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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.09.2000
Aktenzeichen: 8 U 199/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 454
ZPO § 69
ZPO § 265
ZPO § 325 Abs. 1
ZPO § 265 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 539
ZPO § 380
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
BGB § 362
BGB § 366
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

8 U 199/99 10 O 91/98 LG Duisburg

Verkündet am 21. September 2000

S, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B sowie die Richter am Oberlandesgericht G und S

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Streithelfers der Klägerin gegen das am 1. Dezember 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragt der Streithelfer der Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Streithelfer der Klägerin führte im Jahre 1997 zahnprothetische Arbeiten bei der Beklagten durch. Die Erstbehandlung mit operativer Implantateinsetzung und sich anschließender stationärer Betreuung erfolgte in der Zeit vom 3. März bis 13. März 1997. Wegen auftretender Komplikationen kam es in dem Zeitraum von April 1997 bis Juli 1997 zu weiteren Behandlungen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil vom 20. Mai 1999 verwiesen.

Die Beklagte hatte zu Beginn der Behandlung vereinbarungsgemäß 24.000 DM an den Streithelfer der Klägerin, gezahlt, der seine die Behandlung vom 3. März bis 13. März 1997 betreffenden Honoraransprüche an die Klägerin, eine zahnärztliche Abrechnugsstelle, abgetreten hatte. Die einzelnen Behandlungsmaßnahmen wurden der Beklagten gegenüber wie folgt abgerechnet:

Behandlung vom 3. März bis 4. März 1997 (Rechnung der Klägerin vom 17. März 1997) 13.450,43 DM Behandlung vom 5. März bis 13. März 1997 (Rechnung der Klägerin vom 24. März 1997) 8.723,44 DM Behandlung vom 1. April 1997 (Rechnung der Klägerin vom 28. Mai 1997) 1.765,90 DM Behandlung vom 11. April bis 1. Juli 1997 (Rechnung Dr. S vom 9. Oktober 1997) 2.318,84 DM Behandlung vom 10. Juli bis 24. Juli 1997 (Rechnung Dr. S vom 9. Oktober 1997) 22.457,59 DM Aufenthalt vom 3. März bis 13. März 1997 und 11. April 1997 (Rechnungen F vom 13. März/19. März/23. April 1997) 2.610,-- DM 580,-- DM 750,-- DM.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die ursprünglich ihr abgetretenen Honorarforderungen von 13.450,43 DM und 8.723,44 DM (Rechnungen vom 17. März und 24. März 1997) geltend gemacht. Die Klägerin und der auf ihrer Seite dem Verfahren beigetretene Streithelfer haben die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde das geltend gemachte Honorar von 22.173,87 DM nebst Zinsen und Mahnkosten wegen ordnungsgemäß erbrachter ärztlicher Leistungen; die geltend gemachten Ansprüche seien von der Zahlung der Beklagten in Höhe von 24.000 DM nicht betroffen.

Die Beklagte hat zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin und die Wirksamkeit der Forderungsabtretung bestritten; im übrigen hat sie geltend gemacht, die den Rechnungen der Klägerin zugrundeliegenden Forderungen seien durch ihre zu Behandlungsbeginn erbrachte Zahlung von 21.000 DM beglichen. Schließlich hat die Beklagte die Mangelhaftigkeit der ärztlichen Leistungen des Streithelfers behauptet und hilfsweise die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt.

Das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 24. Juni 1998, mit dem der Klage zunächst bis auf einen Teil der Nebenforderungen stattgegeben worden ist, hat der Senat aufgrund des von der Benagten eingelegten Rechtsmittels durch Urteil vom 20. Mai 1999 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Das Landgericht hat nunmehr zur Frage einer das Behandlungshonorar betreffenden Zahlungsvereinbarung des Streithelfers mit der Beklagten Beweis erhoben und die Klage durch das am 1. Dezember 1999 verkündete Urteil abgewiesen. Das Landgericht hat die Frage nach Aufklärungs- und Behandlungsfehlern des Streithelfers offen gelassen und ist davon ausgegangen, daß die geltend gemachten Honoraransprüche durch die von der Beklagten erbrachten Zahlungen in Höhe von insgesamt 29.000 DM gemäß §§ 362, 366 BGB als erfüllt anzusehen sind. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin und der Streithelfer hätten eine Vereinbarung, wonach durch die Zahlung erst später zu erbringende Leistungen betroffen sein sollten, nicht zu beweisen vermocht. Von der beantragten Zeugenvernehmung des Streithelfers hat das Landgericht mit der Begründung, dieser komme wegen, seiner Eigenschaft als streitgenössischer Streithelfer nicht als Zeuge in Betracht, abgesehen.

