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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.10.2001
Aktenzeichen: 4 U 57/01
Rechtsgebiete: DÜG
Vorschriften:
DÜG § 1 |
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 23. Oktober 2001
In Sachen
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. W und Dr. R
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. Januar 2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 440.000 DM abzuwenden, sofern nicht die Klägerin ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die rechtlichen Auswirkungen einer Brauereibindungsvereinbarung und in diesem Zusammenhang über die Verpflichtung zur Rückgewähr eines sicherungsübereigneten Hausboots.
Die Klägerin betrieb auf einem am Rheinufer liegenden Hausboot die Gaststätte. Mit Vertrag vom 11. Dezember 1990 (GA 15/16) übernahm die Beklagte zugunsten der Klägerin einen Kreditauftrag, in dessen Rahmen der Klägerin von der Bank ein Darlehen über 120.000 DM gewahrt wurde. Die Klägerin übernahm ihrerseits bis mindestens 31. Oktober 2000 die mit einer Konventionalstrafe bewehrte Verpflichtung, ausschließlich Biere über die Beklagte zu beziehen und auszuschenken bzw. ausschenken zu lassen. Zur Sicherheit aller Ansprüche aus dem Vertrag wurde der Beklagten übereignet. Mit Nachtrag vom 11. Oktober 1991 (GA 21/22) wurde u. a. die Sicherungsabrede genauer gefasst. Unter dem 20. Juni 1996 (GA 23-25) schlossen die Parteien eine weitere Vereinbarung. Danach stellte die Beklagte der Klägerin für ein Darlehen über 90.980,71 DM zur Verfügung, die Ausschileßlichkeitsbindung den Bierbezug betreffend wurde bis zum 31. Dezember 2007 erstreckt und der bereits erfolgten Sicherungsübereignung des Hausbootes wurden als Sicherungszweck auch die neuen Ansprüche der Beklagten unterlegt.
In den Jahren 1997/98 geriet die Klägerin - ihrer Behauptung zufolge krankheitsbedingt nach dem Freitod ihres Sohnes (GA 7) - mit ihren Kredittilgungen in Rückstand. Mit Schreiben vom 25. Januar 1999 (GA 27) stellte die Beklagte das Darlehen fällig und mit Schreiben vom 22. März 1999 (GA 29) bezifferte sie ihre Forderungen unter Einschluss ihrer Aufwendungen aus der Ablösung des Kreditauftrags auf 126.329,39 DM. Zeitgleich stellte die Klägerin im März 1999 ihren Gastronomiebetrieb auf ein (GA 7). Unter dem 23. Juni 1999 (GA 30 ff.) verkaufte und übereignete die Klägerin das Hausboot an eine Frau die den Gaststättenbetrieb durch ihren Pächter in der Folgezeit wieder aufnahm. Die Bezugsverpflichtung der Beklagten gegenüber wurde seitens der Klägerin nicht auf die Erwerberseite übergeleitet. Die Nachfolger bezogen Bier nicht bei der Beklagten. Aus dem Erlös des Verkaufs wurden die mit Schreiben vom 22. März 1999 (GA 29) bezifferten Forderungen der Beklagten ausgeglichen.
Die Klägerin hat gemeint, nunmehr sei die Beklagte verpflichtet, ihr das sicherungsubereignete Hausboot zurückzuübereignen. Sie habe sich in keiner Weise vertragswidrig verhalten.
