Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 25.02.2002
Aktenzeichen: 9 U 140/01
Rechtsgebiete: BGB, HöfeO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
HöfeO § 1 Abs. 4
HöfeO § 1 Abs. 7
HöfeO § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
HöfeO § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
HöfeO § 7 Abs. 2
HöfeO § 7 Abs. 2 Satz 2
HöfeO § 7 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 108
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 140/01

Verkündet am 25. Februar 2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 04.02.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht P., die Richterin am Oberlandesgericht S. und den Richter am Landgericht T.

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.05.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Einzelrichter - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden.

Tatbestand:

Die Parteien sind Schwestern. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Auflassung von Hofgrundstücken.

Die 1944 geborene Klägerin hat auf dem von den Eltern 1964 erworbenen Hof von Anfang an mitgearbeitet. Sie hat 1969 geheiratet. Seitdem arbeitete auch ihr Ehemann auf dem Hof. Nachdem sich die Eltern zur Ruhe gesetzt hatten, verpachteten sie den Hof 1981 an die Klägerin und ihren Ehemann. Die Eltern wohnten weiter auf dem Hof. 1983 errichteten die Klägerin und ihr Ehemann eine Doppelgarage. Gleichzeitig wurde das Wohnhaus um ein Wohnzimmer erweitert. 1985 erfolgte durch die Klägerin und ihren Ehemann der Bau einer Maschinenhalle. 1990 stellten die Klägerin und ihr Ehemann die Gewächshäuser, die bei einem Sturm schweren Schaden genommen hatten, wieder her. Die Kinder der Klägerin arbeiten zwischenzeitlich ebenfalls auf dem Hof. Ein Hof, den der Ehemann der Klägerin geerbt hatte, wurde verkauft. Noch zu Lebzeiten des Vaters haben die Klägerin und ihr Ehemann eine angrenzende landwirtschaftliche Fläche hinzugekauft.

Am 14.02.1977 schlossen die Eltern der Parteien einen notariellen Erbvertrag. Darin setzten sie sich gegenseitig zu alleinigen unbeschränkten Erben ein und bestimmten die Parteien zu Erben des Längstlebenden. Der Klägerin wurden im Wege der Teilungsanordnung die Hofgrundstücke zugewiesen. Die Eltern behielten dem Längstlebenden jedoch das Recht vor, die zugunsten der Parteien getroffenen Verfügungen jederzeit aufzuheben, abzuändern oder zu ergänzen. Der Längstlebende sollte berechtigt sein, jederzeit frei unter Lebenden und von Todes wegen über das eigene und das ererbte Vermögen zu verfügen.

Der Pachtvertrag, den die Eltern mit der Klägerin und ihrem Ehemann am 01.06.1981 für die Dauer von 10 Jahren mit automatischer Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr abschlossen, verwies auf den notariellen Erbvertrag der Eltern und die darin erfolgte Erbeinsetzung der Klägerin.

