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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 3 Wx 249/02
Rechtsgebiete: WEG, BGB
Vorschriften:
WEG § 8 | |
WEG § 14 | |
WEG § 15 | |
BGB § 1004 |
2. Die hiernach zulässige gewerbliche Nutzung der Teileigentumseinheit erlaubt den Betrieb einer Zahnklinik, soweit sich nicht aus dem Charakter oder der baulichen Gestaltung der Wohnungseigentumsanlage Einschränkungen ergeben.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In dem Wohnungseigentumsverfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage K... in Düsseldorf,
Beteiligte:
pp...
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 01.07.2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Oberlandesgericht Dr. G..., des Richters am Oberlandesgericht von W... und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. L... am 19. März 2003
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1. tragen die Gerichtskosten der 3. Instanz und die dem Beteiligten zu 2. in diesem Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Wert - für alle drei Instanzen, ausgenommen das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - : 50.000 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind die Eigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnungseigentumsanlage. Diese besteht aus vierzig Miteigentumsanteilen. Elf Miteigentumsanteile sind verbunden mit Teileigentum, welches in § 2 der Teilungserklärung entweder als "Laden", "Bürogruppe" oder "Praxis" bezeichnet wird. Die übrigen Miteigentumsanteile sind mit dem Sondereigentum an Wohnräumen verbunden. Der Beteiligte zu 2. ist Eigentümer des Miteigentums Nr. 11, verbunden mit Teileigentum an der im 2. Obergeschoß gelegenen Bürogruppe I B links, wie es in der Teilungserklärung heißt. Der Miteigentumsanteil Nr. 8 ist in der Teilungserklärung bezeichnet als verbunden mit Teileigentum an der im 1. Obergeschoß gelegenen Praxis III B, bestehend aus Warteraum, 3 Behandlungsräumen, 1 Abstellraum, 1 Vorraum, 2 WC und 1 Waschraum. In Teil III "Wohnungseigentumsordnung und Verwaltung" heißt es unter § 5 "Gebrauchsregelung": "Die Wohnungen dürfen nur zu Wohnzwecken, nicht zu gewerblichen Zwecken benutzt werden. Ausnahmen bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters, der vorher die Zustimmung der unmittelbaren Anwohner einzuholen hat. Teileigentum ist für gewerbliche Nutzung vorgesehen". In § 21 "Grundbuchantrag" heißt es: "Ich/wir bewillige und beantrage die vorstehend unter §§ 4 - 19 getroffenen Bestimmungen gemäß § 10 Abs. 2 WEG .... als Inhalt des Sondereigentums sowie auch die Gebrauchsregelung gemäß § 15 WEG in das Grundbuch einzutragen."
In der Teileigentumseinheit des Beteiligten zu 2. betreibt dessen Sohn Dr. A... B... eine Zahnklinik. Die Beteiligten zu 1. erstreben, dass diese Nutzung unterbleibt. Sie berufen sich darauf, dass die Teileigentumseinheit in der Teilungserklärung als "Bürogruppe" bezeichnet sei. Außerdem gingen von dem Betrieb der Zahnklinik unzumutbare Belästigungen aus. Durch den Betrieb der medizinischen Geräte und die Bewegungen sowie das Laufen der Zahnärzte, Assistenten und Patienten entstünden erhebliche Geräusche, die durch den im 2. Obergeschoß verlegten Granitboden noch verstärkt würden. In den Räumen der Zahnklinik betriebene Geräte und sonstige Hilfsmittel seien durch tiefe Brummgeräusche von Elektromotoren und Kompressoren hörbar. Dies gelte auch für lautes Abrollen beim Verschieben von Stühlen und/oder Tischen. Das Einschalten von sowie das Arbeiten mit medizinischem Gerät, wie z. B. Turbinen, sei zu hören. Auch wenn die unmittelbar unterhalb einer Schallquelle gelegenen Räume der Büroflächen im 1. Obergeschoß am stärksten von der Geräuschentwicklung betroffen seien, werde der Tritt- und Körperschall in den übrigen Büroräumen ebenfalls als störend wahrgenommen. Im gesamten Treppenhaus des Objektes K... breite sich ein penetranter Geruch von Desinfektionsmitteln aus, der von der Zahnklinik ausgehe und bis in die obersten Etagen ziehe. Der Sondermüll aus dem Bereich der Zahnklinik werde nicht ordnungsgemäß entsorgt. Der vorhandene Müllcontainer reiche für die Abfallentsorgung nicht mehr aus. Störend sei auch der Umfang des Betriebs: Eine Zahnklinik sei naturgemäß darauf eingerichtet, Patienten rund um die Uhr zu betreuen.
Die Beteiligten zu 1. haben beantragt,
dem Beteiligten zu 2. aufzugeben, es zu unterlassen, die in dem Objekt K..., ..., im 2. Obergeschoß belegene Bürogruppe I B links, bestehend aus 8 Räumen, Teeküche, Aktenkammer, Damen- und Herren-WC, WC, Putzraum und Abstellraum, 840/10.000stel MEA groß, als Zahnarztpraxis und/oder Zahnklinik selbst oder durch einen Dritten zu nutzen bzw. nutzen zu lassen.
Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält die Nutzung seiner Teileigentumseinheit als im Einklang mit § 5 der Gemeinschaftsordnung stehend für zulässig. Er hat darauf verwiesen, dass über seiner Teileigentumseinheit keine Nutzung mehr stattfinde, da sie den oberen Abschluss des Gebäudeteils bilde. In dem Bereich bis einschließlich 2. Obergeschoß werde nur der Miteigentumsanteil von 152/10.000 zu Nr. 10, verbunden mit Sondereigentum an dem im 1. Obergeschoß gelegenen Appartement, bestehend aus Wohn- und Schlafraum mit Kochnische, Bad mit WC, Diele, Abstellraum, Loggia und Keller als Wohnung genutzt. Der Treppenhausaufgang vom Hauseingangsbereich reiche nur bis zum 2. Obergeschoß. Die Wohnbereiche seien über Treppen nur über den Fluchtweg zu erreichen. Die Zahnklinik werde nur montags bis freitags von 8:00 Uhr bzw. 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr betrieben, mittwochs nachmittags und an den Wochenenden nicht. Nur in Ausnahmefällen sei mit der Übernachtung von Patienten über das Wochenende zu rechnen. Es handele sich um eine Bestellpraxis, die nur Privatpatienten annehme und sich vorwiegend mit Implantologie befasse.
Die Beteiligten zu 1. sind bei Amts- und Landgericht erfolglos geblieben. Mit der sofortigen weiteren Beschwerde wiederholen und ergänzen sie ihr früheres Vorbringen; insbesondere vertreten sie die Auffassung, die streitgegenständlichen Räume dürften gemäß der Teilungserklärung nur als Büroräume genutzt werden.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, § 27 FGG.
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Den Beteiligten zu 1. stehe ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 BGB, 14 Nr. 1, 15 Abs. 3 WEG nicht zu. Dass die Teileigentumseinheit des Beteiligten zu 2. in der Teilungserklärung als Bürogruppe bezeichnet sei, bedeute nicht eine Beschränkung auf die Nutzung als Büro. Zu beachten sei, dass die Gebrauchsregelung des § 5 der Gemeinschaftsordnung einschränkungslos besage: "Teileigentum ist für gewerbliche Nutzung vorgesehen. "In einem solchen Fall spreche eine allgemeine Vermutung dafür, dass Gebrauchsregelungen in der Gemeinschaftsordnung enthalten sind und Funktionsbezeichnungen für Räume des Teileigentums in der Teilungserklärung eher der Abgrenzung zum Wohnungseigentum als einer Festlegung des Verwendungszwecks dienten. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als in der Teilungserklärung das Teileigentum zu Nr. 8 als "Praxis" mit Warteraum, 3 Behandlungsräumen, 2 WC und einem Waschraum bezeichnet sei. Dem Begriff "Praxis" unterfalle auch die Zahnarztpraxis. Die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft hätten also aufgrund des Wortlautes der Teilungserklärung damit rechnen müssen, dass in der Eigentumsanlage im 1. Obergeschoß eine Zahnarztpraxis mit entsprechendem Heizungsbedarf, Wasserverbrauch, Publikumsverkehr, Benutzung des Fahrstuhls, Geruchs- und Geräuschentwicklung und Anfall von Sondermüll betrieben werde. Dass vorliegend übermäßige und unzumutbare Beeinträchtigungen den Betrieb der Zahnklinik nicht zuließen, könne nicht gesagt werden. Der Beteiligte zu 2. könne verpflichtet werden, übermäßige und unzumutbare Beeinträchtigungen zu verringern. Eine zeitliche Begrenzung des Betriebes der Zahnklinik sei nicht geboten. Auch bei einem Bürobetrieb, wie er in § 2 der Teilungserklärung durch die Bezeichnung "Bürogruppe" angesprochen sei, sei es nicht unüblich, dass vor 8:30 Uhr und nach 18:30 Uhr sowie an Wochenenden gearbeitet werde; damit hätten die übrigen Wohnungseigentümer also rechnen müssen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Vorliegend besteht zwischen der Bezeichnung des Teileigentums in § 2 der Teilungserklärung - "Bürogruppe" - und der Regelung in § 5 der Teilungserklärung - "Teileigentum ist für gewerbliche Nutzung vorgesehen" - ein Widerspruch. Dabei gehört § 2 zur Teilungserklärung im engeren Sinne, zur sogenannten sachenrechtlichen Teilungserklärung, während § 5, der die Überschrift "Gebrauchsregelung" trägt, sich innerhalb der schuldrechtlichen Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung befindet. Die vorliegende Teilungserklärung unterscheidet deutlich zwischen dem sachenrechtlichen und dem schuldrechtlichen Teil, da letzterer mit "Teil III Wohnungseigentumsordnung und Verwaltung" überschrieben ist. Bei einem solchen Widerspruch geht grundsätzlich die Regelung in der Gemeinschaftsordnung vor. Das ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. nur BayObLG WuM 88, 407; Hamm OLGZ 90, 34; BayObLG ZMR 98, 184).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer folgt aus § 21 der Teilungserklärung nichts Gegenteiliges. Der dort formulierte Eintragungsantrag bezieht sich ausdrücklich auf die Gebrauchsregelung. In der Teilungserklärung selbst ist als Gebrauchsregelung die Bestimmung des § 5 bezeichnet. Für die Auslegung von Bestimmungen, die durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht sind, gilt der allgemeine Grundsatz, dass es auf Wortlaut und Sinn ankommt, wie sie sich für den unbefangenen Betrachter als nächstlegende Bedeutung der Erklärung ergeben. Nach diesem Grundsatz ist § 21 als Bezugnahme auf § 5 der Teilungserklärung zu verstehen. Dementsprechend ist auch die Grundbucheintragung erfolgt: Dort ist nach der Beschreibung des Teileigentums ("... Bürogruppe") und nach dem Vermerk, dass das Miteigentum durch die Einräumung der zu den anderen Miteigentumsanteilen eingetragenen Sondereigentumsrechte beschränkt sei, der Satz eingetragen: "Es besteht eine Gebrauchsregelung". Dieser Satz wäre überflüssig, wenn, wie die Beschwerdeführer meinen, bereits das Wort Bürogruppe die Gebrauchsregelung enthielte.
