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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 26.04.2001
Aktenzeichen: 6 U 94/00
Rechtsgebiete: BGB, GmbHG, StGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 250
BGB § 255
BGB § 284 Abs. 1 Satz 2
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 43 Abs. 1
GmbHG § 46 Nr. 8
StGB § 266
ZPO § 321 Abs. 2
ZPO § 321
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am 26. April 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., den Richter am Oberlandesgericht M. und die Richterin am Oberlandesgericht M.

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und die Berufung der Streithelferin wird das am 24. März 2000 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise geändert und unter Aufhebung des am 22. Dezember 2000 verkündeten Urteils der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche der Klägerin - gleich aus welchem Rechtsgrund - gegen die Arbeitsgemeinschaft S., bestehend aus der Streithelferin, der O. GmbH & Co.KG und der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, sowie gegen die B.S. GmbH & Co.KG auf Erstattung der von der H.-AG aufgrund der Bürgschaften Nr. ....... vom 16. Oktober 1997 und Nr. ....... vom 16. April 1998 an die Arbeitsgemeinschaft S. geleisteten, von der Klägerin oder ihrer Rechtsvorgängerin B.L. GmbH & Co.KG (M. GmbH & Co.KG) der H.-AG ersetzten oder zu ersetzenden Beträge 1.300.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. November 1998 an die Klägerin zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 9/25 der Kosten des ersten Rechtszuges mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, die Streithelferin 9/25 ihrer erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe und der Berufung der Streithelferin werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.520.000,00 DM und die Zwangsvollstreckung der Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leisten. Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin und ehemalige persönlich haftende Gesellschafterin der B.L. GmbH & Co.KG. Sie nimmt den Beklagten als ihren früheren Geschäftsführer auf Ersatz der Beträge in Anspruch, die die B.L. GmbH & Co.KG als Mitdarlehensnehmerin von Avalkrediten an die H.-AG gezahlt haben soll. Dem Rechtsstreit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin und die B.L. GmbH & Co.KG wurden durch Gesellschaftsverträge vom 24. April 1996 als Gemeinschaftsunternehmen der B. GmbH & Co.KG und der L. AG gegründet. Beide Gründungsgesellschafterinnen übernahmen jeweils 50 % des Stammkapitals der Klägerin von 50.000,00 DM und der Kommanditeinlagen der B.L. GmbH & Co.KG von insgesamt 2 Mio. DM. Die Klägerin trat als persönlich haftende Gesellschafterin ohne eigene Einlage in die B.L. GmbH & Co.KG ein. Gleichzeitig wurde der Beklagte zum einzelvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Der zunächst bestellte weitere Geschäftsführer X. legte sein Amt bereits am 22. Juli 1996 nieder. Der daraufhin bestellte, nur in Gemeinschaft mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen zur Vertretung berechtigte Mitgeschäftsführer Y. schied am 30. September 1997 ebenfalls durch Amtsniederlegung aus der Geschäftsführung aus.

Mit der Gründung der Gesellschaften wollten die B.-Gruppe und die L.-Gruppe einen auf die Planung, die Projektierung, die Herstellung und den Vertrieb vorwiegend bühnentechnischer Anlagen spezialisierten Unternehmensverbund aufbauen. Zu diesem Zweck brachten beide Seiten Tochtergesellschaften in das Unternehmen ein, als deren Holdinggesellschaft die B.L. GmbH & Co.KG in der Folge fungierte. Die B. GmbH & Co.KG gründete in diesem Zusammenhang durch weiteren Gesellschaftsvertrag vom 24. April 1996 die mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM ausgestattete B. Beteiligungsgesellschaft mbH und - gemeinsam mit dieser - am gleichen Tage die B.S. GmbH & Co.KG. Die B. Beteiligungsgesellschaft mbH trat als persönlich haftende Gesellschafterin ohne eigene Einlage in die B.S. GmbH & Co.KG ein, während die B. GmbH & Co.KG als alleinige Kommanditistin eine Kommanditeinlage von 1 Mio. DM übernahm und satzungsgemäß durch Übertragung wesentlicher Teile ihres Unternehmens erbrachte. Die B.L. GmbH & Co.KG übernahm sodann sämtliche Geschäfts- und Kommanditanteile der B. Beteiligungsgesellschaft mbH und der B. S. GmbH & Co.KG von der B. GmbH & Co.KG. Der Beklagte wurde zum alleinvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der B. Beteiligungsgesellschaft mbH bestellt und führte als solcher auch die Geschäfte der B.S. GmbH & Co.KG.

Der Beklagte war zugleich Mehrheitsgesellschafter der W. GmbH, die sich satzungsgemäß mit der Herstellung und dem Vertrieb von Maschinen, technischen Geräten, Stahlbaukonstruktionen, bühnentechnischen Anlagen, Tribünen und Podesten, mit technischer Beratung sowie sämtlichen damit in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang stehenden Geschäften befasste. Von dem Stammkapital der Gesellschaft in Höbe von 150.000,00 DM hielten der Beklagte Geschäftsanteile von 76.500,00 DM (51 %), Herr W. Geschäftsanteile von 39.000,00 DM (26 %) und der Zeuge D. Geschäftsanteile von 34.500,00 DM (23 %). Der Zeuge D. war im hier maßgeblichen Zeitraum zugleich zum alleinigen, einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der W. GmbH bestellt.

Durch Vertrag vom 19. Dezember 1996 (im Folgenden: ARGE-Vertrag) bildeten die W. GmbH und die B.S. GmbH & Co.KG eine Arbeitsgemeinschaft zur Übernahme und Durchführung eines Auftrages zur Erstellung der Bühnentechnik mit Ober- und Untermaschinerie sowie der Bühnentextilien für das Projekt S. (im Folgenden: ARGE W./B.). Gemäß Anlage A zu diesem Vertrag sollten die W. GmbH von dem vorgesehenen Gesamtvolumen von 1.840.000,00 DM brutto Leistungsanteile von 970.000,00 DM und die B.S. GmbH & Co.KG Leistungsanteile von 870.000,00 DM erbringen. Die W. GmbH übernahm die technische, die B.S. GmbH & Co.KG die kommerzielle Federführung, zu der u. a. die Stellung von Sicherheiten und der Abruf und die Weiterleitung vor Kundenzahlungen gehörten (§§ 4.3.4 und 4.3.5 des ARGE-Vertrages). Gemäß §§ 6.1 und 6.2 des ARGE-Vertrages sollten beide Partner ihre Leistungen gegenüber dem Federführer abrechnen; dieser war verpflichtet, Kundenzahlungen unverzüglich und anteilig an die Partner weiterzuleiten, wobei die Einzelheiten nach Abschluss des Vertrages mit dem Auftraggeber festgelegt werden sollten.

Die Gesamtabwicklung des Projektes S. war der Streithelferin der Klägerin (im Folgenden: Streithelferin), der O. GmbH & Co.KG und der F. GmbH & Co. Kommanditgesellschaft als Generalunternehmerinnen, die sich zu diesem Zweck in der Arbeitsgemeinschaft S. zusammengeschlossen hatten (alle drei Unternehmen in ihrer Gesamtheit im Folgenden als "ARGE-S." bezeichnet), übertragen. Durch Vertrag vom 20. Dezember 1996 (im Folgenden: Nachunternehmervertrag) beauftragte die ARGE S. die Gesellschaften der ARGE W./B. mit der Ausführung der Bühnentechnik mit Ober- und Untermaschinerie sowie der Bühnentextilien zum Preis von 1.840.000,00 DM brutto. Als Arbeitsbeginn war der 1. Oktober 1997, als Fertigstellungstermin der 30. Juni 1998 vorgesehen. Die Auftragnehmer sollten eine Erfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme stellen und im ersten Quartal 1997 gegen Stellung einer weiteren Bürgschaft über 30 % der Auftragssumme eine Anzahlung in dieser Höhe erhalten. Die restliche Vergütung sollte nach Montagebeginn entsprechend den erbrachten Leistungen und dem Baufortschritt gezahlt werden. In der Folge wurde dieser Auftrag um drei Nachträge erweitert. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1997 erteilte die ARGE S. der ARGE W./B. auf der Grundlage deren Angebotes vom 26. Mai 1997 die beiden ersten Nachtragsaufträge im Gesamtvolumen von 243.915,00 DM brutto.

Am 3. März 1998 folgte ein mündlich erteilter dritter Nachtrag, durch den die Gesamtauftragssumme auf über 2,2 Mio. DM brutto anstieg.

Bereits vor dem Abschluss der genannten Verträge hatten die B.L. GmbH & Co.KG und die B.S. GmbH & Co.KG am 27. November 1996 als gemeinschaftliche "Versicherungsnehmer" einen Avalkredit der H.-AG in Höhe von 2 Mio. DM beantragt, den die bezeichnete Gesellschaft am 14. Januar 1997 bestätigte. Aufgrund dieses Vertrages übernahm die H.-AG gegenüber der ARGE S. am 31. Januar 1997 eine Erfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 184.000,00 DM und am 5. März 1997 eine Anzahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 552.000,00 DM. Die ARGE S. leistete nach Vorlage dieser Bürgschaften und Erteilung einer Rechnung vom 3. Februar 1997 die vereinbarte Anzahlung von 552.000,00 DM, die die B.S. GmbH & Co.KG vereinnahmte.

In der Folge kam es abweichend von den Vereinbarungen des Nachunternehmervertrages zu weiteren Vorauszahlungen der ARGE S., die jeweils durch von der H.-AG im Rahmen der Vereinbarung vom 27. November 1996/14. Januar 1997 übernommene Anzahlungsbürgschaften auf erstes Anfordern abgesichert wurden. Aufgrund einer Rechnung der ARGE W./B. vom 16. Oktober 1997 und einer Bürgschaft über 780.000,00 DM vom gleichen Tage leistete die ARGE S. zunächst am 22. Oktober 1997 eine Scheckzahlung von 727.500,00 DM, die unmittelbar der W. GmbH gutgeschrieben wurde. Mit Rechnung vom 20. April 1998 forderte die ARGE W./B. eine weitere Vorauszahlung in Höhe von 531.321,73 DM an. Aufgrund dieser Rechnung und einer Bürgschaft der H.-AG vom 16. April 1998 über 520.000,00 DM überwies die ARGE S. am 4. Mai 1998 221.000,00 DM auf ein Konto der W. GmbH und weitere 272.600,00 DM an deren Zulieferfirma H. GmbH.

In der Zeit von Dezember 1996 bis Mai 1997 übersandte die W. GmbH der B.S. GmbH & Co.KG sieben Abschlagsrechnungen über insgesamt 634.650,00 DM brutto, die diese sämtlich bezahlte. Am 10. September 1997 erteilte sie eine erste Schlussrechnung über 1.380.000,00 DM, die unter Anrechnung der Abschlagszahlungen mit einer Restforderung von 745.350,00 DM endete. Diese Rechnung wurde später storniert. Mit weiterer Schlussrechnung vom 1. Dezember 1997 machte die W. GmbH gegenüber der B.S. GmbH & Co.KG eine Gesamtforderung von 1.830.000,00 DM geltend, auf die sie neben den Anzahlungen von 634.650,00 DM auch die Scheckzahlung der ARGE S. vom 22. Oktober 1997 in Höhe von 727.500,00 DM verrechnete. Ob die B.S. GmbH & Co.KG den verbleibenden Betrag von 467.850,00 DM ausglich, ist zwischen den Parteien streitig.

In der Folge wurden die von der ARGE W./B. übernommenen Arbeiten nicht planmäßig ausgeführt. Mit Schreiben vom 24. April 1998 mahnte die ARGE S. Leistungsrückstände und die Vorlage von Auftragsbestätigungen der Hauptlieferanten mit verbindlichen Lieferterminen an und drohte mit der Entziehung und anderweitigen Vergabe des Auftrages, falls die Arbeiten nicht zügig fortgesetzt und die aufgeworfenen Fragen nicht ausreichend und fristgerecht beantwortet würden. Mit Wirkung vom 22. Juni 1998 kündigte sie schließlich den Nachunternehmervertrag und führte die Arbeiten unter teilweiser Einschaltung von Drittunternehmen in eigener Regie zu Ende. Die W. GmbH beantragte am gleichen Tage die Eröffnung des Konkursverfahrens (.../... Amtsgericht ......). Nachdem der Beklagte am 8. Mai 1998 im Zusammenhang mit anderweitigen Vorwürfen sein Amt als Geschäftsführer der Klägerin niedergelegt hatte und sodann durch Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tage als Geschäftsführer der B. Beteiligungsgesellschaft mbH abberufen worden war, stellte am 26. Juni 1998 auch die B.S. GmbH & Co.KG durch den neuen Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, Herrn S., Konkursantrag. Durch Beschluss des Amtsgerichts ...... vom 16. Juli 1998 (.../...) wurde das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt P. in ..... zum Konkursverwalter ernannt.

Nach der Kündigung des Nachunternehmervertrages nahm die ARGE S. die H.-AG in voller Höhe aus den Erfüllungs- und Anzahlungsbürgschaften über insgesamt 2.036.000,00 DM in Anspruch. Die H.-AG zahlte den geforderten Betrag und wandte sich ihrerseits mit Zahlungsaufforderungen vom 9. Juli 1998 und 24. Juli 1998 an die B.L. GmbH & Co.KG. Ob diese den geforderten Betrag zahlte, ist zwischen den Parteien streitig.

In der Zwischenzeit haben sich die eingangs dargestellten Gesellschaftsverhältnisse maßgeblich geändert. Bereits durch Vertrag vom 19. September 1997 übertrug die L. AG ihre Geschäfts- und Kommanditanteile an der Klägerin und der B.L. GmbH & Co.KG auf die M. GmbH. Durch Beschluss vom 25. Juni 1998 schloss die Gesellschafterversammlung der B.L. GmbH & Co.KG die B. GmbH & Co.KG als Kommanditistin aus der Gesellschaft aus. Sodann änderte die B.L. GmbH & Co.KG ihre Firma durch Gesellschafterbeschluss vom 10. Juli 1998 in M. GmbH & Co.KG und verlegte ihren Sitz von ...... nach ...... Die B. GmbH & Co.KG erkannte die Wirksamkeit ihres Ausschlusses als Kommanditistin durch notariellen Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern vom 6. August 1998 ausdrücklich an und veräußerte gleichzeitig ihren Geschäftsanteil an der Klägerin an die M. GmbH, die somit alleinige Gesellschafterin der Klägerin und alleinige Kommanditistin der M. GmbH & Co.KG wurde. Am 18. Dezember 1998 erklärte die M. GmbH ihren Austritt als Kommanditistin aus der M. GmbH & Co.KG mit Ablauf des 31. Dezember 1998, so dass die Kommanditgesellschaft mit diesem Zeitpunkt erlosch und ihr Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin überging. Diese wurde durch Gesellschafterbeschluss vom 21. Dezember 1998 zum Ablauf des 31. Dezember 1998 aufgelöst und befindet sich seither in Liquidation.

