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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.04.2002
Aktenzeichen: 4 U 187/01
Rechtsgebiete: ABU 1986, VOB/B 1973, BGB
Vorschriften:
ABU 1986 § 2 Nr. 1 | |
ABU 1986 § 2 Nr. 4 a | |
ABU 1986 § 2 Nr. 6 | |
ABU 1986 § 3 Nr. 1 | |
VOB/B 1973 § 7 | |
BGB § 644 Abs. 1 Satz 3 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 16. April 2002
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S und der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Mai 2001 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 40.657,43 € nebst 4 % Zinsen seit dem 12. September 1997 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 42 % und die Beklagte zu 58 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Gläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Bauunternehmen, das sich mit Tiefbauarbeiten befasst, unterhält bei der Beklagten eine Bauleistungsversicherung, der die ABU 1986 sowie die Besonderen Bedingungen der Beklagten zugrunde liegen (GA 290 ff.).
In den Jahren 1993 bis 1995 wurde in Porta Westfalica im Auftrag des Landesstraßenbauamts Minden eine Brücke über die Weser errichtet. Die Klägerin, die im März 1993 den Auftrag für die Zufahrtsrampen erhielt, nahm ihre Tätigkeit noch im selben Monat auf. Bereits im Verlauf des ersten Auffüllabschnitts kam es nach intensiven Niederschlägen am 24. und 25. September 1993 zu einem ersten Abrutschungsschaden. Deshalb baute die Klägerin beim erneuten Mutterbodenauftrag zum Schutz der Dammböschungen Faschinen (= durch Draht zusammengehaltene, walzenförmige Reisigbündel, die im Wasserbau zur Befestigung von Ufern oder Gewässersohlen dienen) ein. Die Dammschüttungsmaßnahmen des zweiten Abschnitts und die Andeckung des Oberbodens wurden am 11. Oktober 1994 abgeschlossen. Anschließend brachte die Klägerin noch zum Schutz des Mutterbodens eine Grassaat auf.
Trotz dieser Sicherheitsvorkehrungen kam es noch vor Abnahme des Werks in der Zeit zwischen dem 27. und dem 30. Januar 1995 zu einem weiteren Schadensereignis, bei dem der Oberboden an den Dammböschungen abrutschte. Wegen der durch die Behebung dieses Schadens entstandene Kosten nimmt die Klägerin die Beklagte in Anspruch.
Die Klägerin hat geltend gemacht: Der zweite Abrutschungsschaden sei auf die im Januar 1995 niedergegangenen heftigen Niederschläge zurückzuführen. Da es sich bei dieser überaus ergiebigen Regenperiode nicht mehr um normale, aber auch noch nicht um außergewöhnliche Witterungseinflüsse gehandelt habe, müsse die Beklagte für den Schaden aufkommen. Das etwa zeitgleich aufgetretene Hochwasser des Mittelbachs habe bei den Schalenbrüchen, die direkt unter der Dammkrone begonnen hatten, keine Rolle gespielt. Folge davon seien lediglich Ausspülungen am Dammfuß gewesen. Selbst wenn das Hochwasser als außergewöhnlich einzustufen wäre, würde sich ihr Entschädigungsanspruch dadurch aber allenfalls um 5.000 DM verringern.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 138.169,40 DM nebst 10,5 % Zinsen seit dem 12. September 1996 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht: Das streitgegenständliche Schadensereignis beruhe auf verschiedenen Witterungseinflüssen - Regen, Hochwasser und Frost-Tauwetter-Wechsel -, die bei einer Gesamtschau als außergewöhnlich und damit als höhere Gewalt i.S. von § 7 VOB/B einzustufen seien. Daher habe sich das Bauherrenrisiko verwirklicht, das unstreitig nicht mitversichert gewesen sei. Das Hochwasser sei für das Abrutschen der Böschungen mitursächlich, weil durch die Ausspülungen die Festigkeit des Dammfußes herabgesetzt worden sei und die unteren Bodenschichten dadurch den Halt verloren hätten.
