcher gemäß § 464 b StPO antragsgemäß zu verzinsen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 b Satz 2 StPO, 104 Abs. 3, 97 ZPO; der geringe Teilerfolg des Beschwerdeführers rechtfertigt keine Kostenteilung.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 892 DM.

Ende der Entscheidung

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