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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: 3 Wx 41/01
Rechtsgebiete: GmbHG, HGB


Vorschriften:

GmbHG § 66 Abs. 3
GmbHG § 71 Abs. 1 u. 2
HGB § 238
HGB § 239
HGB § 264 Abs. 1 S. 3
1.

Die Vornahme von Nachbuchungen und die Berichtigung festgestellter Buchungsfehler erst im Rahmen des Jahresabschlusses rechtfertigen die Abberufung eines Liquidators wegen Pflichtverletzungen oder Unfähigkeit zur ordentlichen Geschäftsführung nicht.

2.

Eine grobe Pflichtverletzung liegt nicht schon vor, wenn der Liquidator einer "kleinen" GmbH von der Erstellung eines erläuternden Berichts zur Eröffnungsbilanz und eines Lageberichts abgesehen hat.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

3 Wx 41/01

In der Handelsregistersache

betreffend die A... GmbH in Liquidation

(hier: Abberufung des Liquidators)

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 3) bis 6) unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. G... und der Richter am Oberlandesgericht von W... und Dr. S... am 19. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des 3. Rechtzuges tragen die Beteiligte zu 1) zu 5/6, die Beteiligten zu 3) bis 6) gesamtschuldnerisch zu 1/6.

Die Beteiligte zu 1) hat den Beteiligten zu 3) bis 6) 5/6 der ihnen im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Beteiligten zu 3) bis 6) haben der Beteiligten zu 1) 1/6 ihrer außergerichtlichen Kosten im dritten Rechtszug zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes 12.000,00 DM (davon entfallen 10.000,00 DM auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1), 5) und 6) sind die Gesellschafter der betroffenen Gesellschaft. Sie haben mit Beschluss vom 06.02.1996 die Gesellschaft aufgelöst und den Beteiligten zu 4) zum alleinigen Liquidator bestellt.

Auf Antrag der Beteiligten zu 1) vom 18.11.1997 hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 06.02.1998 den Beteiligten zu 4) als Liquidator abberufen und den Steuerberater R... zum Abwickler bestellt.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 6) hat das Landgericht - nach Aufhebung seines das Rechtsmittel zunächst zurückweisenden Beschlusses und Zurückverweisung der Sache durch den Senat - den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 18.11.1997 zurückgewiesen. Wegen des weiteren Sachverhaltes bis zur Entscheidung des Landgerichts wird auf den Beschluss des Senats vom 22.07.1998 und die Entscheidung des Landgerichts verwiesen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts haben die Beteiligten zu 3) bis 6) sofortige weitere Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses die ihnen entstandenen Verfahrenskosten der Beteiligten zu 1) aufzuerlegen.

Die Beteiligte zu 1) begehrt mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde die Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und die Zurückweisung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3) bis 6).

Die Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, entgegen der Ansicht des Landgerichts lägen wichtige Gründe vor, den Beteiligten zu 4) als Liquidator abzuberufen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen R... sei davon auszugehen, daß der durch Gesellschafterbeschluss bestellte Liquidator seinen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei und deshalb als Liquidator nicht in Betracht komme.

Die Beteiligten zu 3) bis 6) sind dem Rechtsmittel entgegen getreten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die sofortigen weiteren Beschwerden sind zulässig (§§ 146 Abs. 1 und 2, 148 Abs. 1, 22, 27, 29 FGG, § 66 Abs. 2 und 3 GmbHG), in der Sache aber nicht begründet, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§ 27 FGG).

1.

Wegen der Zulässigkeit der Erstbeschwerde nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen im Beschluss vom 22.07.1998.

2.

In der Sache hat das Landgericht ausgeführt, ein wichtiger Grund, der die Abberufung des Beteiligten zu 4) rechtfertigen würde, liege nicht vor. Pflichtverletzungen oder eine Unfähigkeit zur ordentlichen Geschäftsführung seien nicht festgestellt worden. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen sei die Buchführung insgesamt noch als ordnungsgemäß anzusehen, auch wenn ihre Überprüfung in Bezug auf einzelne Geschäftsvorfälle wegen der Art der vorgenommenen Buchungen erschwert werde. Ob Unstimmigkeiten in den Summen-/Saldenlisten vorlägen, könne dahin stehen, da es sich insoweit nur um "Hilfsmittel" für die Tätigkeit des Liquidators gehandelt habe und nach den Feststellungen des Sachverständigen die Saldenvorträge - jedenfalls am Jahresende - zutreffend gebucht worden seien. Schließlich sei auch eine Bevorzugung des Beteiligten zu 6) durch den Beteiligten zu 4) als Liquidator nicht festzustellen wie die Überprüfung durch den Sachverständigen ergeben habe.

