Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: 8 U 153/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
BGB § 847
BGB § 611
BGB § 242
BGB § 276
BGB § 249 ff
BGB § 823
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
ZPO § 108 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 153/00

Verkündet am 7. Juni 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B, sowie die Richter am Oberlandesgericht G und S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten und Widerklägers gegen das am 20. Juli 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und Widerkläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000 DM und die Vollstreckung des Drittwiderbeklagten durch Sicherheitsleistung von 15.000 DM abwenden, wenn nicht diese zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Der am 14. März 1921 geborene Beklagte litt Anfang des Jahres 1995 unter diffusen Beschwerden im rechten Bein, die ihn zu dem Wunsch nach einer Amputation veranlaßten. Ein solcher Eingriff wurde im Februar 1995 von den Landeskrankenanstalten S nach einer neurologischen Untersuchung abgelehnt, da die Indikation für ein operatives Vorgehen nicht festzustellen sei, man vielmehr nach der Entfernung des Beins mit einer Verschlechterung des Zustands rechnen müsse. Ungeachtet dieser Empfehlung wandte sich der Beklagte an den Chirurgen Prof. Dr. S aus Z der die Amputation am 13. April 1995 durchführte. Im Jahre 1996 traten bei dem Patienten Hodenschmerzen auf, die auf Kollisionsprobleme mit dem Prothesentrichter zurückgeführt wurden. Diese Beschwerden veranlaßten die urologische Abteilung des M D am 13. Juni 1996 zu einer beidseitigen Orchiektomie. Am 20. Januar 1997 begab sich der Beklagte erstmals in die Behandlung der M in K, deren Trägerin die Klägerin ist. Bei dieser Gelegenheit klagte er zum einen über Schmerzen im rechten Oberschenkelstumpf, die man auf eine unzulängliche Weichteildeckung des verbliebenen Knochens zurückführte. Zum anderen wies der Patient auf zunehmende Mißempfindungen im linken Bein hin, angesichts derer auch in diesem Bereich eine Amputation in Erwägung zu ziehen sei. Seitens der Klägerin wurde am 24. Januar 1997 eine psychiatrisch-neurologische Untersuchung im A Krankenhaus in K veranlaßt, bei der man eine Aggressionsproblematik mit autodestruktiven Tendenzen feststellte; eine Amputation des linken Beins wurde als "völlig obsolet" bezeichnet; statt dessen empfahl man eine Therapie in einer psychosomatischen Klinik. Zur Beseitigung der vorhandenen Stumpfbeschwerden erschien der Beklagte am 3. März 1997 erneut in dem Krankenhaus der Klägerin. Er unterzeichnete bei dieser Gelegenheit eine Vereinbarung, in der er für die Unterbringung in einem Ein-Bett-Zimmer eine Vergütung von 630 DM/Tag zusagte (Bl. 11 GA). Am folgenden Tag erklärte sich der Patient mit einer "Nachamputation am rechten Oberschenkelstumpf wegen starker Beschwerden an der Prothese" einverstanden; zuvor war er auf die mit der Operation verbundenen Risiken, insbesondere auf die Gefahr einer Wiederkehr von Stumpfbeschwerden und einer Verschlechterung des Prothesenaufsitzes hingewiesen worden.

Die schriftliche Einwilligungserklärung enthält folgenden - von dem Beklagten gesondert unterzeichneten - Zusatz:

"Der Patient" wünscht ausdrücklich eine Verkürzung des vorhandenen Oberschenkelstumpfs/Knochens und lehnt eine Verlängerung sowohl des Knochens als auch der Weichteile ab."

Am 5. März 1997 führte der Drittwiderbeklagte die chirurgische Stumpfrevision durch. Dabei resezierte er den vorhandenen Knochen um etwa 7 cm, koagulierte nach einer Kürzung die im Operationsgebiet verlaufenden Nervenbahnen und sorgte für eine verstärkte myoplastische Deckung des Stumpfs. Am Ende des Operationsberichtes heißt es:

"Die Oberschenkelknochenstumpf-Nachsektion wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten durchgeführt. Eine zuvor angebotene myoplastische Deckung durch Distraktion der Muskelstümpfe, gegebenenfalls auch durch das Ilizarov-Stumpfverlängerungsverfahren wurde von dem Patienten aufgrund des zu erwartenden langwierigen Verfahrens abgelehnt."

