Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.06.2001
Aktenzeichen: 6 U 207/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 291
BGB § 288
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 1 Satz 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 28. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K, den Richter am Oberlandesgericht M und die Richterin am Oberlandesgericht M

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. September 2000 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70,07 DM nebst 4 % Zinsen p.a. seit dem 17. Mai 2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübertragung von 87 ....... S-Aktien, ........... Im übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 3/4 und der Beklagten 1/4 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Während der Kläger von der Beklagten lediglich die Zahlung von 70,07 DM Zug um Zug gegen Rückübertragung von 87 ... S-Aktien an die Beklagte verlangen kann, hat das Landgericht die Widerklage zu Recht abgewiesen.

Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung steht ihm gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in Höbe von 40.000,00 DM nicht zu. Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Zeichnung der in Rede stehenden ... S-Aktien beanstandet, die Beklagte habe ihm keinerlei Risikohinweise erteilt, lässt sich eine Pflichtverletzung der Beklagten schon mangels Vorliegens von Beratungs- oder Aufklärungspflichten nicht feststellen. Mit Rücksicht darauf, dass der Kläger den gezielten Wunsch hatte, eine konkrete Aktie in einem genau bestimmten Umfang zu zeichnen, fehlt es nicht nur am Zustandekommen eines Beratungsvertrages, sondern die Beklagte hatte auch nicht etwa aus allgemeinen Erwägungen Anlass zu einer Risikoaufklärung. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Nichtbeachtung des WpHG verweist, lässt sich eine Kausalität möglicher Verstöße für den nunmehr geltend gemachten Schaden, der im übrigen ohnehin gar nicht aus dem Zeichnungsvorgang resultiert, nicht erkennen.

Zu einer Pflichtverletzung der Beklagten ist es allerdings bei der nachfolgenden Kauforder des Klägers zum Erwerb von .... S-Aktien gekommen. Zwar kann der Beklagten aus den bereits genannten Gründen auch hier nicht etwa der Vorwurf gemacht werden, sie habe den Kläger nicht hinreichend über die Risiken des Geschäfts aufgeklärt - seine Bemühungen, die Nichtberücksichtigung bei der Zeichnung der Aktie durch einen nachfolgenden Kauf an der Börse quasi auszugleichen, musste bei der Beklagten den Eindruck, der Kläger sei auf die in Rede stehende Aktie fixiert und bedürfe deshalb keiner weitergehenden Hinweise vielmehr noch verstärken -, doch hat die Beklagte den konkreten Auftrag des Klägers nicht ordnungsgemäß abgewickelt. Da auch der Mitarbeiterin K unstreitig bekannt war, dass der Kläger allein 40.000,00 DM einsetzen wollte, lag auf der Hand, dass eine Überschreitung dieses Betrages vermieden werden musste. Die zu diesem Zweck vorgeschlagene Limitierung war zwar der richtige Weg, wurde dem Kläger aber nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erläutert. Unabhängig davon, ob der Kläger bei der Frage nach einer Limitierung erklärt hat, er wolle möglichst günstig kaufen, ohne den ihm zur Verfügung stehenden Rahmen von 40.000,00 DM zu überschreiten, oder geäußert hat, er wolle die Aktien auf jeden Fall, war zwischen den Gesprächspartnern nämlich klar, dass für den Aktienkauf mehr als der genannte Betrag nicht ausgegeben werden durfte. War eine Limitierung im vom Kläger gemeinten Sinne (Obergrenze 40.000,00 DM) jedoch nicht möglich - so das eigene Vorbringen der Beklagten -, hätte sie den Kläger entweder unmissverständlich auf diesen Umstand hinweisen oder das gewünschte Ergebnis auf andere Weise sicher stellen müssen. Genau das ist aber nicht geschehen. Soweit die Beklagte erstmals im Laufe des Rechtsstreits behauptet hat, dem Kläger sei in dem fraglichen Telefonat ausdrücklich mitgeteilt worden, die von ihm gewünschte Begrenzung sei technisch nicht machbar, hat die Beklagte ihr diesbezügliches Vorbringen mangels Beweisantritts nicht bewiesen.