3.

Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Frage einer groben Pflichtverletzung des Beteiligten zu 4) seine gesamte Geschäftsführung maßgebend ist und seine Abberufung zu erfolgen hat, wenn eine ordnungsgemäße Liquidation nicht gegeben ist, weil die Führung der Abwicklung unter Außerachtlassung zwingender gesetzlicher Vorschriften erfolgt. Daß das Landgericht die Voraussetzungen für eine Abberufung verneint hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a)

Soweit das Landgericht - gestützt auf die Feststellungen und Ausführungen des Sachverständigen R... - die Buchführung des Beteiligten zu 4) als "noch ordnungsgemäß" angesehen hat, liegt ein Rechtsfehler nicht vor. Gemäß §§ 238, 239 HGB muß eine Buchführung so beschaffen sein, daß sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Frist einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 238 Abs. 1 Satz 2). Die Eintragungen in Bücher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden (§ 239 Abs. 2).

Der sofortigen weiteren Beschwerde ist zuzugeben, daß die Buchführung des Beteiligten zu 4) diesen Anforderungen z.T. nicht gerecht geworden ist. Die vom Sachverständigen R... vorgenommene Überprüfung hat insoweit ergeben, daß die Aufzeichnung in den Büchern nicht immer zeitnah erfolgte, sondern zum Teil Nachbuchungen (im Dezember 1996 aus Februar 1996) vorgenommen wurden und die einzelnen Geschäftsvorfälle nur mit erheblichem Zeitaufwand nachvollzogen werden können, weil der Beteiligte zu 4) in erheblichem Umfang mit Sammelbuchungen gearbeitet hat. Diese "Mängel" nötigen aber nicht dazu, die Buchführung des Beteiligten zu 4) insgesamt als nicht mehr ordnungsgemäß zu verwerfen. Der Sachverständige hat insoweit überzeugend dargelegt, daß Sammelbuchungen in der Praxis häufig vorgenommen werden, was zwar dazu führt, daß die einzelnen Geschäftsvorfälle nur schwieriger nachvollziehbar sind, ein Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens einen unverhältnismäßig hohen Zeitaufwand aber nur erfordert, wenn die Buchungsjournale fehlen, d. h. bei Vorliegen dieser Journale ein Überblick über die Lage des Unternehmens in angemessener Zeit möglich ist.

Eine Buchführung wird auch nicht schon deshalb als nicht mehr ordnungsgemäß anzusehen sein, wenn "Buchungsfehler" erst später festgestellt und berichtigt werden. Der Sachverständige hat insoweit angegeben, daß in der Praxis Buchungsfehler häufig vorkommen und erst im Rahmen des Jahresabschlusses festgestellt und korrigiert werden.

b)

Auch eine grobe Verletzung der sich aus § 71 Abs. 1 und 2 GmbHG ergebenden Pflichten des Beteiligten zu 4) als Liquidator hat das Landgericht rechtsfehlerfrei verneint.

Nach § 71 GmbHG muß ein Liquidator eine Liquidations-Eröffnungsbilanz mit einem diese Bilanz erläuternden Bericht sowie für den Schluß eines jeden Jahres einen Jahresabschluß und einen Lagebericht aufstellen.

Es steht fest, daß der Beteiligte zu 4) eine Eröffnungsbilanz zum 07.02.1996 und einen Jahresabschluß zum 31.12.1997 aufgestellt, einen erläuternden Bericht zum 07.02.1996 und einen Lagebericht zum 31.12.1997 aber nicht vorgelegt hat.

Soweit der Beteiligte zu 4) unter Hinweis auf die von ihm vorgelegte Anlage 3 zum Schriftsatz vom 04.05.1999 vorgebracht hat, der erläuternde Bericht zur Eröffnungsbilanz habe vorgelegen, hat der Sachverständige R..., in seinem Ergänzungsgutachten vom 29.05.00 bereits zu Recht darauf hingewiesen, daß es sich dabei um den Anhang zum Jahresabschluß vom 06.02.1996, nicht aber um den erläuternden Bericht zur Eröffnungsbilanz vom 07.02.1996 handelt.