Mit der Klage hat zunächst die noch als B.L. GmbH & Co.KG firmierende M. GmbH & Co.KG (im Folgenden weiterhin: B.L. GmbH & Co.KG) den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe der von der H.-AG geforderten Beträge von 2.036.000,00 DM in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen, der Beklagte habe die B.S. GmbH & Co.KG nur zu Finanzierungszwecken in das Projekt S. eingeschaltet, weil die W. GmbH nicht in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Erfüllungs- und Anzahlungsbürgschaften zu marktüblichen Bedingungen zu erhalten. Die im ARGE-Vertrag bezeichneten Leistungsanteile seien nur auf dem Papier vereinbart worden. Tatsächlich habe die B.S. GmbH & Co.KG weder nennenswerte Leistungen erbringen sollen noch sei das geschehen. Demgemäß seien bei der Gesellschaft auch keine nachvollziehbaren Vertrags- oder Planungsunterlagen vorhanden gewesen; ihren Mitarbeitern sei das Projekt nicht einmal bekannt gewesen. Ein etwa dennoch zu erbringender Leistungsanteil sei jedenfalls so geringfügig gewesen, dass er die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft nicht gerechtfertigt habe und ohne weiteres als Fremdauftrag hätte vergeben werden können, wie dies auch bei anderen Teilleistungen geschehen sei.

Nach Abschluss des Nachunternehmervertrages hätten der Beklagte und der Geschäftsführer der W. GmbH, der Zeuge D., gegenüber der Streithelferin als Konsortialführerin der ARGE S. mehrfach auf weitere Anzahlungen gedrängt, wobei der Beklagte als Verhandlungsführer aufgetreten sei. Unter anderem hätten sie erklärt, es müssten teure und seltene Maschinen angeschafft werden, die wegen eines Liquiditätsengpasses zur Zeit nicht finanziert werden könnten. Daraufhin sei die ARGE S. bereit gewesen, gegen Stellung weiterer Anzahlungsbürgschaften Vorauszahlungen zu leisten. Der Beklagte habe die H.-AG sodann zur Übernahme dieser Bürgschaften zu Lasten der B.S. GmbH & Co.KG und zu ihren - der B.L. GmbH & Co.KG - Lasten veranlasst. Die damit erreichten Vorauszahlungen der ARGE S. seien auf sein Betreiben unmittelbar an die W. GmbH bzw. - im Falle der H. GmbH - an deren Zulieferer geflossen und zur Überbrückung anderweitiger finanzieller Engpässe eingesetzt worden. Unter Einschluss der unstreitigen Abschlagszahlungen von 634.650,00 DM und einer auf die Schlussrechnung vom 1. Dezember 1997 geleisteten Zahlung von 467.850,00 DM habe die W. GmbH somit bis zu diesem Zeitpunkt Beträge in Höhe fast des gesamten bis dahin vereinbarten Auftragsvolumens erhalten, obwohl dem Beklagten bekannt gewesen sei, dass sie mit der Ausführung des Auftrages noch nicht einmal begonnen gehabt habe, die Anzahlungen nicht zurückerstattet werden konnten und dieses Vorgehen mithin zwangsläufig zu einer Inanspruchnahme der Bürgschaften und nachfolgend zum Rückgriff der H.-AG gegen die B.S. GmbH & Co.KG und die B.L. GmbH & Co.KG führen musste. Möglicherweise habe die B.S. GmbH & Co.KG sogar noch zwei weitere Zahlungen von 100.000,00 DM und 170.000,00 DM an die W. GmbH erbracht. Hinzu kämen die Überweisungen der ARGE S. vom 4. Mai 1998. Diesen Zahlungen habe selbst zum Zeitpunkt der Kündigung des Nachunternehmervertrages Ende Juni 1998 ein Leistungsstand von allenfalls 15 bis 20 % der vereinbarten Arbeiten gegenübergestanden.

Aufgrund dieses Sachverhalts sei der Beklagte ihr - der B.L. GmbH & Co.KG - zum Ersatz des Betrages von 2.036.000,00 DM verpflichtet, den sie tatsächlich an die H.-AG gezahlt habe. Er habe seine Pflichten als Geschäftsführer sowohl der B. Beteiligungsgesellschaft mbH als auch der jetzigen Klägerin schon dadurch verletzt, dass er die B.S. GmbH & Co.KG allein wegen der Kreditunwürdigkeit der W. GmbH überhaupt in die ARGE W./B. einbezogen habe. Ebenso sei die Stellung der Bürgschaften der H.-AG und die Haftungsübernahme durch die B.S. GmbH & Co.KG und sie - die B.L. GmbH & Co.KG - zur Erlangung der Anzahlungen pflichtwidrig gewesen. Diese Maßnahmen gingen zudem über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinaus, beinhalteten besondere Risiken und hätten deshalb der Zustimmung des Beirates bedurft, die weder beantragt noch erteilt worden sei. Vor allem aber seien dem Beklagten die Weiterleitung der Vorauszahlungen und der Ausgleich der Abschlags- und Schlussrechnungen der W. GmbH in dem Wissen, dass diese sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und noch keine entsprechenden Leistungen erbracht hatte, vorzuwerfen. Es handele sich um bewusste Vermögensverschiebungen, mit denen er finanzielle Löcher habe stopfen und den Konkurs der W. GmbH im Hinblick auf seine Mehrheitsbeteiligung habe abwenden wollen. Aufgrund dieses Fehl Verhaltens hafte er ihr - der B.L. GmbH & Co.KG - aus § 43 Abs. 2 GmbHG, aber auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB und aus § 826 BGB auf Ersatz des entstandenen Schadens, zumal er die B.S. GmbH & Co.KG durch weitere Pflichtverletzungen bis zur Konkursreife geschädigt und es damit zu vertreten habe, dass die H.-AG sie - die B.L. GmbH & Co.KG - in Anspruch genommen habe.

Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der B.L. GmbH & Co.KG beigetreten. Sie hat ergänzend vorgetragen, die ARGE W./B. habe nur bruchstückhafte Leistungen erbracht, die keinen erheblichen Wert verkörpert hätten. Mögliche Planungs- und Vorarbeiten hätten sich auf der Baustelle nicht nennenswert niedergeschlagen. Soweit einzelne Zeichnungen zur Verfügung gestellt worden seien, habe es sich immer nur um Teilpläne gehandelt, die entweder an die ARGE W./B. zurückgesandt worden seien oder im Rahmen der Fertigstellung hätten überprüft werden müssen. Allein die für die Fortführung des Auftrages erforderlichen Fremdleistungen hätten einen Kostenaufwand von 2.226.516,08 DM netto verursacht. Unter Einbeziehung aller Aufwendungen einschließlich allgemeiner Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn ergebe sich bei vorläufiger Kalkulation ein Gesamtbetrag von 2.749.032,85 DM netto, zu dem noch ein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 110.223,25 DM hinzuzurechnen sei. Die Erfüllungs- und Anzahlungsbürgschaften seien danach zu Recht in voller Höhe in Anspruch genommen worden. Im Übrigen seien auf die verbürgten Vorauszahlungen schon deshalb keine erbrachten Leistungen anzurechnen, weil diese nicht abgenommen worden seien und die ARGE W./B. darüber keine Rechnung erteilt habe. Ein etwaiger Anspruch sei somit nicht fällig, was indes Voraussetzung für die Anrechnung auf die Ansprüche aus den Bürgschaften gewesen sei. Schließlich stehe ein etwaiger Rückforderungsanspruch jedenfalls nicht der B.L. GmbH & Co.KG, zu der die ARGE S. keine Vertragsbeziehungen unterhalten habe, zu, so dass auch der Beklagte sich ihr gegenüber nicht auf solche Ansprüche berufen könne.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.036.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Streithelferin hat keinen Antrag gestellt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die B.S. GmbH & Co.KG sei nicht nur zu Finanzierungszwecken in das Projekt S. einbezogen worden, sondern habe den im ARGE-Vertrag vorgesehenen Leistungsanteil tatsächlich erbringen sollen. Ihre Mitarbeiter hätten das Projekt gekannt und auch über die erforderlichen Unterlagen verfügt. Da es bei ihr allerdings zu Kapazitätsengpässen gekommen sei, sei der Leistungsanteil der W. GmbH Mitte 1997 intern erhöht worden. Unter Einschluss der Nachträge, die zwar erst Ende 1997 bzw. Anfang 1998 in Auftrag gegeben worden, ausweislich des Angebotes vom 26. Mai 1997 jedoch schon im Frühjahr 1997 bekannt gewesen seien, sei er auf etwa 1,75 Mio. DM gestiegen, während für die B.S. GmbH & Co.KG nur noch die Elektrotechnik mit einem Gesamtvolumen von etwa 500.000,00 DM brutto verblieben sei.

Nach Abschluss des Nachunternehmervertrages habe er - der Beklagte - weder Gespräche mit der Streithelferin über weitere. Vorauszahlungen geführt noch die Vorlage von Bürgschaften der H.-AG veranlasst. Den Antrag auf Gewährung eines Avalkredites, von dem er nicht einmal Kenntnis besessen habe, habe der damalige weitere Geschäftsführer der Klägerin, Herr Y., für die B.L. GmbH & Co.KG unterzeichnet. Da Herr Y. indes nicht einzelvertretungsberechtigt gewesen sei, sei die B.L. GmbH & Co.KG nicht wirksam verpflichtet worden und könne einen etwa an die H.-AG gezahlten Betrag zurückfordern. Die aufgrund der Bürgschaften vom 16. Oktober 1997 und 16. April 1998 geleisteten Vorauszahlungen der ARGE S. seien ebenfalls ohne sein - des Beklagten - Wissen unmittelbar an die W. GmbH bzw. deren Zulieferer geflossen und nicht als Leistungen der B.S. GmbH & Co.KG anzusehen. Diese habe lediglich die von Dezember 1996 bis Mai 1997 erteilten Abschlagsrechnungen der W. GmbH über insgesamt 634.650,00 DM (551.870,00 DM netto) bezahlt. Das sei nicht zu beanstanden, weil der W. GmbH bereits nach ihrem ursprünglichen Leistungsanteil von 970.000,00 DM eine Anzahlung von 291.000,00 DM (30 %) zugestanden und ihr Anteil sich in der Folge noch erheblich erhöht habe. Weitere Zahlungen an die W. GmbH habe die B.S. GmbH & Co.KG nicht erbracht.

Im Übrigen habe die ARGE S. die Bürgschaften zu Unrecht in voller Höhe in Anspruch genommen. Schon im Schreiben vom 24. April 1998 habe sie nur Verzögerungen bei einzelnen Teilleistungen gerügt, während andere Leistungen bereits nahezu vollständig ausgeführt gewesen seien. Bis Juni 1998 habe die ARGE W./B. Leistungen im Gesamtwert von 1.227.921,15 DM erbracht. So habe die W. GmbH 4.457 Konstruktionsstunden und 1.934 Montage stunden für 401.130,00 DM bzw. 195.250,00 DM netto geleistet und von Fremdfirmen Stahl- und Maschinenbauteile für 235.000,00 DM netto sowie Elektroartikel für die Frequenzumrichter für 28.381,10 DM netto bezogen. Der Planungsaufwand habe sich u. a. in verschiedenen Ausführungszeichnungen niedergeschlagen, die der ARGE S. zur Verfügung gestellt worden seien. Die B.S. GmbH & Co.KG habe darüber hinaus Material für 198.792,00 DM netto eingekauft. Diese Berechnung werde dadurch bestätigt, dass die ARGE S. zur Fertigstellung der Arbeiten etwa 200.000,00 DM bis 300.000,00 DM an die W. GmbH und 510.000,00 DM netto an die B.B. GmbH & Co. gezahlt habe und dieser Aufwand zusammen mit dem Wert der erbrachten Teilleistungen von 1.227.921,15 DM, die sämtlich in die Fertigstellungsarbeiten eingeflossen seien, annähernd das Gesamtvolumen des Auftrages einschließlich der Nachträge ergebe. Somit seien den Vorauszahlungen entsprechende Arbeiten erbracht worden, so dass die Vorschüsse der ARGE S. auf fällige Ansprüche hätten verrechnet werden können.

Im Ergebnis habe er - der Beklagte - die Inanspruchnahme der B.L. GmbH & Co.KG durch die H.-AG weder verursacht noch voraussehen können, da ihm der Avalkreditvertrag nicht einmal bekannt gewesen sei. Abgesehen davon sei der B.L. GmbH & Co.KG auch kein Schaden entstanden. Von einem etwa an die H.-AG gezahlten Betrag von 2.036.000,00 DM seien zunächst die Erfüllungsbürgschaft über 184.000,00 DM und die Anzahlungsbürgschaft von 552.000,00 DM, die im Nachunternehmervertrag vereinbart und somit nicht pflichtwidrig gestellt worden seien, abzusetzen. Darüber hinaus könne die B.L. GmbH & Co.KG die ARGE S. in Höhe der erbrachten Leistungen von 1.227.921,15 DM aus ungerechtfertigter Bereicherung in Anspruch nehmen. Schließlich stehe ihr im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs ein voller Erstattungsanspruch gegen die B.S. GmbH & Co.KG zu, den sie im Konkursverfahren geltend machen könne. Der nach Abzug der bezeichneten Beträge allenfalls verbleibende Schaden von 72.078,85 DM werde durch die zu erwartende Konkursquote gedeckt.

