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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 8 U 107/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 831
BGB § 897
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
1)Eine nach operativer Versorgung einer Achillessehnenruptur auftretende Wundheilungsstörung in Form einer nach außen offenen Wunde ist vornehmlich konservativ mit lokal wirkenden Medikamenten zu behandeln. Die Anwendung systemischer Antibiotika ist bei Entzündungen im Bereich der Achillessehne nicht angezeigt, weil das bradythrophe Gewebe der Sehne von einer oralen öder intravenös verabreichten Antibiose erfahrungsgemäß nicht erreicht oder durchdrungen werden kann.

2) Eine invasive Wundrevision in infiziertem Gewebe ist wegen der damit verbundenen extrem hohen Gefahr eines Übergreifens der Entzündung auf das obere Sprunggelenk in der Regel erst dann indiziert, wenn damit zu rechnen ist, daß die Infektion ohne operative Intervention in das Gelenk eindringt.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 107/99 4 O 395/96 LG Krefeld

Verkündet am 24. August 2000

O, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, den Richter am Oberlandesgericht G und die Richterin am Oberlandesgericht S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 6. Juli 1999 verkündete Urteil der 9. Zivilkammes des Landgerichts Krefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der am 3. März 1960 geborene Kläger erlitt am 11. April 1999 eine Achillessehnenruptur am rechten Bein und wurde daraufhin zur stationären Behandlung im K in W, deren Trägerin die Beklagte zu 1) ist, aufgenommen. Noch am Unfalltag unterzeichnete er eine Einwilligungserklärung zu einem chirurgischen Eingriff; der diesbezügliche Vordruck enthält über der Unterschrift des Klägers bezüglich der Operationsrisiken folgenden handschriftlichen Vermerk: "Thrombose, Embolie, Nachblutung, Entzündung, Reruptur". Am 12. April 1999 wurde die Ruptur durch den Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des K, den Beklagten zu 2), operativ versorgt und genäht. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Der Kläger wurde am 19. April 1999 aus der stationären Behandlung entlassen; zu diesem Zeitpunkt war die Operationswunde komplett geschlossen; der Patient war mit einer gepolsterten dorsalen Unterschenkelgipsschiene versorgt. Die Weiterbehandlung erfolgte durch den Beklagten zu 2) in der von ihm in der Klinik der Beklagten zu 1) betriebenen chirurgischen Ambulanz. Am 26. April 1996 wurden die Fäden entfernt; dem Kläger wurde ein circularer Unterschenkelscotchcastverband in 100°-Stellung angelegt. Nach einem Verbandwechsel am 10. Mai 1999 wurde am 24. Mai 1994 ein Kunststoffverband mit einer Laufsohle angebracht. Der Kläger brachte während der Nachbehandlung zur Sprache, daß er mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern einen Urlaub an der Küste in Dänemark verbringen wolle; hiervon riet der Beklagte zu 2) ihm ab. Da der Kläger nicht auf seinen Urlaub verzichten wollte, erklärte der Beklagte zu 2) ihm, er dürfe nicht in der See baden, müsse sein Bein schonen und sich von Spielen mit den Kindern zurückhalten. Der Kläger trat seinen Urlaub in Dänemark an, während seines Ferienaufenthaltes entfernte er den Kunststoffverband. Als er sich am 21. Juni 1994 erneut bei dem Beklagten zu 2) vorstellte, fand sich über dem distalen Narbenteil eine kleine verschorfte Wunde. Der Beklagte zu 2) entfernte den Schorf und ätzte die Wunde. In der Zeit vom 29. Juni bis zum 1. Juli 1999 erfolgten drei weitere Ätzungen mit Verbandwechsel. Vom 40. bis zum 15. Juli 1999 behandelte der Beklagte zu 2) die Wunde dreimal mit Nebacetinspray; die Dokumentation vermerkt dabei einen "trockenen Verbandwechsel". Am 25. Juli 1999 wurde eine Röntgen- sowie eine Blutuntersuchung vorgenommen, und dem Kläger wurde ein Rivanolverband angelegt. In der Folgezeit - bis zum 8. August 1999 - wurde die Wunde in ein- bis zweitägigen Abständen mit Leucasepuder und Nebacetinspray versorgt. Der Beklagte zu 2) behandelte den Kläger persönlich letztmalig am 3. August 1999; die Weiterbehandlung wurde von seiner Vertreterin, der Oberärztin Dr. F, übernommen. Bei ihrer Untersuchung der Wunde am 9. August 1999 zeigte sich nach den Behandlungsunterlagen "viel Sekretion" sowie eine "deutliche Rötung". Daraufhin wurde ein Abstrich aus der Wunde genommen, der einen Befall mit haemolysierenden Streptokokken und Staphylokokkus aureus ergab. Während dieser Zeit wurde der Kläger täglich mit Rivanolverbänden behandelt. Am 13. August 1999 wurde ein langer Fistelgang der Wunde nach proximal festgestellt, der nach den Eintragungen in der Ambulanzkarte am nächsten Tag gespült wurde. Sowohl am 13. als auch am 19. August 1999 wurden erneut Rivanolverbände angelegt. Am 15. August 1999 suchte der Kläger die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik D (zukünftig: Unfallklinik) auf. Dort wurde ein in die Tiefe sondierbarer Defekt festgestellt; die Wunde war schmierig eitrig belegt, die umgebenden Weichteile gerötet. Dem Patienten wurde zu einer Wundrevision geraten, die am 29. August 1999 in der Unfallklinik vorgenommen werden sollte. Dies teilte der Kläger Frau Dr. F am 16. August 1999 mit. Anläßlich ihrer Untersuchung des Patenten an diesem Tage, stellte Frau Dr. F fest, daß einige Sehnenfasern aus der Wunde hervorschauten, auch machte sich deutlich mehr Sekretion bemerkbar. Am 18. August 1999 wurden Sehnenfasern entfernt; Frau Dr. F riet dem Kläger, sich in der Unfallklinik um einen früheren Termin zu bemühen. Bei der Untersuchung des Klägers am 20. August 1999 war die Sehne erkennbar; Frau Dr. F verordnete die Anbringung eines Kochsalzverbandes, da ein juckendes Exanthem bestand. Am nächsten Tag wurden erneut Sehnenfasern abgeschnitten und ein neuer Verband angelegt. Am 23. August 1999 würde in der Unfallklinik eine Exzision von nekrotischen Achillessehnenanteilen sowie eine Vakuumversiegelung vorgenommen; am 30. August 1999 erfolgte eine Wundanfrischung und ein Weichteildefektverschluß durch die Anlage dynamischer Hautnähte. Dreizehn Tage später - am 12. September 1999 - wurde der Kläger mit reizlosen, trockenen und verschlossenen Weichteilen aus der stationären Behandlung entlassen. Anläßlich einer ambulanten Wiedervorstellung am 22. September 1999 zeigte sich der Wundbereich reizlos; es bestand kein Anhalt für eine bakterielle Infektion in der Tiefe. In der Folgezeit wurde der Kläger von dem niedergelassenen Chirurgen J in W ambulant behandelt. Nach den Behandlungsunterlagen dieses Arztes war die Wunde erst Anfang August 1995 gut und reizlos verheilt.

