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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.11.2000
Aktenzeichen: 9 U 100/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BauGB, WertV


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 92
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 344
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
BGB § 326 Abs. 1
BGB § 325
BGB § 972
BGB § 249
BauGB § 194
WertV § 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 100/99

Verkündet am 27. November 2000 In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht P, den Richter am Oberlandesgericht G und den Richter am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4. Mai 1999 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Wuppertal vom 15.12.1998 wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Kläger als Mitgläubiger 17.848 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.08.1998 zu zahlen. Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 87,5 % und die Kläger zu 12,5 % mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 15.12.1998 entstandenen Kosten; diese werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist überwiegend unbegründet.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts ist in Höhe von DM 17.848 aufrechtzuerhalten und im übrigen unter Zurückweisung der weitergehenden Klage aufzuheben (§ 343 ZPO). Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch wegen Nichtverschaffung des Sondernutzungsrechtes in Höhe von DM 17.500 nebst beantragtem Zins zu (§§ 325 oder 326, 432 BGB).

1. Nach dem notariellen Kaufvertrag vom 10.03.1994 war die Beklagte verpflichtet, den Klägern ein dinglich gesichertes Sondernutzungsrecht zur Wohnung Nr. 9 zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dieser Verpflichtung ist die Beklagte trotz Fristsetzung bis zum 25.11.1999 nicht nachgekommen. Spätestens das hat die Kläger zur Geltendmachung von Schadensersatz gemäß § 326 Abs. 1 BGB berechtigt. Angesichts dessen muß nicht entschieden werden, ob die Leistung schon zuvor gemäß § 325 BGB unmöglich geworden ist. Aus beiden Vorschriften ergeben sich dieselben Rechtsfolgen.

Zwar ist davon auszugehen, dass das Sondernutzungsrecht durch die Teilungserklärung vom 01.02.1993 zunächst begründet worden ist. Der Umstand, dass das Sondernutzungsrecht auf der zur Teilungserklärung gehörenden Skizze fälschlicherweise auf dem Dach des Schuppens (rot schraffiert und mit St bezeichnet) eingezeichnet worden ist, macht die Teilungserklärung nicht unwirksam, da von einer unschädlichen Falschbezeichnung im Sinne einer falsa demonstratio auszugehen ist. Maßgebend für die örtliche Lage des Stellplatzes war die Vorstellung der Beklagten bei der Teilungserklärung. Daraus ist zwanglos abzuleiten, dass die gemeinte Stelle - die Freifläche im Anschluß an den Schuppen - von dem Sondernutzungsrecht umfaßt worden ist. Die Beklagte hat den Anspruch damit aber nicht erfüllt (§ 362 BGB). Dem Amtsgericht kann nicht darin zugestimmt werden, dass die Lageplanberichtigung des Notars das vertragliche Ziel, den Klägern die unangefochtene Nutzung des Stellplatzes zu verschaffen, verwirklicht hat (Verfahren Amtsgericht Wuppertal 38 C 43/98, Beschluß vom 17.01.1997). Denn die Kläger hatten einen Anspruch auf die Nennung des Nutzungsrechtes im Grundbuch. In diesem Sinne ist auch der vor dem Amtsgericht geschlossene Vergleich der Parteien auszulegen.

Wegen der fehlerhaften Skizzierung - oder aber mangelndem Willen der Beklagten - ist es letztlich zu praktisch nicht zu überwindenden Schwierigkeiten gekommen, wobei nicht von vornherein ausgeschlossen war, dass sich die Falschbezeichnung nicht doch noch würde beheben lassen. Der Vertrag der Parteien stammt vom 10.03.1994, die Teilungserklärung hat der Notar ausweislich der Grundakten am 11.03.1994 berichtigt. Aus diesem Grunde spricht vieles dafür, dass Erwerber, die Eigentumswohnungen nach diesem Zeitpunkt gekauft haben, einer Nutzung des Stellplatzes seitens der Kläger an der einvernehmlich gemeinten Stelle keine Einwendungen entgegenzusetzen haben. Zumindest eine Eigentumswohnung ist aber vor dem Erwerb der Kläger - nämlich am 09.07.1993 - an die Eheleute A verkauft worden. Da diese Erwerber ihren Kaufvertrag auf der Grundlage der unrichtigen Teilungserklärung geschlossen haben und die Falschbezeichnung für sie nicht erkennbar war, haben sie Gemeinschaftseigentum an dem Stellplatz ohne einseitige Zuweisungsmöglichkeit an die Kläger erworben, da sie durch, den öffentlichen Glauben des Grundbuches und die nicht berichtigte Teilungserklärung geschützt wurden (§ 892 BGB). Indes muß auch darin noch kein dauerndes und nicht zu behebendes Leistungshindernis im Sinne von Unmöglichkeit zu sehen sein. Weitere Schwierigkeiten sind allerdings aufgetreten, weil das Grundbuchamt das Sondernutzungsrecht durch Verfügung vom 07.03.1997 gelöscht (Bl. 107. Grundakten) und das Landgericht Wuppertal die hiergegen gerichtete Grundbuchbeschwerde zurückgewiesen hat. Hinzu kommt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft am 05.05.1998 es unter Beteiligung der Beklagten mit deren Stimme abgelehnt hat, das Sondernutzungsrecht in grundbuchlich abgesicherter Form neu zu begründen. Angesichts dieser Entwicklung stößt die Verschaffung einer dinglich gesicherten Rechtsposition auf praktisch kaum zu überwindende Hindernisse. Wenn darin nicht schon Unmöglichkeit im Rechtssinne zu sehen ist, dann hat jedenfalls die im Berufungsverfahren ausgesprochene Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung spätestens einen Schadensersatzanspruch der Kläger begründet. Im Abstimmungsverhalten der Beklagten kann zudem eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung liegen.

