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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.06.2000
Aktenzeichen: 6 U 145/99
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 13 Abs. 1
AGBG § 8
AGBG § 9 bis 11
AGBG § 13 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 11 Nr. 5 b
AGBG § 9 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 675
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 145/99

Verkündet am 8. Juni 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K, den Richter am Oberlandesgericht Sund die Richterin am Oberlandesgericht M-M-H

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 14. Juli 1999 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 DM abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaften einer in Deutschland ansässigen Bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der klagende Verbraucherschutzverein hat nach seiner Satzung u.a. die Aufgabe, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen und zu fördern, insbesondere gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen vorzugehen, die gegenüber nicht Nichtkaufleuten verwendet und empfohlen werden.

Die beklagte Volksbank verwendet gegenüber ihren Kunden in Bezug auf Giroverträge Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) mit dem Hinweis auf ein Preisverzeichnis. Danach berechnet sie u.a. Entgelte für Benachrichtigungen des Kunden, und zwar mit folgendem Wortlaut:

"Benachrichtigung des Ausstellers über die Nichteinlösung von Schecks von Lastschriften von Überweisungen von Daueraufträgen (Rückgabe mangels rechtzeitiger Deckung durch den Kontoinhaber). Ein Entgelt wird bei Schecks nur dann berechnet, wenn der Kunde die Rückgabe des Schecks zu vertreten hat. Ein Entgelt wird nur dann berechnet, wenn der Kunde die Nichtausführung des Dauerauftrages bzw. des Überweisungsauftrages zu vertreten hat."

Der Kläger nimmt die Beklagte gemäß § 13 Abs. 1 AGBG im Hinblick auf diese Klausel auf Unterlassung in Anspruch, ausgenommen gegenüber einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes. Er hat die Beklagte mit Schreiben vom 25.01.1999 abgemahnt und sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert, deren Abgabe die Beklagte mit Antwortschreiben vom 29.01.1999 abgelehnt hat.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Entgeltklausel unterliege als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle gemäß den §§ 9 f. AGBG. Diese sei nicht durch § 8 AGBG ausgeschlossen. Denn die Beklagte wälze Kosten für die Erfüllung eigener Pflichten auf den Kunden ab, fordere also kein Entgelt für eine Leistung, die sie dem Kunden auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbringe. Darin liege eine Abweichung von Rechtsvorschriften, die der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterliege.

Die Beklagte umgehe die Rechtsprechung des BGH zur Unzulässigkeit der von Banken verwendeten Entgeltklausel betreffend die Nichtausführung eines Dauerauftrages oder einer Überweisung sowie betreffend die Rückgabe eines Schecks oder einer Lastschrift wegen fehlender Deckung (vgl. BGH WM 1997, 2298 und WM 1997 2300), indem sie in diesen Fällen ein "Benachrichtigungsentgelt" verlange. Da das Entgelt nicht erhoben werde, wenn der Kunde die Rückgabe des Schecks nicht zu vertreten habe, sei Anknüpfungspunkt für das Entgelt nicht die Benachrichtigung, sondern die "schuldhafte" Nichtausführung/einlösung mangels Deckung. Die "Deckungsprüfung" liege nach der Rechtsprechung des BGH jedoch im eigenen Interesse des Kreditinstituts und stelle somit keine vergütungspflichtiger Leistung der nichteinlösenden Bank dar.

Zudem sei das Kreditinstitut zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen gegenüber ihrem Kunden verpflichtet, diesen frühzeitig von der Nichtausführung eines Auftrags zu informieren. Die Benachrichtigung des Kunden sei somit eine neben vertragliche Verpflichtung, erfolge also im ureigensten Interesse des Kreditinstituts und stelle deshalb keine Leistung aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung dar.

Die Beklagte versuche unter bewußter Mißdeutung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sich ein für unzulässig erklärtes Entgelt zu sichern. Sowohl der Umstand, daß das Entgelt für die Nichteinlösung an ein Verschulden des Kunden gekoppelt sei, als auch die sehr unterschiedliche Höhe der geforderten Entgelte zeige; daß es nicht um die Benachrichtigung des Kunden gehe.