Trotz der festgestellten Pflichtverletzung der Beklagten steht dem Kläger der von ihm geltend gemachte Schadensersatzanspruch jedoch nicht zu und zwar aus folgenden Erwägungen:

Entgegen der zunächst abweichenden Darstellung in der Klageschrift ist der Senat in Anbetracht des weiteren Vorbringens des Klägers zunächst davon überzeugt, dass der Kläger bei dem Gespräch mit der Mitarbeiterin der Beklagten keine konkrete Order zum Kauf von 360 Aktien für 55 Euro pro Stück erteilt hat, sondern dass ihm durchaus bewusst war, dass die tatsächliche Anzahl der Aktien, die er für den Betrag von 40.000,00 DM erhalten würde, von den möglichen Kursschwankungen abhängig sein würde. Dabei bedeutete ein steigender Kurs naturgemäß weniger, ein fallender Kurs mehr Aktien. Da der Kläger - wie sein Verhalten deutlich zeigt - an den Aktien stark interessiert war, wäre er im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung nach Überzeugung des Senats auch bereit gewesen, sich mit weniger Aktien zu einem höheren Kurs zufrieden zu geben, um sicher zu sein, überhaupt noch in das Papier "einsteigen" zu können. Allerdings vermag der Senat nicht festzustellen, dass diese Grenze bei 74 Euro oder gar darüber gelegen hätte - nur dann wäre es bei entsprechend niedrigerer Stückzahlvorgabe zum Kauf gekommen -, denn mit Rücksicht auf den dem Kläger als Ausgangskurs genannten Betrag von 55 Euro muss eine Limitierung auf so hohem Niveau unter den gegebenen Umständen als sehr unwahrscheinlich angesehen werden. Folglich ergibt sich zwar, dass das Geschäft bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zustande gekommen wäre, doch kann der Kläger trotz danach feststehender Pflichtverletzung und Kausalität von der Beklagten die Rückerstattung des gezahlten Betrages deshalb nicht verlangen, weil es am erforderlichen Pflicht- bzw. Rechtswidrigkeitszusammenhang fehlt. Sinn und Zweck einer ordnungsgemäßen Belehrung über die Möglichkeiten einer Limitierung ist es allein, den Kunden vor Kursrisiken zu schützen, um die es dem Kläger vorliegend aber erkennbar gerade nicht ging. Ihm kam es nicht darauf an, für die von ihm begehrte Aktie nicht mehr als einen bestimmten Kurs zu zahlen, sondern er wollte nach eigenem Bekunden nur sicher stellen, dass nicht für mehr als 40.000,00 DM Aktien gekauft wurden. Nur insoweit als dieses Ziel aufgrund der Pflichtverletzung nicht erreicht worden ist, kann er daher auch seinen Schaden ersetzt verlangen, der darin besteht, dass gegenüber der Beklagten weitergehende Verbindlichkeiten begründet worden sind. Das im gewünschten Kaufpotential von 40.000,00 DM steckende Kursrisiko, das der Kläger bei einer Rückabwicklung komplett auf die Beklagte verlagern würde, muss er dagegen selbst tragen. Er wollte für einen Betrag von 40.000/00 DM .... S-Aktien mit allen Vor- und Machteilen und er hat für 40.000,00 DM ..... S-Aktien bekommen. Folglich kann er von der Beklagten auch keine Rückabwicklung des Geschäfts verlangen, sondern nur den bei der Anschaffung der Aktien verbliebenen Spitzenbetrag von 70,07 DM, der sich wie folgt errechnet:

Bei einem Kurswert von 74 Euro, der einem Betrag von 144/73 DM entspricht, hätten für den Kläger lediglich 273 Aktien im Gesamtwert von 39.511,29 DM angeschafft werden dürfen. Unter Einbeziehung der 1%-igen Provision von dann 395,13 DM sowie der Maklergebühr (21,31 DM) und der Spesen (2,20 DM) errechnen sich insgesamt 39.929,93 DM.

Im Gegenzug zur Zahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 70,07 DM muss der Kläger, der aufgrund der vorgenannten Erwägungen naturgemäß nicht verpflichtet ist, den von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Betrag für die weiteren 87 Aktien an die Beklagte zu zahlen, diese Aktien an die Beklagte herausgeben, so wie es auch der Kläger bei verständiger Würdigung seiner Klageanträge zum Ausdruck gebracht hat.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Beide Parteien sind mit weniger als 60.000/00 DM beschwert. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO liegen nicht vor.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 52.670,33 DM festgesetzt. Zugleich wird gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG der Streitwert für die erste Instanz in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung auf 52.670,33 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück