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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.02.2000
Aktenzeichen: 4 U 11/99
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 929 ff. |
§§ 823 Abs. 1, 929 ff. BGB
Eine Sparkasse, die einem Gastwirt Kredit zur Gründung eines Restaurants gewährt hat, ist dem Lieferanten der Kücheneinrichtung, der sich das Eigentum daran vorhalten hat, zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Sparkasse die Kücheneinrichtung verwertet, obwohl sie daran nach ihren Bedingungen lediglich ein Anwartschaftsrecht erworben hatte, das durch Rücktritt des Lieferanten vom Vertrag erloschen ist, und sie nach den wirtschaftlichen Umständen Zweifel an dem Eigentum des Gastwirts haben mußte.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
4 U 11/99 17 O 238/98 LG Wuppertal
Verkündet am 29. Februar 2000
T., Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S, des Richters am Oberlandesgericht Dr. R und des Richters am Landgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5. November 1998 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, Schadensersatz in Höhe von unstreitig 17.000,00 DM zu leisten, weil sie durch die Verwertung der an den Gastwirt D gelieferten Kücheneinrichtung rechtswidrig und schuldhaft das Eigentum der Klägerin verletzt hat, § 823 Abs. 1 BGB.
1.
Die Klägerin war Eigentümerin der von der Beklagten rechtswidrig veräußerten Kücheneinrichtung, da sie die Einrichtungsgegenstände unter Eigentumsvorbehalt an den Gastwirt D geliefert hat und das Eigentum nicht auf die Beklagte übergegangen ist.
Der Gastwirt D hat kein Eigentum an der Kücheneinrichtung erworben, da die von der Klägerin im Geschäftsverkehr verwendeten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen für Kaufleute unter VI. 1. einen rechtswirksamen Eigentumsvorbehalt (§ 455 BGB) vorsehen. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind Bestandteil des Kaufvertrages zwischen der Klägerin und dem Gastwirt D und damit auch der nachfolgenden dinglichen Einigung geworden, weil auf der Vorderseite des Auftragsschreibens, deutlich lesbar in Fettdruck auf die umseitigen Geschäftsbedingungen verwiesen wird und D sein Einverständnis mit deren Geltung durch die Unterzeichnung des Auftrags zum Ausdruck gebracht hat. Zwar hat die Beklagte die Echtheit der Unterschrift des Klägers mit Nichtwissen bestritten. Das ist jedoch unsubstantiiert, da nicht der geringste Anhaltspunkt für eine Fälschung besteht. Es liegt auf der Hand, daß der Verkäufer bei einem Kaufpreis von annähernd 30.000,00 DM vor Lieferung auf einem schriftlichen Auftrag besteht. Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, daß der Abschluß eines Kaufvertrages zwischen D und der Klägerin nicht in Streit steht und sich der zutreffende Rechnungsbetrag für die Küchengeräte von 28.524,80 DM selbst aus der Aufstellung über die Investitionskosten ergibt, die D der Beklagten vorgelegt hat. Hinzu kommt noch, daß die Unterschrift unter dem Auftrag ein hohes Maß an Übereinstimmung mit dem Namensschriftzug unter dem Sicherungsübereignungsvertrag zwischen der Beklagten und D erkennen läßt. Unter den Umständen ist eine Imitation der Unterschrift D zwar theoretisch denkbar, aber äußerst fernliegend.
Unschädlich ist ferner, daß die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nur für den Verkehr mit Kaufleuten bestimmt sind, da D als Gastwirt ein Grundhandelsgewerbe betrieben hat (BGHZ 70, 132, 134) und somit Kaufmann im Sinne von § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 HGB a. F. gewesen ist. Daß er - wie die Beklagte behauptet - für seine Gastwirtschaft keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb benötigte (§ 4 Abs. 1 HGB a. F.), ist unerheblich, weil sich im Umkehrschluß aus der auf der Vorderseite des Auftragsschreibens befindlichen und ausdrücklich nur für Vollkaufleute geltenden Gerichtsstandsklausel ergibt, daß die Klägerin im übrigen als Kaufleute auch "Minderkaufleute" ansehen wollte. Für diese Differenzierung spricht zudem § 24 AGBG a.F., der spezielle Regelungen für die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Kaufleuten aufstellt und insoweit auch für Minderkaufleute Anwendung findet (Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 24 Rn. 6; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 8. Aufl., § 24 Rn. 10). Fraglich kann danach nur sein, ob die speziellen Regelungen auch auf solche Personen Anwendung finden sollten, die gerade erst im Begriff stehen, ein (minderkaufmännisches) Handelsgewerbe aufzunehmen (streitig, bejahend: OLG Oldenburg, NJW-RR 1989, 1081; Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O., § 24 Rn. 11; verneinend: OLG Koblenz, NJW 1987, 74; Wolf/Horn/Lindacher, a. a.O., § 24 Rn. 6). Das bedarf im Entscheidungsfall aber keiner Vertiefung, da D das Lokal bereits Mitte Juni 1995, also vor Beauftragung der Klägerin im August 1995, übernommen und damit auch sein Handelsgewerbe begründet hat.
2.