Zudem liege die erst nachträglich erfolgende Benachrichtigung nicht im mutmaßlichen Interesse des Kunden, weil dieser dann den Schaden nicht mehr abwenden könne.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen den gesetzlichen Vertreter der Beklagten festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, die folgenden oder diesen inhaltsgleiche Klauseln in Bezug auf Giroverträge zu verwenden, soweit diese nicht mit einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgeschlossen werden:

"Benachrichtigung des Ausstellers über die Nichteinlösung von Schecks von Lastschriften von Überweisungen von Daueraufträgen (Rückgabe mangels rechtzeitiger Deckung durch den Kontoinhaber). Ein Entgelt wird bei Schecks nur dann berechnet, wenn der Kunde die Rückgabe der Schecks zu vertreten hat.

Ein Entgelt wird nur dann berechnet, wenn der Kunde die Nichtausführung des Dauerauftrages bzw. des Überweisungsauftrages zu vertreten hat."

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht:

Die angegriffene Klausel unterliege nicht der Inhaltskontrolle, weil es sich um eine Preisklausel handele, der eine echte (Gegen-) Leistung zugrundeliege. Sie benachrichtige den Kunden nicht nur per Kontoauszug sondern zusätzlich durch ein gesondertes Informationsschreiben, das sie unmittelbar nach Kenntnis von der Nichteinlösung bzw. Rückgabe versende und das dem Kunden regelmäßig einen Tag später zugehe. Dadurch werde der Kunde in die Lage versetzt, seinen Verbindlichkeiten auf andere Weise noch nachzukommen und damit etwaigen Verzugsfolgen zu entgehen. Das Benachrichtigungsschreiben diene also ausschließlich dem Interesse des Kontoinhabers. Sie komme ihrer Informationspflicht regelmäßig schon dadurch nach, daß sie die Nichtausführung auf dem Kontoauszug vermerke. Darüber hinaus informiere sie jedoch durch ein gesondertes Informationsschreiben. Dieses enthalte Informationen darüber, welche Zahlungsmittel nicht zur Einlösung gekommen sind, wer der Zahlungsempfänger gewesen wäre, das Datum der Rückgabe, den entsprechenden Betrag und den Grund der Rückgabe. Im Hinblick auf den Grund der Rückgabe werde der Kontoinhaber darüber informiert, ob eine Einlösung mangels Zahlung, infolge eines Widerspruchs, mangels Deckung oder aus einem sonstigen Grund erfolgte. Damit übernehme sie eine besondere Leistung, zu der sie weder gesetzlich noch auf Grund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet wäre, so daß sie auch eine gesonderte Vergütung verlangen könne.

Es liege keine Umgehung der BGH-Rechtsprechung vor, weil das Entgelt erklärtermaßen für die Benachrichtigung der Kunden über die Nichtausführung verlangt werde und nicht für die Nichtausführung an sich. Die beanstandete Klausel werde zudem - insoweit unstreitig - in ihren Preisverzeichnissen bereits seit 1994, also schon vor Erlaß der vom Kläger zitierten BGH-Urteile verwendet.

Durch Urteil vom 14.07.1999 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die beanstandete Klausel unterliege gemäß § 8 AGBG nicht der Inhaltskontrolle gemäß den §§ 9 bis 11 AGBG. Sie enthalte eine preisregelnde Bestimmung, die nicht von Rechtsvorschriften abweiche, weil die Beklagte die Benachrichtigung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erbringe. Denn bei der Benachrichtigung des Kunden über die Nichtausführung eines Auftrages werde die beklagte Bank in erster Linie und vorrangig im objektiven Interesse des betroffenen Kunden tätig. Die Benachrichtigung beruhe auf einer aus dem Giroverhältnis - einem Geschäftsbesorgungsvertrag - folgenden Nebenpflicht der Bank. Das an die Mitteilung geknüpfte Entgelt werde daher für eine Leistung der Bank verlangt, die diese auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringe. Von einer Umgehung der BGH-Rechtsprechung könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Beklagte das Entgelt seit 1994 erklärter maßen als "Benachrichtigungsentgelt" erhebe. Der BGH habe in seiner Entscheidung jedoch ausdrücklich zwischen der - den dortigen Gegenstand der Entgeltklausel bildenden - Prüfung ausreichender Deckung sowie der - hier zu prüfenden - Benachrichtigung des Kunden unterschieden. Dabei habe er ausdrücklich offengelassen, ob die durch eine im Einzelfall erforderliche Benachrichtigung des betroffenen Kunden über die Nichteinlösung entstehenden Aufwendungen eine Leistung darstellen und demzufolge ersatzfähig seien.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens greift er die Begründung des angefochtenen Urteils an.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung unter ergänzender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG klagebefugte Kläger kann nicht nach § 13 Abs. 1 AGBG im Wege des Verbandsprozesses von der Beklagten verlangen, daß diese die Verwendung der streitgegenständlichen Entgeltklauseln in ihren AGB unterläßt. Denn die vom Kläger beanstandeten Klauseln sind nicht nach §§ 9 bis 11 des AGBG-Gesetzes unwirksam.

Vielmehr halten die beanstandeten Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.

1.

Allerdings handelt es sich bei den angegriffenen Klauseln - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht um preisregelnde Bestimmungen, die gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen sind. Vielmehr handelt es sich um sog. (Preis-)Nebenabreden, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG unterliegen, wobei im Streitfall nur eine Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG in Betracht kommt.

Nach § 8 AGBG ist die Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG auf AGB-Bestimmungen beschränkt, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. AGB-Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln, unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, weil die Vertragsparteien nach dem im BGB geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmen können. Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, gehören hierzu die beanstandeten Klauseln nicht. Denn sie regeln nicht die Höhe der Kontoführungsgebühren und/oder die Höhe der Zinsen für vereinbarte oder geduldete Überziehungen, also die vertragliche Hauptleistungspflicht, sondern Entgelte für Nebenleistungen, die nur erforderlich werden, wenn das Konto des Bankkunden keine Deckung aufweist.

Es handelt sich vielmehr um sog. (Preis-) Nebenabreden, die der Inhaltskontrolle unterliegen. Kontrollfähige Nebenabreden sind solche, die zwar mittelbare Auswirkung auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann. Unter Rechtsvorschriften im Sinne des § 8 AGBG sind dabei nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne zu verstehen, sondern auch allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze und das Abweichen von wesentlichen Rechten und Pflichten, die sich aus der Natur des jeweiligen Vertragsverhältnisses ergeben. Nach allgemeinen Grundsätzen kann der Verwender von AGB Entgelte nur für solche Leistungen verlangen, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringt. Eine Entgeltregelung, der eine solche Leistung nicht zugrunde liegt, sondern die die Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter Pflichten des Verwenders auf den Kunden abzuwälzen versucht, stellt deshalb eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH hindert § 8 AGBG auch nicht, Preisklauseln daraufhin zu überprüfen, ob ihnen eine echte (Gegen-) Leistung zugrunde liegt. Werden Entgeltklauseln - wie im vorliegenden Falle - in ein Regelwerk eingestellt, das Preise für Einzelleistungen bei der Abwicklung eines Vertrages festlegt, hat das nicht zur Folge, daß die einzelne Klausel damit zu einem jeder Kontrolle entzogenen unselbständigen Bestandteil einer Preisabsprache wird (vgl. BGH WM 97, 1663, 1664; WM 97, 2298, 2299; WM 97, 2300, 2301).

Auf der Grundlage dieser Ausführungen ist somit zunächst maßgeblich für die Frage der Kontrollfähigkeit der streitgegenständlichen Entgeltklauseln, ob die Benachrichtigung von der Nichtausführung von Überweisungen und Daueraufträgen bzw. von der Nichteinlösung von Schecks und Lastschriften die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Verwenders darstellt und die Bank die ihr dafür entstehenden Aufwendungen auf den Kunden abzuwälzen versucht, oder ob die Benachrichtigung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erfolgt.