Mit Schreiben vom 02.11.1982 teilte das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Neuss den Eltern der Parteien mit, dass es sich bei ihrer landwirtschaftlichen Besitzung um einen Hof im Sinne der HöfeO handelte. Am 14.01.1983 erfolgte die Eintragung eines Hofvermerks im Grundbuch. 1988 verstarb der Vater. Am 02.02.1991 erhielt die Mutter ein Hoffolgezeugnis des Landwirtschaftsgerichts. Nachdem die Mutter der Beklagten und den Enkelkindern 1992 in einem Erbvertrag mit der Beklagten Vermächtnisse zugedacht hatte, setzte sie mit notariellem Erbvertrag mit der Beklagten vom 24.03.1994 "ohne erbvertragliche Bindungswirkung" die Beklagte und die beiden Kinder der Klägerin zu ihren alleinigen Erben ein. Im Wege der Teilungsanordnung wies sie den Kindern der Klägerin die Hofgrundstücke zu, die im Erbvertrag der Eltern der Klägerin zugedacht worden waren. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom gleichen Tag erklärte die Mutter gegenüber dem Landwirtschaftsgericht, dass ihr Grundbesitz nicht mehr die Eigenschaft eines Hofes haben sollte. Diese Erklärung ging am 26.04.1994 beim Landwirtschaftsgericht ein. Am 18.07.1994 wurde der Hofvermerk im Grundbuch gelöscht. Mit Schreiben vom 26.05.1995 erklärte die Mutter die Kündigung des Pachtverhältnisses mit der Klägerin und ihrem Ehemann. Nach Verhandlungen und Vermittlungsbemühungen des damaligen Verbandsdirektors der Kreisbauernschaft wurde das Pachtverhältnis stillschweigend fortgesetzt. Mit Schreiben vom 12.02.1998 forderte die Mutter die Klägerin und ihren Ehemann zur Herausgabe des Pachtgegenstandes auf und sprach vorsorglich eine weitere Kündigung des Pachtverhältnisses aus. Mit notariellem Vertrag vom 24.02.1998 übertrug die Mutter die Hofgrundstücke auf die Beklagte. Mit notariellem Testament vom 03.03.1998 setzte die Mutter die Beklagte zu ihrem alleinigen und unbeschränkten Erben ein. Die Mutter verstarb im Oktober 1998. Der beim Landwirtschaftsgericht gestellte Antrag der Klägerin und ihres Ehemannes auf Verlängerung des Pachtverhältnisses wurde mit Beschluss des OLG Köln vom 21.09.1999 (23 WLw 12/99) zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 16.03.1999 meldete die Klägerin einen Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch an.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr die Übertragung des Hofes als Schadensersatz nach § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 HöfeO, weil die Mutter und die Beklagte die Hofnachfolge der Klägerin vereitelt hätten. Die Klägerin sei Hoferbin bzw. aus einem formlos bindenden Hofübergabevorvertrag berechtigt gewesen. Die von ihr und ihrem Ehemann seit 1983 getätigten Investitionen hat die Klägerin mit einem Betrag von 250.000 DM bis 300.000 DM veranschlagt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den in K., S. 9, gelegenen Hof, bestehend aus den im Grundbuch von K. eingetragenen Grundstücken Flur 12, Flurstücke 8, 10, 11, 222 und 223 an sie (die Klägerin) zu übertragen und aufzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Mutter sei nicht daran gehindert gewesen, zu ihren Gunsten zu verfügen. Sie hat den von der Klägerin veranschlagten Wert der Investitionen seit 1983 bestritten. Vorsorglich hat sie sich auf Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe nach der Aufhebung der Hofeigenschaft im Jahre 1994 keinen Anspruch auf Übertragung des Hofes gehabt. Dem Vorbringen der Parteien lasse sich eine über die erbrechtliche Verfügung der Eltern aus dem Jahre 1977 hinaus gehende Vereinbarung über die Übertragung des Hofes bzw. ein Anspruch auf eine solche Übertragung nicht entnehmen. Die einseitige Erwartungshaltung der Klägerin könne die zu fordernde Erklärung der Eltern, sie werde in jedem Fall den Hof erhalten, nicht ersetzen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, schon nach den tatsächlichen Verhältnissen habe sie davon ausgehen dürfen, den Hof zu erhalten. Von einer nur einseitigen Erwartungshaltung könne keine Rede sein.

Die Klägerin, die ihre Klage auf weitere zum Hof gehörende Grundstücke, die in erster Instanz versehentlich nicht in den Klageantrag aufgenommen wurden, erweitert hat, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den in K., S. 9, belegenen Hof, bestehend aus den im Grundbuch von K. eingetragenen Grundstücken Flur 12, Flurstücke 3, 8, 10, 11, 222 und 223 und Flur 11, Flurstück 257, sowie einem 2/5 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 12 Nr. 9 an die Klägerin als Eigentum zu übertragen und aufzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche auf Auflassung der zur landwirtschaftlichen Besitzung gehörenden Grundstücke und Grundstücksanteile gemäß § 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 HöfeO. Hierzu im einzelnen:

1. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet (§ 826 BGB). Dies kann bei der Vereitelung fremder Vertragsrechte und der Beteiligung daran der Fall sein (BGHZ 14, 313, 317; BGH, MDR 1972, 854; Krüger-Nieland, in: RGRK, 12. Auflage, § 826 Rn. 111; G. Schiemann, in: Erman, BGB, 10. Auflage, § 826 Rn. 28), wozu nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung auch die Vereitelung der Hoferbfolge gehören kann (Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Auflage, § 7 Rn. 58a - 58d; vgl. auch Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 7. Auflage, § 7 Rn. 20).