Das Landgericht hat durch Einholung eines Gutachtens von Prof. Dipl.-Ing. B Beweis darüber erhoben, ob die Schäden am Dammkörper und am Dammfuß auf höhere Gewalt zurückzuführen sind, und sodann der Klage in Höhe von 92.427,49 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. September 1997 stattgegeben. Dabei hat sich die Kammer für Handelssachen der Auffassung des Sachverständigen angeschlossen, dass der Schadensfall auf die Niederschläge der Monate Oktober 1994 bis Januar 1995 zurückzuführen sei und dass es sich dabei zwar um ungewöhnliche, nicht aber um außergewöhnliche Umstände gehandelt habe. Bei der Bemessung der Entschädigung hat die Kammer Kosten für die Entsorgung des durchnässten Mutterbodens und für neuen Oberboden abgesetzt, weil die Bodenmassen vom Bauherrn zur Verfügung gestellt worden seien.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie macht geltend, das Landgericht habe sich unkritisch dem Sachverständigengutachten angeschlossen und beantragt,
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und
- im Wege der (unselbständigen) Anschlussberufung -
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 105.934,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. September 1997 zu zahlen.
Sie beanstandet, dass das Landgericht Kippgebühren für die Entsorgung des mit Faschinen verunreinigten Mutterbodens abgesetzt und die Kosten für den Einbau von neuen Oberböden falsch berechnet habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist teilweise begründet, während die Anschlussberufung ohne Erfolg bleibt.
A. Berufung der Beklagten:
Mit Recht hat die Kammer für Handelssachen angenommen, dass die Beklagte für den Schalenbruch und die Abrutschungsschäden an den Zufahrtsrampen der Brücke aufkommen muss. Dagegen entfällt ihre Eintrittspflicht, für Schäden am Dammfuß und die Verschmutzung der Entwässerungsgräben, weil diese auf höherer Gewalt beruhen. Dadurch ermäßigt sich die zu leistende Entschädigung von 47.257, 43 € (= 92.427,49 DM) auf 40.657,43 € (= 79.519,02 DM).
1.
Nach § 2 Nr. 1 ABU 86 hat die Beklagte für unvorhergesehen eintretende Schäden an Bauleistungen aufzukommen. Nicht als unvorhergesehen gelten indes gemäß § 2 Nr. 4 a ABU Schäden, die auf normale Witterungseinflüsse zurückzuführen sind, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse gerechnet werden muss. Daraus folgt, dass die Haftungsvoraussetzungen in Bezug auf die Abrutschungsschäden gegeben sind. Denn die dafür in Betracht kommenden Schadensursachen waren sämtlich ungewöhnlich. Das zieht selbst die Beklagte nicht in Zweifel. Nach ihrer Einschätzung waren die Niederschläge, das Hochwasser und die Temperaturwechsel, die kumulativ zu den Schäden geführt haben sollen, nämlich nicht nur ungewöhnlich, sondern sogar außergewöhnlich (zur Abgrenzung normaler, ungewöhnlicher und außergewöhnlicher Witterungseinflüsse vgl. Rehm, Bauwesenversicherung, 2. Aufl., S. 44). Daran ändert sich auch nichts, wenn man mit der Klägerin nur auf die Häufung von Niederschlägen abstellt, da nach der Behauptung der Beklagten auch die Regenmenge außergewöhnlich war(GA 89, 91).
2.
