Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.06.2004
Aktenzeichen: I-1 U 12/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 179
BGB § 249
BGB § 249 Abs. 2 S. 1
ZPO § 91 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27. November 2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 135,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2003 zu zahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 2.200,- EUR abwenden, wenn die Beklagten vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten dürfen ihrerseits die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 160,- EUR abwenden, wenn der Kläger vor der Vollstreckung nicht in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Der Kläger nimmt die Beklagten aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 20. Dezember 2002 auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Die volle Haftung der Beklagten steht außer Streit. Hauptstreitpunkt in zweiter Instanz ist die Berechnung des Fahrzeugschadens. Der Kläger möchte auf der Basis der fiktiven Reparaturkosten abrechnen, während die Beklagten sich auf die Abrechnungsgrundsätze bei einem wirtschaftlichen Totalschaden berufen. Im Auftrag des Klägers schätzte der Sachverständige Dipl.-Ing. G. Z. die Kosten für die Instandsetzung der Großraumlimousine vom Typ Daimler Chrysler Grand Voyager, Erstzulassung 8. Januar 2002, auf 17.079,10 EUR (einschließlich MWSt). Als merkantilen Minderwert ermittelte der Sachverständige einen Betrag von 1.500 EUR. Den Brutto-Wiederbeschaffungswert gab er mit ca. 27.000 EUR an. Eine Schätzung des Restwerts unterblieb. Mit Anwaltsschreiben vom 10. Januar 2003 rechnete der Kläger seinen Fahrzeugschaden auf der Grundlage der gutachterlich geschätzten Netto-Reparaturkosten von 14.723,36 EUR zzgl. des Minderwerts laut Gutachten von 1.500 EUR ab. Daraufhin beauftragte die beklagte Haftpflichtversicherung die Fa. c., Restwertangebote einzuholen. Dazu erhielt sie das vom Kläger übersandte Originalgutachten einschließlich der Originalfotos von dem beschädigten Fahrzeug. Die Fa. c. bediente sich ihrerseits der Restwertbörse Audio online. Dort wurde das Unfallfahrzeug mit Fotos und mit detaillierter Beschreibung der Beschädigungen unter Angabe der gutachterlich ermittelten Schätzwerte über das Internet zum Kauf angeboten. Von den insgesamt 15 Geboten übermittelte die beklagte Versicherung dem Anwalt des Klägers mit Telefax vom 17. Januar 2003 das höchste Gebot folgenden Inhalts: "Hiermit unterbreiten wir, L,, K. straße 15, D -I., Tel.: , Fax: , dem Eigentümer des o.g. Fahrzeuges folgendes verbindliche Kaufangebot: 13.110,00 EUR Das Gebot beinhaltet die kostenlose Abholung des KFZ." Der Kläger ließ das ihm unstreitig über seinen Anwalt zugegangene Restwertangebot unbeachtet. Möglicherweise sind ihm zusammen mit dem vorbezeichneten Angebot zwei weitere Restwertangebote übersandt worden (siehe Anlage B). Gemäß Kaufvertrag vom 28. Januar 2003 erwarb der Kläger ein Neufahrzeug der gleichen Marke und des gleichen Typs wie sein Unfallfahrzeug. Ausweislich der zu den Akten gereichten Neuwagen-Rechnung vom 13.Februar 2003 wurde ein Kaufpreis von 32.000 EUR (einschließlich MWSt) vereinbart. Der Kläger will diesen Betrag voll bezahlt haben. Dazu, was er mit seinem Unfallfahrzeug gemacht hat, hat der Kläger bis zuletzt keine Erklärung abgegeben. Die beklagte Versicherung regulierte den Fahrzeugschaden auf der Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens, wobei sie zunächst den Wiederbeschaffungswert mit einem Netto-Betrag von 23.275.86 EUR veranschlagte. Unter Ansatz des Restwertbetrages laut Angebot der Fa. L. von 13.110 EUR ergab sich eine Schadenssumme von 10.165,86 EUR. Dieser Betrag wurde dem Kläger vorgerichtlich überwiesen. Mit seiner Klage begehrt der Kläger weiterhin eine Abrechnung des Fahrzeugschadens nach den fiktiven Reparaturkosten; mit Rücksicht auf die zwischenzeitliche Ersatzbeschaffung mit Anfall von Mehrwertsteuer nunmehr in Höhe des Bruttobetrages. Nach Vorlage der Neuwagenrechnung mit Mehrwertsteuerausweis zahlte die Beklagte den ursprünglich einbehaltenen Mehrwertsteuerbetrag von 3.724,14 EUR. In dieser Höhe und wegen eines zuvor gezahlten Teilbetrages von 750 EUR haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die restliche Klage kostenpflichtig abgewiesen. Seiner Meinung nach ist der Kläger in vollem Umfang entschädigt. Auch der Fahrzeugschaden sei vollständig reguliert. Maßgebend seien die Abrechnungsgrundsätze bei wirtschaftlichem Totalschaden. Denn die geschätzten Reparaturkosten lägen deutlich über dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert. Hinsichtlich des Restwerts heißt es in dem angefochtenen Urteil: Im Rahmen der ihn treffenden Schadensminderungspflicht sei der Kläger gehalten gewesen, das von der Beklagten zu 2. vermittelte Restwertangebot der Fa. L. über 13.110 EUR anzunehmen. Das Angebot sei ausdrücklich als verbindlich gekennzeichnet. Zudem habe die Fa. L. angeboten, den Unfallwagen kostenlos abzuholen. Somit habe der Kläger nichts weiter tun müssen, als die Annahme des Angebots zu erklären, was ihm nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zumutbar gewesen sei. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Schadensersatzansprüche i.H.v. 4.824,85 EUR nebst Zinsen weiter. In erster Linie beanstandet er die Abrechnung des Fahrzeugschadens durch das Landgericht. Wie bereits in erster Instanz stellt er sich auf den Standpunkt, das ihm übermittelte Restwertangebot der Fa. L. sei rechtlich unbeachtlich. Für ihn als Laien habe eine Abrechnung auf Totalschadensbasis überhaupt nicht zur Debatte gestanden. Dies auch deshalb nicht, weil der von ihm eingeschaltete Sachverständige Dipl.-Ing. Z. den Restwert des Unfallfahrzeugs vollständig ausgeklammert habe. Was das Angebot der Fa. L. angehe, so habe das Landgericht völlig unberücksichtigt gelassen, dass der Bieter rechtlich nicht identifizierbar sei. Weder hinsichtlich seiner Solvenz noch hinsichtlich der Seriosität von Inhabern und/oder gesetzlich vertretungsberechtigten Personen sei dem Kläger eine Überprüfung möglich gewesen. Auch sonst habe das Landgericht wichtige Aspekte, die die Annahmefähigkeit des Restwertangebots beträfen, außer acht gelassen. Während es in der Berufungsbegründung (dort S. 3 unter c) heißt, dem Kläger seien drei Restwertangebote übermittelt worden, hat sein Anwalt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dem Kläger sei nur ein einziges Angebot zugeleitet worden, nämlich das Angebot der Fa. L.. Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 27. November 2003 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 4.824,85 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2003 zu zahlen sowie dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits erster Instanz aufzuerlegen. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigen sie das angefochtene Urteil insbesondere in der Frage der Berechnung des Fahrzeugschadens. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung ist zulässig, aber im Wesentlichen unbegründet. I. Der mit der Berufung weiterverfolgte Schadensersatzanspruch i.H.v. 4.824,85 EUR steht dem Kläger ganz überwiegend nicht zu. 1. Fahrzeugschaden Der Fahrzeugschaden des Klägers ist durch die Zahlungen der Zweitbeklagten i.H.v. insgesamt 13.890 EUR (10.165,86 EUR zzgl. 3.724,14 EUR) ausgeglichen. Der Gesamtbetrag entspricht der Differenz zwischen dem Bruttowiederbeschaffungswert von unstreitig 27.000 EUR und dem Betrag von 13.110 EUR laut Kaufangebot der Fa. L. a) Im Ausgangspunkt folgt der Senat dem Landgericht in der Annahme, dass der Anspruch des Klägers auf Ersatz seines Fahrzeugschadens auf die Wiederbeschaffungskosten (d.h. den Wiederbeschaffungsaufwand als Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert) begrenzt ist. aa) Verursacht bei mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für diese Art der Schadensbeseitigung nötige Geldbetrag ist zur Herstellung i.S.v. § 249 BGB erforderlich (BGH NJW 2003, 2085 m.w.N.). Dabei ist die Auswahl nicht abstrakt und auch nicht im Nachhinein, sondern unter denjenigen Wegen der Schadensbehebung zu treffen, die sich dem Geschädigten in seiner besonderen Lage erkennbar anbieten. Den wirtschaftlichsten Weg einzuschlagen, muss zudem für den Geschädigten zumutbar sein. Dieses sich jetzt aus § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ergebende Wirtschaftlichkeitsgebot gilt indessen nicht absolut. In einer Reihe von Fallgestaltungen wird es durch andere schadensrechtliche Grundsätze eingeschränkt. Bedeutung kann insoweit insbesondere das Interesse des Geschädigten an der Instandsetzung und Weiterbenutzung seines Fahrzeugs (Integritätsinteresse) gewinnen. Auch der Grundsatz der Dispositionsfreiheit des Geschädigten kann zu einer Korrektur einer allein an den Kosten ausgerichteten Schadensabrechnung nötigen. bb) Der Gesichtspunkt des Integritätsinteresses fällt im Streitfall nicht zu Gunsten des Klägers ins Gewicht. Denn der Senat hat davon auszugehen, dass der Kläger sich von seinem Fahrzeug ohne vorherige Reparatur getrennt hat. Um ihm Gelegenheit zu geben, zum Verbleib des Unfallwagens nähere Angaben zu machen, hat der Senat den Kläger bereits mit der Terminsladung und sodann im Verhandlungstermin auf die Bedeutung dieser Frage und auf die Folgen eines etwaigen Schweigens hingewiesen. Der Kläger hat bewusst davon abgesehen, sich in dieser Frage zu erklären. Auch von der Möglichkeit, sich in einem nachgelassenen Schriftsatz zu äußern, hat er keinen Gebrauch gemacht. Der Senat schließt aus dem Schweigen des Klägers, dass er sein Unfallfahrzeug nicht behalten, also veräußert hat. Wäre es anders, gäbe es keinen Grund, in diesem Punkt zu schweigen. Dass der Kläger bei der Veräußerung einen Erlös erzielt hat, der über dem Kaufangebot der Fa. L. gelegen hat, erscheint möglich, wird vom Senat aber nicht unterstellt. Zu Lasten des Klägers wird lediglich angenommen, dass er den Unfallwagen, an wen auch immer, ohne vorherige Instandsetzung veräußert hat. Bei dieser Sachlage ist das oben näher beschriebene Integritätsinteresse kein Gesichtspunkt, der die Schadensbemessung zu Gunsten des Klägers beeinflussen kann. Allerdings hat der Kläger einen Ersatzwagen angeschafft, wenn auch ein fabrikneues Fahrzeug der gleichen Marke und des gleichen Typs. Auch eine Ersatzbeschaffung kann eine Maßnahme der Wiederherstellung (Naturalrestitution) sein und damit Ausdruck des Interesses des Geschädigten, den vor dem Unfall bestehenden Zustand zumindest wirtschaftlich wiederherzustellen. Die Wahrnehmung dieses Integritätsinteresses im weiteren Sinne genügt jedoch nicht, um zu Lasten des Schädigers/Versicherers den Grundsatz der kostengünstigsten Wiederherstellung einzuschränken. cc) Auch der