2. Der Beklagten kann nicht der Vorwurf der Vereitelung fremder Vertragsrechte bzw. der Beteiligung daran gemacht werden.

a. Die Klägerin kann kein Recht aus einem Übergabevertrag herleiten, das durch den Übertragungsvertrag zwischen der Mutter und der Beklagten aus dem Jahre 1998 vereitelt worden ist.

Ein Hofübergabevertrag verpflichtet den Hofeigentümer zur Übertragung des Hofes durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, nämlich durch Auflassung und Eintragung in das Grundbuch. Stirbt der Hofeigentümer, bevor er den Hofübergabevertrag erfüllt hat, so kann der Übernehmer - wenn er nicht zugleich der gesetzliche Hoferbe oder durch Verfügung von Todes wegen zum Hoferben eingesetzt ist - seinen Anspruch auf Erfüllung des Übergabevertrages gegen den Hoferben durchsetzen. Durch die Löschung des Hofvermerks wird sein Anspruch auf Übereignung des Grundbesitzes nicht berührt (BGH, MDR 1962, 206; BGH, JZ 1962, 571; BGHZ 101, 57, 60f.).

Allerdings hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass es einen solchen Übergabevertrag mit ihren Eltern gegeben hat. Die Klägerin hat gegen die Eltern bzw. nach dem Tod des Vaters gegen die Mutter auch keinen Anspruch auf Übereignung des Hofes angemeldet. Von einem durch den Übertragungsvertrag zwischen der Mutter der Parteien und der Beklagten aus dem Jahre 1998 vereitelten Hofübergabevertrag kann mithin nicht ausgegangen werden.

b. Durch den Übertragungsvertrag zwischen der Mutter der Parteien und der Beklagten aus dem Jahre 1998 ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch kein Recht aus einem formlos bindenden Hofübergabevorvertrag vereitelt worden.

Als Rechtsgeschäft unter Lebenden begründet ein solcher Vertrag für den Begünstigten einen Anspruch auf Abschluss eines Übergabevertrages (BGHZ 23, 249, 258; BGHZ 101, 57, 61). Zur Sicherung dieses Anspruchs kann der Begünstigte gegebenenfalls dem Hofeigentümer durch das Prozessgericht verbieten lassen, über den Hof eigenmächtig zugunsten eines Dritten zu verfügen (BGHZ 101, 57,61). In der heimlichen Übertragung des Hofes und der Beteiligung daran kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des aus dem Übergabevorvertrag Berechtigten gesehen werden, die zu einer auf Eigentumsübertragung gerichteten Schadensersatzverpflichtung gemäß § 826 BGB führt.

Zu einer Bindung des Hofeigentümers bedarf es nicht notwendig eines bindenden Erbvertrages, gemeinschaftlichen Testamentes oder eines Übergabevertrages. Eine Bindung kann schon durch die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie sich auf dem Hof entwickelt und lange Zeit bestanden haben, eintreten. Es entspricht bäuerlicher Auffassung, dass derjenige Abkömmling, der ständig auf dem Hof gearbeitet und auf ihm geheiratet hat, auch seit Jahren zum Hofnachfolger ausersehen war, den Hof später tatsächlich erhält, wenn er sich hierauf eingestellt hat und nicht zwingende Gründe die Wahl eines anderen Hofnachfolgers rechtfertigen. Hat ein Hofeigentümer sich so verhalten, dass einer seiner Abkömmlinge sich als künftigen Hofnachfolger betrachten konnte, oder hat er sogar darüber hinaus diesem Abkömmling den Hof ausdrücklich versprochen, so liegt in einem solchen Verhalten die Kundgabe des Willens, den Hof gerade diesem Abkömmling zukommen zu lassen. Dies gilt umso mehr, wenn der auf diese Weise in Aussicht genommene Hofnachfolger daraufhin seine Lebensführung auf die spätere Übernahme des Hofes eingestellt und der Hofeigentümer dies geduldet hat. Ein solches Verhalten, das eine entsprechende Einstellung des betreffenden Abkömmlings ausgelöst hat, kann nicht lediglich als eine unverbindliche Kundgabe bestehender Absichten angesprochen, sondern muss als rechtlich erhebliche Willensäußerung des Hofeigentümers hinsichtlich der künftigen Hofnachfolge gewertet werden, mit der sich der betreffende Abkömmling - sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend - einverstanden erklärt hat. In Fällen dieser Art läuft das Verhalten der Beteiligten also auf eine vertragliche Übereinkunft hinaus, die sich als Vorvertrag zu einem von beiden Teilen in Aussicht genommenen späteren Hofübergabevertrag charakterisieren lässt (BGHZ 12, 286, 297f., 299, 302). Allerdings sind an die Annahme eines solchen formlos wirksamen Vorvertrages "strenge Anforderungen" zu stellen (BGH, NJW 1955, 1065). Seine Wirksamkeit kann nur bejaht werden, wenn seine "Nichtigkeit zu schlechthin untragbaren Ergebnissen führen würde" (BGHZ 23, 249,255; BGH, MDR 1966, 227).

Zwischen der Klägerin und ihren Eltern bzw. ihrer Mutter ist ein formlos wirksamer Hofübergabevorvertrag in diesem Sinne nicht zustande gekommen.

Die 1944 geborene Klägerin hat auf dem von den Eltern 1964 erworbenen Hof von Anfang an mitgearbeitet. Sie hat 1969 geheiratet. Seitdem arbeitete auch ihr Ehemann auf dem Hof. Nachdem sich die Eltern zur Ruhe gesetzt hatten, verpachteten sie den Hof 1981 an die Klägerin und ihren Ehemann. Die Eltern blieben auf dem Hof. 1983 errichteten die Klägerin und ihr Ehemann eine Doppelgarage. Gleichzeitig wurde das Wohnhaus um ein Wohnzimmer erweitert. 1985 erfolgte durch die Klägerin und ihren Ehemann der Bau einer Maschinenhalle. 1990 wurden die Gewächshäuser, die bei einem Sturm schweren Schaden genommen hatten, auf Kosten der Klägerin und ihres Ehemannes wieder hergestellt. Eine angrenzende landwirtschaftliche Fläche wurde von der Klägerin und ihrem Ehemann hinzugekauft. Die Kinder der Klägerin arbeiten zwischenzeitlich ebenfalls auf dem Hof. All dies belegt, dass die Klägerin ihre Lebensführung über Jahrzehnte hinweg auf die spätere Übernahme des Hofes ausgerichtet hat. Sie hat darauf verzichtet, für sich und ihre Familie eine andere Existenzgrundlage zu schaffen. Ihre Eltern haben dies geduldet. Dass sie die Klägerin auch zu ihrem Hofnachfolger ausersehen hatten, belegt jedenfalls ihre Schlusserbeneinsetzung und Teilungsanordnung in dem notariellen Erbvertrag vom 14.02.1977 und die Zusatzerklärung im Pachtvertrag.

Diese tatsächlichen Verhältnisse sind indes nicht ausreichend, um einen Übergabevorvertrag anzunehmen. Gegen das Vorliegen eines solchen Vertrages spricht nämlich, dass über den Abschluss eines Übergabevertrages bis zum Tode der Eltern nicht gesprochen wurde. Nach dem Erbvertrag der Eltern aus dem Jahre 1977 und dem Pachtvertrag aus dem Jahre 1981 mit dem darin als Zusatz enthaltenen Verweis auf den notariellen Erbvertrag der Eltern konnte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, dass ihre Eltern die Absicht hatten, ihr den Hof durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu übertragen. Die Klägerin hat die Regelungen aus dem Erbvertrag der Eltern auch nicht in Frage gestellt bzw. zu Lebzeiten der Eltern keinen Anspruch auf Abschluss eines Übertragungsvertrages angemeldet, sondern sich mit dem Pachtvertrag zufrieden gegeben. Dies muss dahin gedeutet werden, dass die Klägerin selbst nur von einer erbrechtlichen Berechtigung ausging und glaubte, keinen Anspruch darauf zu haben, den Hof zu Lebzeiten der Eltern zu erhalten. Die auf die Übernahme des Hofes ausgerichtete Lebensplanung der Klägerin sowie die vorgenommenen Investitionen lassen sich vielmehr zwanglos damit erklären, dass alle Beteiligten von ausgingen, dass die Klägerin den Hof entsprechend dem Erbvertrag von 1977 erben werde. Bei dieser Sachlage liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Übergabevorvertrages zwischen der Klägerin und ihren Eltern nicht vor.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch auf Auflassung der zur landwirtschaftlichen Besitzung gehörenden Grundstücke gemäß § 826 BGB HöfeO wegen Vereitelung der Hoferbfolge.