Das Landgericht hat den Beklagten nach Vernehmung der Zeugen M., D. und E. durch Urteil vom 24. März 2000 zur Zahlung von 1.300.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11. November 1998 verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Es hat als erwiesen angesehen, dass der Beklagte die Bürgschaften vom 16. Oktober 1997 und 16. April 1998 in Kenntnis der desolaten wirtschaftlichen Situation der W. GmbH gestellt habe, um die ARGE S. zu nach dem Stand der Arbeiten nicht gerechtfertigten Zahlungen zu veranlassen und die W. GmbH mit diesen Mitteln vor dem alsbaldigen Konkurs zu bewahren. Dabei sei er zwar nicht persönlich an die ARGE S. herangetreten, habe das Vorgehen jedoch mit dem Zeugen D. abgestimmt und auch den unmittelbaren Geldfluss an die W. GmbH gebilligt. Dieses Verhalten sei mit den Interessen der B.L. GmbH & Co.KG, die auf diese Weise das Risiko des wirtschaftlichen Überlebens der W. GmbH übernommen habe, nicht zu vereinbaren gewesen und deshalb als Pflichtverletzung zu werten, die aufgrund der Einbeziehung der B.L. GmbH & Co.KG in den Schutzbereich des Anstellungsvertrages zwischen der Klägerin und dem Beklagten auch für die Kommanditgesellschaft Ansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG begründe. Ob der Beklagte die Bürgschaften selbst beantragt habe, sei dabei unerheblich. Sollte das durch den nicht alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer Y. geschehen sein, habe er dessen Handeln spätestens mit der Bereitstellung der Bürgschaften zugunsten der W. GmbH genehmigt. Der Anspruch der B.L. GmbH & Co.KG, der sich auch aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB rechtfertige, sei allerdings auf den Betrag der Bürgschaften vom 16. Oktober 1997 und 16. April 1998, mithin auf insgesamt 1.300.000,00 DM beschränkt. Mit den Bürgschaften vom 31. Januar 1997 und 5. März 1997 sei die B.S. GmbH & Co.KG dagegen ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Stellung von Sicherheiten für die Vertragserfüllung und die vereinbarte Anzahlung von 30 % der Auftragssumme nachgekommen. Auch die Weiterleitung dieser Anzahlung an die W. GmbH sei nicht zu beanstanden, weil die damit zu finanzierenden Vorarbeiten im Wesentlichen von dieser Gesellschaft zu erbringen gewesen seien. Den Beitritt der Streithelferin hat das Landgericht in dem Urteil nicht berücksichtigt und deshalb auch nicht über die Kosten der Streithilfe entschieden.

Das vorbezeichnete Urteil ist der Streithelferin auf Veranlassung der Geschäftsstelle des Senats am 7. Juni 2000 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2000 hat die Streithelferin gegenüber dem Landgericht beantragt, das Urteil zu ergänzen und ihre außergerichtlichen Kosten zu 64 % dem Beklagten aufzuerlegen. Das Landgericht hat diesen Antrag nach mündlicher Verhandlung durch Urteil vom 22. Dezember 2000 mit der Begründung abgewiesen, die Streithelferin habe die zweiwöchige Antragsfrist nach § 321 Abs. 2 ZPO versäumt.

Mit der zum Aktenzeichen 6 U 94/00 eingelegten Berufung gegen das Urteil vom 24. März 2000 macht der Beklagte geltend, er habe weder Geld veruntreut noch sei dies mit seinem Wissen und Wollen geschehen. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe bestätigt, dass er nicht wegen der unmittelbar an die W. GmbH geflossenen Zahlung von 727.500,00 DM an die ARGE S. herangetreten sei und der Zeuge E. als kaufmännischer Leiter der B.S. GmbH & Co.KG die Stellung der entsprechenden Bürgschaft auch nicht mit ihm abgestimmt habe. Vielmehr habe der Zeuge D. ihn jeweils unter Hinweis auf den erreichten Leistungsstand von der Fälligkeit weiterer Abschlagszahlungen überzeugt. Das sei auch in den Zahlungen der ARGE S. vorausgegangenen "Krisengesprächen" geschehen. Auf diese Angaben des Geschäftsführers des ausführenden Unternehmens habe er sich verlassen dürfen, zumal die B.S. GmbH & Co.KG als Gesellschafterin der ARGE W./B. ohnehin gegenüber der ARGE S. gehaftet habe und der angebliche Schaden deshalb auch bei Beachtung eines strengeren Sorgfaltsmaßstabes entstanden wäre. Im Übrigen stünden den Zahlungen der ARGE S. von insgesamt 1.773.100,00 DM entsprechende Gegenleistungen und Vorschussansprüche der ARGE W./B. gegenüber. Die bis zur Kündigung des Nachunternehmervertrages erbrachten, von den Nachfolgeunternehmen verwerteten Teilleistungen verkörperten einen Gesamtwert von 1.227.921,60 DM. Der verbleibende Betrag von 545.178,40 DM werde von der vertraglich vereinbarten Anzahlung von 30 %, die sich bei einem Gesamtauftragsvolumen von 2.273.381,00 DM auf etwa 682.000,00 DM belaufe und erst auf die zuletzt fällige Teilzahlung anzurechnen gewesen sei, gedeckt. Jedenfalls sei die noch nicht geleistete Anzahlung auf die Nachtragsaufträge in Höhe von etwa 130.000,00 DM abzusetzen. Vorsorglich macht der Beklagte für den Fall seiner Verurteilung ein Zurückbehaltungsrecht dahin geltend, dass die Klägerin ihm Zug um Zug gegen Zahlung etwaige Ansprüche gegen die ARGE S. und die B.S. GmbH & Co.KG abzutreten habe. Ergänzend wiederholt er sein Vorbringen des ersten Rechtszuges.

Der Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin erklärt sich zur Abtretung der bezeichneten Ansprüche bereit und beantragt,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der vom Landgericht zuerkannte Betrag Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche gegen die ARGE S. und die B.S. GmbH & Co.KG an sie zu zahlen sei.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit nach ihrem Antrag erkannt worden ist, und tritt den Ausführungen des Beklagten im Einzelnen entgegen. Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die B.S. GmbH & Co.KG mit Wissen und auf Veranlassung des Beklagten ungerechtfertigte Zahlungen an die W. GmbH geleistet habe. Damit habe er seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt. Spätestens nachdem er Kenntnis von der Konkursgefährdung der W. GmbH erlangt habe und Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung des Auftrages aufgekommen seien, habe er weitere Zahlungen an die Gesellschaft nicht mehr zulassen dürfen. Stattdessen habe die W. GmbH bis Dezember 1997 1.830.000,00 DM auf nicht spezifizierte "Luftrechnungen" erhalten, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Arbeiten auf der Baustelle ausgeführt gewesen seien und der ARGE-Vertrag nur Zahlungen auf gegenüber der ARGE S. abrechnungsfähige Leistungen, nicht jedoch Anzahlungen, vorgesehen habe. Insgesamt seien ihr mindestens 2.221.000,00 DM zugeflossen, während die bis zur Kündigung des Nachunternehmervertrages vor Ort erbrachten Leistungen allenfalls 10 % des Auftragsvolumens erreicht hätten. Planungs- und sonstige Vorarbeiten seien dabei nicht zu berücksichtigen, weil sie für die ARGE S. nicht nutzbar gewesen seien. Mit diesem Verhalten habe der Beklagte seine persönlichen Interessen als Mehrheitsgesellschafter der W. GmbH über die Vermögensinteressen der B.S. GmbH & Co.KG und der B.L. GmbH & Co.KG gestellt und hafte deshalb für den durch den Rückgriff der H.-AG gegen die B.L. GmbH & Co.KG entstandenen Schaden. Im Übrigen habe er für den Schaden auch deshalb einzutreten, weil er durch anderweitige ungerechtfertigte Zahlungen den Konkurs der B.S. GmbH & Co.KG verursacht und damit bewirkt habe, dass die ARGE S. auf die Bürgschaften zugegriffen und die H.-AG sich bei der B.L. GmbH & Co.KG schadlos gehalten habe.