Grundsatz der Dispositionsfreiheit rechtfertigt im vorliegenden Fall keine Korrektur des Wirtschaftlichkeitsgebots. Die Dispositionsfreiheit gestattet dem Kläger zwar, seinen Fahrzeugschaden auf der Basis einer fiktiven Reparatur abzurechnen. Diese Befugnis hat er durch die Veräußerung seines Fahrzeugs nicht verloren (vgl. BGHZ 66, 239 = NJW 1976, 1396). Daran hat sich durch die Reform des Schadensrechts zum 1.8.2002 nichts geändert. Von der Möglichkeit einer Abrechnung der Reparaturkosten auf Gutachtenbasis kann ein Geschädigter indessen nur in bestimmten Grenzen Gebrauch machen. Wiederholt hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Geschädigte, der Ersatz fiktiver Reparaturkosten verlangt, sich grundsätzlich innerhalb derjenige Grenze halten müsse, die durch die Ersatzbeschaffungskosten gebildet wird (vgl. NJW 1985, 2469; DAR 1985, 318; NJW 1992, 903). Diese Rechtsprechung, der der erkennende Senat in ständiger Spruchpraxis folgt, hat der BGH durch sein Urteil vom 29. April 2003 (NJW 2003, 2085) nicht in Frage gestellt. Denn die Zulässigkeit einer Abrechnung fiktiver Reparaturkosten bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswerts unter Ausklammerung des Restwertes hat er davon abhängig gemacht, dass der Geschädigte sein Fahrzeug behält und reparieren lässt. Hätte der Kläger sich ebenso verhalten, bestünden gegen eine Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf der Grundlage der gutachterlich geschätzten Reparaturkosten keine Bedenken. Sie liegen nämlich deutlich unter dem Wiederbeschaffungswert. In einem anderen Punkt ist der Streitfall dagegen entscheidend anders gelagert. Der Kläger hat, wie ausgeführt, sein Fahrzeug nicht behalten, geschweige denn wieder instandgesetzt. Durch die Veräußerung des unreparierten Unfallwagens hat er den verhältnismäßig hohen Wert, der in seinem noch jungen Fahrzeug steckte, realisiert. Damit ist der Restwert - anders als im Fall BGH NJW 2003, 2085 - kein nur hypothetischer Rechnungsposten. Dass der Betrag, der dem Kläger durch die Veräußerung zugeflossen ist, ungenannt geblieben ist, ändert daran nichts. b) Fraglich ist allerdings, ob der Restwert aus der Schadensbilanz deshalb fernzuhalten ist, weil der Sachverständige Z. in seinem Gutachten für den Kläger keinerlei Angaben zum Restwert gemacht hat. Da die Summe von Reparaturkosten und merkantilem Minderwert den Wiederbeschaffungswert nicht übersteige, lägen gegen eine Reparatur keine Bedenken vor, heißt es abschließend im Schadensgutachten. Das trifft zu. An der Reparaturwürdigkeit des Unfallfahrzeugs haben in der Tat zu keinem Zeitpunkt Zweifel bestanden. Dass der Sachverständige Z. den Restwert nicht ausgewiesen hat, beruht ersichtlich auf der weitverbreiteten Übung, den Restwert erst bei geschätzten Reparaturkosten von mehr als 70 % des Wiederbeschaffungswertes zu ermitteln. Diese Praxis geht zurück auf eine Empfehlung des Verkehrsgerichtstages aus dem Jahre 1990, wonach der Geschädigte bei Abrechnung fiktiver Reparaturkosten die vom BGH geforderte Vergleichskontrollrechnung nur dann vorzunehmen hat, wenn die Reparaturkosten 70 % des Wiederbeschaffungswertes übersteigen (vgl. DAR 1990, 157). Der Arbeitskreis IV des 40.Verkehrsgerichtstages (2002) hat diese Empfehlung ausdrücklich wiederholt. Hiernach muss kein Restwert ermittelt werden, wenn die Reparaturkosten - wie im Streitfall - 70 % des Wiederbeschaffungswertes nicht erreichen. aa) Wie in Fällen mit geschätzten Reparaturkosten von weniger als 70 % des Wiederbeschaffungswertes fiktiv abzurechnen ist, ist in Rechtsprechung und Lehre umstritten (vgl. