Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.07.2001
Aktenzeichen: 4 Ws 230/01
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 57
StGB § 66
StGB § 68 b
StGB § 68 f Abs. 1
StGB § 68 f Abs. 2
StGB § 68 f Abs. 1 Satz 1
StPO § 467 Abs. 1
StPO § 463 Abs. 3 Satz 1
StPO § 454 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

4 Ws 229-230/01

In der Strafvollstreckungssache

gegen

wegen

Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 4. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S und die Richter am Oberlandesgericht K s und B

am 18. Juli 2001

auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld vom 01. März 2001 - 32 StVK 65/01 - nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 01. März 2001 stellte die Strafvollstreckungskammer im Rahmen einer Entscheidung nach § 68 f Abs 1 StGB fest, dass die Führungsaufsicht nicht entfalle, nachdem der Verurteilte die gegen ihn durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 03. September 1998 in Verbindung mit dem Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 26. Mai 1998 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verbüßt hat. Zugleich nahm die Strafvollstreckungskammer die Ausgestaltung der Führungsaufsicht vor. Durch das zu Grunde liegende Urteil des Landgerichts Düsseldorf wurde gegen den Verurteilten unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Neuss, das den Verurteilten wegen unerlaubten Erwerbes von Betäubungsmitteln in drei Fällen und wegen unerlaubten Erwerbes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubten Handeln mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt hatte, unter Einbeziehung einer Vorverurteilung durch das Amtsgericht Krefeld vom 31. März 1998 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Durch die einbezogene Verurteilung war gegen den Verurteilten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in achtzehn Fällen und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fallen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt worden. Der Verurteilte hat die Strafe am 26. April 2001 vollständig verbüßt.

Die Beschwerde des Verurteilten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Gegen die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, mit der festgestellt worden ist, dass eine kraft Gesetzes eingetretene Führungsaufsicht nicht entfalle, ist in entsprechender Anwendung der §§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel. Das auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist in der Sache begründet: Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil eine Entscheidung über den Wegfall der Führungsaufsicht gemäß § 68 f Abs. 2 StGB nicht zu treffen war. Denn da der Verurteilte eine Gesamtfreiheitsstrafe vollständig verbüßt hat, in der keine Einzelstrafe von mindestens zwei Jahren enthalten war, lag ein Fall des gesetzlichen Eintritts der Führungsaufsicht nach § 68 f Abs. 1 StGB nicht vor. Unter Abkehr seiner bisherigen Rechtsprechung - zuletzt Beschluss vom 03. November 1999 - 4 Ws 288/99 - schließt sich der Senat der Ansicht an, dass in den Fällen der vollständigen Verbüßung einer Gesamtfreiheitsstrafe Führungsaufsicht nur eintritt, wenn in der Strafe mindestens eine Einzelstrafe von wenigstens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Tat enthalten ist.

1.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift tritt mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat vollständig vollstreckt worden ist.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, unter welchen Voraussetzungen bei einer Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren Führungsaufsicht eintritt. Nach der von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung ist es für die Anwendung der Vorschrift des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB ausreichend, wenn wegen mehrerer Vorsatzdelikte eine Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verhängt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluss vom 25. November 1999, 1 Ws 379/99; Beschluss vom 08. März 2000, 1 Ws 189/00, NStZ-RR 2000, 347; 2. Strafsenat, Beschluß vom 14. Februar 2001, 2 Ws 43/01; 3. Strafsenat, Beschluß vom 28. Oktober 1997, 3 Ws 738/97, JMBlNW 1998, 91 = NStZ-RR 1999, 138 (Ls); 5. Strafsenat, Beschluß vom 23. Mai 1980, 5 Ws 63/80, MDR 1981, 70 = GA 1981, 38; OLG Hamburg, NStZ-RR 1996, 262; OLG Schleswig, SchlHA 1995, 2; SchlHA 1998, 167; OLG Nürnberg, NStZ-RR 1998, 124; OLG München, NStZ 1984, 314f; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. 2001, § 68 f Rz. 3 m.w.N.). Nach inzwischen wohl überwiegender Auffassung "(so Lackner/Kühl, StGB, 23. Aufl. 1999, § 68 f Rz. 1 m.w.N.) ist demgegenüber zu verlangen, dass mindestens wegen einer Vorsatztat das Mindestmaß von 2 Jahren als Einzelstrafe verwirkt wurde (OLG Bamberg, NStZ-RR 2000, 81ff; KG, NStZ-RR 1999, 138 (Ls); OLG Köln, 2. Strafsenat, unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung, NStZ-RR 1997, 4f; OLG Hamm, 3. Strafsenat, unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung NStZ-RR 1996, 31; 4. Strafsenat, unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung, NStZ 1996, 407; NStZ-RR 1998, 61; OLG Naumburg, MDR 1995, 102 = Neue Justiz 1995, 102; OLG Stuttgart, NStZ 1992, 101; OLG Zweibrücken, StV 1986, 541; Schönke-Schröder-Stree, StGB, 26. Aufl. 2001, § 68f Rdnr. 4; derselbe eingehend in Festschrift für Jürgen Baumann, 1992, 281ff; LK-Hanack, StGB, 10. Aufl. 1985, § 68 f Rdnr. 14). Der entscheidende Senat hat sich bislang unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung der anderen Strafsenate des OLG Düsseldorf (s.o.) - zuletzt mit Beschluß vom 03. November 1999, 4 Ws 288/99, der ersten Auffassung angeschlossen.

