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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 30.10.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 276/00
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 5 Abs. 1
BGB § 94 Abs. 2
Eine Abwasserhebeanlage, die sich im gemeinschaftseigenen Heizungskeller befindet, aber lediglich der Abwasserentsorgung einer einzelnen Eigentumswohnung dient, gehört als Gebäudebestandteil gemäß § 5 Abs. 1 WEG zu den Sondereigentumsräumen, deren Abwässer sie entsorgt, und ist damit Gegenstand des Sondereigentums.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 276/00 25 T 144/00 LG Düsseldorf 291 II 174/99 WEG AG Düsseldorf

In dem Wohnungseigentumsverfahren

betreffend die Wohnungseigentumsanlage 40489 Düsseldorf,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluß der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 04.07.2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Krautter am 30.10.2000

beschlossen:

Tenor:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß der Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb, der Unterhaltung, der Reparatur und Erneuerung der zur Entwässerung der Souterrain-Wohnung dienenden Abwasser-/Fäkalien-Hebeanlage verbunden sind, allein zu tragen.

Der Beteiligte zu 2. wird verpflichtet, bei der Kostenabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1999 einer Kostenverteilung dahin zuzustimmen, daß die Kosten für die Erneuerung der Hebeanlage gemäß Rechnung der Firma M vom 19.11.1998 in Höhe von 7.308,27 DM allein dem Anteil des Beteiligten: zu 2. zuzuordnen sind.

Der Beteiligte zu 2. trägt die Gerichtskosten der drei Instanzen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Wert: 8.654,14 DM.

Gründe:

I.

Die Wohnungseigentumsanlage in Düsseldorf besteht aus zwei Wohneinheiten. Der Beteiligte zu 1., ist Eigentümer der Wohnung Nr. 2, gelegen im ersten Obergeschoß und Dachgeschoß des Hauses. Der Beteiligte zu 2. ist Eigentümer der Wohnung Nr. 1, gelegen im Erdgeschoß und im Kellergeschoß des Hauses.

Im Jahre 1998 war die Erneuerung einer Hebeanlage zur Abwasserbeseitigung im Keller des Hauses erforderlich. Diese Hebeanlage, die sich im gemeinsamen Heizungskeller befindet, transportiert allein die Abwässer aus dem Kellergeschoßbereich des Sondereigentums des Beteiligten zu 2. zu der höher gelegenen Abwasserleitung, die zum Kanal führt. Die übrigen Abwässer des Hauses werden mit leichtem Gefälle zu einer Fallleitung geführt, die am Ende in die zum Kanal führende Abwasserleitung ebenso einmündet, wie die mit der Hebeanlage versehene Abwasserleitung aus dem Kellergeschoß. Wegen der genauen Leitungsführung wird auf die auf Bl. 18 GA befindliche "Betriebsanleitung Jung Pumpen" Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 1. ist nicht damit einverstanden, daß die Kosten der Erneuerung der Hebeanlage in Höhe von 7.308,27 DM, wie geschehen, vom Hausgeldkonto beglichen wurden. Er ist der Auffassung, im Hinblick auf die Bestimmung der Teilungserklärung gehöre die Hebeanlage allein zum Sondereigentum des Beteiligten zu 2.

Die Teilungserklärung bestimmt in § 3 Ziffer 2:

"Gegenstand des Sondereigentums sind die in § 2 dieser Teilungserklärung bezeichneten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 WEG zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. In Ergänzung dieser Bestimmung wird festgelegt, daß zum Sondereigentum gehören: ...

h) die Entwässerungsleitungen bis zur Anschlußstelle an die gemeinsame Falleitung..."

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Hebeanlage Sondereigentum des Beteiligten zu 2. ist oder Gemeinschaftseigentum.

Das Amtsgericht hat die Auffassung vertreten, es handele sich um Sondereigentum und hat dementsprechend auf Antrag des Beteiligten zu 1. festgestellt,

daß der Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb, der Unterhaltung, der Reparatur und Erneuerung der zur Entwässerung der Souterrain-Wohnung dienenden Abwasser/Fäkalien-Hebeanlage verbunden sind, allein zu tragen,

sowie

den Beteiligten zu 2. verpflichtet, bei der Kostenabrechnung für das Wirtschaftsjahr 1999 einer Kostenverteilung dahin zuzustimmen, daß die Kosten für die Erneuerung der Hebeanlage gemäß Rechnung der Firma M vom 19.11.1998 in Höhe von 7.308,27 DM allein dem Anteil des Antragsgegners zuzuordnen sind.

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. hat das Landgericht diesen Beschluß aufgehoben und die Anträge des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1. sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Im einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).

Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Bei der Hebeanlage handele es sich nicht um Sondereigentum des Beteiligten zu 2. Die Teilungserklärung treffe zu dieser Frage keine eindeutige Aussage, weshalb durch Auslegung zu ermitteln sei, ob die Hebeanlage wie ein Teil der gemeinsamen Fallleitung zu werten sei oder eher als Teil der Entwässerungsleitung, die nur der einzelnen Wohnung diene. Die Auslegung ergebe, daß die Hebeanlage eher der gemeinsamen Fallleitung zuzuordnen sei. Für den Bereich des Kellergeschosses gebe es zwar keine Fallleitung im wörtlichen Sinne, sondern eine Steigleitung, welche als Gegenstück zur Falleitung zu betrachten sei. Sie erfülle dieselbe Funktion wie die Fallleitung und sei dieser deshalb vergleichbar. Da zum Betrieb der Steigleitung anders als zum Betrieb der Fallleitung die Zwischenschaltung einer Hebeanlage erforderlich sei, werde deutlich, daß die Pumpe Teil der Steigleitung als Gegenstück zur Fallleitung sei und somit letztlich dem Bereich des Gemeinschaftseigentums zugerechnet werden müsse.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Hebeanlage ist dem Sondereigentum des Beteiligten zu 2. zuzuordnen mit der Folge seiner Instandhaltungs- und Kostenlast (§ 14 Nr. 1 WEG).

Zunächst ist festzustellen, daß die Hebeanlage nicht zwingend gemeinschaftliches Eigentum darstellt, ebenso wenig wie die anschließende Steigleitung, auch wenn sie sich im gemeinsamen Heizungskeller befinden. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 WEG liegen nicht vor. Die Entsorgungsanlage ist weder ein für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlicher Gebäudeteil, noch dient sie dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer. Sie hat vielmehr die ausschließliche Funktion, die zum Sondereigentum des Beteiligen zu 2. gehörenden Kellerräume zu entsorgen. Daß die Hebeanlage allenfalls mittelbar auch dem Schutz des Gebäudes vor einer Überschwemmung mit Abwasser dient, reicht nicht aus, um sie zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen (BayObLG ZMR 92, 67).

Die Entsorgungsanlage für das Kellergeschoß, also die Hebeanlage und die Steigleitung, an die sie angeschlossen ist, zählt bis zum Anschluß an die gemeinsame, zum Kanal führende Abwasserleitung zu den Sondereigentumsbestandteilen nach § 5 Abs. 1 WEG (vgl. dazu BayObLG WE 89, 147; Staudinger/Rapp 12. Aufl., § 5. WEG Rdnr. 25; Weitnauer, WEG 8. Aufl., § 5 Rdnr. 25). § 5 Abs. 1 WEG erfaßt die zu den Sondereigentumsräumen gehörenden wesentlichen Gebäudebestandteile, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch gemeinschaftliches Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Solche Gebäudebestandteile sind nach § 94 Abs. 2 BGB auch Sachen, die zur Herstellung des Gebäudes eingefügt sind. Das sind all diejenigen Teile, ohne die das Gebäude nach der Verkehrsanschauung noch nicht fertiggestellt ist; auf den Zeitpunkt der Einfügung kommt es nicht an, und eine feste Verbindung ist unnötig (Palandt/Heinrichs 59. Aufl., § 94 BGB Rdnr. 6; Niedenführ/Schulze, WEG 5. Aufl., § 5 Rdnr. 11). Diese Voraussetzungen erfüllt die Entsorgungsanlage des Kellergeschosses, das ausweislich der Teilungserklärung mit Dusche/WC versehen ist. Die Anlage kann auch ohne übermäßige Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums oder eines anderen Sondereigentums verändert, beseitigt oder eingefügt werden und hat keinen Einfluß auf die äußere Gestaltung des Gebäudes. Schließlich ist auch das weitere Erfordernis des § 5 Abs. 1 WEG gegeben:

Die Entsorgungsanlage gehört zu Räumen eines Sondereigentums. Diese Zugehörigkeit ist einerseits dann zu bejahen, wenn sich der Gebäudebestandteil innerhalb des Sondereigentumsraumes befindet (wie hier nicht). Andererseits kann sich die Zugehörigkeit zu einem Sondereigentum auch daraus ergeben, daß sich der Bestandteil außerhalb des betreffenden Sondereigentumsraumes befindet, mit diesem aber in einem funktionalen, dienenden Zusammenhang steht (Staudinger/Rapp a.a.O. Rdnr. 22; Landgericht Frankfurt am Main NJW-RR 89, 1166; Weitnauer a.a.O.). Das ist vorliegend der Fall.

Die Teilungserklärung gibt in § 3 Ziffer 2 Satz 1 den Gesetzestext des § 5 Abs. 1 WEG wieder. Sie steht damit der Zuordnung der Hebeanlage zum Sondereigentum des Beteiligten zu 2. nicht entgegen. Daß in dem lediglich ergänzenden Katalog des § 3 Ziffer 2 Satz 2 die Entwässerungsleitungen, die nicht an die gemeinsame Fallleitung angeschlossen sind, nicht erwähnt werden, ist demnach unschädlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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