Die Streithelferin hat sich im zweiten Rechtszug nicht zur Hauptsache geäußert und insoweit keinen Antrag gestellt. Sie hat jedoch zum Aktenzeichen 6 U 54/01 Berufung gegen das Urteil des Landgerichts vom 22. Dezember 2000 eingelegt, mit der sie geltend macht, die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO werde nur durch eine Zustellung durch das Gericht, das die zu ergänzende Entscheidung erlassen habe, in Lauf gesetzt. Da das Landgericht ihr das Urteil vom 24. März 2000 indes nie zugestellt habe, sei der Ergänzungsantrag nicht verfristet.

Die Streithelferin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2000 aufzuheben und ihrem Antrag gemäß § 321 ZPO vom 12. Juli 2000 auf ergänzende Kostenentscheidung stattzugeben.

Die Klägerin und der Beklagte beantragen,

die Berufung der Streithelferin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2000 zurückzuweisen.

Der Senat hat die Sachen 6 U 94/00 und 6 U 54/01 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 6 U 94/00 verbunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die tatsächlichen Feststellungen in den angefochtenen Urteilen und den nachfolgenden Entscheidungsgründen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als er - entsprechend dem nunmehr beschränkten Antrag der Klägerin - lediglich Zug um Zug gegen Abtretung der im Tenor bezeichneten möglichen Ansprüche der Klägerin gegen die ARGE S. und die B.S. GmbH & Co.KG zur Zahlung von 1.300.000,00 DM nebst Zinsen zu verurteilen ist. Im Übrigen hat das Landgericht den Beklagten zu Recht zur Schadensersatzleistung verurteilt. Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist zudem schon von Amts wegen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden (§§ 523, 308 Abs. 2 ZPO). Dabei sind dem Beklagten entsprechend seinem Unterliegen auch die anteiligen. Kosten der Streithilfe aufzuerlegen (§ 101 Abs. 1 ZPO), so dass die Berufung der Streithelferin im Ergebnis Erfolg hat.

I.

Der Beklagte ist der Klägerin jedenfalls gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihr bzw. der B.L. GmbH & Co.KG durch den Rückgriff der H.-AG wegen der von dieser auf die Bürgschaften Nr. ....... vom 16. Oktober 1997 und Nr. ....... vom 16. April 1998 an die ARGE S. geleisteten Zahlungen in Höhe von 1.300.000,00 DM entstanden ist.

1.

Der Beklagte war Geschäftsführer der jetzigen Klägerin. Diese geht zwar nicht aus originär eigenem Recht, sondern als Rechtsnachfolgerin der B.L. GmbH & Co.KG, zu der der Beklagte weder in einem Organ- noch in einem Anstellungsverhältnis stand, gegen ihn vor. Da die wesentliche Aufgabe der Klägerin in der Geschäftsführung für die Kommanditgesellschaft bestand, erstreckte sich sein Pflichtenkreis nach § 43 Abs. 1 GmbHG jedoch auf die ordnungsgemäße Wahrnehmung von deren Interessen. Die B.L. GmbH & Co.KG konnte den Beklagten deshalb unmittelbar auf Schadensersatz aus § 43 Abs. 2 GmbHG in Anspruch nehmen (vgl. BGH WM 1980, 593; BGHZ 76, 326, 337f.; Baumbach/Hueck/Zöllner, 17. Aufl., § 43 GmbHG Rdnr. 50; Baumbach/Hopt, 30. Aufl., Anhang § 177 a HGB Rdnr. 28; alle m.w.N.). Dieser Anspruch ist durch den Austritt der M. GmbH als alleiniger Kommanditistin aus der B.L. GmbH & Co.KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergegangen.

Ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG war vorliegend nicht erforderlich, weil es im Ausgangspunkt nicht um Forderungen einer GmbH gegen ihren gegenwärtigen oder früheren Geschäftsführer, sondern um Ansprüche der Kommanditgesellschaft geht. Diese werden von der genannten Vorschrift nicht erfasst (vgl. BGHZ 76, 326, 338). Dass die zunächst auch von der B.L. GmbH & Co.KG erhobenen Ansprüche nachträglich auf die Klägerin übergegangen sind, ändert daran nichts.

2.

Der Beklagte verletzte seine Obliegenheiten gegenüber der B.L. GmbH & Co.KG bereits dadurch, dass er zur Absicherung der Vorauszahlungen der ARGE S. vom 22. Oktober 1997 (727.500,00 DM) und 4. Mai 1998 (221.000,00 DM und 272.600,00 DM) Bürgschaften der H.-AG über 780.000,00 DM und 520.000,00 DM stellte:

a)

Aufgrund der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht fest, dass die von der ARGE S. im Oktober 1997 und im Mai 1998 abweichend vom Nachunternehmervertrag gegen Stellung entsprechender Bürgschaften geleisteten Vorauszahlungen mit dem Beklagten abgestimmt waren. Er nahm zwar nicht selbst mit der Streithelferin als Konsortialführerin der ARGE S. Kontakt auf und beschaffte auch die Bürgschaften nicht persönlich. Ersteres wurde durch den Zeugen D., Letzteres durch den Zeugen E. auf Anforderung des Zeugen D. veranlasst, wobei der Zeuge E. nicht nochmals Rücksprache mit dem Beklagten hielt. Der Zeuge D. hat jedoch bestätigt, dass es vor beiden Vorauszahlungen "Krisengespräche" unter Beteiligung des Beklagten gegeben habe, bei denen man sich über das entsprechende Vorgehen verständigt habe. Demgemäß berief sich der Zeuge D. auch gegenüber den Zeugen M. und E. auf das Einverständnis des Beklagten. Das Geschehen war somit von der Zustimmung des Beklagten gedeckt und wurde von ihm mitgetragen. Ernsthafte Zweifel an der Aussage des Zeugen D. bestehen nicht. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass der Zeuge D. an seinem Mehrheitsgesellschafter und der Zeuge E. an seinem Vorgesetzten vorbei agiert haben könnten, zumal ein Vorgang von dieser wirtschaftlichen Tragweite auf die Dauer kaum unentdeckt bleiben konnte und auch kein Anlass ersichtlich ist, warum man dem beiderseits involvierten Beklagten die Kenntnis der wirtschaftlichen Notlage der W. GmbH und des zu deren Überwindung beschrittenen Weges hätte vorenthalten sollen. Die nachfolgenden Informations- und Handlungsstränge sind nachrangig. Maßgeblich ist allein, dass die Entscheidung, die ARGE S. um nicht geschuldete Vorauszahlungen gegen Stellung entsprechender Bürgschaften zu ersuchen, vom Einverständnis des Beklagten getragen war.

Ebenso ist erwiesen, dass die Vorauszahlungen mit dem Einverständnis des Beklagten der W. GmbH zufließen sollten. Auch das hat der Zeuge D. für die erste Vorauszahlung von 727.500,00 DM bestätigt und den Zeugen E. entsprechend unterrichtet. Zwar hat er seine Aussage auf weiteres Nachfragen dahin abgeschwächt, dass er die Äußerungen des Beklagten jedenfalls so verstanden habe. Der Zeuge E. hat bekundet, dass der einige Tage später darauf angesprochene Beklagte von einer Abrede über den Verbleib des Geldes bei der W. GmbH angeblich nichts gewusst habe. Ein etwaiges Missverständnis konnte sich indes allenfalls auf die Frage beziehen, ob die Vorauszahlungen unmittelbar oder über die B.S. GmbH & Co.KG an die W. GmbH fließen sollten. Dass diese das Geld letztlich erhalten sollte, unterliegt dagegen keinem Zweifel. Zum einen konnten ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Anlass für die Vorauszahlungen waren, nicht dadurch behoben werden, dass die Vorschüsse bei der B.S. GmbH & Co.KG verblieben. Zum anderen unternahmen weder der Beklagte noch der Zeuge E. etwas, um den Betrag von 727.500,00 DM von der W. GmbH zurückzuerhalten. Das wäre unverständlich, wenn diese den Betrag tatsächlich gegen den Willen des Beklagten vereinnahmt hätte.

b)

Nach dem Maßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG (Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes) hätte der Beklagte sein Einverständnis zu diesem Vorgehen nicht erteilen dürfen. Das gilt sowohl im Verhältnis zur B.S. GmbH & Co.KG als auch gegenüber der B.L. GmbH & Co.KG:

Dem Beklagen war spätestens aufgrund der "Krisengespräche" bekannt, dass die W. GmbH sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Gerade das war Anlass für die Anforderung der Vorauszahlungen. Ihm war auch bekannt oder er musste zumindest erkennen, dass die W. GmbH noch keine den Vorauszahlungen entsprechenden Leistungen erbracht hatte. Soweit der Zeuge D. die Darstellung des Beklagten, diesen über den Stand der Arbeiten unterrichtet und von der Rechtfertigung von Teilzahlungen überzeugt zu haben, zunächst bestätigt hat, bezog sich dies auf die von Dezember 1996 bis Mai 1997 geleisteten Abschlagszahlungen, nicht jedoch auf die späteren "Krisengespräche" aus Anlass der Vorauszahlungen der ARGE S.. Die vom Beklagten in der Berufungsbegründung insoweit hergestellte Verbindung findet in der Beweisaufnahme keine Stütze. Die Darstellung des Beklagten ist in diesem Punkt auch nicht nachvollziehbar. Wenn adäquate Leistungen erbracht gewesen wären, hätten der ARGE S. entsprechend spezifizierte Abschlagsrechnungen erteilt werden können, die keiner Absicherung durch Bürgschaften bedurften. Das vereinbarte Vorgehen ergab dagegen nur Sinn, wenn noch nicht fällige Zahlungen für bislang nicht erbrachte Leistungen erbeten wurden. Es kann deshalb dahinstehen, ob der Beklagte sich auf die Angaben des Zeugen D. hätten verlassen dürfen. Im Übrigen hätte er selbst dann pflichtwidrig gehandelt, weil er aus seiner Sicht ohne jeden Anlass nicht geschuldete Bürgschaften für fällige Leistungen gestellt hätte.

Mit den Bürgschaften sicherte der Beklagte wirtschaftlich eine Vorfinanzierung der W. GmbH durch die ARGE S.. Die B.S. GmbH & Co.KG und die B.L. GmbH. & Co.KG übernahmen dabei als Avalkreditnehmer das Risiko einer Insolvenz der W. GmbH vor der vollständigen Auftragsabwicklung. Dafür bestand weder im ARGE-Vertrag noch sonst eine rechtliche Grundlage. Das Handeln des Beklagten wäre deshalb nur dann vertretbar gewesen, wenn diese Unterstützung der W. GmbH im Interesse der von dem Beklagten repräsentierten Gesellschaften gelegen hätte. Das ließe sich allenfalls unter dem Gesichtspunkt annehmen, dass die B.S. GmbH & Co.KG mit der W. GmbH in einer Arbeitsgemeinschaft verbunden war und deshalb durch die Insolvenz ihrer Partnerin selbst gegenüber der ARGE-S. in die Haftung geraten wäre. Diese Erwägung konnte das Vorgehen des Beklagten im Ergebnis allerdings nicht rechtfertigen:

Ohne die "Vorfinanzierung" wäre der Schaden aus einer Insolvenz der W. GmbH wesentlich geringer ausgefallen, weil die B.S. GmbH & Co.KG lediglich für die Mehrkosten einer anderweitigen Fertigstellung und gegebenenfalls die noch nicht durch Teilleistungen "erarbeitete" Anzahlung von 30 % hätte einstehen müssen, während sie nunmehr zusätzlich für die Vorauszahlungen aufzukommen hatte. Zudem wäre ein über den Umfang der Vertragserfüllungs- und der Anzahlungsbürgschaften von 184.000,00 DM bzw. 552.000,00 DM hinausgehendes Risiko nach der ursprünglichen Vertragsgestaltung auf die B.S. GmbH & Co.KG (und deren Komplementär-GmbH) beschränkt geblieben, während durch die weiteren Vorauszahlungsbürgschaften auch die B.L. GmbH & Co.KG sowie die Klägerin als deren persönlich haftende Gesellschafterin in die Haftung gerieten. Bei dieser Sachlage kam eine Unterstützung der W. GmbH vernünftigerweise nur dann in Betracht, wenn das Projekt auf diesem Wege mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgreich zu Ende geführt werden konnte, das erhöhte Risiko mithin in angemessenem Verhältnis zu der Chance, einen Schaden insgesamt zu vermeiden, stand. Eine solche Abwägung hat der Beklagte indes gar nicht erst vorgenommen, sondern die W. GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter er war, ohne Rücksicht auf die Interessen der B.S. GmbH & Co.KG und der B.L. GmbH & Co.KG "blind" gestützt. Nach seiner eigenen Darstellung will er sich nicht einmal über den Stand der Arbeiten informiert, sondern sich ohne weiteres auf die Angaben des Zeugen D. verlassen haben, obwohl ihm als Mehrheitsgesellschafter der W. GmbH und als Geschäftsführer der ARGE-Partnerin alle Möglichkeiten dazu offen standen. Der Zeuge D. hat zudem bekundet, es habe zwar interne Statusberichte über den Fertigungsstand gegeben, diese seien dem Beklagten jedoch nicht vorgelegt worden. All dies spricht dafür, dass der Beklagte sich bei seinen Stützungsentscheidungen allein von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten "seiner" W. GmbH leiten ließ, ohne die Interessen der von ihm vertretenen Gesellschaften angemessen zu berücksichtigen. Schon dieses Verhalten war unabhängig davon, wie eine sachgerechte Prüfung ausgegangen wäre, pflichtwidrig.