a. Nicht unzweifelhaft ist bereits, ob die Klägerin ein Hoferbrecht nach der HöfeO erworben hat.

aa. Hat der Eigentümer die Bewirtschaftung des Hofes unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO einem hoferbenberechtigten Abkömmling übertragen, so ist, solange dieser den Hof bewirtschaftet, eine vom Eigentümer nach Übertragung der Bewirtschaftung vorgenommene Bestimmung eines anderen zum Hoferben insoweit unwirksam, als durch sie der Hoferbenberechtigte von der Hoferbfolge ausgeschlossen würde (§ 7 Abs. 2 Satz 1 HöfeO).

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist als Hoferbe derjenige berufen, dem vom Erblasser die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen ist, es sei denn, dass sich der Erblasser dabei ihm gegenüber die Bestimmung des Hoferben ausdrücklich vorbehalten hat.

Der Klägerin war die Bewirtschaftung des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalles auf Dauer übertragen. Das Vorliegen eines Pachtvertrages steht dem nicht entgegen, wenn die vereinbarte Pachtdauer absolut betrachtet von erheblicher Dauer war oder der Pächter nach den Umständen damit rechnen konnte, der Vertrag werde nach Ablauf der Pachtzeit verlängert werden oder der Pachtvertrag geschlossen wurde, um die Voraussetzungen für die "Abgabe" nach § 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte und damit für die Gewährung von Altershilfe zu schaffen (Wöhrmann/Stöcker, a.a.O., § 6 HöfeO Rn. 17). All diese Voraussetzungen können für den Pachtvertrag aus dem Jahre 1981 bejaht werden.

Andererseits spricht viel dafür, dass sich die Eltern bei der Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf die Klägerin die Bestimmung des Hoferben (nach dem Längstlebenden) im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO vorbehalten haben. Stellt man für die Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf den notariellen Erbvertrag der Eltern aus dem Jahre 1977 oder auf den auf den Erbvertrag verweisenden Pachtvertrag aus dem Jahre 1981 ab, kann von einem wirksamen Vorbehalt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO ausgegangen werden. Für einen Vorbehalt ist ausreichend, dass der Erblasser zum Ausdruck bringt, dass er in der Bestimmung des Hoferben frei bleiben will (Wöhrmann/Stöcker, a.a.O., § 6 HöfeO Rn. 19). Ein solcher Vorbehalt kann in der Formulierung in dem notariellen Erbvertrag der Eltern gesehen werden, dass der Längstlebende sich das Recht vorbehält, die getroffenen Verfügungen jederzeit aufzuheben, abzuändern oder zu ergänzen. Unerheblich wäre ein solcher Vorbehalt nur dann, wenn die Bewirtschaftung des Hofes bereits vorher auf Dauer auf die Klägerin übertragen war. Der Vorbehalt kann nämlich nicht später nachgeholt werden (Wöhrmann/Stöcker, a.a.O., § 6 HöfeO Rn. 18). Nach dem Berufungsvorbringen der Klägerin stellte der Vater spätestens ab Mitte der 70er Jahre seine Tätigkeit auf dem Hof "weitestgehend" ein, da er aus gesundheitlichen Gründen (Asthma) nicht mehr arbeiten konnte. In erster Instanz hat die Klägerin vorgetragen, die Eltern hätten sich "spätestens seit dem Jahre 1981 vollkommen aus der Bewirtschaftung des Hofes zurückgezogen". Nach diesem Vorbringen muss davon ausgegangen werden, dass sich die Eltern bis 1981 nach und nach aus der Bewirtschaftung zurückgezogen haben. Daraus kann eine bereits vor dem Pachtvertrag aus dem Jahre 1981 erfolgte Übertragung der Bewirtschaftung auf die Klägerin nicht abgeleitet werden.

