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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.12.2000
Aktenzeichen: 3 Wx 400/00
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 1004 I | |
WEG § 14 Nr. 1 | |
WEG § 15 III | |
WEG § 22 I |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
3 Wx 400/00 25 T 557/00 LG Düsseldorf 291 II 70/99 WEG AG Düsseldorf
In dem Wohnungseigentumsverfahren
betreffend die Wohnungseigentumsanlage 40477 Düsseldorf,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Oktober 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Gottschalg, der Richterin am Oberlandesgericht Schaefer-Lang und des Richters am Oberlandesgericht von Wnuck-Lipinski am 6. Dezember 2000
beschlossen:
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2. trägt die Gerichtskosten des dritten Rechtszuges und hat die den Beteiligten zu 1. in dieser Instanz notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die vom Amtsgericht angeordnete Erstattung der erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. entfällt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten sind Mitglieder der eingangs näher bezeichneten Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Beteiligte zu 2. ist Sondereigentümerin einer Dachgeschosswohnung im 7. Obergeschoss des Gebäudes.
Im Grundbuch von Derendorf Blatt ist die "V-gesellschaft mbH, Düsseldorf" als Eigentümerin eingetragen. Im Handelsregister wurde unter dem 16. Januar 1995 Herr Dr. V als Geschäftsführer eingetragen. Gemäß Eintragung im Handelsregister vom 2. Februar 1998 (HRB Düsseldorf) hat diese Firma ihren Sitz nach Saarbrücken verlegt und firmiert unter HRB Saarbrücken als "D GmbH". Im Handelsregister in Saarbrücken wurde am 20. Januar 1998 Dr. V als Geschäftsführer eingetragen. Am 31. August 1998 erfolgte die Eintragung, dass Dr. V nicht mehr Geschäftsführer ist. Als neuer Geschäftsführer wurde N eingetragen.
Mieterin der im Sondereigentum der Beteiligten zu 2. stehenden Dachgeschosswohnung ist die Firma V GmbH, deren Geschäftsführer Dr. V ist.
Auf Rechnung der Firma V Gesellschaft mbH wurden im März 1998 ohne Zustimmung des Verwalters und der übrigen Wohnungseigentümer für 5.800,24 DM zwei Dachfenster in der angemieteten Dachgeschosswohnung eingebaut (Bl. 95, 96 GA). Zu diesem Zweck mussten die innenseitige Deckenverkleidung entfernt, die alte Ziegeldeckung und Lattung auf der Dachfläche abgenommen, die Unterspannbahnen aus Folie oder Bitumenbahnen am Steildach abgenommen, die Dachstuhlöffnung für Wohnraumdachfenster mit einer Fenstergröße von 114 cm x 140 cm ausgeschnitten, die Wechsel- und Füllhölzer zugeschnitten und eingebaut werden. Die Velux-Wohnraumfenster wurden dann auf Velux-Eindeckrahmen eingebaut sowie die Dachflächenfenster allseitig mit einer Folien-Unterspannbahn eingedeckt und die Dachziegeleindeckung senkrecht beigeschnitten.
In der Teilungserklärung Teil II § 5 heißt es unter anderem:
"4.
Bauliche Änderungen an und in der Wohnung (Um-, An- und Einbauten), soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum berührt wird, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verwalters....
Bei Beseitigung baulicher Änderungen hat der Wohnungseigentümer auf seine Kosten den alten Zustand wieder herzustellen.
5.
Erteilt der Verwalter die nach den vorstehenden Absätzen erforderliche Zustimmung nicht, so kann ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 25 WEG herbeigeführt werden.
In der Eigentümerversammlung vom 1. April 1998 (Protokoll Bl. 11 - 16 GA) wurde unter TOP 13 über folgende Beschlussvorlagen abgestimmt:
"1.
Der Einbau von Dachflächenfenstern sowie sonstige bauliche Änderungen in der Wohnung Dr. V werden genehmigt.
Der Beschluss wurde einstimmig abgelehnt.
2.
Herr Dr. V wird aufgefordert, innerhalb angemessener Frist den Einbau der Dachflächenfenster auf eigene Kosten rückgängig zu machen und den ursprünglichen zustand wieder herzustellen. Sollte Herr Dr. V der Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, wird die Verwaltung ermächtigt, unter Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf dem Rechtswege geltend zu machen.
Dieser Beschluss wurde einstimmig gefasst."
Die Beteiligten zu 1. haben geltend gemacht, der Einbau der zwei Dachflächenfenster stelle eine unzulässige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, und beantragt, die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, die zwei Dachflächenfenster links und rechts im vorgezogenen Erker der straßenseitigen Dachfläche des Hauses in 40477 Düsseldorf zu entfernen und das Dach entsprechend der angrenzenden Dachfläche neu einzudecken,
hilfsweise, die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, es zu dulden, dass die Beteiligten zu 1. auf Kosten der Beteiligten zu 2. die zwei Dachflächenfenster rechts und links im vorgezogenen Erker der straßenseitigen Dachfläche des Hauses in 40477 Düsseldorf entfernen und das Dach entsprechend der angrenzenden Dachfläche neu eindecken.
Die Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, ein unzulässiger Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum liege nicht vor. Zudem werde durch den Einbau der Dachfenster kein Miteigentümer benachteiligt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 25. April 2000 dem Hauptantrag stattgegeben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2., mit der sie ergänzend vorgebracht hat, sie könne lediglich Zustandsstörerin sein, ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.
Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 4. Oktober 2000 - zugestellt am 12. Oktober 2000 - hat die Beteiligte zu 2. durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten am 26. Oktober 2000 sofortige weitere Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf ihren bisherigen Sachvortrag bezogen.
Die Beteiligten zu 1. sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten.
Im einzelnen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 43, 45 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts hält der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 2. gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG zur Beseitigung der im März 1998 eingebauten zwei Dachflächenfenster unter Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verpflichtet ist. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei der Öffnung der bisher geschlossenen Dachfläche und dem Neueinbau der zwei bezeichneten Dachfenster um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG handelt. Da das Dach gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehört, bedurfte der Einbau der Dachflächenfenster nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG grundsätzlich der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer und darüber hinaus nach § 5 Nr. 4 der Teilungserklärung der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Da im vorliegenden Falle weder die Zustimmung des Verwalters noch die der übrigen Eigentümer vorliegt, ist die vorgenommene bauliche Veränderung als eine rechtswidrige Eigentumsstörung zu beseitigen.
Die Beteiligten zu 1. wären nur dann zur Duldung der Baumaßnahme gemäß § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet, wenn ihre Rechte durch die bauliche Veränderung nicht über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Landgericht hat hierzu mit Recht darauf abgestellt, dass die Erhöhung der Wartungs- und Reparaturanfälligkeit des Daches im Bereich der neueingebauten Fenster einen nicht unerheblichen Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG darstellt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und ist gerichtsbekannt, dass die Gefahr von Undichtigkeiten und entsprechender Feuchtigkeitseinwirkung im Bereich von Randanschlüssen an Dachfenster und Kamine größer ist als im Bereich von geschlossenen Dachflächen. Diese erhöhte Reparaturanfälligkeit des Daches mit der damit verbundenen Kostenlast müssen die übrigen Wohnungseigentümer nicht hinnehmen.
Die Beteiligte zu 2. ist als (mittelbare) Handlungsstörerin zur Störungsbeseitigung und nicht nur zur Duldung der Entfernung der beiden Dachflächenfenster verpflichtet. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt:
"Aufgrund des unstreitigen Vortrags beider Beteiligten ist die Beteiligte zu 2. Sondereigentümerin der im siebten Obergeschoss gelegenen Dachgeschosswohnung. Die Beteiligte zu 2. als Vermieterin an die die Umbauarbeiten vornehmende V Vermögens- und Anlageberatungsgesellschaft mbH ist Handlungsstörer in Bezug auf bauliche Veränderungen ihrer Mieterin, da sie ihr diese gestattet hat und nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sie beseitigen kann (BayObLG ZMR 1996, 623; Staudinger/Bub, 12. Auflage, § 22 WEG Rdnr. 231).
Insofern ist erheblich, das zum Zeitpunkt der Vornahme der baulichen Veränderung Dr. V sowohl als Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. im Handelsregister eingetragen war als auch Geschäftsführer der Mieterin gewesen ist. Aufgrund dieser Identität der Personen der Geschäftsführer der beteiligten Gesellschaften hat die Vermieterin der Mieterin die Vornahme der baulichen Veränderung gestattet und kann auch diese beseitigen. Aufgrund der personellen Verknüpfung bei der Firmen hätte die Beteiligte zu 2. ansonsten substantiiert vortragen müssen, aus welchen Gründen sie die Beseitigung der eingebauten Dachfenster und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nicht durchführen kann."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Entgegen der Ansicht von M (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Auflage § 22 Rdnr. 240) ist der vermietende Wohnungseigentümer, der seinem Mieter eigenmächtig bauliche Veränderungen gestattet, nicht nur Zustandsstörer in dem Sinne, dass ein anderweitig geschaffener eigentumsbeeinträchtigender Zustand aufrecht erhalten wird. Da die störende Handlung mit Einverständnis der Beteiligten zu 2. als Eigentümerin und Vermieterin vorgenommen worden ist und von ihr hätte verhindert werden können, erscheint es gerechtfertigt, die Beteiligte zu 2. als (mittelbare) Handlungsstörerin auf Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung in Anspruch zu nehmen.
Das Landgericht hat mit Recht abschließend darauf hingewiesen, dass der von dem Amtsgericht gewählte Tenor in Verbindung mit den Entscheidungsgründen keinen Zweifel daran lässt, dass die Beteiligte zu 2. zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bezüglich der veränderten Dachflächen verpflichtet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Im Hinblick auf die übereinstimmenden und überzeugend begründeten Entscheidungen der Vorinstanzen und mit Rücksicht darauf, dass mit der weiteren Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht worden sind, entspricht es der Billigkeit, dass die Beteiligte zu 2. nicht nur die Gerichtskosten des dritten Rechtszuges trägt, sondern auch die den Beteiligten zu 1 in dieser Instanz notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Für die Vorinstanzen bleibt es dagegen bei dem Grundsatz, dass in Wohnungseigentumssachen jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die vom Amtsgericht angeordnete Erstattung außergerichtlicher Kosten erster Instanz kann daher keinen Bestand haben.
Beschwerdewert: 10.000,00 DM.
Ende der Entscheidung
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