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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.12.2000
Aktenzeichen: 4 U 21/00
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 159 ff.
Leitsatz:

§§ 159 ff. VVG (Rentenversicherung), c. i. c.

Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer wegen Beratungsverschuldens beim Abschluß einer Rentenversicherung durch Unterbreitung einer unrealistischen Gewinnprognose nur den Ersatz seines Vertrauensschadens und nicht verlangen, so gestellt zu werden, daß die bei Vertragsschluß in Aussicht gestellte Gewinnbeteiligung gewährt wird.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 21/00 7 O 202/99 LG Wuppertal

Verkündet am 5. Dezember 2000

H., Justizsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 2. Dezember 1999 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

1.

Der Kläger macht im Berufungsrechtszug ausdrücklich nicht (mehr) geltend, die Klageforderung rechtfertige sich unter dem Blickwinkel eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs (GA 99).

2.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes wegen Beratungsverschuldens bei Vertragsschluß (c.i.c.) bleibt das Klagebegehren ohne Erfolg. Der Kläger kann nicht verlangen, daß die Beklagte zu seinen Gunsten Sonderzahlungen auf die Rentenversicherungen vornimmt, durch die erreicht werden soll, daß die bei Vertragsschluß in Aussicht gestellte Gewinnbeteiligung gewährt werden kann, die nach derzeitiger Erwartung nicht erzielbar ist, da sich die ursprüngliche Gewinnprognose als unrealistisch günstig erwiesen hat. Dabei kann offenbleiben, ob die Gewinnprognosen, in die der Kläger Einblick erhalten hat, eine hinreichende Vertrauensgrundlage zu bilden geeignet waren. Denn diese Berechnungen waren mit dem ausdrücklichen Vermerk versehen: "Darf Kunden nicht vorgelegt werden". Auch ist es letztlich nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Beklagte bereits Ende 1992 bei Vertragsschluß hätte wissen müssen, daß aufgrund steigender Lebenserwartung der Versicherten zusätzliche Mittel erforderlich wurden, um die bis zum Tode der Versicherten zuzahlenden Renten zu finanzieren, und daß die Deckung dieser Vertragsansprüche auf Kosten der sonst dem Gewinnanteil zufließenden Erlöse erfolgen mußte. Handfeste Beurteilungsmaßstäbe gab es Ende 1992 insoweit noch nicht. Erst die mit Rundschreiben der Deutschen Aktuarvereinigung vom 26. September 1994 (GA 130) mitgeteilten Zwischenergebnisse der laufenden Untersuchungen belegten die Notwendigkeit höherer Rückstellungen. In gewissem Rahmen waren durch höhere Lebenserwartung bedingte Mehrausgaben im Falle günstiger Anlagerenditen auch kompensierbar.

Entscheidend ist, daß der Kläger mit Ansprüchen aus c.i.c. sein Klageziel nicht erreichen kann. Diese Ansprüchen gewähren nur Ersatz des Vertrauensschadens. Im Falle eines schuldhaften Beratungsfehlers (c.i.c.) ist der Kläger also lediglich so zu stellen wie er stünde, wäre er über die Folgen längerer Lebenserwartung der Versicherten für die Gewinnerwartung aufgeklärt worden (vgl. Palandt/Heinrichs, 58. Aufl., 276 BGB Rn. 90 m.w.N.). Hätte der Kläger die in Rede stehenden Rentenverträge dennoch abgeschlossen, fehlt es von vornherein an einem Schaden infolge Falschberatung. Hätte er die Rentenversicherungen demgegenüber nicht abgeschlossen, so könnte zwar ein Schaden dadurch entstanden sein, daß der Kläger eine anderweitige gewinnbringende Geldanlage unterlassen hat, was dazu geführt haben könnte, daß die von ihm nunmehr aufgezeigte "Versorgungslücke" im Alter nicht aufgetreten wäre. Daß er bei einem anderen Versicherer günstigere Konditionen erhalten haben würde (vgl. Langheid in Römer/Langheid, § 43 VVG Rn. 25), macht der Kläger nicht geltend. Daß er gewinnbringend in einen Aktienfonds investiert hätte (vgl. GA 143), läßt sich schon wegen des spekulativen Charakters dieser Anlageform ohne gesicherte Mindestrente nicht feststellen. Auch reicht es nicht aus, lediglich pauschal auf die bloße Möglichkeit hinzuweisen (GA 4), er habe die für Prämien aufgewandten Beträge anderweitig mit einer Rendite von 8,5 pro Jahr anlegen können. Schließlich hat der Kläger in keiner Weise sein Vorbringen substantiiert, er würde eine höhere Prämie in Kauf genommen und gezahlt haben, vor dem Hintergrund seiner vermeintlich ausreichenden Alterssicherung habe er nunmehr seine Mittel jedoch sonstwie ausgegeben (vgl. GA 106), so daß er jetzt Sonderzahlungen nicht mehr leisten könne, um die Rente auf den prognostizierten Stand zu bringen. Der Kläger, der nach eigener Angabe ein Jahreseinkommen von 170.000 DM erzielt hat, hat weder spezifiziert, was er wofür überflüssigerweise ausgegeben haben will, noch dargelegt, nicht mehr über für Sonderzahlungen einsetzbare freie Mittel zu verfügen.

3.

Schließlich hat sich die Beklagte auch nicht unter dem Blickwinkel der positiven Vertragsverletzung schadenersatzpflichtig deshalb gemacht, weil sie den Kläger zunächst nicht über die veränderte Gewinnerwartung in Kenntnis gesetzt hat und dies erst auf dessen Nachfrage Ende 1997 geschehen ist. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte überhaupt oder zu einer früheren Information verpflichtet gewesen wäre. Auch insoweit ist die Klage nämlich unschlüssig. Dem Kläger könnte allenfalls ein Anspruch auf Ausgleich der Einbußen zustehen, die er erlitten hat, weil er Folgeprämien nicht anderweitig günstiger angelegt hat (Vertrauensschaden). Ein diesbezüglicher Schaden ist aus den schon genannten Gründen nicht konkretisiert und auf Ersatz eines solchen Schadens zielen auch die Klageanträge nicht ab.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert und Beschwer des Klägers: 21.636 DM + 21.160,80 = 42.796,80 DM, + 3.000 DM für Gewinnanteile 1994 bis 1997 = 45.796,80 DM.

Ende der Entscheidung

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