Ob mit Rücksicht auf den zwischen Jahresabschluß vom 06.02.1996 und Eröffnungsbilanz vom 07.02.1996 nur kurzen Zeitabstand und darauf, daß ein erläuternder Bericht zur Eröffnungsbilanz möglicherweise weitgehend identische Erläuterungen wie ein Lagebericht zum Abschluß per 06.02.1996 gehabt hätte, auf den erläuternden Bericht "verzichtet" werden konnte oder die Bestimmung des § 71 Abs. 1 GmbHG insoweit strikt einzuhalten ist, kann dahin stehen. Das Fehlen des erläuternden Berichtes und des Lageberichtes zum Jahresabschluß per 31.12.1997 stellt nämlich jedenfalls keine grobe Pflichtverletzung des Beteiligten zu 4) dar, weil § 71 Abs. 2 Satz 2 GmbH auf die Vorschrift des § 264 HGB über die Pflicht zur Aufstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts verweist und nach Abs. 1 Satz 3 dieser Bestimmung kleinere Kapitalgesellschaften - um eine solche handelt es sich hier - den Lagebericht nicht aufzustellen brauchen. Ob diese Beschränkung nach § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB auch auf die Liquidatoren einer GmbH gem. § 71 GmbHG übertragen werden kann, mag dahin stehen (die Fassung des § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB enthält jedenfalls keinen Hinweis darauf, daß § 71 Abs. 1 GmbHG unberührt bleiben soll). Es stellt sich jedenfalls nicht als grobe Pflichtverletzung dar, wenn der Beteiligte zu 4) angesichts des Wortlautes der beiden Bestimmungen die Erstellung eines erläuternden Berichtes und eines Lageberichtes für nicht zwingend geboten gehalten hat.

Daß der Beteiligte zu 4) den Jahresabschluß per 31.12.1996 nicht erstellt hat, steht nicht fest. Zwar befindet sich ein Abschluß zum 31.12.1996 nicht bei den Akten und auch dem Sachverständigen R... hat er nicht vorgelegen, jedoch wird das Vorbringen des Beteiligten zu 4), er habe diesen Abschluß erstellt, dadurch zumindest gestützt, daß sich ein von ihm gefertigter "Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.1996" bei den Akten befindet. Angesichts der häufigen "Versendung" der Akten von der Gesellschaft an den Beteiligten zu 4), von diesem an den Steuerberater R..., an den Sachverständigen R... und der Einlagerung der Akten bei der Firma G... GmbH kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, daß der Beteiligte zu 4) seiner Pflicht zur Erstellung des Jahresabschlusses per 31.12.1996 nachgekommen ist.

c)

Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht eine Pflichtverletzung des Beteiligten zu 4) durch Bevorzugung des Beteiligten zu 6) ausgeschlossen. Die Überprüfung der geschäftlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten zu 4) und 6) sowie der Gesellschaft hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß dem Beteiligten zu 6) durch den Beteiligten zu 4) besondere Vorteile eingeräumt worden wären.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) konnte danach keinen Erfolg haben.

4.

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 6), mit der sie eine Änderung der landgerichtlichen Entscheidung im Kostenpunkt erstreben, ist als zunächst unzulässiges Rechtsmittel zulässig geworden, nachdem die Beteiligte zu 1) gegen die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache weitere Beschwerde eingelegt hat. Sie ist jedoch ebenfalls nicht begründet.

Das Landgericht hatte gem. § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG nach billigem Ermessen darüber zu befinden, ob einem Betroffenen außergerichtliche Kosten eines anderen Betroffenen auferlegt werden. Mit einem Ausspruch, eine Kostenentscheidung sei nicht veranlaßt, hat das Landgericht zum Ausdruck gebracht, daß es die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht für billig gehalten hat.

Diese Entscheidung des Landgerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf hin überprüft werden, ob das Landgericht von seinem Ermessen keinen oder einen rechtlich fehlerhaften, Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider laufenden Gebrauch gemacht hat oder von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen hat.

Das ist nicht der Fall. Bei der Anwendung des § 13 a Abs. 1 FGG ist grundsätzlich davon auszugehen, daß jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat. Hier bestand unter Berücksichtigung aller Umstände kein Grund, die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3) bis 6) auf die Beteiligte zu 1) zu überbürden. Auch wenn der Antrag der Beteiligten zu 1) letztlich keinen Erfolg gehabt hat, so kann ihr doch nicht vorgehalten werden, Kosten leichtfertig oder durch grobes Verschulden verursacht zu haben.

5.

Die Kostenentscheidung betreffend die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bzw. 3) bis 6) beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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