Die Entschädigungspflicht entfällt auch nicht nach § 3 Nr. l ABU 86 i.V.m. § 7 VOB/B 1973. Danach ist die Haftung des Versicherers ausgeschlossen, wenn die ganz oder teilweise ausgeführte Bauleistung vor Abnahme durch höhere Gewalt oder andere unabwendbare, vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört wird. Solche Umstände liegen vor, wenn die Ereignisse nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sind, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel selbst durch die äußerste nach der Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können (BGH NJW 1997, 3018). Dass ist bei Niederschlägen und anderen Witterungseinflüssen indes nur der Fall, wenn es sich um ganz außergewöhnliche, nach der Jahreszeit nicht zu erwartende Wetterbedingungen handelt (Ingenstau/Korbion/Oppler, VOB, 14. Aufl., B § 7 Rn. 23; Nicklisch/Weick, VOB, 3. Aufl., § 7 Rn. 13; vgl. dazu BGH, BauR 1973, 317, 318). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Vielmehr hat Prof. Dipl.-Ing. B nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die Schalenbrüche und das dadurch hervorgerufene Abrutschen der Böschungen im wesentlichen auf die in der Zeit von Oktober 1994 bis Januar 1995 niedergegangene Regenmenge zurückzuführen, sind und die Niederschläge von ihrer Heftigkeit und Intensität her mit denen der Jahre 1986/87, 1992/93 und 1993/94 vergleichbar waren (S. 9). Selbst wenn man weiter berücksichtige, so Prof. Dipl.-Ing. B dass die Niederschlagsmengen der Monate November und Dezember 1992 und 1994 für einen Dammbau, wie ihn die Klägerin zu errichten hatte, besonders kritisch waren, während die in den Jahren 1986 und 1993 anzutreffenden Verhältnisse als weniger gefährlich einzustufen sind, könne danach nicht angenommen werden, dass die Witterungsverhältnisse in 1994 und 1995 gleichermaßen außergewöhnlich waren (S. 11).
3.
Die Einwände, die die Beklagte gegen das Gutachten vorbringt, überzeugen nicht. So greift die Rüge, der Sachverständige habe den Vergleichszeitraum (Oktober 1994 bis Januar 1995) willkürlich gewählt, nicht durch, weil die Dammschüttungsmaßnahmen des zweiten Auffüllabschnitts und die Andeckung des Oberbodens erst am 11. Oktober 1994 beendet waren. Denn danach konnte der Konsolidierungsprozess in der oberen Dammzone erst im Oktober 1994 beginnen (vgl. S. 12), so dass die gleichzeitig einsetzenden massiven Niederschläge noch eine erhebliche Gefahr für die Böschungen darstellten. Wenn die Beklagte dennoch für einen Vergleich der Niederschlagsmengen in den Januarmonaten eintritt, werden die Ausführungen des Sachverständigen dadurch nicht in Frage gestellt, da die in der Zeit vom 8. bis 11. Januar 1995 gefallenen 31,5 mm Regen auf den zu der Zeit gefrorenen Böschungsflächen niedergegangen und deshalb nahezu vollständig abgeflossen sind (S. 6).
Auf die Stabilität der Böschung kann sich diese Regenmenge folglich nicht mehr abträglich ausgewirkt haben. Zieht man die 31,5 mm daher von der Gesamtmenge der Niederschläge (136 mm, GA 56) ab, so ist für Januar 1995 jedenfalls kein Spitzenwert mehr zu verzeichnen, der die Annahme außergewöhnlicher Verhältnisse rechtfertigen könnte. Davon abgesehen bleibt aber auch bei Zugrundelegung der Gesamtmenge der Niederschläge im Januar 1995 zweifelhaft, ob sie schon die Annahme höherer Gewalt rechtfertigen kann, da sich die Regenmenge jedenfalls nicht nennenswert von der der beiden Vorjahre (133 mm, 128 mm; GA 56) abhebt.
Zu einer anderen Beurteilung gelangt man auch nicht, wenn man neben der Intensität und Ergiebigkeit der Niederschläge weitere Faktoren mit in den Blick nimmt. Obwohl nach der Einschätzung des Sachverständigen der Konsolidierungsprozess des Dammkörpers auch unter der Dauerfrostperiode vom 3. bis 9. Januar 1995 und dem nachfolgend einsetzenden Tauwetter gelitten hat (S. 12), können diese Umstände den Witterungsverhältnissen zum Zeitpunkt des Schadensereignisses nicht das Gepräge verleihen, weil die Januar-Temperaturen im Vergleich der letzten zehn Jahre keineswegs ungewöhnlich waren und der festzustellende Frost/Tauwetter-Wechsel für die Jahreszeit sogar typisch war. Das ergibt sich bereits aus dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten des Erd- und Grundbauinstituts Hamburg (GA 35). Bei einer Gesamtschau von teils ungewöhnlichen, teils gewöhnlichen Wetterbedingungen können Umstände, die für die Jahreszeit vollkommen normal sind, aber nicht den Ausschlag dafür geben, dass die Witterungsverhältnisse - insgesamt betrachtet - als außergewöhnlich einzustufen sind.