Der Kläger macht Ersatzansprüche geltend. Er hat sich auf Behandlungsfehler berufen und behauptet, bereits die Operation müsse unsachgemäß durchgeführt worden sein. Nach dem operativen Eingriff habe er, der Kläger, sich genau an die Ratschläge des Beklagten zu 2) gehalten, er habe weder in der See gebadet, noch sei er im Sand herumgelaufen. Den Kunststoffverband habe er während des Urlaubs entfernt, weil der Beklagte zu 2) dies angeordnet und ihm geraten habe, diesen durch einen Rivanolverband zu ersetzen. Das entsprechende Material habe er ihm mitgegeben. Wenn der Verbandwechsel nur unter ärztlicher Aufsicht hätte erfolgen dürfen und der Beklagte zu 2) ihm dies mitgeteilt hätte, hätte er, der Kläger, auf den Urlaub verzichtet. Die kleine verschorfte Wunde habe sich bereits bei dem Verbandwechsel in Dänemark gezeigt. Diese Wunde sei von dem Beklagten zu 2) unsachgemäß behandelt worden; die spätere Verschlechterung des Heilungsverlaufes sei auf die Atzungen der Wunde zurückzuführen. Die anschließende Versorgung mit Rivanolverbänden bis Mitte August sei ebenfalls nicht korrekt gewesen; der Beklagte zu 2) und Frau Dr. F hätten vielmehr das Vorliegen einer Teilnekrose in Betracht ziehen und deswegen eine frühzeitige Wundrevision vornehmen müssen statt sich abwartend zu verhalten. Bei einer rechtzeitigen Wundrevision wäre ihm, dem Kläger, der Eingriff in der Unfallklinik erspart geblieben. Überdies sei er vor der Operation nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Über Risiken - insbesondere die Gefahr von Entzündungen - sei er nicht belehrt worden. Wenn ihm dieses Risiko bekannt gewesen wäre, hätte er den Eingriff nicht von dem Beklagten zu 2) sondern in einer Spezialklinik (Sportklinik) vornehmen lassen. Aufgrund der fehlerhaften Behandlung durch den Beklagter. zu 2) und Frau Dr. F sei er gesundheitlich erheblich beeinträchtigt; morgens sei sein Fuß versteift, auch bestehe nur eine geringe Dehnungsmöglichkeit des Fußes. Beim Treppensteigen habe er Schwierigkeiten, längeres Gehen oder Laufen sei ebenfalls nicht möglich. Den früher von ihm, betriebenen zahlreichen sportlichen Aktivitäten könne er nicht mehr nachgehen. Auch im Spiel mit seinen Kindern sei er stark eingeschränkt. Der Kläger hat ein Schmerzensgeld von 15.000 DM für angemessen erachtet und vorgetragen, die Beklagten seien ihm darüber hinaus zum Ersatz materieller Schäden in Hohe von 8.957,30 DM verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 23.957,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jegliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die zukünftig entstehen, sofern sie nicht bereits auf dritte Personen oder den Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben Behandlungsfehler in Abrede gestellt und behauptet, das operative Vorgehen des Beklagter zu 2) sei korrekt gewesen, ebenso sei die Nachbehandlung sachgerecht erfolgt. Eine Anordnung, daß der Kläger im Urlaub einen Verbandwechsel vornehmen solle, sei nie erfolgt. Der Kläger sei vor der Operation durch den Arzt Dr. K ordnungsgemäß aufgeklärt und unter anderem auf das Risiko der Entstehung von Nekrosen und Entzündungen hingewiesen worden. Seine Behauptung, er hätte sich dann in eine Spezialklinik einliefern lassen, sei falsch. Die Beschwerden des Klägers und eine Ursächlichkeit der von dem Beklagten zu 2) und Frau Dr. F vorgenommenen Behandlung hierfür haben die Beklagten ebenso bestritten wie die von dem Kläger geltend gemachten materiellen Schäden.

Das Landgericht hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und sodann die Klage abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und macht ergänzend geltend, die Anordnung des Beklagten zu 2), den Verband im Urlaub zu wechseln, sei verfehlt gewesen; bei einem Wechsel unter medizinischer Aufsicht hätte die erforderliche Therapie eine Woche früher eingeleitet werden können. Im übrigen beruft er sich erneut darauf, daß die Nachbehandlung nach seiner Urlaubsrückkehr unsachgemäß gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Erstscheidung

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 23.957,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jegliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die zukünftig entstehen, sofern sie nicht bereits auf dritte Personen oder den Sozialversicherungsträger übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen die Entscheidung des Landgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat ergänzend durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. G Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe:

A.

Der Kläger ist nicht gemäß den §§ 823, 831, 897 BGB berechtigt, von den Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verlangen; auch ein Anspruch auf Ausgleich schon entstandener oder zukünftiger materieller und immaterieller Schäden steht ihm weder nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung (§§ 611, 292, 276, 299 ff. BGB) noch aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung zu.

Nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen obliegt es der klagenden Partei, auch im Rahmen des Arzthaftungsprozesses zu beweisen, daß dem in Anspruch genommenen Arzt oder dem sonstigen ärztlichen Personal des Krankenhausträgers ein zumindest fahrlässiges Versäumnis vorzuwerfen ist, das eine gesundheitliche Beeinträchtigung hervorgerufen hat. Diesen Nachweis hat der Kläger nicht geführt; die vom Landgericht begonnene und vom Senat fortgesetzte Beweisaufnahme hat nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit ergeben, daß diese Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind.

I.

1.