Nachdem das Landgericht die Beklagte im Versäumniswege verurteilt hatte zu erklären, dass das Eigentum an dem Gastronomieobjekt angetäut nebst Aufbauten und Inventar auf die Klägerin übergehen soll (GA 153 ff.), hat die Klägerin nach Einspruchseinlegung seitens der Beklagten beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten,
sowie
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurtei1s abzuweisen
sowie widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 22.885,50 DM nebst 5 % Jahreszins über dem jeweiligen Basiszins nach § 1 DÜG ab dem 20. Januar 2001 zu zahlen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Sicherungszweck der Sicherungsubereignung sei nicht entfallen und die Rückübereignung deshalb nicht geboten. Mit der Rückführung bei ihr aufgenommener Verbindlichkeiten und - bestrittener - Tilgung des Kredits bei der Bank sei es nicht getan gewesen. Die Klägerin habe vielmehr gegen die Verpflichtung, auf ausschließlich ihre, der Beklagten, Biere auszuschenken oder ausschenken zu lassen, verstoßen. Dadurch seien u.a. die mit der Widerklage verfolgten Vertragsstrafeansprüche angefallen. Der Zweck, die Ausschließlichkeitsbindung für den Bierbezug und die Vertragsstrafenvereinbarung abzusichern, bestehe fort. Dass die Klägerin objektbezogen verpflichtet sei, wahrend der Dauer der eingegangenen Bindung den Bezug ausschließlich über sie, die Beklagte, für auch durch Nachfolgebetreiber sicherzustellen, ergebe sich aus Fassung sowie Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarungen. Es könne einem Gastwirt nicht möglich sein, die Bindung durch Veräußerung des Objekts zu unterlaufen.
Das Landgericht hat der Klage - durch Aufrechterhaltung des Versaumnisurte11s (GA 156 ff.) - stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Sicherungszweck sei erledigt. Die Klägerin sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, die Brauereibindung auf den Erwerber weiterzuleiten. Eine solche Verpflichtung habe in den Vereinbarungen keinen hinlänglichen Niederschlag gefunden. Die Beklagte sei gerichtsbekannt im Abschluss von Bierbezugsverpflichtungen geschäftserfahren. Das Fehlen einer ausdrücklichen Überleitungsverpflichtung sei vor diesem Hintergrund ein Hinweis darauf, dass die Klägerin sich insoweit nicht gebunden habe. Die widerklagend verfolgte Konventionalstrafe sei demgemäß nicht angefallen.
Mit ihrer Berufung beanstandet die Beklagte insbesondere, die Bezugsverpflichtung sei keineswegs durch Veräußerung des Betriebs in Wegfall geraten. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin die Bezugsverpflichtung objektbezogen oder personenbezogen übernommen gehabt habe. Gerade weil sich die Bezugsverpflichtung auf die Klägerin bezogen habe und damit personenbezogen gewesen sei, sei diese verpflichtet gewesen, den Bezug fortzusetzen und insbesondere alle diejenigen Maßnahmen zu unterlassen, die eine Unmöglichkeit der Hauptleistungspflicht herbeigeführt hatten. Indem die Klägerin das Gaststättenobjekt veräußert und die Bezugsverpflichtung nicht weitergegeben habe, habe sie die ihr obliegende personenbezogene Verpflichtung verletzt (GA 269).
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Versäumnisurteils abzuweisen,
und widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an sie, die Beklagte, 22.885,50 DM nebst 5 % Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszins gem. § 1 DÜG seit dem 20 Januar 2001 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang bei.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg; eine Individualisierung des im Verurteilungstenor des Landgerichts angesprochenen Inventars konnte nicht erfolgen, weil nach Angabe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Senatstermin eine Inventarliste entgegen dem Inhalt der Vereinbarung vom 20. Juni 1996 (vgl. GA 24) nicht erstellt worden sei.
1)
Die Klägerin beansprucht die Rückübereignung des Objekts zu Recht, weil der Sicherungszweck der Übereignung auf die Beklagte entfallen ist (vgl. Vereinbarung v. 20. Juni 1996, GA 23/24).