Gegen die Entscheidung wendet sich der Streithelfer mit der Berufung. Er ist der Ansicht, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft seine Vernehmung als Zeuge zu der von ihm behaupteten Zahlungsvereinbarung mit der Beklagten unterlassen.

Im Hinblick, darauf, daß die Klägerin die streitgegenständlichen Honoraransprüche zwischenzeitlich - am 22. Dezember 1999 - an ihn rückabgetreten hat, beantragt der Streithelfer der Klägerin, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 22.173,87 DM nebst 8 % Zinsen daraus seit dem 9. Oktober 1997 sowie Mahnkosten in Höhe von 20 DM und Altzinsen in Höhe von 809,33 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Sachvortrages.

Entscheidungsgründe:

A.

Die von dem Streithelfer der Klägerin eingelegte Berufung ist zulässig; sie hat allerdings in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die von der Klägerin erhobene und nunmehr von dem Streithelfer weiterverfolgte Honorarklage zu Recht abgewiesen.

1.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des Landgerichts zu bestätigen, wonach die den Behandlungszeitraum vom 3. März bis 13. März 1997 betreffenden Honoraransprüche des Streithelfers durch die Zahlung der Beklagten in !Höhe von 29.000 DM erfüllt sind, weil weder die Klägerin noch der Streithelfer eine anderweitige Verrechnungsvereinbarung bewiesen haben:

Daß die am 9. März 1997 mit 12.000 DM erbrachte Zahlung die operative Behandlung am 3./9. März 1997 betraf und zur Befriedigung der insoweit entstandenen Ansprüche dienen sollte, ergibt sich zweifelsfrei aus der in der erteilten Quittung bezeichneten Zweckbestimmung "für OP". Den Umständen entsprechend ist auch davon auszugehen, daß die von der Beklagten am 18. März 1997 getätigte Zahlung weiterer 12.000 DM auf den von der Klägerin in Rechnung gestellten Behandlungszeitraum vom 5. März bis 13. März 1997 anzurechnen war. Denn zu dem Zeitpunkt dieser Zahlung waren weitere honorarpflichtige Behandlungen durch den Streithelfer überhaupt noch nicht erfolgt; zu ihnen kam es erst im April und Juli 1997.

2.

Mit nicht zu beanstandender Begründung geht das Landgericht davon aus, daß die Klägerin und für Streithelfer die Vereinbarung einer anderen Zweckbestimmung der von der Beklagten erbrachten Zahlungen aufgrund der Vernehmung der Zeugin P J sowie des Ehemannes der Beklagten nicht bewiesen haben: Der Ehemann der Beklagten hat die Darstellung der Klägerin und ihres Streithelfers, die Zahlung der Beklagten sei als Vorauszahlung auf prothetische Arbeiten erfolgt, nicht bestätigt. Die Zeugin J hat zwar ausgeführt, die Zahlungen hätten die Gesamtprothetik betreffen sollen; allerdings war sie bei den maßgeblichen Gesprächen, die alleine zwischen dem Streithelfer und der Beklagten geführt wurden, nicht zugegen und vermochte nur die allgemeine Handhabung in der Klinik zu beschreiben.

3.

Das Landgericht hat - worauf die Berufung abstellt - den Streithelfer allerdings zu Unrecht als Streitgenossen der Klägerin angesehen und deshalb seine beantragte Vernehmung als Zeugen verfahrensfehlerhaft unterlassen. Eine Streitgenossenschaft liegt gemäß § 69 ZPO nur vor, wenn nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches die Rechtskraft der im vorliegenden Verfahren ergehenden Entscheidung auch für das Rechtsverhältnis des Streithelfers zu der Beklagten Wirkung hätte, was erstinstanzlich aufgrund der seinerzeit bestehenden Forderungsinhaberschaft der Klägerin nicht der Fall war: Der Streithelfer selbst hatte angesichts der Forderungsabtretung an die Klägerin aus der streitgegenständlichen Rechnung keine eigenen Ansprüche gegen die Beklagte, so daß es - worauf der Streithelfer zutreffend hinweist - an einem Rechtsverhältnis zu der Beklagten fehlte. Daß die Ansprüche mittlerweile an den Streithelfer zurückübertragen worden sind, ändert an dieser Beurteilung im Ergebnis nichts. Zwar muß er sich nunmehr die Rechtskraft des im vorliegenden Verfahren ergehenden Urteils nach §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO aufgrund seiner Eigenschaft als Rechtsnachfolger der Klägerin entgegenhalten lassen. Dennoch wird er nicht zum streitgenössischen Streithelfer, wie sich aus § 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO ergibt.