Auf ein Erbrecht gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HöfeO könnte sich Klägerin mithin nur dann berufen, wenn sie den Änderungsvorbehalt in dem Erbvertrag der Eltern aus dem Jahre 1977 bei der für das Jahr 1981 anzunehmenden Übertragung der Bewirtschaftung nicht kannte oder wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass sie jedenfalls 1998 darauf vertrauen durfte, dass ihre Mutter von dem Änderungsvorbehalt aus dem Jahre 1977 keinen Gebrauch mehr machen werden. All dies ist indes nicht unzweifelhaft.

bb. Die Bestimmung eines anderen zum Hoferben ist gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 HöfeO auch dann ausgeschlossen, wenn der Eigentümer durch Art und Umfang der Beschäftigung (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) eines hoferbenberechtigten Abkömmlings auf dem Hof hat erkennen lassen, dass er den Hof übernehmen soll. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO ist als Hoferbe derjenige berufen, dem gegenüber der Erblasser durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, dass er den Hof übernehmen soll.

Diese Voraussetzungen könnten vorliegen, weil die 1944 geborene Klägerin auf dem von den Eltern 1964 erworbenen Hof von Anfang an mitgearbeitet hat. Die Eltern haben schon seit 1964 durch Art und Umfang der Beschäftigung der Klägerin auf dem Hof erkennen lassen, dass sie den Hof (nach den Eltern) übernehmen sollte. Damit könnte § 7 Abs. 2 Satz 2 HöfeO eine Sperrwirkung gegen den von den Eltern im Erbvertrag von 1977 aufgenommene Vorbehalt zur Schlusserbeneinsetzung der Klägerin entfaltet haben. Voraussetzung hierfür wäre allerdings, dass bereits damals ein Hof im Sinne der HöfeO vorlag. Dazu ist indes nichts vorgetragen. Dem Schreiben des Landwirtschaftsgerichts Neuss vom 02.11.1982 kann nur entnommen werden kann, dass Anfang der 80er Jahre die Voraussetzungen eines Hofes im Sinne der HöfeO gegeben waren. Dass dies bereits 1977 bzw. seit 1964 der Fall war, sodass sich die Klägerin auf ein Hoferbrecht gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO berufen kann, ist demgegenüber nicht belegt. Aufgrund dessen sind die Voraussetzungen eines Hoferbrechts gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HöfeO jedenfalls nicht zweifelsfrei dargelegt.

b. Jedenfalls aber kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin nicht festgestellt werden.

Durch die notariell beglaubigte Erklärung der Mutter vom 24.03.1994, dass der Grundbesitz nicht mehr die Eigenschaft eines Hofes haben sollte und die am 18.07.1994 erfolgte Löschung des Hofvermerks im Grundbuch bzw. den Eingang der Erklärung der Mutter beim Landwirtschaftsgericht am 26.04.1994 hat die Besitzung gemäß § 1 Abs. 4, Abs. 7 HöfeO die Eigenschaft als Hof verloren. Erklärt der Eigentümer eines Hofes, dass dieser kein Hof mehr sein soll, und wird daraufhin der Hofvermerk gelöscht, so verliert die Besitzung ihre Eigenschaft als Hof auch dann, wenn der Eigentümer zuvor den Hoferben bindend bestimmt hatte (BGHZ 101, 57, 60).

Für das Erbrecht der Klägerin nach der HöfeO bedeutet der Verlust der Hofeigenschaft im Jahre 1994, dass eine etwaige Sperrwirkung gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 HöfeO entfiel. Daraus kann indes keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung abgeleitet werden, die einen Schadensersatzanspruch auf Auflassung der zur landwirtschaftlichen Besitzung gehörenden Grundstücke und Grundstücksanteile gemäß § 826 BGB rechtfertigte.