Das Landgericht hat die Kontrollfähigkeit der streitgegenständlichen Entgeltklauseln mit der Begründung verneint, die Benachrichtigung des Kunden beruhe auf einer aus dem Giroverhältnis, einem Geschäftsbesorgungsvertrag, folgenden Nebenpflicht der Bank gemäß § 242 BGB. Das an die Mitteilung geknüpfte Entgelt werde daher für eine Leistung der Bank verlangt, die diese auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringe. Mit dieser Begründung hat das Landgericht zwar zutreffend eine aus dem Girovertrag folgenden Nebenpflicht der Bank zur Benachrichtigung des Kunden angenommen, so daß letztlich diese Benachrichtigung auch auf rechtsgeschäftlicher Grundlage erfolgt. Damit allein kann jedoch die Kontrollfähigkeit der streitgegenständlichen Entgeltklauseln nicht verneint werden. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des BGH liegt ein Abweichen von Rechtsvorschriften im Sinne des § 8 AGBG nicht nur vor, wenn von allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen abgewichen wird, sondern auch dann, wenn von wesentlichen Rechten und Pflichten, die sich aus der Natur des jeweiligen Vertragsverhältnisses ergeben, abgewichen wird. Deshalb können auch Entgelte für Nebenpflichten der Bank, die sie im Rahmen des Bankvertrages, somit also auf rechtsgeschäftlicher Grundlage zu erfüllen hat, kontrollfähig sein. Demgemäß hat sich der BGH in ständiger Rechtsprechung auch nicht durch § 8 AGBG gehindert gesehen, Preisklauseln daraufhin zu überprüfen, ob ihnen eine echte (Gegen-) Leistung zugrunde liegt. Im vorliegenden Fall hat die beklagte Volksbank Entgeltklauseln für Nebenleistungen in ein Regelwerk eingestellt, das Preise für Einzelleistungen bei der Abwicklung eines Vertrages festlegt. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH WM 97, 1663, 1664) hat dies nicht zur Folge, daß die einzelne Klausel damit zu einem jeder Kontrolle entzogenen unselbständigen Bestandteil einer Preisabsprache wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Entgeltklauseln sich auf Nebenpflichten der Bank beziehen, die dieser im Rahmen des Girovertrages obliegen. Dennoch handelt es sich um eine sog. (Preis-) Nebenabrede, welche der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG unterliegt. Nur die unmittelbare Bestimmung der Hauptleistung bzw. des Preises ist nicht kontrollfähig, während alle im weiteren Sinne "leistungsbeschreibenden", nämlich das Hauptleistungsversprechen ausgestaltenden, modifizierenden und einschränkenden Regelungen in AGB kontrollfähig sind (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 10).

2.

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG halten die streitgegenständlichen Entgeltklauseln stand. Die Berechnung eines Entgelts für die unverzügliche schriftliche Benachrichtigung des Bankkunden von der Nichteinlösung von Schecks und Lastschriften sowie der Nichtausführung von Überweisungen und Daueraufträgen ist nicht mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung unvereinbar (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) und benachteiligt den betroffenen Bankkunden auch nicht unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG).

Nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird die Beklagte, wenn sie ihren Kunden unverzüglich schriftlich von einer Nichteinlösung bzw. Nichtausführung unterrichtet, in erster Linie und vorrangig im objektiven Interesse des betroffenen Kunden tätig. Dagegen spricht nicht, daß die Bank zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen gehalten ist, den betroffenen Kontoinhaber unverzüglich über die Nichtausführung bzw. Nichteinlösung zu unterrichten, um diesen in die Lage zu versetzen, anderweitig für die rechtzeitige Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen Sorge zu tragen und auf diese Weise den Eintritt von Verzugsfolgen zu vermeiden (vgl. BGH WM 1989, 625, 626; OLG Hamm WM 1984, 1222). Dennoch dient die Benachrichtigung in erster Linie und vorrangig dem objektiven Interesse des betroffener, Bankkunden, damit dieser ihm noch mögliche Maßnahmen ergreifen kann, um Verzugsfolgen zu vermeiden. Ein eigenes - originäres - Interesse der Bank an einer unverzüglichen Unterrichtung ihres Kunden besteht nur insofern, als sie - sozusagen als "Nebeneffekt" - mögliche Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Benachrichtigung vermeidet, wobei solche in vielen Fällen schon an einem überwiegenden Mitverschulden des Kontoinhabers scheitern dürften, weil dieser nicht rechtzeitig für ausreichende Deckung seines Kontos gesorgt hat. Im Ergebnis verlangt die Beklagte somit ein Entgelt für eine gesonderte Nebenleistung, die ganz überwiegend im Interesse des betroffenen Kontoinhabers liegt und für die Bank Mehraufwendungen verursacht; die durch die Girogebühren nicht abgedeckt werden, weil durch diese nur die Geschäftsvorfälle bei einem reibungslosen Ablauf des Girokontos abgegolten werden. Insoweit liegt also keine Entgeltregelung vor, die Aufwendungen für die Erfüllung gesetzlich begründeter eigener Pflichten des Verwenders - also der beklagten Bank - auf den Bankkunden abzuwälzen versucht (vgl. insoweit BGH WM 97, 1663, 1664 und 1665, 1666 betr. Entgeltklauseln für die Bearbeitung von Freistellungsaufträgen sowie BGH WM 97, 2298 - 2301 betr. Entgeltklauseln für die Nichtausführung eines Dauerauftrages oder einer Überweisung sowie die Rückgabe eines Schecks oder einer Lastschrift mangels Deckung).