Der postoperative Heilungsprozeß verlief zunächst ungestört. Allerdings stürzte der Beklagte in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1997 aus dem Bett und zog sich ein Hämatom im Bereich des rechten Oberschenkels zu; dieser Bluterguß mußte am 21. März 1997 chirurgisch behandelt und später mehrfach in Kurznarkose revidiert werden. Am 27. März 1997 wurde der Beklagte aus der stationären Behandlung entlassen. Anschließend erteilte die Klägerin über ihre Unterbringungsleistungen eine Rechnung in Höhe von insgesamt 15.750 DM. Diesen Betrag zahlte der Beklagte auch im Anschluß an mehrere Mahnungen nicht.

Die Klägerin hat deshalb den Antrag gestellt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 15.750 DM nebst 12,50 DM Zinsen seit dem 25. April 1997 sowie 30 DM außergerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, er sei im Rahmen des stationären Aufenthaltes fehlerhaft behandelt worden und könne deshalb seinerseits Ersatzansprüche geltend machen. Der Klägerin sei sein Sturz aus dem Bett in der Nacht vom, 15. auf den 16. März 1997 vorzuwerfen; dieses Ereignis hätte durch geeignete Schutzvorkehrungen - beispielsweise durch Anbringung eines Bettgitters - verhindert werden können und müssen; die Ausräumung des dabei entstandenen Hämatoms und die anschließenden Wundrevisionen seien schmerzhaft und unangenehm gewesen, zumal er - der Beklagte - auf die erforderlichen Narkosen jeweils mit Übelkeit und ähnlichen Mißempfindungen reagiert habe. Darüber hinaus sei die Operation vom 5. März 1997 fehlerhaft durchgeführt worden: Er habe sich im März 1997 nur deshalb in die Klinik begeben, um eine Zyste aus dem Oberschenkelstumpf entfernen zu lassen; in eine weitergehende chirurgischen Korrektur habe er nicht eingewilligt; eine solche sei auch nicht medizinisch indiziert gewesen. Aufgrund der Kürzung des verbliebenen Knochens könne er keine Prothese mehr tragen und sei ständig auf einen Rollstuhl angewiesen. Zur Besserung des Zustandes sei eine weitere Korrekturoperation in der S bei Prof. Dr. S angebracht gewesen; an Fahrtkosten habe er hierfür 2.400 DM aufwenden müssen. Aufgrund seiner dauerhaften Immobilität sei es ferner notwendig gewesen, in seinem Haushalt Hilfskräfte einzusetzen; für diese habe er in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 12.000 DM gezahlt, wovon die Pflegeversicherung lediglich 5.400 DM erstattet habe. Auch in seinem Büro sei er seit der mißglückten Operation auf die Unterstützung Dritter angewiesen; für die Durchführung solcher Leistungen, die er früher selbst habe erbringen können, habe er in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 insgesamt 12.000 DM gezahlt. Schließlich stehe ihm aufgrund des ärztlichen Fehlverhaltens ein "Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 50.000 DM zu. Mit diesen Ansprüchen hat der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung erklärt; im übrigen hat er die Forderungen im Wege der Widerklage gegen die Klägerin und den Drittwiderbeklagten geltend gemacht. Insoweit hat er beantragt,

1.

die Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen; an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung, mindestens aber 50.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. März 2000 zu zahlen;

2.

die Klägerin und den Drittwiderbeklagten des weiteren zu verurteilen, an ihn eine monatliche Schmerzensgeldrente, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, den Betrag von monatlich 500 DM aber nicht unterschreiten solle, für den Zeitraum ab der letzten mündlichen Verhandlung vierteljährlich im voraus, jeweils zum 1. Februar, 1. Mai, 1. August und, 1. November eines jeden Jahres zu zahlen;

3.

festzustellen, daß die Klägerin und der Drittwiderbeklagte verpflichtet seien, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstünden - aus der streitbefangenen Operation vom 5. März 1997 und dem Sturz aus dem Krankenbett vom 16. März 1997 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergingen.

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte haben den Antrag gestellt.

die Widerklage abzuweisen.

Sie haben behauptet, das chirurgische Vorgehen sei in jeder Hinsicht einwandfrei gewesen; der Beklagte habe ausdrücklich auf einer Kürzung des Beinstumpfs bestanden, und alternative Behandlungsmöglichkeiten abgelehnt. Der nächtliche Sturz des Patienten aus seinem Bett sei überraschend und für das Klinikpersonal unvermeidbar gewesen; vor diesem Ereignis habe es keine Hinweise gegeben, die die Anbringung eines Bettgitters nahegelegt hätten. Vorsorglich haben die Klägerin und der Drittwiderbeklagte das Ausmaß der angeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und den Umfang der geltend gemachten Ersatzansprüche bestritten.

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und sodann der Klägerin unter Abweisung der Widerklage und der weitergehenden Klage einen Betrag von 15.770 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. April 1997 zuerkannt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und wendet sich gegen die Schlußfolgerungen des Sachverständigen; da der Gutachter den Patienten nicht persönlich untersucht habe, stütze er seine Ergebnisse auf bloße Vermutungen.

Der Beklagte hat zunächst die in der ersten Instanz geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang weiterverfolgt; in der mündlichen Verhandlung hat er seine Widerklage in Höhe eines Betrages von 15.770,-- DM nebst Zinsen zurückgenommen.

Er beantragt nunmehr,

1. die Klage abzuweisen

2. auf die Widerklage

a) die Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld für den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung, mindestens aber 34.230,-- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) der Klägerin und den Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn eine monatliche Schmerzensgeldrente, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, den Betrag von monatlich 500,-- DM aber nicht unterschreiten solle, für den Zeitraum ab der letzten mündlichen Verhandlung vierteljährlich im voraus jeweils zum 1.2., 1.5., 1.8 und 1.11. eines jeden Jahres zu zahlen,

c) festzustellen, daß die Klägerin und der Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden - letztere soweit sie nach der mündlichen Verhandlung entstünden - aus der streitbefangenen Operation vom 5. März 1998 und dem Sturz aus dem Krankenbett vom 16. März 1997 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergingen.

Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte stellen den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertiefen ihren bisherigen Sachvortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, die für seine stationäre Behandlung in Rechnung gestellte Vergütung von 15.770,-- DM zu zahlen; eigene Gegenansprüche, die zur Aufrechnung berechtigen oder im Wege der Widerklage geltend gemacht werden konnten, stehen ihm demgegenüber nicht zu:

I.

Die Klägerin kann nach § 611 Abs. 1 BGB das mit ihrer Klage geforderte Entgelt verlangen. Der Beklagte hat sich in dem von ihm unterzeichneten Unterbringungsvertrag (Bl. 11 GA) verpflichtet, für jeden Tag des stationären Aufenthaltes in einem Ein-Bett-Zimmer die tariflich vorgesehen Vergütung von 630 DM zu zahlen. Das auf dieser Vereinbarung beruhende Honorar hat die Klägerin zutreffend ermittelt und in Rechnung gestellt. Die grundsätzliche Berechtigung der Klageforderunq hat der Beklagte zudem in der Berufungsinstanz durch die teilweise Rücknahme seiner Widerklage akzeptiert.

Die vom Landgericht zuerkannten Mahnkosten und Zinsen sind nicht zu beanstanden; diese Positionen werden zudem mit der Berufung nicht ausdrücklich angegriffen.

II.

Eigene Ansprüche, die der Vergütung im Wege der Aufrechnung entgegengesetzt oder im Wege der Widerklage geltend gemacht werden konnten, stehen dem Beklagten nicht zu. Er kann weder gemäß § 847 BGB Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes noch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung gemäß den § 611, 242, 276, 249 ff BGB oder aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 BGB einen Ausgleich für die bereits entstandenen oder künftig drohenden materiellen Schaden verlangen. Die Klägerin und der Drittwiderbeklagte haften nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme weder für ein Fehlverhalten bei der stationären Behandlung noch für ein Versäumnis im Rahmen der gebotenen Patientenaufklärung:

1.