Ebenso wenig ist nachweisbar, dass das Hochwasser, das in der Zeit vom 27. Januar bis zum 2. Februar 1995 zu verzeichnen war, die Schalenbrüche unterhalb der Dammkrone ausgegelöst hat. Gestützt auf die vom Erd- und Grundbauinstitut durchgeführten Ermittlungen (GA 35, 66 f.) hat Prof. Dipl.-Ing. B nämlich festgestellt, dass das Hochwasser des Mittelbachs, der mit dem Wasserstand der Weser korrespondiert, bei Beginn der Böschungsschäden am 27. Januar mit (Pegel Porta: 37,04 m + 6,00 m =) 43,04 m ü NN sogar noch 2 cm unter der Oberkante der Berme (Randstreifen am Fuß eines Deichs) gestanden hat (43,06 m NN, S. 5, GA 66). Seinen höchsten Stand erreichte der Mittelbach erst am 2. Februar 1995 mit (37,04 m + 6,55 m =) 43,59 m ü NN (= rd. 0,5 m über Oberkante der Berme). Das hat sich auf die Böschungsschäden jedoch nicht mehr ausgewirkt, weil diese unstreitig bereits in der Zeit vom 27. bis 30. Januar 1995 eingetreten waren.
Wenn überhaupt kann das Hochwasser daher nur zur Vergrößerung der Böschungsschäden beigetragen haben. Selbst das ist aber nicht sicher feststellbar, weil unbekannt ist, wann sich die einzelnen Schalenbrüche und Abrutschungsschäden innerhalb dieses Zeitraums ereignet haben. Das geht zu Lasten der Beklagten, die für die Voraussetzungen des Risikoausschlusses beweisbelastet ist. Davon abgesehen ist aber auch auszuschließen, dass das die Oberkante der Berme übersteigende Hochwasser noch einen nennenswerten Beitrag zur Vergrößerung des Schadens geleistet hat. Denn nach den vom Erd- und Grundbauinstitut ermittelten Wasserständen ist der Mittelbach im Verlaufe des 27. Januar 1995 lediglich um (Pegel Porta: 37,04 m + 6,16 m - OK Berme: 43,06 m =) 0,14 m, am 28. Januar 1995 überhaupt nicht (37,04 m + 5,96 m - 43,06 m = -0,04 m), am 29. Januar 1995 um (37,04 m + 6,32 m - 43,06 m = ) 0,26 m und am 30. Januar 1995 um gerade einmal (37,04 m + 6,28 m - 43,06 m = ) 0,3 m über das Ufer getreten. Dabei ist das Hochwasser aber nur mit den unteren Dammzonen in Berührung gekommen, in denen bereits deutlich günstigere Stabilitätsverhältnisse herrschten (S. 13). Mit Blick darauf hat denn auch das von der Beklagten beauftragte Erd- und Grundbauinstitut nur die im Dammfußbereich und an den Entwässerungsgräben entstandenen Schäden auf das Hochwasser zurückgeführt (GA 96).
In Anbetracht der insoweit übereinstimmenden Beurteilung durch die mit der Sache befassten Gutachter sieht der Senat keine Notwendigkeit, Prof. Dipl.-Ing. B zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden (§ 411 Abs. 3 ZPO). Dazu bietet auch der erstmals in der Berufungsbegründung gestellte Antrag der Beklagten keine Veranlassung, weil sie ihren Anspruch auf die Befragung des gerichtlich bestellten Sachverständigen dadurch verloren hat, dass sie erstinstanzlich von ihrem Recht darauf keinen Gebrauch gemacht hat (BGH, NJW-RR 1997, 1487; NJW 1961, 2308).
4.
Dagegen haftet die Beklagte nicht für die Ausspülungen am Dammfuß und die Verschmutzung der Entwässerungsgräben, weil diese Schäden auf höhere Gewalt zurückzuführen sind.
Nach § 2 Nr. 6 ABU 86 werden Schäden durch Gewässer nur nach Maßgabe der besonderen Bestimmungen für "Baustellen im Bereich von Gewässern oder in Bereichen, in denen das Grundwasser durch Gewässer beeinflusst wird", entschädigt. Dass diese Bestimmungen, die in der Klausel Nr. 60 zusammengefasst sind, Vertragsbestandteil geworden sind, ist im Senatstermin unstreitig geworden. Danach gilt nach Klausel 60 Nr. 7 ebenso wie nach § 3 Nr. 1 ABU 86, dass die Haftung der Beklagten ausgeschlossen ist, wenn sich das schadensursächliche Hochwasser als unabwendbar i.S. von § 7 VOB/B darstellt. Das war hier bezüglich der Ausspülungen am Dammfuß und der Verschmutzung der Entwässerungsgräben der Fall. Ausgehend von einer Empfehlung der Bundesanstalt für Gewässerkunde (vgl. dazu Rehm, a.a.O., S. 109), der der Senat folgt, sind nämlich besondere Umstände, die höherer Gewalt gleichstehen, anzunehmen, wenn im Schadensmonat der in den letzten 20 der Ausschreibung vorangegangenen gleichen Monaten aufgetretene höchste Wasserstand überschritten worden ist. Als Schadensmonat in diesem Sinne ist der Februar 1995 anzusehen, da in dem Zeitraum mit (37,04 m + 6,55 m =) 43,59 m ü NN der höchste im Zusammenhang mit den Dammfußschäden und der Verschmutzung der Entwässerungsgräben gemessene Wasserstand erreicht worden ist (GA 67). Dass auch bereits zuvor Ausspülungen stattgefunden haben und die Verschmutzung der Entwässerungsgräben sukzessive eingetreten ist, spielt insofern keine Rolle, da nach Klausel 60 Nr. 5 im Falle eines außergewöhnlichen Hochwassers auch für die Schäden kein Versicherungsschutz mehr besteht, die noch eingetreten sind, bevor der Höchststand zu verzeichnen war. Der höchste Stand vom 2. Februar 1995 mit 6,55m über Pegel Porta, auf den es danach ankommt, lag aber mit deutlichem Abstand über den Höchstständen, die in den Jahren 1972 bis 1994 im Monat Februar am Pegel Porta gemessen worden sind. Denn der dort zuvor festgestellte Höchststand ist im Februar 1984 mit gerade einmal 5,48 m erreicht worden. Dass daran gemessen Anfang Februar 1995 außergewöhnliche Umstände herrschten, kann folglich nicht ernstlich zweifelhaft sein.
5.
Der nach alldem in Bezug auf die Ausspülungen am Dammfuß und die Verschmutzung der Entwässerungsgräben eingreifende Risikoausschluss hat zur Folge, dass die Beklagte der Klägerin nur eine Entschädigung in Höhe von 40.657,43 € statt - wie vom Landgericht zuerkannt - von 47.257,43 € (= 92.427,49 DM) zu leisten hat.
a) Die Gesamtkosten für die Beseitigung der Böschungsschäden, der Ausspülungen und für die Reinigung der Entwässerungsgräben hat das Landgericht - unter Berücksichtigung des Eigenanteils der Klägerin - mit 47.257,43 € veranschlagt. Einwände hat die Beklagte dagegen nicht mehr erhoben. Auch der Senat sieht keine Veranlassung, davon abzuweichen.
b) Abzusetzen sind davon die Kosten für die Beseitigung der Schäden im Bereich des Dammfußes. Diese schätzt der Senat, gestützt auf den Prozessvortrag der Klägerin (GA 10), auf rund 2.600 €. Insofern ist ohne Belang, dass die Beklagte die von der Klägerin mit 5.000 DM bezifferten Ausbesserungskosten bestreitet. Dass sie für die Ausspülungsschäden nicht aufzukommen hat, basiert auf einem zu ihren Gunsten eingreifenden Risikoausschluss. Daher wäre es ihre Sache gewesen, einen höheren Betrag darzulegen, um den sich der Entschädigungsanspruch ermäßigen soll.
c) Ferner vermindert sich die der Klägerin zustehende Entschädigung um weitere 4.000 €, weil die für die Instandsetzung der Entwässerungsgräben angefallenen Kosten nach den Erkenntnissen des Erd- und Grundbauinstituts "hauptsächlich" deshalb angefallen sind, weil das Hochwasser die Gräben verschmutzt hat. Nach den Berechnungen des Instituts belaufen sich die Reinigungskosten auf 4.564,56 6 (= 8.927,50 DM). Da das Hochwasser indes nur die "Hauptursache" für die Schäden dargestellt hat, ist dieser Betrag auf 4.000 Euro abzurunden.
