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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 02.04.2003
Aktenzeichen: 3 Wx 223/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 20
WEG § 23 Abs. 1
WEG § 28 Abs. 5
Über Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne einzelner selbständiger Wohnungseigentümergemeinschaften kann eine aus allen Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaften (Häuserblöcken) gebildete "Dachgemeinschaft" (Gesamtanlage) nicht wirksam beschließen.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 223/02

In dem Verfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage "Wohnpark ..."

Beteiligte:

pp...

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G... und der Richter am Oberlandesgericht Dr. S... und von W... am 2. April 2003

beschlossen:

Unter Änderung der angefochtenen Entscheidung wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuss vom 04. Februar 2002 mit der Maßgabe wieder hergestellt, dass die dort ausgesprochene Aufhebung der Eigentümerbeschlüsse lediglich zur Klarstellung erfolgt.

Die Beteiligten zu 2 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen drei Rechtszügen nicht statt.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 50.000 €

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder von Eigentümergemeinschaften in der Anlage "Wohnpark ..."; die Beteiligte zu 3 ist die Verwalterin.

Die Anlage wurde auf einem Grundstück errichtet, das ursprünglich im Grundbuch von ... - Amtsgericht Neuss - Band 85 Blatt ... verzeichnet war. Auf dem Grundstück wurden 27 Häuser errichtet, die mit den Buchstaben des Alphabets sowie dem Buchstaben "Ü" gekennzeichnet wurden.

Mit Urkunde des Notars Dr. L... vom 23. Juni 1966 (Urk.-Nr. 1105/1966) wurde das Grundstück in 8 Flächen geteilt, die unter Bezugnahme auf rote Umrandungen und Bezeichnungen mit Großbuchstaben auf einen der Teilungserklärung anliegenden Plan bestimmt wurden. Auf den Teilflächen entstanden die Häuser A und B, C und D, T und U und Ü, K und L und M, N und O und P, Q und R und S, V und W sowie Z. In der Teilungserklärung heißt es, dass das Grundstück wie folgt in Teilflächen aufzuteilen ist:

"- jeweils jede der genannten Grundstücksflächen für sich allein in Miteigentumsanteile in der Weise aufzuteilen, daß mit jedem Miteigentumsanteil Sondereigentum an einer bestimmten in der als Anlage 2 beigefügten Aufstellung jeweils näher bezeichneten Wohnung ... verbunden ist, und diese Aufteilung mit dem Sondereigentum im Grundbuch einzutragen."

Weiter heißt es in der Urkunde:

"Das Verhältnis der Wohnungseigentümer eines jeden Hausblocks bestimmt sich grundsätzlich nach den einschlägigen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG)."

§ 13 der Teilungserklärung bestimmt:

"Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach dem Inhalt dieses Vertrages die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet."

Gleichlautende Bestimmungen enthielt hinsichtlich der Teilung eine weitere Teilungserklärung in der Urkunde des Notars Dr. L... vom 26. Juli 1966 (Urk.-Nr. 1488/1966) für zwei weitere Teilflächen aus dem ursprünglichen Grundstück, auf denen die Blöcke X und Y errichtet wurden. Hinsichtlich der Verwaltung enthält diese Teilungsurkunde in § 13 jedoch die folgende Regelung:

"Angelegenheiten, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach dem Inhalt dieses Vertrages die Wohnungseigentümer durch Beschluß entscheiden können, werden durch Beschlußfassung in einer Versammlung aller Wohnungseigentümer der auf dem Gesamtgrundbesitz, also der zur Zeit mit Flur 6 Nummer 323 bezeichneten Parzelle, stehenden und zum Wohnpark ... gehörenden Eigentumswohnungen geordnet. Als Wohnungseigentümerversammlung im Sinne dieses Vertrages gilt also mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Einheit des Wohnparks ... jeder Wohnungseigentümer auf dem genannten Gesamtgrundbesitz."

Gleichlautende Bestimmungen wie in der Urkunde vom 26. Juli 1966 finden sich in weiteren Teilungserklärungen vom 19. August 1966 des Notars Dr. L... (Urk.-Nr. 1649/1966) für die Häuser H und I und J, vom 25. Oktober 1967 (Urk.-Nr. 1926 für 1967) für die Häuser E und F und G, vom 03. Juli 1968 (Urk.-Nr. 1032/1968) für das Punkthaus und vom 10. Juli 1968 (Urk.-Nr. 1053/1968) für die Ladenlokale.