2. Die Höhe des Schadens beläuft sich auf 17.848 DM. In Höhe von DM 17.500 handelt es sich um den Verkehrswert des Stellplatzes laut sachverständiger Ermittlung. An der Zuverlässigkeit der Begutachtung und Überzeugungskraft des Ergebnisses bestehen keine Bedenken. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 17.07.2000 eine Verkehrswertermittlung nach den anerkannten Regeln der §§ 194 BauGB i.V.m. der Wertermittlungsverordnung vorgenommen. Seine Verfahrensweise und das Ergebnis orientieren sich an einer Boden- und Ertragswertbetrachtung, die die Realitäten des Grundstücksmarktes und die örtlichen Gegebenheiten angemessen berücksichtigt. Der Sachverständige hat den Bodenwert mit 7.200 DM veranschlagt, den Ertragswert der baulichen Anlagen hingegen mit 17.500 DM. Der zuletzt genannte Betrag stellt nach Auffassung des Senats den Schaden der Kläger dar (§ 249 BGB).

Nicht zu beanstanden ist, dass der Sachverständige den Verkehrswert des Stellplatzes für sich gesehen ermittelt und nicht in eine Wertrelation zur zugehörigen Eigentumswohnung eingestellt hat (die überdies neben einer anderen gleichzeitig erworbenen Einheit liegt). Nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten hat man seinerzeit mit 7.500 DM für den Stellplatz kalkuliert. Einen weitergehenden Schadensersatzanspruch schließt das aber nicht aus. Der isolierte Erwerb eines Stellplatzes kann zwar nicht mit dem Erwerb einer Wohnung samt Stellplatz verglichen werden. Die Wertrelation spielt aber insbesondere eine Rolle bei einer Minderungsberechnung im Sinne von § 972 BGB mit dem Zweck, die Eigenart der Kaufpreisbildung zu wahren. Diese Beschränkung gilt für den Schadensersatzanspruch aber nicht. Nach § 249 BGB soll der Kläger so gestellt werden, als wenn der Vertrag erfüllt worden wäre.

Unter Zugrundelegung dessen ist auf den Erwerb eines entsprechenden, gleichwertigen Stellplatzes unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten abzustellen. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung im Senatstermin angegeben, dass nie Stellplatzsituation in der örtlichen Umgebung der Wohnung ausgesprochen problematisch ist und einem Stellplatz ein ganz erheblicher wirtschaftlicher und kaufentscheidender Wert beigemessen wird, der auch den Wert der Eigentumswohnung maßgeblich mitbestimmt. Seine Nachforschungen hätten ergeben, dass ein Verkauf der Eigentumswohnung wesentlich mitbededingt werde durch das Vorhandensein eines Stellplatzes. Seiner Einschätzung nach lasse sich die Wohnung mit einem Stellplatz ganz erheblich besser verkaufen als ohne denselben.

Die Wertermittlung nach dem Ertragswertverfahren ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es ist zwar richtig, dass ein eigengenutzter Stellplatz keinen Ertrag abwirft. Andererseits muß aufgrund der angespannten örtlichen Situation berücksichtigt werden, dass die Anmietung eines Stellplatzes und damit der Wert desselben maßgeblich durch die erzielbare monatliche Miete verkörpert wird, die laut Sachverständigem mit 80 DM pro Monat zu veranschlagen ist. Auch dass der Sachverständige für den Stellplatz dieselbe Nutzungsdauer zugrundelegt wie für die Eigentumswohnung, ist unbedenklich. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass Wohnung und Stellplatz in einer Einheit genutzt werden. Die mit der Ermittlung des Bodenrichtwertes verbundenen Fragen können angesichts der von den Klägern aufgezeigten marginalen Abweichungen vernachlässigt werden.

Unabhängig davon hat der Sachverständige seine Wertermittlung auf eine zweite Grundlage gestellt, indem er die Satzung der Stadt Wuppertal über die Stellplatzablösung als Korrektiv herangezogen hat. Abweichungen zur Verkehrswertermittlung nach dem Ertragswertverfahren haben sich - unter Beachtung der andersgearteten Zielsetzung der Satzung - nicht gezeigt. Schließlich hat der Sachverständige auch die konkrete örtliche Situation im Zufahrtsbereich des Stellplatzes berücksichtigt. Der Sachverständige hat veranschaulicht, dass er nur mit Schwierigkeiten den Stellplatz im Innenhof zum Teil rückwärtsfahrend erreichen konnte. Die schwierigen örtlichen Gegebenheiten, die die Kläger nicht in Abrede stellen, können nach dem im Senatstermin vermittelten Eindruck nur durch einen guten Autofahrer gemeistert werden. Abschläge, wie sie § 19 WertV zuläßt, sind berücksichtigt.

Die beklagte muß außerdem für die Kosten des privaten Gutachters L in Höhe von DM 348,00 aufkommen. Vom Schadensersatz umfaßt sind Sachverständigenkosten, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind (§ 249 BGB). Der Antrag ist auch zulässig, weil eine Berücksichtigung im Kostenfestsetzungsverfahren wegen § 92 ZPO zu einem für die Kläger ungünstigeren Ergebnis führen könnte (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 249 Rdnrn. 20, 22).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und § 344 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 20.348 DM. Die Beschwer der Kläger beträgt 2.898 DM, die der Beklagten 17.500 DM.

Ende der Entscheidung

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