Die sorgfältige Prüfung des Sachverhaltes durch den vom Landgericht beauftragten Gutachter Prof. Dr. H hat nicht mit der für eine Haftung erforderlichen Sicherheit ergeben, daß den bei der Klägerin tätigen Ärzten oder dem verantwortlichen Pflegepersonal ein für eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Patienten ursächliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist:

a) Fest steht, daß der Beklagte in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1997 aus seinem Bett gefallen ist. Dieses Ereignis beruht aber nicht auf einem dem Krankenhausträger anzulastenden Fehlverhalten. Ein Sturz aus dem Bett ist regelmäßig auf Verwirrtheitszustände oder Schwindelgefühle zurückzuführen; häufig kommt es unmittelbar nach einer Operation mit einer längeren Narkose zu entsprechenden Auffälligkeiten ("Durchgangssyndrom"). Der Beklagte ist erst am 10. postoperativen Tag gefallen, so daß ein Zusammenhang mit der für den Eingriff unerläßlichen Anästhesie nicht herzustellen ist. Prof. Dr. H hat die vorhandene Dokumentation sorgfältig ausgewertet und keinerlei Anzeichen gefunden, die auf die mögliche Gefahr eines Sturzes hindeuteten; derartige Gesichtspunkte werden auch von dem Beklagten selbst nicht vorgetragen. Die obligatorische Anbringung eines Bettgitters hat der Sachverständige überzeugend und zutreffend als unangebracht bezeichnet: Das postoperative Durchgangssyndrom hat bisweilen zur Folge, daß verwirrte Patienten, die vorübergehend desorientiert sind, aufgrund einer Fehleinschätzung ihrer Situation den Versuch unternehmen, das Gitter zu überklettern und dabei zu Fall kommen. Mit einiger Sicherheit kann ein Sturz aus dem Bett nur durch eine Fixierung des Patienten an das Gestell verhindert werden; eine solche Maßnahme beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit des Betroffenen erheblich und ist deshalb nur angebracht, wenn es Hinweise auf eine Selbstgefährdung durch unkontrollierte Bewegungen gibt; derartige Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch den Behandlungsunterlagen zu entnehmen.

b) Dem Drittwiderbeklagten ist ein schuldhaftes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Operation vom 5. März 1997 ebenfalls nicht vorzuwerfen:

aa) Der Beklagte begab sich Anfang des Jahres 1997 erstmals in die Klinik der Beklagten, weil er zum einen unter Stumpfbeschwerden litt und zum anderen aufgrund autodestruktiver Tendenzen die Amputation seines zweiten Beines wünschte. Diesem ungewöhnlichen Bestreben hätte richtigerweise durch eine psychiatrisch-neurologische Behandlung begegnet werden sollen. Tatsächlich würde seitens der Klägerin eine entsprechende konsiliarische Untersuchung im A Krankenhaus K veranlaßt; dabei stellte sich heraus, daß die Behandlung eines psychosomatischen Hintergrunds am Widerstand des Patienten, der auf die bloße Andeutung einer seelischen Ursache mit "heller Empörung" reagierte, scheitern werde. Angesichts dessen mußte in der Klinik der Klägerin sicherlich von der gewünschten Amputation des zweiten Beins abgesehen werden. Andererseits durften sich die verantwortlichen Ärzte darum bemühen, die vorhandenen Beschwerden im rechten Oberschenkelstumpf, die die Beweglichkeit des Patienten erheblich beeinträchtigten, zu beheben. Dies konnte und mußte durch eine chirurgische Korrektur erfolgen, so daß an der grundsätzlichen Indikation des ärztlichen Vorgehens nicht zu zweifeln ist.

bb) Das konkrete operative Vorgehen des Drittwiderbeklagten ist nicht zu beanstanden. Die Behauptung des Beklagten, er habe lediglich die Beseitigung einer Zyste gewünscht, wird durch die vorhandene Dokumentation nicht bestätigt. Der auf Vernehmung von Prof. Dr. S gerichtete Beweisantrag (Bl. 183 GA) ist ungeeignet; der für die erste Amputation verantwortliche S Chirurg hat nämlich das betroffene Bein erst bei der Wiedervorstellung des Patienten nach der Korrekturoperation in der Klinik der Klägerin in Augenschein nehmen können; er kann deshalb nicht dazu Stellung nehmen, ob vor der Kürzung des Stumpfs im März 1997 eine störende Zyste vorhanden war. Bei der Beurteilung ist deshalb von dem intraoperativen Befund auszugehen, den der Beklagte zumindest nicht widerlegen kann. In dem Bericht vom 5. März 1997 wird beschrieben, daß sich "der Oberschenkelknochenstumpf, welcher schon vor längerer Zeit sein myoplastisches Bett verlassen haben muß, direkt unter der Hautnarbe" befand. Die Oberschenkelmuskulaturstümpfe waren "stark retrahiert, da der Knochenstumpf den Muskelmantel nach dorso-lateral verlassen hatte und direkt unter die Hautoberfläche spießt". Diese Situation machte nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H grundsätzlich eine chirurgische Korrektur notwendig; dabei standen zwei Behandlungsalternativen zur Verfügung: Zum einen konnte der Versuch unternommen werden, die erforderliche myoplastische Deckung durch eine Verlängerung der Weichteile zu erreichen; zum anderen war es möglich, das Muskelbett durch eine Kürzung des Knochenstumpfs herzustellen. Die Entscheidung des Drittwiderbeklagten für die letztgenannte Alternative hat der Gutachter ausdrücklich als richtig bezeichnet; angesichts des Alters und der relativen Uneinsichtigkeit des Patienten sowie in Anbetracht der vorhandenen Diabetes-Erkrankung war die mühsame und langwierige Verlängerung der Weichteile weder sinnvoll noch erfolgversprechend. Daß bei der Durchführung des medizinisch indizierten Eingriffs Versäumnisse unterlaufen sind, ist im Nachhinein nicht mit der für eine Haftung erforderlichen Sicherheit festzustellen. Prof. Dr. H hat betont, daß in dem Operationsbericht sehr ausführlich das eindeutig technisch richtige Vorgehen beschrieben wird; Anhaltspunkte für ein vermeidbares Fehlverhalten des Chirurgen hat er bei seiner sorgfältigen Prüfung des Sachverhaltes nicht gefunden. Unter diesen Umständen kann nicht festgestellt werden, daß andere Maßnahmen - beispielsweise eine geringere Kürzung des Knochenstumpfs - im Ergebnis zu einer besseren Prothesenverträglichkeit geführt hätten.

2.

Der Klägerin und dem Drittwiderbeklagten ist schließlich kein Aufklärungsversäumnis vorzuwerfen. Das Vorbringen des Beklagten, er habe der Kürzung des Oberschenkelstumpfs nicht zugestimmt, ist durch die vorhandene Dokumentation widerlegt: Ausweislich eines von dem Beklagten gesondert unterzeichneten handschriftlichen Zusatzes auf der Einwilligungserklärung vom 4. März 1997 wünschte er nämlich "ausdrücklich eine Verkürzung des vorhandenen Oberschenkelstumpfs/Knochens" und lehnte eine Verlängerung sowohl des Knochens als auch der Weichteile ab. Über die mit diesem Vorgehen verbundene Gefahr eines Fortbestands der Beschwerden wurde er präoperativ ebenso belehrt wie über das Risiko einer möglichen Verschlechterung des Prothesenaufsitzes.

B.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Ergänzung des Senatsbeschlusses vom 7. März 2001 ab dem 3. Mai 2001 im Verhältnis des Beklagten zur Klägerin auf 90.000 DM und im Verhältnis des Beklagten zum Drittwiderbeklagten auf 74.230 DM festgesetzt.

Die Beschwer des Klägers liegt über 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

Zurück