2.

Diese Ansicht hält der Senat nicht mehr aufrecht. Nach erneuter Prüfung der umstrittenen Rechtsfrage meint der Senat, dass die Auffassung, die die Verbüßung einer wegen Vorsatztaten verhängten Gesamtfreiheitsstrafe genügen lässt, nicht zu überzeugen vermag. Die zu ihrer Begründung angeführten kriminalpolitischen Erwägungen halten einer näheren Betrachtung nicht stand. Sie stützt sich vor allem auf die gesetzgeberische Zielsetzung und Aufgabe der Führungsaufsicht, die darin gesehen wird, dass ein Verurteilter, der wegen einer negativen Sozialprognose nicht in den Genuß der Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe gemäß § 57 StGB gekommen ist, nach der vollen Verbüßung von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe in erhöhtem Maße der Lebenshilfe in Form der Führungsaufsicht bedürfe, wobei es für die Notwendigkeit einer Unterstützung ohne Belang sei, ob die verbüßte Strafe sich aus mehreren - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe zurückgeführten - Einzelstrafen zusammensetzte oder eine Einzelstrafe von mindestens zwei Jahren beinhaltete (OLG Düsseldorf, 3. Strafsenat, aaO.). Da aus dem Wortlaut der Vorschrift ("eine Straftat") für sich genommen nicht zwingend das Erfordernis einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen "einer" Straftat hergeleitet werden müsse (vgl. 2. Strafsenat, aaO, S. 5 Beschlußausfertigung; 5. Strafsenat, aaO.) müsse im Rahmen einer teleologischen Auslegung der Vorschrift diesem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung getragen werden (OLG Nürnberg, a.a.O.).

Zutreffend ist, dass weder die Entstehungsgeschichte noch die Gesetzesmaterialien ausschlaggebende Anhaltspunkte für die Beantwortung der umstrittenen Auslegung des § 68 f Abs. 1 StGB liefern (OLG Köln, NStZ-RR 1997, 4). Der grammatikalischen Auslegung, also dem Wortlaut des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB kommt vor diesem Hintergrund eine große Bedeutung zu (OLG Köln, a.a.O; OLG Hamm, NStZ-RR 1996, 31). Wenn das Gesetz als Voraussetzung für das automatische Eintreten der Führungsaufsicht die vollständige Verbüßung von mindestens zwei Jahren "wegen einer (!) vorsätzlichen Straftat" verlangt, so spricht dies eindeutig dafür, dass mindestens auch eine (Einzel-) Freiheitsstrafe von 2 Jahren wegen einer vorsätzlichen Freiheitsstrafe verhängt worden sein muss (vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Bamberg, NStZ-RR 2000, 81, 82; OLG Celle, StV 1982, 227; ebenso LK-Hanack, a.a.O. § 68 f Rdnr. 14; Schönke-Schröder-Stree, a.a.O., § 68 f Rdnr. 4).