Darüber hinaus hätte der Beklagte auch die Verwendung der Vorauszahlungen überwachen und durch geeignete Maßnahmen sicherstellen müssen, dass sie vorrangig zur Fortführung des Projektes S. eingesetzt wurden. Nur im Hinblick auf dieses Projekt war eine Unterstützung der W. GmbH - wenn überhaupt - vertretbar. Auch das ist ersichtlich nicht geschehen. Zwar zahlte die ARGE S. am 4. Mai 1998 272.600,00 DM unmittelbar an die H. GmbH, die Stahl- und Maschinenbauteile für das Objekt zu liefern hatte. Die Zahlung von 221.000,00 DM wurde dagegen zum Ausgleich rückständiger Löhne eingesetzt, wobei nach den Angaben des Zeugen D. nur die ARGE S. einen entsprechenden Verwendungsnachweis forderte. Über die Verwendung des Betrages von 727.500,00 DM ist nichts vorgetragen. Die Tatsache, dass diese Vorauszahlung erbeten wurde, nachdem ein Kunde der W. GmbH eine Forderung von etwa 600.000,00 DM nicht ausgeglichen hatte, deutet allerdings darauf hin, dass dieser Betrag eingesetzt wurde, um projektfremde Liquiditätslücken auszufüllen. Der entsprechenden Darstellung der Klägerin ist der Beklagte auch nicht konkret entgegengetreten. Schließlich zeigt der Umstand, dass die Arbeiten selbst nach dem Vortrag des Beklagten nicht annähernd zu Ende gebracht werden konnten, dass offenbar allenthalben Geld fehlte. In der Gesamtschau war die Vorfinanzierungsentscheidung danach auch objektiv nicht vertretbar.

3.

Indem der Beklagte die Bürgschaften gleichwohl zur Verfügung stellte, verletzte er seine Pflichten nicht nur gegenüber der B.S. GmbH & Co.KG, sondern auch gegenüber der B.L. GmbH & Co.KG, weil diese ebenfalls aus dem mit der H.-AG abgeschlossenen Avalkreditvertrag haftete und er als Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH zu prüfen hatte, für welche Verbindlichkeiten sie die Haftung übernahm. Hieraus ist der B.L. GmbH & Co.KG (mindestens) ein Schaden in Höhe von 1,3 Mio. DM entstanden.

a)

Die genannte Gesellschaft wurde durch den Avalkreditvertrag wirksam verpflichtet. Dabei ist unerheblich, werden Antrag vom 27. November 1996 unterschrieben hat. Nach den Angaben des Zeugen E. hatte die B.L. GmbH & Co.KG nämlich einen gewissen Avalrahmen zur Verfügung gestellt, über den die B.S. GmbH & Co.KG und die anderen Tochtergesellschaften bei Bedarf verfügen konnten. Es besteht kein vernünftiger Zweifel, dass der Beklagte als Geschäftsführer der gesamten Gruppe jedenfalls dieses Finanzierungssystem und damit auch die Einbindung der B.L. GmbH & Co.KG kannte. Diese Kenntnis hat er auch nicht bestritten. Selbst wenn die B.L. GmbH & Co.KG bei Abschluss des "Rahmenvertrages" nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sein sollte, war mit dem Einverständnis des Beklagten mit der Stellung der Vorauszahlungsbürgschaften deshalb zugleich ihre Verpflichtung bezüglich der konkret abgerufenen Einzelbürgschaften von seinem Willen gedeckt. Darin lag entweder ein neuer (wirksamer) Vertragsschluss oder eine Genehmigung der Rahmenvereinbarung jedenfalls bis zur Höhe der abgerufenen Bürgschaften.

b)

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die B. GmbH & Co.KG den Betrag von 2.036.000,00 DM tatsächlich an die H.-AG zahlte. Aufgrund des wirksamen Avalkreditvertrages wäre sie - bzw. nunmehr die Klägerin als ihre Rechtsnachfolgerin - jedenfalls dazu verpflichtet. Dass die Forderung bereits im Rahmen des Konkursverfahrens der B.S. GmbH & Co.KG ganz oder teilweise ausgeglichen worden wäre, macht der Beklagte nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Der B.L. GmbH & Co.KG bzw. der Klägerin stand deshalb jedenfalls ein Freistellungsanspruch zu, der gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch übergehen konnte (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., vor § 249 BGB Rdnr. 46). Die ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung steht dabei einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gleich (vgl. Palandt/Heinrichs, § 250 BGB Rdnr. 2 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier vor, so dass die Klägerin zu Recht Zahlung an sich selbst verlangt.

c)

Bei der Bemessung der Schadenshöhe ist das Landgericht zutreffend von den Bürgschaftssummen ausgegangen (780.000,00 DM + 520.000,00 DM = 1,3 Mio. DM). Die entscheidende Pflichtverletzung des Beklagten lag nicht darin, dass er der W. GmbH mehr als den Gegenwert der von ihr erbrachten Teilleistungen zukommen ließ, sondern bereits in der Verpflichtung der B.L. GmbH & Co.KG im Rahmen der Vorauszahlungsbürgschaften schlechthin. Dafür kommt es auf den Wert der erbrachten Teilleistungen und die Höhe der Schadensersatzansprüche der ARGE S. nicht an. Da es sich um Bürgschaften auf erstes Anfordern handelte, war die H.-AG ohne weiteres verpflichtet, den vollen Betrag zu zahlen, andererseits aber auch berechtigt, ihn als Aufwendungsersatz von den Avalkreditnehmern zurückzufordern. Der Schaden der B.L. GmbH & Co.KG entspricht deshalb der Höhe der Bürgschaftssummen.

4.

In entsprechender Anwendung des § 255 BGB ist der Beklagte allerdings nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Ansprüche, die der Klägerin wegen der der H.-AG ersetzten oder zu ersetzenden Aufwendungen gegen die ARGE S. und die B.S. GmbH & Co.KG zustehen, zur Zahlung des vom Landgericht zuerkannten Betrages verpflichtet. Nachdem er sich in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2001 erstmals auf dieses Zurückbehaltungsrecht berufen hat, ist die erstinstanzliche Verurteilung entsprechend zu beschränken. Ob die abzutretenden Ansprüche tatsächlich bestehen, ist dabei schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin sich zu der gewünschten Abtretung bereit erklärt und nur noch eine Zug-um-Zug-Verurteilung beantragt hat.

II.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes nach Verzugseintritt steht der fortlaufenden Verzinsungspflicht nicht entgegen, weil der Beklagte die von ihm geschuldete Leistung nicht angeboten hat (vgl. BGH NJW 1971, 421).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Da in diesem Rahmen bereits von Amts wegen auch über die Kosten der Streithilfe zu entscheiden ist, hat die Berufung der Streithelferin gegen das Urteil des Landgerichts vom 22. Dezember 2000 ohne Rücksicht auf die Antragsfrist nach § 321 Abs. 2 ZPO Erfolg. Die Kosten dieser Berufung fällen ebenfalls dem insoweit unterlegenen Beklagten zur Last. Von einer gesonderten Kostenregelung für das erstinstanzliche Urteilsergänzungsverfahren sieht der Senat ab, weil für dieses Verfahren keine besonderen Gebühren entstanden sind und etwaige Auslagen im Rahmen der Gesamtregelung nicht ins Gewicht fallen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug und die Beschwer des Beklagten werden auf 1.300.000,00 DM festgesetzt. Abweichend davon beläuft sich der Streitwert für die Berufung der Streithelferin entsprechend ihrem Kosteninteresse auf - aufgerundet - 20.000,00 DM. Die Klägerin und die Streithelferin sind durch das vorliegende Urteil nicht beschwert.

Ende der Entscheidung

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