Der vorliegende Fall ist auch nicht vergleichbar mit den vom BGH entschiedenen Fällen betreffend Entgeltklauseln, wonach die Bank allein für die Nichtausführung eines Dauerauftrages oder einer Überweisung bzw. die Rückgabe eines Schecks oder einer Lastschrift jeweils wegen fehlender Deckung ein Entgelt fordern konnte. Derartige Bestimmungen in AGB verstoßen nach der Rechtsprechung des BGH gegen § 9 AGBG und stellen im Hinblick auf § 11 Nr. 5 b AGBG auch keine wirksamen Schadenspauschalierungen dar. Denn in diesen Fällen bildet den Gegenstand der Vergütungsregelung allein die Prüfung, ob das Konto des betroffenen Bankkunden ausreichende Deckung aufweist. Bei der Prüfung ausreichender Deckung wird das Kreditinstitut ausschließlich im eigenen Interesse tätig, erbringt also keine Leistung für ihren Kunden (vgl. BGH WM 97, 2298, 2299 und 2300, 2301).

In den vorstehend zitierten Entscheidungen hat der BGH ausdrücklich offengelassen, ob die durch eine im Einzelfall erforderliche Benachrichtigung über die Nichteinlösung entstehenden Aufwendungen eine Leistung darstellen und demzufolge ersatzfähig sind. Er hat dabei auf sein Urteil vom 28.02.1989 (= WM 1989, 625, 62) verwiesen. In diesem Urteil hat der BGH ausgesprochen, im Einzugsermächtigungsverfahren sei die Schuldnerbank (Zahlstelle) in aller Regel verpflichtet, den Kontoinhaber unverzüglich über die Nichteinlösung einer Lastschrift zu unterrichten, um ihn die Lage zu versetzen, anderweitig für die rechtzeitige Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen zu sorgen; die Nachricht sei spätestens mit der Rückgabe der Lastschrift abzusenden. Zur Begründung hat der BGH im wesentlichen ausgeführt, die Zahlungsabwicklung im Lastschriftverfahren bringe es mit sich, daß ein Schuldner, der seinem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt habe, keine weiteren Aktivitäten zu entfalten brauche, solange sein Konto ein hinreichendes Guthaben aufweise oder sein Kreditinstitut entsprechende Kontoüberziehungen zulasse. Der Schuldner wisse häufig nicht, wann eine ihn betreffende Lastschrift bei seinem Kreditinstitut eingehe. Die Nichteinlösung einer Lastschrift könne aber für den Schuldner einschneidende Folgen haben (vgl. BGH WM 89, 625, 626). Diese das Einzugsermächtigungsverfahren betreffende Entscheidung kann nicht ohne weiteres auf die Fälle übertragen werden, in denen Überweisungen und Daueraufträge mangels Deckung nicht ausgeführt oder Schecks mangels Deckung nicht eingelöst werden. Denn in diesen Fällen weiß der Kunde in aller Regel, wann sein Konto belastet werden wird und ob es zu diesem Zeitpunkt die erforderliche Deckung aufweist. Er muß deshalb im eigenen Interesse rechtzeitig für ausreichende Deckung sorgen.