Schließlich wurde mit Urkunde Nr. 1577/1966 vom 08. August 1966 des Notars Dr. L... die erste Teilungserklärung vom 23. Juni 1966 geändert und § 13 der in den anderen Teilungserklärungen enthaltenen Formulierung angepasst.

Für jede der insgesamt 13 Teilgemeinschaften wurden entsprechend der Teilungserklärung Beiräte gebildet. In der Folgezeit wurden in den Jahresabrechnungen die Kosten jeweils teilgemeinschaftsbezogen ermittelt und abgerechnet. Entsprechend wurde bei der Aufstellung der Wirtschaftspläne verfahren. Ebenso wurden jeweils teilgemeinschaftsbezogene Rücklagen gebildet, über deren Höhe die jeweiligen Sondereigentümer einer Teilgemeinschaft abstimmen.

In der Eigentümerversammlung vom 24. Oktober 2001 wurde unter TOP 2 die Jahresabrechnung 2000 und unter TOP 3 der Wirtschaftsplan 2002 beschlossen.

Der Beteiligte zu 1 hat diese Eigentümerbeschlüsse angefochten und die Auffassung vertreten, die geübte Form der Abrechnung sei nicht hinzunehmen, weil die Gefahr bestehe, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Ganzes nach außen hin durch Beschlüsse von Teilgemeinschaften verpflichtet würde. Es bestehe insbesondere ein Haftungsrisiko für Teilgemeinschaften, die nicht über ausreichende Rücklagen verfügten. So habe die Teilgemeinschaft des Hauses X - wie unstreitig - zur Finanzierung einer Sanierungsmaßnahme ein Darlehen von 133.135,10 DM aus der Gesamtrückstellung aufgenommen.

Eine ordnungsgemäße Rechnungsprüfung habe nicht stattgefunden, da jeweils nur die die Teilgemeinschaften betreffenden Belege durch die Beiräte der Teilgemeinschaften gesichtet und geprüft worden seien.

Die Abrechnung 2000 sei rechtswidrig, weil die Kosten für das zentrale Heizwerk - wie unstreitig - über eine von einigen Eigentümern gegründete Interessengemeinschaft abgerechnet würden.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,

die in der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft "Wohnpark ..." am 24. Oktober 2001 zu TOP 2 und 3 gefassten Beschlüsse für unwirksam zu erklären.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 04. Februar 2002 dem Antrag stattgegeben, weil die Teilungserklärung eine hausbezogene Abrechnung der Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten nicht vorsehe. Die Kosten seien vielmehr von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat am 20. Juni 2002 auf das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Antrag abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, der die Beteiligten zu 2 entgegen treten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).

Die in der Wohnungseigentümerversammlung der Wohngemeinschaft "Wohnpark ..." am 24. Oktober 2001 gefassten Beschlüsse über die Jahresabrechnung 2000 (TOP 2) und den Wirtschaftsplan 2002 (TOP 3) sind nichtig, ohne dass sie eigens der Aufhebung bedürfen, die allerdings zur Klarstellung auszusprechen ist.

1. Gemäß §§ 28 Abs. 5, 23 Abs. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer über die vom Verwalter vorgelegte Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan mit Stimmenmehrheit. Hierbei ist strikt darauf zu achten, dass die Abstimmung durch Wohnungseigentümer im Rechtssinne, also solche Eigentümer erfolgt, die einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück inne haben (vgl. § 1 Abs. 4 WEG; Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Auflage 2000 § 3 Rdz. 7, § 1 Rdz. 21) und diese über die mit diesem Grundstück verbundenen Angelegenheiten abstimmen.

So wie bei einer Mehrhausanlage die Wohnungseigentümer eines Hauses nicht über die Jahresabrechnung oder den Wirtschaftsplan für dieses allein beschließen können, weil die Abrechnung notwendigerweise Kosten enthält, die das Gemeinschaftseigentum insgesamt betreffen, über die nur alle Wohnungseigentümer gemeinsam beschließen können (Bärmann/Pick/Merle WEG a.a.O. Rdz. 92), kann über Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne einzelner selbständiger Wohnungseigentümergemeinschaften nicht eine aus allen Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaften gebildete "Dachgemeinschaft" beschließen.

a) Dies vorausgeschickt, ist das Landgericht zunächst ohne Rechtsfehler und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass durch die Teilungserklärung bezüglich der in Rede stehenden Häuserblocks im "Wohnpark ..." selbständige Wohnungseigentümergemeinschaften entstanden und die Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne deshalb jeweils für die einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften aufzustellen sind, ferner dass Betriebs- Instandsetzungs- und Reparaturkosten sowie die aufzubringenden Anteile an der Instandhaltungsrücklage nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile an dem jeweiligen ("Teil-") Grundstück, nicht aber an einem Gesamtgrundstück der Anlage "Wohnpark Kaarst" zu verteilen sind, an dem die Wohnungseigentümer Miteigentumsanteile nicht inne haben.

b) Es kann offen bleiben, ob - wie das Landgericht weiter meint - durch die Neufassung des § 13 TE lediglich die Frage der Verwaltung abweichend von § 21 WEG dahin geregelt werden sollte, dass die Wohnungseigentümerversammlungen ihre Willensbildung durch eine gemeinsame Versammlung aller Eigentümergemeinschaften vornehmen, ohne dass an den Kostentragungsregelungen im übrigen etwas geändert werden sollte oder ob auch eine Modifizierung der Kostenverteilung beabsichtigt war. Denn eine gemeinsame Verwaltung durch ein übergeordnetes Beschlussorgan (gemeinsame Versammlung aller Eigentümergemeinschaften) ist weder im Falle der Bejahung noch im Falle der Verneinung einer Änderungsabsicht im Hinblick auf die Kostenverteilung wirksam statuiert worden. Abgesehen von der Frage nämlich, ob der teilende Eigentümer, als er zu Urk.-Nr. 1577/1966 des Notars Dr. L... vom 08. August 1966 erklärte, die Urkunde des Notars Dr. L... vom 23. Juni 1966 - Urk.-Nr. 1105/1966 hinsichtlich § 13 Ziffer 1 ändern zu wollen, seine Befugnis, über gemeinschaftliche Rechte zu verfügen nicht bereits verbraucht hatte (vgl. dazu Bärmann/Pick/Merle WEG a.a.O. § 8 Rdz. 32), konnten die in Wohnungseigentum aufgeteilten Einheiten (Hausblöcke) wegen der unterschiedlichen beteiligten Interessen nicht wirksam einer gemeinsamen Verwaltung unterstellt und damit als übergeordnete "Gesamtwohnungseigentumsanlage (Mehrhausanlage)" organisiert werden, ohne dass die Miteigentumsanteile in Bezug zu der Gesamteinheit "Wohnpark ..." gesetzt, also neu "zugeschnitten" wurden und dies in das Grundbuch eingetragen wurde. Letzteres ist vorliegend nicht geschehen und auch nicht ohne weiteres möglich, weil die Wohnungseigentumseinheiten (Blöcke) auf unterschiedlichen Grundstücken liegen.

2. Da die angefochtenen Beschlüsse von der "Wohnungseigentümergemeinschaft Wohnpark ...", demnach von Wohnungseigentümern gefasst worden sind, die zwar Miteigentümer der jeweils von ihnen bewohnten Häuserblöcke sind, Miteigentumsanteile in Bezug auf ein Gesamtgrundstück der Wohnanlage Wohnpark ... indes nicht inne haben und deshalb eine entsprechende (Gesamt-)Wohnungseigentümergemeinschaft nicht bilden können, sind die demnach nicht von einer Versammlung der Wohnungseigentümer im Rechtssinne gefassten Beschlüsse über die Jahresabrechnung 2000 ( TOP 2) und den Wirtschaftsplan 2002 (TOP 3) wegen Verstoßes gegen §§ 28 Abs. 5, 23 Abs. 1, 20 WEG nichtig und - lediglich zum Zwecke der Klarstellung - aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Die Anordnung einer Kostenerstattung aus Billigkeitsgesichtspunkten ist nicht veranlasst.



Ende der Entscheidung

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