B. Anschlussberufung
Die Anschlussberufung ist nicht schlüssig.
1.
Bei dem in Höhe von 6.906,02 € (= 13.507,01 DM) mit der Anschlussberufung weiterverfolgten Entschädigungsanspruch geht die Klägerin von der Berechnung des Erd- und Grundbauinstituts (GA 40) aus. Davon abweichend setzt sie die Kosten für die Böschungsandeckung allerdings nicht mit 33.085 DM, sondern nur mit 19.630 DM an (GA 238). Dass sie die Klage in Höhe des Differenzbetrages - trotz der ihr insoweit günstigen Entscheidung erster Instanz - zurücknehmen will, ist jedoch nicht ersichtlich. Das hat ihr Prozessbevollmächtigter auch bei der Erörterung der Problematik im Senatstermin klargestellt. Andererseits besteht aber auch kein Anhaltspunkt dafür, dass sie die von ihr errechneten 19.630 DM zusätzlich zu den vom Institut ermittelten Ausgaben geltend machen will. Denn bei der Ableitung der mit der Anschlussberufung geforderten Einbaukosten hat sie Berechnungsfaktoren (Einbau: 2,64 DM/qm; Rasen: 0,38 DM/qm) zugrunde gelegt, die schon das Institut bei der Kalkulation der von ihm für notwendig erachteten Kosten einbezogen hatte.
2.
Ebenso unklar bleibt, in welcher Höhe die Klägerin den Anspruch auf die ihr vom Landgericht aberkannten Kippgebühren weiterverfolgt und von welcher Berechnung sie dabei ausgeht. Zwar beziffert sie ihre Aufwendungen wie schon in erster Instanz mit 26.962 DM. Mit der Anschlussberufung begehrt sie jedoch lediglich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 13.507,01 DM. Das kann im Ergebnis aber dahinstehen, weil ihr ein Anspruch auf Ersatz der Kippgebühren ohnehin nicht zusteht. Insofern gilt nichts anderes als hinsichtlich des Mutterbodens, für den das Landgericht der Klägerin - von der Anschlussberufung unbeanstandet - einen Entschädigungsanspruch versagt hat. Denn nach § 644 Abs. 1 S. 3 BGB, der auch beim VOB-Bauvertrag anwendbar bleibt (Ingenstau/Korbion/Oppler, a.a.O., B § 7 Rn. 17), ist der Auftragnehmer, hier also die Klägerin, für eine zufällige Verschlechterung des vom Bauherrn gelieferten Stoffes nicht verantwortlich. So liegen die Dinge auch hier. Dass der Oberboden, den der Bauherr zur Verfügung gestellt hat, unbrauchbar geworden ist, ist auch nach dem Vorbringen der Klägerin allein auf widrige Witterungsverhältnisse und damit auf Zufall zurückzuführen. Wenn die Klägerin daher für den Verlust des Mutterbodens nicht einstehen muss, besteht aber auch kein Grund dafür, warum sie im Verhältnis zum Bauherrn mit den Kosten der Entsorgung belastet werden kann.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 22. März bot keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Das gilt auch, soweit darin auf die Erörterungen im Senatstermin Bezug genommen wird. Denn ein Schriftsatznachlass ist der Klägerin nur zur Erwiderung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 5. März 2002 gewährt worden. Die Ausführungen geben dem Senat auch keinen Anlass zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung.
C. Nebenentscheidungen:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision findet ihre Grundlage in § 543 ZPO.
Berufungsstreitwert: 47.257,43 € (= 92.427,49 DM).
Anschlussberufung: 6906,02 € (= 13.507,01 DM),
insgesamt: 54.163,45 € (= 105.943,50 DM).
Beschwer der Klägerin: 13.506,02 € (= 26.415,48 DM),
Beschwer der Beklagten: 40.657,43 € (= 79.519,02 DM)
Ende der Entscheidung
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