a)
Sicherungszweck war zum einen die Sicherung des von der Beklagten selbst gewahrten Darlehens (GA 23) sowie der Ansprüche der Beklagten aufgrund des für die Klägerin übernommenen Kreditauftrags (GA 15). Dass das Darlehens zurückgeführt worden ist, steht außer Streit. Aufgrund des "Kreditauftrags" - einer von der Beklagten gegenüber der Bank übernommenen Einstandsverpflichtung für ein seitens der Bank an die Klägerin gewahrtes Darlehen (vgl. GA 15) - hat die Beklagte ihre Inanspruchnahme ebenfalls nicht mehr zu besorgen. Der Auftrag war limitiert bis zum 31. Oktober 2000. Da sich die nicht bei der Beklagten gemeldet hat, ist davon auszugehen, dass aus dem Kredit keine Forderungen mehr offenstehen. Mit Schreiben vom 22. März 1999 (GA 29) hatte die Beklagte der Klägerin auch mitgeteilt, dass mit Zahlung des dort genannten Betrags der Kreditauftrag "abgelöst" sei. Weiterer Darlegung seitens der Klägerin bedarf es deshalb entgegen den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 27. August 2001 nicht In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten letztlich bestätigt, dass die Beklagte aus dem Kreditauftrag nicht mehr in Anspruch genommen werden wird.
b)
Darüber hinaus diente die Übereignung der Absicherung der von der Klägerin übernommenen Ausschließlichkeitsbindung, nur Biere über die Beklagte zu beziehen sowie nur diese auszuschenken, und der damit verknüpften Vertragsstrafenregelung (GA 16 u. GA 24). Auch dieser Sicherungszweck hat sich erledigt. Die Ausschließlichkeitsbindung hat - wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - mit Veräußerung des Objekts per 23. Juni 1999 (GA 30 ff.) ihr Ende gefunden. Durch den Bezug und Vertrieb von Fremdbieren seitens der neuen Betreiber konnte diese Bindung nicht mehr verletzt werden und Konventionalstrafe zu Lasten der Klägerin nicht mehr erwachsen.
Die Vereinbarungen der Parteien sind nämlich nicht dahin zu verstehen, die Klägerin habe die Verpflichtung übernommen, den ausschließlichen Bezug der Biere über die Beklagte auch im Falle der Veräußerung des Gastronomieobjekts zu gewährleisten. Die von der Klägerin übernommene Verpflichtung, bis zum Jahre 2007 nur Biere der Beklagten zu beziehen und "auszuschenken bzw. ausschenken zu lassen" (GA 24), konnte zwar auf eine umfassende, von den Parteien als "objektbezogen" bezeichnete Bindung hindeuten. Auch die Formulierung im Kopf der Vereinbarung (vgl. GA 15), die Abrede werde getroffen zwischen der Beklagten "bzw. deren Rechtsnachfolger" und der Klägerin "bzw. deren Rechtsnachfolger", mag in diese Richtung deuten, wenngleich es sich dabei auch um ein leerlaufendes Relikt verbreiteter formularmäßiger Vereinbarungen (vgl. GA 203) handeln kann. Der Terminus "Rechtsnachfolger" lässt überdies eher an Fälle der Universalsukzession denken. Zumindest ein starkes Interesse der beklagten Brauerei daran, dass die Klägerin ihre Bindung nicht mittels Veräußerung des Betriebs unterlaufen konnte, ist jedoch nicht zu verkennen. Gerade wegen dieses offenkundigen Interesses aber ist es auf der anderen Seite unverständlich, dass, wenn dies gewollt gewesen wäre, dieser Punkt nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Der Senat teilt die Überzeugung des Landgerichts, dass die geschäftserfahrene Beklagte eine ausdrückliche und ganz unzweideutige Regelung (vgl. etwa die in BGH MDR 2001, 380 wiedergegebene Formulierung) vereinbart haben würde, sofern eine Verpflichtung der Klägerin beabsichtigt gewesen wäre, den Bezug von Bieren ausschließlich über die Beklagte auch dann zu gewährleisten, wenn das Objekt veräußert wurde.
Im Vordergrund der Argumentation der Berufung steht denn auch die Auffassung, eine wenn auch nur persönlich eingegangene Verpflichtung der Klägerin, ausschließlich Biere über sie, die Beklagte, zu beziehen, impliziere die Nebenverpflichtung, den Betrieb fortzusetzen oder eben nicht ohne Weiterleitung der Ausschließlichkeitsbindung zu veräußern. Dem kann sich der Senat für den vorliegenden Fall nicht anschließen: Aus dem Umstand, dass die Klägerin sich nicht zur Abnahme bestimmter Mindestmengen verpflichtet hat, leitet sich die Folgerung ab, dass die Klägerin nur ihren Bedarf bei der Beklagten zu decken hatte. Hatte sie keinen Bedarf, so brauchte sie auch nichts abzunehmen. Der Klägerin hatte es deshalb konsequenterweise auf der Grundlage des vorliegenden Vertragswerks freigestanden, den Gaststättenbetrieb einzustellen und das Hausboot für andere Zwecke zu verwenden. Diese ihr freistehende Betriebsaufgabe konnte die Klägerin dann innerhalb der von Treu und Glauben gesetzten Grenzen in der Form vollziehen, dass sie das Objekt veräußerte. Entgegen der Annahme der Berufung ist eine Nebenverpflichtung zur Fortführung des Betriebs - evtl. durch einen Pächter - auch nicht aus sonstigen Umständen herzuleiten. Im vom Bundesgerichtshof (MJW 1985, 2693) entschiedenen Fall war entgegen den mündlichen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten im Senatstermin eine Mindestabnahmeverpflichtung (dort: 5000 hl in 20 Jahren) ausbedungen. Ganz entscheidend gegen eine Nebenverpflichtung zur Betriebsfortführung spricht vorliegend das Fehlen einer normalerweise zu erwartenden ausdrücklichen Regelung der Weiterleitungsverpflichtung auf einen etwaigen Nachfolger. Daraus folgt, dass die Klägerin bis zur Grenze des Missbrauchs insoweit keinen Bindungen unterliegen sollte.
Dass die Klägerin den Betrieb nur deshalb veräußert hätte, um sich aus der Abnahmeverpflichtung bei der Beklagten zu losen, lässt sich nicht feststellen. Die Klägerin trägt unwiderlegt vor, sie sei aus gesundheitlichen Gründen und angesichts des Freitodes ihres Sohnes in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und auf den Erlös angewiesen gewesen, um ihre Schulden bei der Beklagten zu tilgen. Für die Unrichtigkeit dieser Behauptung tritt die Beklagte keinen Beweis an.
c)
Dass die Klägerin im Zeitraum von März 1999 bis zur Veräußerung am 23. Juni 1999 gegen die ihr im Verhältnis zur Beklagten obliegenden Vertragspflichten verstoßen hatte, ist entgegen der Annahme der Berufung (GA 265) nicht festzustellen. Die Sicherung einer in diesem Zeitraum verwirkten Vertragsstrafe und damit ein noch existenter Sicherungszweck, welcher der Rückgabe der Sicherheit entgegenstehen wurde, kommt insoweit nicht in Betracht. Denn die Klägerin war zur Abnahme von Bieren nicht verpflichtet, so dass allein die Einstellung des Bezugs im März 1999 nicht pflichtwidrig war. Dass zwischenzeitlich andere Biere bezogen und vertrieben worden waren, ist nicht ersichtlich.
Unstreitig hatte die Klägerin vielmehr den Betrieb auf im März 1999 eingestellt (GA 7), und nach eigenem Vorbringen der Beklagten wurde das Objekt dann von den Erwerbern wieder eröffnet (GA 69).
Die rein theoretische Möglichkeit, die Klägerin konnte vor dem 31. Dezember 2007 von den Käufern zurückerlangen und der Ausschließlichkeitsvereinbarung könne so ggf. wieder Bedeutung zukommen, rechtfertigt es nicht, das Sicherungseigentum weiter bei der Beklagten zu belassen. Für den Eintritt einer solchen Möglichkeit spricht nichts und es wäre für die Klägerin nicht zumutbar, in der vollständigen Verwertung des Objekts noch über Jahre gehindert zu sein, nur weil der Sicherungszweck rein theoretisch wieder aufleben konnte.
2)
Die Widerklage ist nach alledem unbegründet, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Klägerin gegen Vertragspflichten verstoßen und damit die Konventionalstrafe verwirkt hat.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 439.385,50 DM.
Ende der Entscheidung
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