Zu berücksichtigen ist zum einen, dass die Beklagte den als Hof gelöschten Betrieb nicht aufgrund ihrer Erbeinsetzung vom 03.03.1998 erlangt hat, sondern aufgrund des notariellen Übertragungsvertrages vom 24.02.1998. Das Löschenlassen des Hofvermerks bzw. der Verlust der Hofeigenschaft nach der HöfeO im Jahre 1994 ist deshalb für den eingetretenen Schaden schon nicht kausal geworden. Denn das Recht des Eigentümers, über sein der Hoferbfolge unterliegendes Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, wird gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 HöfeO durch die Bestimmung eines Hoferben nicht beschränkt. Hinzu kommt, dass schon das Löschenlassen des Hofvermerks - die sog. negative Hoferklärung - als grundsätzlich zulässig erachtet werden muss. Der BGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "Billigkeitsbedenken" kein Anlass seien, die Entscheidung des Gesetzgebers für das "fakultative Höferecht" zu unterlaufen (BGHZ 101, 57, 64) und der Hofprätendent, der sich - wie die Klägerin - nicht auf einen Hofübergabevertrag oder Hofübergabevorvertrag berufen kann, sich auf die gesetzliche Ausgleichsansprüche verweisen lassen muss (BGHZ 101, 57, 62ff.; ). Allgemein ist darüber hinaus zu sagen, dass die Verfügungsfreiheit des Eigentümers und seine Testierfreiheit durch das Bestehen familiärer Bindungen grundsätzlich nicht beschränkt wird (Heinrichs, in: Palandt, BGB, 61. Auflage, § 138 Rn. 49 m.w.N.). Deshalb kann allenfalls unter ganz besonders extremen Umständen von Sittenwidrigkeit im Sinne der § 138 Abs. 1, § 826 BGB ausgegangen werden (Edenhofer, in: Palandt, a.a.O., § 2286 unter Verweis auf BGHZ 59, 343, 351).

Im Entscheidungsfall lassen sich solche Umstände im Zusammenhang mit der negativen Hoferklärung der Mutter und dem Erbvertrag vom 24.03.1994 nicht bejahen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Klägerin in diesem Erbvertrag nicht zugunsten der Beklagten enterbt wurde, sondern zugunsten ihrer eigenen Kinder. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass die negative Hoferklärung vom 24.03.1994 und der gleichzeitige Erbvertrag den Zweck verfolgten, der Klägerin und ihrer Familie den Hof zu entziehen. Vielmehr wäre der den Kindern der Klägerin zugefallene Hof im Familienbesitz geblieben. Die Klägerin hätte also nicht damit rechnen müssen, den Hof aufgeben bzw. verlassen zu müssen. Sittenwidrigkeit könnte demgegenüber allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die negative Hoferklärung der Mutter zu dem Zweck erfolgt wäre, die Familie der Klägerin zugunsten der Beklagten zu benachteiligen. Dies kann - wie dargelegt - nach dem Inhalt des Erbvertrages vom 24.03.1994 indes nicht festgestellt werden. Dass die negative Hoferklärung vom 24.03.1994 und der Erbvertrag vom gleichen Tag den Übertragungsvertrag vom 24.02.1998 und die Erbeinsetzung zugunsten der Beklagten vom 03.03.1998 vorbereiten sollten, ist nicht erkennbar. Die vom BGH früher angeführte bäuerliche Auffassung, dass derjenige Abkömmling, der ständig auf dem Hof gearbeitet und auf ihm geheiratet hat, auch seit Jahren als Hofnachfolger ausersehen war, den Hof später tatsächlich erhält, wenn er sich hierauf eingestellt hat und nicht zwingende Gründe die Wahl eines anderen Hofnachfolgers rechtfertigen (BGHZ 12, 286, 299), erscheint dem Senat für sich genommen nicht ausreichend, um die hier im Jahre 1994 erfolgte Erbeinsetzung zugunsten der Kinder der Klägerin mit dem Verdikt der Sittenwidrigkeit zu belegen.

Auf den Übertragungsvertrag vom 24.02.1998 und die Erbeinsetzung zugunsten der Beklagten vom 03.03.1998 kommt es nach alledem nicht mehr entscheidend an, da die Klägerin schon bereits aufgrund der negativen Hoferklärung und des Erbvertrages vom 24.03.1994 nicht mehr Erbe war und Rechte aus einem Hofübergabevertrag oder Hofübergabevorvertrag nicht hatte.

4. Da die im Zusammenhang mit der Erbeinsetzung zugunsten der Kinder der Klägerin vom 24.03.1994 erfolgte negative Hoferklärung der Mutter der Parteien nicht als rechtswidrig, sittenwidrig oder sonst rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann, scheidet auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Auflassung der zur landwirtschaftlichen Besitzung gehörenden Grundstücke gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 HöfeO aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Gründe, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. zuzulassen, bestehen nicht.

Streitwert und Beschwer für die Klägerin: 250.000 €

Ende der Entscheidung

Zurück