Es sind daher Fallkonstellationen möglich, in denen die Bank nicht verpflichtet ist, ihren Kunden von der Nichtausführung von Überweisungsaufträgen und Daueraufträgen bzw. der Nichteinlösung eines Schecks zu unterrichten, nämlich insbesondere dann nicht, wenn die Bank ihrem Kunden vorher bereits die Sperrung seines Kontos mitgeteilt hatte. Erfolgt dennoch in derartigen Fällen eine gesonderte schriftliche Benachrichtigung durch die Bank, liegt diese ausschließlich im Interesse des Kunden und nicht zugleich auch im Interesse der Bank. Es liegt dann zweifellos eine zusätzliche Leistung der Bank vor, so daß sie die dadurch entstehenden Aufwendungen auch zusätzlich erstattet verlangen kann. Aber auch wenn die Bank nebenvertraglich - wie jedenfalls - bei Rückgabe von Lastschriften verpflichtet ist, den Kunden stets unverzüglich zu benachrichtigen, liegt diese Benachrichtigung ganz überwiegend im objektiven Interesse des betroffenen Kunden.

Es ist somit ein berechtigtes Interesse der Bank anzuerkennen, daß der jeweils betroffene Kunde, wenn er die Rückgabe des Schecks oder der Lastschrift bzw. die Nichtausführung des Dauerauftrages oder des Überweisungsauftrages zu vertreten hat, die durch die schriftliche Benachrichtigung entstehenden Mehraufwendungen zu erstatten hat. Mit der in die Entgeltklausel aufgenommenen Einschränkung, daß ein Entgelt für die Benachrichtigung nur dann berechnet wird, wenn der Kunde die Rückgabe bzw. Nichtausführung zu vertreten hat, vornehmlich also wenn diese darauf beruht, daß der Kunde nicht rechtzeitig für ausreichende Deckung auf seinem Konto gesorgt hat, ist die Klausel mit den wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung vereinbar und benachteiligt den betroffenen Bankkunden auch nicht unangemessen.

Soweit die Beklagte das "Benachrichtigungsentgelt" je nach nicht ausgeführtem Geschäftsvorgang unterschiedlich hoch ansetzt, wobei zum Teil erhebliche Preisunterschiede bestehen, ergibt sich daraus - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht, daß die Beklagte in Wahrheit Ersatz des "Schadens" fordert, der aus der Nichtausführung resultieren soll. Ebensowenig ergibt sich dies daraus, daß das Entgelt an ein "Verschulden" des Kunden anknüpft. Gegenstand der streitgegenständlichen Entgeltklausel ist nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut kein Schadensersatzanspruch der Bank wegen fehlender Deckung auf dem Konto des Bankkunden, der schon dem Grunde nach zweifelhaft wäre. Vielmehr geht es dem Wortlaut und der Sache nach nur um Aufwendungsersatz gemäß § 675 BGB für eine zusätzliche Nebenleistung der Bank aus dem Girovertrag, nämlich die unverzügliche Benachrichtigung von der Nichteinlösung von Schecks und Lastschriften bzw. von der Nichtausführung von Überweisungen und Daueraufträgen durch gesonderte Informationsschreiben der Bank.

Nichts anderes ergibt sich daraus, daß ein Entgelt nur berechnet wird, wenn der betroffene Kunde die Rückgabe bzw. die Nichtausführung zu vertreten hat. Würde diese Einschränkung fehlen, könnte die Bank bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ein Benachrichtigungsentgelt unter Umständen auch dann verlangen, wenn der Bankkunde die mangelnde Deckung nicht zu vertreten hätte oder die Nichteinlösung in einem vertragswidrigen Verhalten der Bank ihre Ursache hätte. Dies würde den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 AGBG belasten.

Auch die unterschiedliche Höhe der "Benachrichtigungsentgelte" rechtfertigt nicht den vom Kläger gezogenen Schluß, die Beklagte fordere jeweils den Betrag, der als "Schaden" aus der Nichtausführung resultiere. Bedenklich wäre, wenn die Beklagte eine einheitliche Pauschalgebühr fordern würde. Nicht zu beanstanden ist, daß sie unterschiedlich hohe Entgelte fordert, die sie durch eine interne Kalkulation ermittelt hat, die u.a. die Häufigkeit der Geschäftsvorfälle berücksichtigt.

Ohne Erfolg macht der Kläger in zweiter Instanz ergänzend geltend, eine Anweisung des Bankkunden außerhalb eines Guthabens oder einer eingeräumten Kreditlinie stelle einen Antrag an die Bank auf Einräumung eines weiteren Kredits und deshalb die Benachrichtigung über die Nichtausführung der Anweisung (nur) die Ablehnung dieses Kreditantrages dar. Da das Gesetz eine Entgeltpflicht für die Ablehnung eines Angebots nicht kenne, liege in der Klausel eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes. Bei seiner Argumentation verkennt der Kläger, daß die Bank auf einen konkludenten Kreditantrag ihres Kunden nicht reagieren muß. Ein Vertrag über eine Krediterweiterung kommt schon dann nicht zustande, wenn die Bank die Anweisung ihres Kunden nicht ausführt, ohne ihn hiervon zu benachrichtigen. Deshalb kann die Benachrichtigung seitens der Bank von der Nichtausführung einer Anweisung ihres Kunden nicht lediglich als Ablehnung eines konkludenten Kreditantrages ihres Kunden gewertet werden.

Es liegt auf der Hand, daß durch die gesonderten Benachrichtigungen ein Mehraufwand entsteht, der durch die Grundgebühren für die Führung des Girokontos nicht abgedeckt wird. Dies hat die Beklagte zudem im einzelnen dargelegt, ohne daß dem der Kläger substantiiert entgegengetreten ist. Auch daraus ergibt sich, daß die streitgegenständliche Entgeltklausel keine Schadenspauschalierung sondern ein zusätzliches Entgelt für eine Zusatzleistung, die nur einigen Bankkunden erbracht werden, zum Gegenstand hat.

Die gesonderte Benachrichtigung ist zweckmäßig und geeignet, um den betroffenen Bankkunden unverzüglich in die Lage zu versetzen, eventuelle Verzugsfolgen durch anderweitige Maßnahmen zu vermeiden. Nach dem bereits erwähnten Urteil des BGH vom 28.02.1989 (= WM 1989, 625, 626) ist die Schuldnerbank im Einzugsermächtigungsverfahren in aller Regel verpflichtet, den Kontoinhaber unverzüglich über die Nichteinlösung einer Lastschrift zu unterrichten, um ihn in die Lage zu versetzen, anderweitig für die rechtzeitige Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtung zu sorgen. Dies würde mit einem Vermerk auf den Kontoauszügen nicht erreicht. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, neigt der eine Kunde dazu, regelmäßig einen Kontoauszug zu ziehen, während ein anderer Kunde einen solche nur unregelmäßig einholen wird. Deshalb kann allein durch Vermerke auf dem Kontoauszug die erforderliche zeitnahe Information nicht sichergestellt werden. Vielmehr erfüllt nur die Benachrichtigung durch gesonderte Informationsschreiben die an eine unverzügliche Information zustellenden Anforderungen. Nach Darstellung des Klägers erreichen die Informationsschreiben die betroffenen Kunden regelmäßig per Post ein oder zwei Tage nach der Nichtausführung des Auftrags. Damit wird der Vortrag der Beklagten bestätigt, daß die Informationsschreiben unmittelbar im Anschluß an die Entscheidung über die Nichtausführung des Auftrages, d.h. in der Regel noch am gleichen Tage auf dem Postwege versandt werden. Eine anschließende übliche Postlaufzeit von ein bis zwei Tagen ist nicht zu vermeiden. Nach der vorstehend zitierten Entscheidung des BGH reicht es aus, daß die Benachrichtigung am gleichen Tage, an dem die Bank die Entscheidung über die Rückgabe bzw. die Nichtausführung trifft, zur Post gegeben wird.

Somit war der Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer des Klägers beträgt 12.000,00 DM; dies ist zugleich der Berufungsstreitwert.

Die Revision wird zugelassen. Die streitgegenständliche Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil der BGH sie in seinen bisherigen Entscheidungen ausdrücklich offengelassen hat und sie von mehreren Instanzgerichten unterschiedlich beantwortet wird (§ 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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