Die Worte "gewerbliche Nutzung" stellen auf einen umfassenden Zweck ab. Sie sind - nach der vorstehend erwähnten Auslegungsregel in dem Sinne zu verstehen, dass grundsätzlich jede gesetzlich zulässige gewerbliche Nutzung der Teileigentumseinheit gestattet ist (vgl. nur BayObLG NJW-RR 94, 1038; ZMR 98, 184; NZM 00, 871; Palandt-Bassenge, 61. Aufl., § 15 WEG, Rdnr. 13). Eine Beschränkung könnte sich allenfalls aus dem Charakter oder der baulichen Gestaltung der Anlage ergeben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Charakter der Wohnungseigentumsanlage ist der eines Wohn- und Geschäftshauses (vgl. auch Bl. 196 GA), wie durch § 2 der Teilungserklärung deutlich wird. Dementsprechend befinden sich in dem Gebäudekomplex außer den Wohnungen unter anderem zwei Restaurants, ein Steuerberatungsbüro, die Sparkasse und ein Möbelgeschäft. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Wohnungseigentümer im Hinblick auf das Teileigentum Nr. 8 ("Praxis") mit einem solchen Betrieb, wie er nunmehr im Teileigentum des Beteiligten zu 2. geführt wird, rechnen mussten. Zwischen einer Zahnarztpraxis und einer Zahnklinik, jedenfalls in dem Umfang wie sie im Teileigentum des Beteiligten zu 2. betrieben wird - bestehen keine signifikanten Unterschiede, nachdem, wie die Beteiligten zu 1. selbst im Schriftsatz vom 25.07.01 vorgetragen haben, in Düsseldorf nicht wenige Zahnärzte, ohne als Zahnklinik zu firmieren, ihren Patienten ungewöhnliche Behandlungsstunden anbieten, beispielsweise montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 24:00 Uhr sowie samstags und sonntags von 9:00 Uhr bis 19:00 Uhr und weitere Termine nach Vereinbarung.
Die übrigen Miteigentümer mussten daher von vornherein auch mit Beeinträchtigungen rechnen, die typischerweise von einem zahnärztlichen Betrieb ausgehen, wie z. B. der Geruch nach Desinfektionsmitteln.
Auch aus der baulichen Gestaltung der Wohnungseigentumsanlage folgt nicht, dass die gewerbliche Nutzung einzuschränken sei. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der untere Baukörper drei Etagen hat, die als "Laden", "Büro" und "Praxis" gewerblich genutzt werden können und auch so genutzt werden, während sich in der Mitte des Objekts ein siebengeschossiger Wohnturm befindet. In diesem Wohnturm benutzen die Eigentümer der Wohnungen, die über dem 2. Obergeschoß liegen, den Fahrstuhl, um in ihre Wohnungen zu gelangen, da diese Bereiche über Treppen nur über den Fluchtweg zu erreichen sind. Der Treppenhausaufgang vom Hauseingangsbereich reicht nur bis zum 2. Obergeschoß, wo sich das Teileigentum des Beteiligten zu 2. befindet. Es besteht mithin eine gewisse räumliche Trennung zwischen den Wohn- und Gewerbeeinheiten, die die Wahrnehmung von Immissionen für die Wohnungsinhaber mindert.
Was die von den Beteiligten zu 1. im Übrigen beklagten baulichen Veränderungen betrifft, die der Beteiligte zu 2. vorgenommen haben soll, so sind diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 S. 1 und 2 WEG. Die Anordnung der Kostenerstattung entspricht billigem Ermessen, da die Beteiligten zu 1. aufgrund der überzeugend begründeten Entscheidung des Landgerichts von der Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels hätten überzeugt sein können. Den Geschäftswert hat der Senat gemäß § 48 Abs. 3 WEG nach dem Interesse aller Beteiligten festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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