Als Argument für die - hier vertretene - an den Wortlaut orientierte Auslegung des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB ist der Umstand anzuführen, dass der Gesetzgeber durch das 2. Strafrechtsreformgesetz (StRG) vom 04. Juli 1969, durch das auch der § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB eingeführt wurde, gleichfalls die Regelung zur "Unterbringung in der Sicherungsverwahrung" geschaffen hat und hierbei in § 66 Abs. 1 StGB eine im wesentlichen identische Formulierung gewählt hat ("Wird jemand wegen einer .... vorsätzlichen Straftat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt,..."). Diese Regelung wird fast einhellig dahin ausgelegt, dass bei einer Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur dann in Betracht kommt, wenn in der Gesamtstrafe wenigstens eine eine vorsätzliche Tat betreffende Einzelstrafe von mindestens zwei Jahren enthalten ist (Tröndle/Fischer, a.a.O., § 66 Rdnr. 3 m.w.N.). Da die Vorschriften des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB und des § 66 Abs. 1 StGB in einem engen systematischen Zusammenhang stehen - die Führungsaufsicht und die Sicherungsverwahrung sind Maßnahmen der Sicherung und Besserung (vgl. § 61 Nr. 3 und 4 StGB) -, ist eine unterschiedliche Auslegung hinsichtlich der im selben Strafrechtsreformgesetz geschaffenen Führungsaufsicht nicht einsichtig (OLG Hamm, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Zweibrücken, StV 1986, 541). Soweit die Gegenauffassung dem Vergleich mit § 66 Abs. 1 StGB entgegenhält, dass in § 66 StGB - anders als in § 68 f StGB - dem Abs. 1 in Abs. 2 ausdrücklich der Fall einer Gesamtstrafe gegenübergestellt ist (vgl. OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, Beschluß vom 14. Februar 2001, 2 Ws 43/01, S. 5; 3. Strafsenat, Beschluss vom 28. Oktober 1997, 3 Ws 738/97, JMBl.NW 1998, 91, 92; 5. Strafsenat, GA 1980, 39, 40), greift dieser Ansatz zu kurz. Gerade die Tatsache, dass der Gesetzgeber für die Anwendung der Sicherungsverwahrung unter bestimmten Voraussetzungen hinsichtlich der zu Grunde liegenden Einzelstrafen die Verurteilung zu einer Gesamtstrafe ausreichen lässt, belegt die prinzipiell ausschlaggebende Bedeutung der Einzelstrafe für diese Maßnahme der Sicherung und Besserung und damit auch für die Führungsaufsicht.

Der Hinweis auf die gesetzgeberische Zielrichtung der Führungsaufsicht kann die extensive Auslegung des § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB ebenfalls nicht rechtfertigen. Die Führungsaufsicht bezweckt, gefährliche oder gefährdete Täter nach ihrer Entlassung aus längerer Strafhaft beim Übergang in das Leben in der Freiheit zu unterstützen und zu überwachen, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten (BVerfG NStZ 1981, 21). Damit hat die Führungsaufsicht eine Doppelfunktion (OLG Zweibrücken StV 1986, 541), wobei beide Zwecke gleichwertig nebeneinander stehen (OLG Stuttgart, NStZ 1992, 101). Die Gegenmeinung betont die Notwendigkeit der Unterstützung des Verurteilten nach und aufgrund längerer Haftdauer, wobei es keinen Unterschied machen dürfe, ob der längere Freiheitsentzug auf einer wegen mehrerer Straftaten verhängten Gesamtstrafe oder auf einer wegen einer - einzigen - Straftat verhängten Einzelstrafe beruht. Dieses isolierte Abstellen auf die Dauer des Freiheitsentzuges vermag indessen nicht zu überzeugen und führt zu nicht nachvollziehbaren Systembrüchen. So besteht das herangezogene Unterstützungsbedürfnis zweifelsfrei auch bei Verurteilten, die eine Haftzeit von mindestens zwei Jahren auf Grund der sich aneinander anschließenden Vollstreckung von mehreren Verurteilungen (Anschlussvollstreckung), zu verbüßen haben, die jeweils die 2 Jahre nicht erreichen. Für diese Konstellation wird jedoch - trotz der in gleichem Maße bestehenden Notwendigkeit zur Hilfestellung - das Eingreifen der Führungsaufsicht einhellig abgelehnt. Ein einleuchtender Grund, bei der Gesamtfreiheitsstrafe anders zu entscheiden, ist nicht erkennbar (OLG Bamberg, a.a.O., S. 82; OLG Köln, a.a.O., S. 5; OLG Hamm, a.a.O., S. 31; Stree in Festschrift Baumann, a.a.O., S. 285, 286).

