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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.01.2007
Aktenzeichen: I-1 U 102/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. April 2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert; die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen fallen der Klägerin zu Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin, ein bundesweit agierendes Autovermietunternehmen, verlangt von dem beklagten Haftpflichtversicherer restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Beklagte dem Grunde nach unstreitig einzustehen hat.

Nach dem Unfall vom 6. September 2002, bei dem eines ihrer Mietfahrzeuge, ein Volvo V 70, beschädigt worden war, ließ die Klägerin den Fahrzeugschaden schätzen. In dem Gutachten aus dem Sachverständigenbüro B. sind folgende Werte notiert:

 Reparaturkosten netto 16.365,60 €
Wertminderung 2.500,-- €
Wiederbeschaffungswert brutto 26.900,-- €
Restwert (einschließlich MwSt) 8.500,-- €

Der Unfallwagen wurde von der Klägerin in beschädigtem Zustand veräußert. Als Zeitpunkt gibt sie in zweiter Instanz den 19. September 2002 an. Über den erzielten Erlös hat sie auch im Berufungsverfahren trotz entsprechender Hinweise auf die Rechtslage keine Angaben gemacht.

Abgerechnet hat die Klägerin ihren Fahrzeugschaden auf Totalschadensbasis, wobei sie einen Betrag in Höhe von 15.862,-- € errechnet hat (23.190,-- € [Nettoreparaturkosten] abzgl. 7.128,-- € [Restwert netto]).

Die Beklagte hat vorgerichtlich 10.353,80 € gezahlt. Zugrundegelegt hat sie dabei den Nettobetrag aus einem Restwertangebot einer Firma U. K. aus E. über 14.890 Euro brutto. Dieses Gebot steht an erster Stelle eines Tableaus von Restwertgeboten, ermittelt durch die Restwertbörse A. GmbH. Übermittelt hat die Beklagte der Klägerin das (höchste) Restwertangebot der Firma K. mit Schreiben vom 8. Januar 2003.

Das Landgericht hat über die Höhe des Restwertes ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige B. hat in seinem schriftlichen Gutachten nebst ergänzender Stellungnahme Bruttobeträge zwischen 8.800 und 12.000 € genannt.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht der Klage im Hauptanspruch (Zahlung eines Differenzbetrages von 5.508,20 €) stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Schadensabrechnung der Klägerin sei nicht zu beanstanden. Hinsichtlich des Restwertes habe sie auf die Schätzung in dem von ihr eingeholten Schadensgutachten zurückgreifen dürfen. Ob, wann und zu welchem Preis sie den Unfallwagen veräußert habe, müsse sie nicht mitteilen. Denn wie der Geschädigte mit dem Unfallwrack verfahre, gehe den Schädiger grundsätzlich nichts an. Die Klägerin müsse sich auch nicht so behandeln lassen, als habe sie das ihr erst im Januar 2003 übermittelte Angebot der Firma K. angenommen. Es sei schon zweifelhaft, ob die Klägerin das Angebot überhaupt noch hätte annehmen können. Zwar habe sie den Zeitpunkt der Veräußerung nicht mitgeteilt. Es bestehe jedoch eine Vermutung dafür, dass sie als gewerbliche Autovermieterin ein berechtigtes Interesse an einer zeitnahen Schadensbehebung habe und deshalb für eine alsbaldige Veräußerung sorge. Der Restwertbetrag, den die Klägerin ihrer Abrechnung zugrunde gelegt habe, müsse auch nicht im Hinblick auf das Angebot der Firma K. bzw. auf das von der Beklagten eingeholte Sachverständigengutachten nach oben korrigiert werden. Denn der gerichtlich bestellte Sachverständige B. habe mit einem Betrag von rund 8.800 € einen Wert genannt, der nur unwesentlich von dem Restwertansatz des Sachverständigen B. (8.500 €) abweiche. Die höheren Beträge im Gutachten B. seien aus rechtlichen Gründen unbeachtlich.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel auf Klageabweisung weiter, während die Klägerin das angefochtene Urteil verteidigt.

II.

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

Das Landgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Mit der vorgerichtlichen Zahlung von 10.353,80 € hat die Beklagte den Fahrzeugschaden vollständig ausgeglichen.