Allerdings verhilft die zu beanstandende Prozeßführung des Landgerichts der Berufung nicht zum Erfolg. Auch in der Berufungsinstanz hat der Streithelfer der Klägerin seine Behauptung, die Zahlungen der Beklagten hätten vereinbarungsgemäß nicht zur Begleichung der streitgegenständlichen Ansprüche dienen sollen, nicht zu beweisen vermocht. Der Senat hat von der nach § 539 ZPO gegebenen Möglichkeit einer - erneuten - Aufhebung des angefochtenen Urteils unter Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Landgericht abgesehen und durch Beschluß vom 15. Juni 2000 die von dem, Landgericht unterlassene Vernehmung des Streithelfers als Zeugen angeordnet. Nachdem der Streithelfer schon seiner Zeugenladung zum 15.06.00 nicht gefolgt war und sein Nichterscheinen - entgegen der Ankündigung seines Prozeßbevollmächtigten - auch nicht entschuldigt hatte, ist er auch in dem, auf den 21. August 2000 anberaumten Beweisaufnahmetermin trotz der ihm, persönlich zugestellten Ladung unentschuldigt nicht erschienen. Dieses Verhalten des Streithelfers rechtfertigt die Entscheidung zur Hauptsache ohne ergänzende Beweisaufnahme durch seine Vernehmung: Als alleiniger Berufungsführer und - nach erfolgter Rückabtretung - alleiniger Inhaber der behaupteten Klageforderung ist die verfahrensmäßige Stellung des Streithelfers - trotz seiner Zeugeneigenschaft - der einer Prozeßpartei vergleichbar: Er alleine betreibt im Berufungsrechtszug auf Klägerseite den Rechtsstreit, um ausschließlich zu seinen Gunsten einen für ihn vollstreckbaren Titel gegen die Beklagte zu erlangen. Wäre der Streithelfer als Partei zu vernehmen, würde sein unentschuldigtes Ausbleiben im Beweisaufnahmetermin die Annahme rechtfertigen, er verweigere die Aussage, so daß gemäß § 454 ZPO ohne seine Vernehmung zur Hauptsache zu entscheiden wäre. Zwar ist diese Vorschrift hier unmittelbar nicht anwendbar, denn der Streithelfer ist - wie ausgeführt - nicht Partei des Rechtstreites und ihm steht als Zeuge ein der Partei gebührendes umfassendes Aussageverweigerungsrecht nicht zu. Dennoch muß die parteiähnliche Stellung des Streithelfers der Klägerin in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden und zu einer Anwendung des in § 454 ZPO enthaltenen Rechtsgedankens führen. Wenn der Streithelfer als Beweisführer seine eigene Vernehmung erstrebt, so ist er verpflichtet, seinen Möglichkeiten entsprechend hierfür zur Verfügung zu stehen. Er handelt dieser Verpflichtung zuwider, wenn er sich im Widerspruch zu seinem förmlichen Beweisantrag einer Zeugenvernehmung entzieht und so die vorgesehene Beweisaufnahme vereitelt. So ist es hier: Daß der Streithelfer der Klägerin - wovon mangels einer Entschuldigung auszugehen ist - auch den zweiten Beweisaufnahmetermin vor dem Senat nicht wahrgenommen hat, läßt erkennen, daß er sich als Zeuge nicht zur Verfügung stellen will. Ansonsten wäre er der Ladung nachgekommen oder hätte sich im Falle seiner Verhinderung entschuldigt. Als Konsequenz seines Ausbleibens mit Ordnungsmitteln nach § 380 ZPO und einer zwangsweisen Vorführung vorzugehen, gibt bei der dargestellten parteiähnlichen Stellung keinen Sinn. Die Zwangsmaßnahmen gemäß § 380 ZPO sollen die berechtigten Interessen Dritter wahren, die es hier, wie dargestellt, nicht gibt. Unter diesen Umständen ist es gebeten, § 380 ZPO nicht anzuwenden und den Streithelfer wegen seines widersprüchlichen Verhaltens mit dem beantragten Beweismittel - seiner eigenen Zeugenvernehmung - auszuschließen.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlaß.

Die Beschwer des Streithelfers der Klägerin liegt unter 60.000 DM.

Ende der Entscheidung

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