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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.09.2001
Aktenzeichen: 4 Ws 432/01
Rechtsgebiete: StPO, ZPO


Vorschriften:

StPO § 311 Abs. 2
StPO § 36 Abs. 1 Satz 1
StPO § 37 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 208
ZPO § 211
ZPO § 211 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz
ZPO § 170 Abs. 1
ZPO § 212 Abs. 1
ZPO § 195 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 195 Abs. 2
ZPO § 191 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

4 Ws 432/01

In der Strafvollstreckungssache

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

hat der 4. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S die Richterin am Oberlandesgericht M-S und den Richter am Oberlandesgericht B

am 17. September 2001

auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld vom 08. Juni 2001 - 33 StVK 314/99 - nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) als unzulässig verworfen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten richtet sich gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 08. Juni 2001, mit der diese die mit Beschluss vom 25. August 1999 angeordnete Vollstreckungsaussetzung einer Restfreiheitsstrafe zur Bewährung widerrufen hat. Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil es verspätet eingelegt wurde.

1. Der angefochtene Beschluss ist dem Beschwerdeführer am 15 Juni 2001 zugestellt worden. Die einwöchige Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO lief danach am 22. Juni 2001 ab. Die auf den 20. Juni 2001 datierte Beschwerdeschrift ist ab 25. Juni 2001, mithin verspätet beim Landgericht eingegangen.

2. Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 16. August 2001 ist die Zustellung der angegriffenen Entscheidung am 15. Juni 2001 wirksam erfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass der die Zustellung bewirkende Justizvollzugsbedienstete als Gerichtswachtmeister seiner Unterschrift nicht seine Dienstbezeichnung beigefügt hat.

a) Die Zustellung ist auf Anordnung des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 StPO durch Übergabe einer Ausfertigung des Beschlusses in der Justizvollzugsanstalt bewirkt worden. Eine solche Vorgehensweise ist nach § 37 Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit §§ 208, 211, 170 Abs. 1 ZPO zulässig und bei Zustellungsempfängern, die sich in Haft (sei es Strafhaft, sei es Untersuchungshaft) befinden, allgemein üblich. Die Zustellungsurkunde muss dann gemäß §§ 211 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz, 212 Abs. 1, 195 Abs. 2 Satz 1, 191 Nr. 7 ZPO die Unterschrift des Beamten der Justizvollzugsanstalt enthalten, der die Zustellung vollzieht (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat, Beschluss vom 26. Juni 2000, JMBl NW 2001, 48 = NStZ-RR 2000, 371 = VRs 99, 438 = StraFO 2000, 380). Fehlt eine ordnungsgemäße Unterschrift, so hat dies die Unwirksamkeit der Zustellung zur Folge (vgl. BGH NJW 1981, 874, 875; OLG Düsseldorf, aaO.; OLG Frankfurt, NJW 1993, 3079; Wenzel in Münchener-Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2001, § 191 Rdnr. 4).

Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Unterschrift ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug zu verlangen, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe, Handzeichen) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist, die Absicht einer vollen Unterschnriftsleistung erkennen lässt und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert (vgl. BGHR ZPO § 130 Nr. 6 Unterschrift 12; OLG Frankfurt, aaO., jeweils m.w.N.; Wenzel, aaO., Rdnr. 8). Nicht erforderlich ist die Lesbarkeit des Schriftgebildes (vgl. BGH, aaO.; ebenso NJW-RR 1997, 760). Ausreichend ist, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschriften kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann (vgl. BGH, NJW 1988, 713; OLG Frankfurt, aaO.). Ob nach diesen Kriterien ein Schriftzug eine Unterschrift oder lediglich eine - nicht genügende - Abkürzung darstellt, beurteilt sich nach dem Erscheinungsbild (BGHR, ZPO § 130 Nr. 6 Unterschrift 12 m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt der unter die Zustellungsurkunde gesetzte Schriftzug. Er stellt nach seinem gesamten Erscheinungsbild die Wiedergabe eines vollen - immerhin aus fünf Buchstaben bestehenden - Namens eines Bediensteten der Justizvollzugsanstalt dar und lässt die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen.

b) Da das in Rede stehende Schriftbild nach seiner äußeren Erscheinung unter Heranziehung der oben wiedergegebenen Abgrenzungskriterien eindeutig als Unterschrift anzusehen ist und keine Abkürzung im Form einer Paraphe oder eines Handzeichens darstellt, ist es für die Ordnungsgemäßheit der Unterschrift oder damit der Wirksamkeit der Zustellung im vorliegenden Fall ohne Belang, dass der Unterzeichner seiner Unterschrift nicht auch seine Dienstbezeichnung beigefügt hat. Zwar schreiben die einschlägigen Verwaltungsanweisungen vor, dass bei der Zustellung durch Beamte der Justizvollzugsanstalt als Gerichtswachtmeister die Urkunde unter Beifügung der Amtsbezeichnung zu unterschreiben ist (vgl. zuletzt AV des JM NW v. 03. Mai 1991 - Zustellungen in Justizvollzugsanstalten usw. -, JMB1 NW 1991, 136, 137). Vor diesem Hintergrund enthält der bei der Zustellung an Gefangene übliche und auch hier verwendete Vordruck AVR 44 unten rechts die vom die Zustellung bewirkenden Beamten auszufüllenden Zeiler.

(Ort und Tag)

(Unterschrift, Amtsbezeichnung als Gerichtswachtmeister).

Unterlässt es der Bedienstete der Justizvollzugsanstalt entgegen der Verwaltungsanweisung, seine Unterschrift unter die Zustellungsurkunde mit seiner Dienstbezeichnung zu versehen, führt dies nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Zustellung (so aber ausdrücklich OLG Düsseldorf, 3. Strafsenat, Beschluss vom 02. Januar 2001, 3 Ws 522-525/00). Soweit der 1. Strafsenat in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2000 - a.a.O.- ausgeführt hat, bei der Zustellung an einen Gefangenen durch einen Beamten der Justizvollzugsanstalt als Gerichtswachtmeister werde es regelmäßig nötig sein, dass der Beamte seiner Unterschrift seine Amtsbezeichnung beifügt, vermag der erkennende Senat dem insoweit zuzustimmen, als dass die Beifügung einer Dienstbezeichnung durch den Beamten bei der in Zweifelsfällen erforderlichen Abgrenzung zwischen Abkürzung und Unterschrift als Indiz für letzteres gewertet werden kann. Damit ist es aus Gründen der Klarheit zwar tunlich und sinnvoll, dass der Beamte seine Unterschrift mit der Dienstbezeichnung, die als weiteres Identifizierungsmerkmal dienen kann, versieht; in den Fällen, in denen der Beamte nach dem Zustellungsakt ein Schriftzeichen unter die Zustellungsurkunde gesetzt hat, dass nach den obigen Kriterien eindeutig als Unterschrift zu erkennen ist, gebietet es weder das Gesetz noch der Grundsatz der Rechtssicherheit die Wirksamkeit der Zustellung von der Beifügung der Dienstbezeichnung abhängig zu machen. In diesem Sinne versteht der erkennende Senat auch die Entscheidung des 1. Strafsenats, zumal der dort zugrundeliegende Fall dadurch geprägt ist, dass die "Merkmale eines Schriftzuges auch nicht ansatzweise zu erkennen sind." Die Beifügung einer Dienstbezeichnung als Wirksamkeitserfordernis kann auch nicht dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 19. März 1998 (NJW 1998, 1716) entnommen werden. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof lediglich klargestellt, dass Postbedienstete, die nach der Postreform von 1995 als Angestellte der Deutschen Post Aktiengesellschaft nicht mehr die Beamteneigenschaft besitzen, weiterhin als Beamte im Sinne des §§ 195 Abs. 2, 191 Nr. 7 ZPO anzusehen sind.

Nach alledem scheitert die Wirksamkeit der Zustellung nicht an der fehlenden Dienstbezeichnung; im übrigen sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese nicht durch einen zustellungsbefugten Beamten der Justizvollzugsanstalt bewirkt wurde.

Ende der Entscheidung

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