1. Dass der Ersatzanspruch der Klägerin auf den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) beschränkt ist, steht außer Streit. Unbestritten ist ferner der Ansatz für den Wiederbeschaffungswert in Höhe von 23.190 €. Dabei handelt es sich um den Nettobetrag auf der Grundlage des Bruttowerts im Schadensgutachten des Sachverständigen B. in Höhe von 26.900 €. Strittig ist allein der Betrag, den die Klägerin sich als Restwert anrechnen lassen muss.

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin und auch des Landgerichts beläuft sich dieser Betrag auf 12.836,20 €. Das folgt aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 2005 mit dem Aktenzeichen VI ZR 192/04, veröffentlicht u.a. in NJW 2005, 2541. Lässt der Geschädigte sein unfallbeschädigtes Fahrzeug nicht reparieren, sondern realisiert er durch dessen Veräußerung den Restwert, so ist sein Schaden in entsprechender Höhe ausgeglichen.

a) Auch wenn es den Schädiger, wie das Landgericht zu Recht bemerkt, grundsätzlich nichts angeht, wie der Geschädigte mit dem unfallbeschädigten Kraftfahrzeug verfährt, so ändert dies doch nichts daran, dass zunächst einmal nach sachgerechten Kriterien festzustellen ist, in welcher Höhe dem Geschädigten angesichts des ihm verbliebenen Restwertes seines Fahrzeugs durch den Unfall überhaupt ein Vermögensnachteil erwachsen ist (BGH, a.a.O., unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457). Dadurch wird nämlich verhindert, dass sich der Geschädigte an dem Schadensfall bereichert. Ob die Realisierung des Restwerts ein Fall der Vorteilsausgleichung darstellt (so BGH NJW 1985, 2471) oder ob bereits bei dem Begriff des Schadens anzusetzen ist, macht im Ergebnis keinen Unterschied. So oder so kommt es entgegen der Ansicht des Landgerichts sehr wohl darauf an, welchen Betrag die Klägerin bei der Veräußerung des unfallbeschädigten Volvo V 70 erlöst hat. Das ist keine Frage irgendeiner Grenzziehung. In welchem prozentualen Verhältnis die kalkulierten Reparaturkosten zum geschätzten Wiederbeschaffungswert stehen, ist in diesem Zusammenhang belanglos. Das entspricht ständiger Spruchpraxis des Senats und findet seine Bestätigung in dem oben zitierten Urteil des BGH vom 7. Juni 2005.

b) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der vom BGH durch dieses Urteil entschiedene Fall sei mit dem zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Aus Rechtsgründen kommt es hier nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer ein eigenes Restwertangebot unterbreitet. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein, dass die Klägerin den ihr verbliebenen Restwert realisiert hat, was zur teilweisen Beseitigung ihres Schadens geführt hat. Angesichts dessen ist es entgegen der Ansicht der Klägerin keineswegs unerheblich, welchen Preis sie tatsächlich erzielt hat.

c) Trotz ausdrücklichen Hinweises auch auf die Rechtsfolgen eines weiteren Schweigens hat die Klägerin den Veräußerungserlös nicht beziffert. Damit gilt die Behauptung der Beklagten als zugestanden, dass der für das unfallbeschädigte Fahrzeug von der Firma K. gebotene Kaufpreis zu erzielen war und mithin auch bei der von der Klägerin vorgenommenen Veräußerung mindestens erzielt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2005, NJW 2005, 2541 unter 4). Diese Behauptung hat die Beklagte nicht nur konkludent, sondern ausdrücklich aufgestellt. Dazu hätte sich die Klägerin erklären können und auch erklären müssen. Das hat sie nicht getan. Folglich gilt die Behauptung der Beklagten nach § 138 Abs. 3 und 4 ZPO als zugestanden. Das hat zur Folge, dass der Fahrzeugschaden der Klägerin in Höhe von 12.836,20 € beseitigt und damit ausgeglichen ist. Dafür, dass es sich bei diesem (Netto-)Erlös um einen überdurchschnittlichen Erlös handelt, den die Klägerin aus Gründen erzielt haben könnte, die mit dem Zustand des Fahrzeuges nichts zu tun haben, ist nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich.

3. Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Klägerin verpflichtet gewesen ist, sich auf das ihr übermittelte Angebot der Firma K. einzulassen (zu dieser Frage siehe das Urteil des Senats vom 7. Juni 2004, veröffentlich u.a. in NZV 2004, 584).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer für die Klägerin: 5.508,20 €.

Ende der Entscheidung

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