Das Eigentum an der Kücheneinrichtung ist nicht aufgrund der Sicherungsübertragung vom 21. Juni 1995 auf die Beklagte übergegangen. Nach 4.1 des Übertragungsvertrages hat D nämlich lediglich das Anwartschaftsrecht, das er durch den Erwerb unter Eigentumsvorbehalt erlangt hat (vgl. Palandt/ Bassenge, BGB, 59. Aufl., § 929 Rn. 26 ff.), auf die Beklagte übertragen. Nur soweit "bei Vertragsschluß im Sicherungsraum befindliches Inventar bzw.... später in den Sicherungsraum einzubringendes Inventar nicht unter dem Eigentumsvorbehalt eines Lieferanten geliefert" worden ist, sollte die Beklagte sogleich oder später, das heißt nach Einbringung des Gegenstandes in den Sicherungsraum, Eigentum erwerben. Ausschlaggebend dafür, ob die Beklagte ein Anwartschaftsrecht oder Sicherungseigentum erlangt hat, war somit ausschließlich die Rechtsposition, die ihr Vertragspartner bei Abschluß der Sicherungsübertragung innehatte oder nachfolgend erwarb. Deshalb hilft der Beklagten nicht weiter, daß sie D für den Eigentümer der Kücheneinrichtung gehalten hat. Der gute Glaube kann zwar nach §§ 932-934 BGB über die mangelnde Verfügungsbefugnis des Veräußerers hinweghelfen. Eine auf den Eigentumserwerb bezogene dingliche Einigung im Sinne der §§ 929 Satz 1, 930 BGB vermag er jedoch nicht zu ersetzen.
Das Anwartschaftsrecht, das die Beklagte danach von D erworben hat, ist indes aufgrund des Rücktritt, den die Klägerin unstreitig nach vorausgegangener Mahnung erklärt hat, untergegangen. Daß die Beklagte die Nichtausgleichung der Kaufpreisforderung bestreitet, ist dabei unerheblich, da bei einem Kauf unter Eigentumsvorbehalt der Erwerber - und damit auch die Beklagte als Rechtsnachfolgein des Käufers die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt der aufschiebenden Bedingung vollständiger Kaufpreiszahlung trägt (Palandt/Putzo, a.a.O., § 455 Rn. 9, 10; Palandt/Heinrichs, a.a.O., DinF v. § 158 Rn. 14). Beweis dafür hat die Beklagte jedoch nicht angeboten.
3.
Das Eigentum an den Küchengeräten, das nach alledem der Klägerin verblieben ist, hat die Beklagte durch die Veräußerung rechtswidrig und - wenn nicht grob fahrlässig so doch jedenfalls fahrlässig verletzt. Unter Mißachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 S. 2 BGB) hat sie es nämlich versäumt, die Eigentumsverhältnisse an der Kücheneinrichtung in geeigneter Weise, z. B. durch Rückfrage bei der Klägerin, zu überprüfen und sich statt dessen allein mit Versicherungen D und der Zeugin S begnügt. Mit deren Erklärungen durfte sie sich jedoch schon deshalb nicht zufrieden geben, weil begründete Zweifel am Eigentumserwerb des Gastwirtes bestanden (vgl. BGH, WM 1978, 1208, 1209; OLG Düsseldorf, MDR 1994, 473).
Anlaß zur Skepsis bot der Beklagten schon die gerade ihr als Sparkasse zweifelsohne bewußte Tatsache, daß im Wirtschaftsleben teure Einrichtungsgegenstände häufig fremdfinanziert werden (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Als hochwertiger Einrichtungsgegenstand in diesem Sinne muß dabei auch bereits eine für eine Gaststätte gedachte Kücheneinrichtung im Werte von annähernd 30.000,- DM angesehen werden. Sind solche Gegenstände bei der Verwertung - wie hier die noch nicht einmal zwei Jahre alte Kücheneinrichtung - noch relativ neuwertig, ist daher regelmäßig mit dem Sicherungseigentum einer Bank oder dem Eigentumsvorbehalt des Lieferanten zu rechnen.
Weitere Zweifel an der Eigentümerstellung D mußten bei der Beklagten aufkommen, weil ihr die schlechte wirtschaftliche Lage D nicht verborgen geblieben sein kann (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Daß seine finanziellen Verhältnisse desolat waren, kann nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht ernstlich zweifelhaft sein. Zwar hat die Beklagte geltend gemacht, daß sie ihm Kreditmittel in Höhe von über 200.000,00 DM zur Verfügung gestellt habe, damit er die Kosten für die Renovierung und Einrichtung des Lokals aufbringen konnte. Ob auf der Grundlage zunächst ein geordneter Geschäftsbetrieb möglich war, ist indes nicht entscheidend. Ausschlaggebend für die von der Beklagten zu beachtenden Sorgfalt ist vielmehr der Zeitpunkt, als sie das Inventar der Gaststätte in Besitz nahm. Daß sich Dazu diesem Zeitpunkt im Mai 1997 bereits in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, ergibt sich bereits daraus, daß er die Gaststätte unstreitig - wegen seiner hohen Verbindlichkeiten schließen mußte und die Beklagte sich gezwungen sah, auf die Gaststätteneinrichtung Zugriff zu nehmen. Das läßt aber nur den Schluß zu, daß D ihr gegenüber seinen Zahlungsverpflichtungen nicht länger nachgekommen sein kann, da sie einen anderen wichtigen Grund, der die Inbesitznahme und Verwertung der Gaststätteneinrichtung nach Ziffer 8 des Sicherungsvertrages gerechtfertigt hätte, nicht dargetan hat. Unter den Umständen mußte die Beklagte jedoch auch damit rechnen, daß D seine Verpflichtungen gegenüber Dritten nicht erfüllt hat. Deshalb durfte sie ohne eigene Nachforschungen nicht darauf vertrauen, daß er die von der Beklagten gelieferte Kücheneinrichtung tatsächlich vollständig bezahlt und Eigentum daran erworben hat.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. l ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Es besteht keine Veranlassung, die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuzulassen.
Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 17.000,00 DM.
Ende der Entscheidung
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