Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.09.2002
Aktenzeichen: 5 W 26/02
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 10
ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 494 a
ZPO § 319 Abs. 1
ZPO § 574 Abs. 3
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 269 Abs. III
ZPO § 494 a Abs. 2
ZPO § 494 a Abs. 1
ZPO § 494 a II S .2
ZPO § 567 II S. 1
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS

5 W 26/02

In Sachen

pp.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 02. Mai 2002 - 3 OH 5/99 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahin geändert, dass die Antragsteller die dem Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten in Höhe eines Anteils von 95 % zu tragen haben.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller 98% und der Antragsgegner 2%.

Gründe:

Die Antragsteller haben als Wohnungseigentümer im selbständigen Beweisverfahren ein Sachverständigengutachten beantragt, weil der Antragsgegner Heizungsventile fehlerhaft eingebaut habe. Die Kosten der Mängelbeseitigung haben sie angegeben mit 20.852,97 DM. Der Sachverständige stellte fest, es liege nur ein Teil der angenommenen Mängel vor, deren Beseitigung einschl. MWSt 1.000 DM koste.

Das Landgericht hat den Antragstellern auf Antrag des Antragsgegners eine Klagefrist gesetzt und ihr nach deren Ablauf die dem Antragsgegner im Beweisverfahren entstandenen Kosten in voller Höhe auferlegt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller. Sie machen geltend, die Klage sei nur deshalb nicht erhoben worden, weil der Antragsgegner die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitigt habe. Sie meinen, deshalb habe der Antragsgegner die ihr im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen.

Der Antragsgegner verweist darauf, dass er durch seine Mängelbeseitigungsarbeiten nur einen geringen Teil des ursprünglichen Anspruchs der Antragsteller gegenstandslos gestellt habe.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde richtet sich nach neuem, vom 1. Januar 2002 an geltendem Recht, § 26 Nr. 10 EGZPO, weil die Entscheidung des Landgerichts nach dem 31. Dezember 2001 ergangen ist.

Gemäß § 494 a II S.2 ZPO unterliegt der Kostenbeschluss der sofortigen Beschwerde. Sie ist gemäß § 567 II S. 1 ZPO zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 € übersteigt.

Der Beschwerdeantrag ist auszulegen. Die Antragsteller haben beantragt auszusprechen, dass der Antragsgegner die ihnen im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Kosten zu tragen habe. Dieses Begehren setzt voraus, dass auch die Entscheidung des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss (Erstattung der dem Antragsgegner entstandenen Kosten durch die Antragsteller) geändert wird.

Die sofortige Beschwerde hat nur in geringem Umfang Erfolg, nämlich insoweit, als die Antragsteller die Kosten des Antragsgegners nur zu 95 % zu tragen haben.

Im selbständigen Beweisverfahren findet grundsätzlich keine Kostengrundentscheidung gem. §§ 91 ff. ZPO statt. Sie ist im Hauptsacheverfahren zu treffen (vgl. KG BauR 01, 1951; OLG München BauR 01, 1947), denn das selbständige Beweisverfahren führt zu keiner Streitentscheidung und kennt daher keine obsiegende oder unterliegende Partei (Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494a, 1). Wird ein Hauptsacheverfahren nicht durchgeführt, so hat grundsätzlich jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst zu tragen (OLG München BauR 01, 1947).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz regelt § 494 a Abs. 2 ZPO:

Erhebt der Antragsteller entgegen der gerichtlichen Anordnung nach § 494 a Abs. 1 ZPO nicht fristgerecht Klage zur Hauptsache, hat er die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners (nur hierauf bezieht sich diese Vorschrift) zu tragen.

Es ist inzwischen anerkannt, dass § 494 a Abs. 2 ZPO keine abschließende Regelung für Kostenentscheidungen im selbständigen Beweisverfahren enthält, sondern - außerhalb seines Anwendungsbereiches - andere Kostenentscheidungen zulässt (Senat OLGR 1995, 44; Senat OLGR 1993, 345; OLG München BauR 01, 993; OLG München BauR 01, 1947 m.N.).

So hat der Antragsteller - analog § 269 Abs. III ZPO - die Kosten des Beweisverfahrens zu tragen, wenn er den Beweisantrag vor Durchführung der Beweisaufnahme vollständig zurückgenommen hat (Senat, a.a.O.). Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, es bestehe in all denjenigen selbständigen Beweisverfahren wegen der Kostenentscheidung eine Gesetzeslücke, in denen die Beweisaufnahme tatsächlich nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurde; diese Lücke sei durch analoge Anwendung der Kostenbestimmungen des streitigen Verfahrens, insbesondere der §§ 91 ff. ZPO und des § 269 Abs. 3 ZPO zu schließen (OLG München BauR 2001, 1947, 1948). In diesen Fällen soll auch ein Anspruch des Antragstellers auf Entscheidung über die ihm entstandenen Kosten bestehen.

Anerkannt ist auch, dass trotz unterlassener Hauptsacheklage eine Kostenentscheidung gem. § 494 a Abs. 2 ZPO (zugunsten des Gegners im selbständigen Beweisverfahren) unterbleibt, wenn die beabsichtigte Klage deshalb gegenstandslos geworden ist, weil der Gegner den Hauptsacheanspruch erfüllt hat, denn § 494 a Abs. 2 ZPO könne begrifflich nur dann eingreifen, wenn die Hauptsacheforderung noch streitig sei; in einem etwaigen Hauptsacheprozess könne der Beweisführer nicht einmal sein früheres Leistungsbegehren für erledigt erklären (OLG Düsseldorf BauR 1994, 277; so auch Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 494 a 5 m. N.; OLG Karlsruhe BauR 1998, 1278; OLG München BauR 1999, 784: in solchen Fällen sei eine Kostenentscheidung nicht veranlasst; für den Fall des Abschlusses eines außergerichtlichen Vergleiches, der einer Hauptsacheklage entgegen stand: OLG Dresden BauR 2000, 605).

Die Besonderheit des vorliegenden Sachverhaltes liegt darin, dass die Antragsteller in großem Umfang Mängel behauptet hatten, die nicht bestätigt worden sind. Ob in einem solchen Fall im selbständigen Beweisverfahren eine Teilkostenentscheidung ergehen kann, ist streitig.

Solange der Antragsgegner die - in geringem Umfang festgestellten - Mängel nicht beseitigt und der Antragsteller - nur insoweit - Hauptsacheklage erhebt, kann dies nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (BauR 1993, 370) nicht schon im selbständigen Beweisverfahren im Rahmen des § 494 a Abs. 2 ZPO zugunsten des Antragsgegners berücksichtigt werden. In einem solchen Fall seien die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens insgesamt Teil der Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die dort nach allgemeinen Regeln zu entscheiden sei. Nach anderer Ansicht (OLG München OLGR 1992, 94) sind die Kosten des Beweisverfahrens durch Beschluss nach § 494 a Abs. 2 ZPO zu quoteln, wenn die Hauptsacheklage nur einen Teil des Streitgegenstandes des Beweisverfahrens erfasst, weil im Rahmen des Hauptsacheverfahrens über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nur entschieden werde, soweit die Feststellungen aus dem Beweisverfahren auch im Hauptsacheverfahren "gegenständlich" seien.

Diese Frage bedarf hier keiner Entscheidung. Hier konnten die Antragsteller auch wegen des vom Sachverständigen festgestellten Teils der Mängel Hauptsacheklage deshalb nicht mehr erheben, weil der Antragsgegner diese Mängel beseitigt hatte.

Sinnvoll wäre es in solchen Fällen, das Beweisverfahren übereinstimmend (teilweise) für erledigt zu erklären und eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zu beantragen (so Vygen in einer Anmerkung zu KG BauR 2001, 1951f., das eine Kostenentscheidung gem. § 91 a ZPO hier für unzulässig hält und auf den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch verweist).

Wird nicht für erledigt erklärt, so sind den Antragstellern im Rahmen des § 494 a Abs. 2 ZPO die Kosten des Antragsgegners aus dem selbständigen Beweisverfahren zu dem Anteil aufzuerlegen, zu dem ihr Antrag nicht erfolgreich war (so auch OLG München BauR 1997, 167f.). Eine volle Kostenbelastung der Antragsteller, von der § 494 a Abs. 2 ZPO grundsätzlich ausgeht, wäre nicht sachgerecht. Sie würde insbesondere nicht berücksichtigen, dass der Antragsgegner durch die Beseitigung des festgestellten Teils der Mängel die Hauptsacheklage der Antragsteller insoweit unmöglich gemacht hat.

Die Antragsteller müssen sich auch nicht auf einen materiellen Kostenerstattungsanspruch verweisen lassen. Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit sprechen zwar nicht gegen eine Verweisung auf einen solchen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Denn die Antragsteller müssten ohnehin ihre eigenen Kosten aus dem Beweisverfahren, soweit ihr Antrag erfolgreich war, materiell-rechtlich geltend machen, d.h. notfalls gesondert einklagen; denn eine Erstattung dieser Kosten sieht § 494 a ZPO ohnehin nicht vor. Es käme daher nicht zu einem weiteren überflüssigen Prozess. Es wäre aber widersinnig, einerseits im Rahmen des § 494 a ZPO trotz Teilerfolges den Antragstellern die Kosten des Gegners voll aufzuerlegen, und sie sodann wegen der Erstattung des zuviel auferlegten Betrages auf das materielle Recht zu verweisen.

Gegen eine Quotelung der Kosten des Antragsgegners aus dem selbständigen Beweisverfahren in Fällen wie dem vorliegenden spricht auch nicht das Argument, im selbständigen Beweisverfahren sollten materiell-rechtliche Erwägungen nicht angestellt werden. Die Quote richtet sich - ohne materiell-rechtliche Prüfung - alleine danach, in welcher Höhe der Antragsgegner den ursprünglich geltend gemachten Hauptsacheanspruch erfüllt hat. Dies ergibt bei einem Gegenstandswert für das selbständige Beweisverfahren von unstreitig 20.852,97 DM und festgestellten und beseitigten Mängeln im Werte von 1.000 DM einer Quote von 95 % zu Lasten der Antragsteller und 5 % zu Lasten des Antragsgegners.

Der Senat lässt gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zu wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, § 574 Absätze 3 und 2 ZPO.

Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren: bis 1.500 €

Ende der Entscheidung

Zurück