Die die lange Haftdauer und das hieraus resultierende Erfordernis einer Unterstützung anführende Auffassung vermag ebenfalls nicht zu erklären, warum es nach allgemeiner Auffassung für die Frage der Vollverbüßung der mindestens zweijährigen Freiheitsstrafe ohne Bedeutung sein soll, wenn der Verurteilte die Freiheitsstrafe zunächst nur teilweise verbüßt hatte, nachdem die Reststrafe zunächst zur Bewährung nach § 57 StGB ausgesetzt worden war, und es zur Vollverbüung erst nach gegebenenfalls langer Unterbrechungszeit auf Grund des Widerrufes der Aussetzung gekommen ist. Hat ein Verurteilter nach der Aussetzung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung längere Zeit in Freiheit gelebt und sich wieder eingegliedert und hat er nach Widerruf zuletzt nur noch eine geringe Vollstreckungszeit, so greift das Argument des großen Bedürfnisses nach Unterstützung nach langer Haftdauer nicht mehr, so dass auf dem Boden der Gegenmeinung die Rechtfertigung der Führungsaufsicht entfallen müsste. Diese Konsequenz wird ersichtlich jedoch nicht gezogen (OLG Köln, a.a.O., S. 5; OLG Hamm, a.a.O.; Stree, in Festschrift Baumann, a.a.O. S. 284)

In gleichem Maße erscheint es inkonsequent, wenn einerseits die Dauer der Inhaftierung dafür entscheidend sein soll, dass Führungsaufsicht gemäß § 68 f StGB eintritt, dies aber schon von Gesetzes wegen nicht der Fall ist, wenn die Verurteilung wegen einer fahrlässig begangenen Straftat erfolgt ist, mag auch der Betroffene deutlich mehr als 2 Jahre wegen der Tat vollständig verbüßt haben (OLG Köln, a.a.O., S. 5). Der Umstand, dass der Gesetzestext eine vorsätzlich begangene Straftat voraussetzt, spricht dafür, dass es von der Schwere und dem Gewicht der einzelnen Straftat abhängen soll, ob ein entlassener Gefangener regelmäßig unter Führungsaufsicht gestellt werden soll. Des weiteren stoßt die auf die Vollstreckungszeit abstellende Ansicht auf erhebliche, nicht überzeugend zu lösende Schwierigkeiten in Fällen, in denen gegen einen Verurteilten eine Gesamtstrafe von mindestens zwei Jahren - gebildet aus jeweils unter zwei Jahren liegenden Einzelstrafen - vollständig vollstreckt worden ist, der teils Vorsatz- und teils Fahrlässigkeitstaten zu Grunde liegen (OLG Köln, a.a.O., S. 5; OLG Hamm, a.a.O., S. 31; Stree in Festschrift Baumann, a.a.O., S. 284). Der für eine solche Fallkonstellation vom OLG München (NStZ 1984, 314) entwickelte Lösungsweg, wonach aus den auf die Vorsatztaten entfallenden Einzelstrafen eine fiktive Gesamtstrafe zu bilden ist, ist abzulehnen (eingehend OLG Hamm, a.a.O., S. 31).

Insgesamt ist vor diesem Hintergrund die sich auf die Länge der Haftdauer und die hieraus resultierende notwendige Wiedereingliederungshilfe berufende Auslegung des § 68 f Abs. 1 StGB nicht tragfähig. Abzustellen ist demnach auf die in der einzelnen Tat zum Ausdruck gekommene Schwere des Tatunrechts, also das Maß der bewussten erheblichen Missachtung der Rechtsordnung. Diese rechtfertigt eher den schwerwiegenden Eingriff in die Lebensführung des Verurteilten, mit der die Führungsaufsicht verbunden ist. Die Führungsaufsicht kann für den Verurteilten eine erhebliche und langdauernde Belastung darstellen, die sich an die vollständige Verbüßung der Strafe anschließt. Nach § 68 b StGB können dem Verurteilten - in erster Linie zum Schutz der Allgemeinheit - Weisungen erteilt werden, die seine Freiheitsrechte massiv bechränken und seine Lebensführung tiefgreifend reglementieren. Bei Zuwiderhandlungen gegen solche Weisungen muß der Verurteilte mit Bestrafung rechnene (§ 145 a StGB). Dieser Eingriff und das Gewicht der möglichen Beschränkungen von Freiheitsrechten verbieten eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 68 f Abs. 1 StGB, wie sie von der Gegenmeinung vertreten wird. Er ist nur bei schweren Straftaten mit erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt, die sich in der Verurteilung von mindestens 2 Jahren niederschlägt, gerechtfertigt (OLG Köln, a.a.O., S. 5; OLG Hamm, a.a.O., S. 31; OLG Bamberg, a.a.O., S. 82; OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Zweibrücken, a.a.O., S. 541).

Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben, weil gegen den Verurteilten durch das Urteil des Landgerichts Düsseldorf keine Einzelstrafe von mindestens 2 Jahren verhängt worden ist und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Führungsaufsicht nicht gegeben sind. Für eine Entscheidung nach § 68 f Abs. 2 StGB und die weiteren Anordnungen war folglich kein Raum.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück