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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.06.2002
Aktenzeichen: 4 W 11/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 662
BGB § 1638 Abs. 1 2. Alt.
BGB §§ 1806 ff
BGB § 1915 Abs. 1
BGB § 1967
1.

Hat der Versicherungsnehmer für den Fall seines Todes vor Vollendung des 25. Lebensjahres seines Sohnes diesen zum Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung und ferner bestimmt, dass die Versicherungsleistung zur Finanzierung der Ausbildung seines Sohnes dienen und von zwei Verwandten verwaltet werden solle, so ist Voraussetzung für einen Widerrufs des damit erteilten Treuhandauftrages und der damit verbundenen postmortalen Vollmacht durch den Sohn und Alleinerben, dessen Ergänzungspflegerin oder die erziehungsberechtigten Mutter das Vorliegen eines wichtigen Grundes.

2.

Ein wichtiger Grund zum Widerruf des Treuhandauftrags und der post-mortalen Vollmacht ist nicht darin zu sehen, dass die Treuhänder den größten Teil der Versicherungsleistungen langfristig angelegt und davon die Kosten der Beerdigung des Erblassers, der Grabpflege und der Abwicklung des Nachlasses sowie Anwaltskosten zur Verteidigung gegen Angriffe der Mutter des Sohnes bestritten haben.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

4 W 11/02

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. S..., des Richters am Oberlandesgericht Dr. R... und des Richters am Landgericht H... am 3. Juni 2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 24. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Eine Beschwerdegebühr wird nicht erhoben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde bleibt ohne Erfolg, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, § 114 ZPO.

Zur mündelsicheren Anlage der von ihnen treuhänderisch in Empfang genommenen Versicherungsleistungen sind die Beklagten nicht gehalten, weil die Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld nur für Vormünder und Pfleger gelten (§§ 1806 ff., 1915 Abs. 1 BGB) und auf Personen, die fremdes Vermögen verwalten, keine entsprechende Anwendung finden. Ebenso wenig sind sie verpflichtet, die Verwaltung des von der A Versicherung ausgezahlten Geldes der für den Kläger bestellten Ergänzungspflegerin zu überlassen. Ausweislich der Veränderungsanzeige vom 29. August 1997 hat der Vater des Klägers diesen für den Fall seines Todes zum Bezugsberechtigten bestimmt und dabei festgelegt, dass die Leistungen des Lebensversicherers von den Beklagten verwaltet werden sollen, sofern er - wie geschehen - verstirbt, bevor der Kläger das 25. Lebensjahr vollendet hat. Gleichzeitig hat er angeordnet, dass diese Mittel zur Finanzierung der Ausbildung bzw. des Studiums des Klägers dienen sollen. Daraus ist zu entnehmen, dass der den Beklagten erteilte Treuhandauftrag und die damit verbundene post-mortale Vollmacht bis zum 25. Geburtstag des Klägers befristet sein sollten. Damit wäre es aber unvereinbar, wenn der Kläger selbst, die Ergänzungspflegerin oder seine Mutter, Auftrag und Vollmachten jederzeit widerrufen könnten. Deshalb muss die Erklärung des Erblassers dahingehend verstanden werden, dass ein Widerruf nur aus wichtigem Grund möglich sein soll (MK-Brandner, BGB, 3. Aufl., vor § 2197 Rn. 17, 21; Palandt/Edenhofer, BGB, 61. Aufl., Einf. vor § 2197 Rn. 20).

Ein wichtiger Grund, der die Entziehung der den Beklagten eingeräumten Verwaltungsbefugnisse rechtfertigen könnte, ist aber nicht hinreichend dargetan. So ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagten die Kapitalanlage nicht zurückgestellt haben, bis sie von der Bestellung der Ergänzungspflegerin Kenntnis erhielten, denn dazu waren sie in Anbetracht der Vollmacht, die ihnen der Erblasser erteilt hatte, nicht gehalten. Ebenso wenig kann ihnen zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Einwilligung der Mutter des Klägers nicht eingeholt haben, da sie nach dem Willen des Erblassers von der Vermögensverwaltung ausgeschlossen sein sollten (§ 1638 Abs. 1 2. Alt. BGB, vgl. dazu auch den Beschluss des 6. FamS des OLG v. 19.12.2000, 6 UF 191/00).

Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagten bei der Verfügung über die Versicherungssumme in schwerwiegender Weise gefehlt hätten. So ist nicht zu beanstanden, dass sie 70.000 DM langfristig in Rentenversicherungen mit der Option auf Auszahlung des Kapitals angelegt haben. Zwar steht dieser Betrag damit zur Finanzierung der schulischen Ausbildung des Klägers nicht zur Verfügung. Nach dem Inhalt des Treuhandauftrags ist das jedoch auch nicht notwendig. Zumindest durften die Beklagten die Anweisung des Erblassers nämlich dahingehend verstehen, dass das Geld für ein etwaiges Studium oder die berufliche Ausbildung des Klägers gedacht war. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben könnten allenfalls Bedenken gegen die Einzahlung von 50.000 DM auf einen bis März 2018 befristeten Versicherungsvertrag bestehen, weil das dadurch gebundene Kapital erst nach Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers frei wird. Sofern die Waisenrente, der Unterhaltsanspruch gegen die Mutter des Klägers sowie die bereits früher verfügbaren Mittel in Höhe von 34.000 DM zur Bestreitung der Ausbildungskosten nicht ausreichen sollten, besteht jedoch jederzeit noch die Möglichkeit, den Rückkaufwert dieses Rentenversicherungsvertrages - mit hinnehmbaren Einbußen - zu realisieren. Eine nachdrückliche Überschreitung des Ermessens, das den Beklagten bei der Vermögensverwaltung zuzubilligen ist, kann danach auch insoweit nicht festgestellt werden.

Weiterhin kann den Beklagten nicht angelastet werden, dass sie anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen haben, um die Versicherung zu bewegen, die Lebensversicherungsleistungen an sie auszukehren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Mutter des Klägers bereits drei Wochen nach dem Tode des Erblassers einen Anwalt beauftragt hatte, um die Allianz Versicherung davon zu überzeugen, die Versicherungssumme zu ihren Händen auszuzahlen. Bei der Sachlage durften aber auch die Beklagten sich als juristische Laien eines anwaltlichen Beistands versichern, um die Verwaltung der Versicherungsleistung nach den Wünschen des Erblassers sicherstellen zu können. Dass sie dafür unstreitig 2.449,92 DM verausgabt haben, hat der Kläger somit hinzunehmen.

Schließlich gereicht es den Beklagten auch nicht zum Nachteil, dass sie von den verbleibenden Versicherungsleistungen rd. 7.500 DM oder umgerechnet ca. 3.800 Euro ausgegeben haben, um davon die Kosten der Beerdigung des Erblassers, der Grabpflege und der Abwicklung des von ihm eingegangenen Wohnraummietverhältnisses zu bestreiten. Zwar ist die Versicherungssumme, die dem Kläger durch Vertrag zugunsten Dritter unter Lebenden zugewandt worden ist, nicht in den Nachlass gefallen (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 330 Rn. 2). Da er unstreitig aber Alleinerbe seines Vaters geworden ist, haftete er auch mit seinem nachlassfreien Vermögen für dessen Verbindlichkeiten (§ 1967 BGB). Dass seine Mutter als seine gesetzliche Vertreterin die notwendigen Vorkehrungen getroffen hat, um seine Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf das von Todes wegen erworbene Vermögen zu beschränken, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Von daher kann den Beklagten allenfalls vorgehalten werden, dass sie überzogene Beerdigungskosten aufgewandt haben. Selbst wenn das bei einzelnen der in Streit stehenden Positionen tatsächlich der Fall sein sollte, wäre der damit verbundene Pflichtenverstoß aber jedenfalls nicht so gravierend, dass er die Entziehung der Verwaltungsbefugnis rechtfertigen könnte. Insoweit kommt daher lediglich eine Herausgabepflicht des Beauftragten nach § 667 BGB in Betracht. Ob aus dem Grund ein bereits jetzt fälliger Zahlungsanspruch besteht, kann indes dahingestellt bleiben, weil dieser schon von der Höhe her nicht mehr in die Zuständigkeit des Landgerichts fiele. Für einen vor dem Amtsgericht zu führenden Prozess kann der Senat aber als Beschwerdegericht keine Prozesskosten bewilligen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rn. 23).

Ende der Entscheidung

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