Der am 12. April 1999 von dem Beklagten zu 2) vorgenommene operative Eingriff ist nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. G in seinem - erstinstanzlich erstatteten - schriftlichen Gutachten sachgemäß unter Anwendung der anerkannten Operationsmethode sowie der notwendigen Desinfektions- und Hygienemaßnahmen - Durchflechtungsnaht der Achillessehnenstümpfe mit resorbierbarem Nahtmaterial unter aseptischen Kautelen - durchgeführt worden; ebenso war die postoperative Behandlung vor dem Urlaubsantritt des Patienten einwandfrei. Dies hat der Gutachter anläßlich seiner Anhörung vor dem Senat erneut bestätigt.

2.

Ob der Beklagte zu 2) die vom Kläger behauptete - dann verfehlte - Anordnung erteilt hat, den Kunststoffverband nach zwei Wochen im Urlaub abzunehmen und statt dessen selbst einen Rivanolverband anzulegen, kann dahinstehen, weil sich hieraus keine Auswirkungen ergeben haben; entgegen der Auffassung des Patienten wäre eine Therapie der Wundheilungsstörung auch dann nicht früher eingeleitet worden. Ein Verbleiben des ursprünglichen Verbandes hätte nämlich nur zur Folge gehabt, daß die Verschorfung - die nach dem Vorbringen des Klägers - bereits bei dem Austausch der Verbände sichtbar war erstmals bei dem von dem Beklagten zu 2) angeordneten Verbandwechsel nach seiner, des Patienten, Urlaubsrückkehr entdeckt worden wäre.

3.

Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob dem Kläger im Rahmen der notwendigen Sicherheitsaufklärung die möglichen gesundheitlichen Gefahren eines Ferienaufenthaltes an der See - wie das Eindringen von Sand in den Gehgips - hinreichend vor Augen geführt worden sind. Es läßt sich nämlich nicht feststellen, daß solche Gefahren sich verwirklicht und zu der späteren Wundheilungsstörung und Entzündung geführt habe. Zum einen hat der Kläger selbst behauptet, er sei niemals durch Sand gelaufen; zum anderen kommt nach der Beurteilung des Sachverständigen als Ursache für die spätere Wundheilungsstörung nicht nur eingedrungener Sand, sondern ebenso eine partiell schon vorhandene Archillessehnennekrose in Betracht. Prof. Dr. G hat erläutert, daß solche Infektionen nach der operativen Versorgung einer Sehnenruptur trotz einer anfänglich geschlossenen Operationswunde auch nach längerer Zeit noch auftreten können. Bedingt ist diese Komplikation durch die schlechte Heilungstendenz im Bereich der Achillessehne, die darauf beruht, daß zwischen der Haut und der Sehne kein eine Heilung förderndes durchblutetes Gewebe vorhanden ist und auch die Achillessehne selbst nur eine bradytrophe schlecht durchblutete Struktur aufweist. Welche der genannten Möglichkeiten im Falle des Klägers die Wundheilungsstörung hervorgerufen hat, läßt sich nach den Darlegungen des Gutachters nicht feststellen.

4.

Art und Umfang der ambulanten Nachbehandlung vom 21. Juni 1999 an geben keinen Anlaß zu Beanstandungen:

a)

Es war korrekt, die Wunde konservativ mit Ätzungen, Nebacetinspray sowie Leukasepuder und Rivanolverbänden zu behandeln. Eine Anwendung systemischer Antibiotika hat Prof. Dr. G ausdrücklich als nicht hilfreich bezeichnet, weil derartige Medikamente bei Entzündungen im Bereich der Achillessehne keine Wirkung auf den Heilungsverlauf zeigen; daß bradytrophe und schlecht durchblutete Gewebe kann von einer oralen oder intravenösen Antibiose erfahrungsgemäß nicht erreicht oder durchdrungen werden. Eine örtliche antibiotische Wirkung wurde durch die Behandlung der Wunde mit Nebacetinspray erreicht, das auch die Granulation und damit die Neubildung von Gewebe fördert.

b)

Der Vorwurf, es sei fehlerhaft gewesen, die Wunde über einen Zeitraum von fast zwei Monaten nur konservativ zu behandeln, statt dessen hätte eine frühere operative Wundrevision stattfinden müssen, ist nicht gerechtfertigt. Prof. Dr. G hat keinen Zweifel daran gelassen, daß bei einer Wundheilungsstörung in Form einer nach außen offenen Wunde grundsätzlich der konservativen Behandlung der Vorzug vor einem operativen Eingriff zu geben ist: Bei einem solchen Eingriff kann lediglich infiziertes und nekrotisches Gewebe oder die Sehne selbst entfernt werden; zu einer Heilung einer infizierten Achillessehne kann ein operatives Vorgehen indes nicht beitragen. Zugleich bürgt eine invasive Wundrevision in infiziertem Gewebe eine extrem hohe Gefahr in sich, daß die Entzündung auf das obere Sprunggelenk übergreift und dies auf Dauer zu einer Einschränkung der Beweglichkeit dieses Gelenkes führt. Vor diesem Hintergrund hat Prof. Dr. G trotz der zunehmenden Verschlechterung der Wundverhältnisse und der Bildung eines Fistelganges in der Wunde die konservative Weiterbehandlung für sachgerecht erachtet. Er hat erläutert, daß auch mit Blick auf das Risiko eines Übergreifens der Infektion aus der Wunde auf die Sehne eine operative Revision wegen der hiermit einhergehenden Gefahren nur und erst dann angezeigt ist, wenn damit zu rechnen ist, daß die Infektion ohne eine operative Intervention in das obere Sprunggelenk eindringt. Er hat dies überzeugend damit begründet, daß der Erhalt der Achillessehne gegenüber der Gefahr eines infektiösen Befalls des Gelenkes durch eine zu frühe Operation zweitrangig ist, weil die Sehne mit den heutigen operativen Methoden gut ersetzt werden kann, während eine Gelenkinfektion auf Dauer zu nicht reversiblen Bewegungsbeeinträchtigungen des Fußes führen kann.

Dafür, daß bis Mitte August 1994 - als der Kläger sich entschlossen hatte, sich in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik D weiter behandeln zu lassen - Anzeichen für ein Übergreifen des Infektes auf das Sprunggelenk vorgelegen haben, so daß eine operative Revision indiziert gewesen wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor. Diesbezügliche Symptome - wie z.B. Schwellungen - lassen sich der Dokumentation gemäß der Auswertung durch den Gutachter nicht entnehmen. Prof. Dr. G hat hervorgeboben, daß er selbst mangels solcher Anzeichen eine weitere konservative Behandlung vorgenommen hätte.

Ob eine teilweise Entfernung der Achillissehne - wie sie nach der Behauptung des Klägers anläßlich der Operation vom 30. August 1999 in der Unfallklinik in D vorgenommen worden sein soll - einen Schlug darauf zulassen konnte, daß bereits während der Behandlung durch den Beklagten zu 2) oder die Oberärztin Dr. F die Gefahr einer Ausbreitung der Infektion in das Sprunggelenk bestand, mag dahinstehen. Dem Operationsbericht der Unfallklinik vom 30. August 1999 läßt sich nichts dafür entnehmen, daß die Sehne selbst teilweise entfernt worden ist; gemäß der Beurteilung dieses Berichtes durch den Sachverständigen wurden nur necrotische Gewebeanteile im Bereich der Sehne beseitigt.

c)

Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Hervortreten von Sehnenfasern aus der Wunde, das nach der Dokumentation am 16. August 1999 von Frau Dr. F festgestellt wurde, zu einer operativen Wundrevision Anlaß gegeben hätte. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre - was der Sachverständige verneint hat -, käme einer diesbezüglichen Unterlassung haftungsrechtlich keine Relevanz zu; der Kläger hatte sich zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits entschlossen, einen operativen Eingriff - nur - in der Unfallklinik D durchführen zu lassen.

II.

Eine Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines Aufklärungsversäumnisses. In der Einwilligungserklärung, die der Kläger vor der durch den Beklagten zu 2) durchgeführten Operation am 11. April 1999 unterzeichnet hat, sind über seiner Unterschrift handschriftlich die möglichen Komplikationen eingetragen, darunter ist auch das Risiko einer Entzündung erwähnt. Der Arzt Dr. K, der das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten geführt hat, hat in seiner schriftlichen Aussage vom 9. Mai 2000 bestätigt, daß er den Kläger im persönlichen Gespräch auch über die Möglichkeit einer Entzündung der Operationswunde belehrt und die von ihm angesprochenen Risiken sodann stichwortartig auf dem Einwilligungsformular niedergelegt habe.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlaß.

Die Beschwer des Klägers liegt unter 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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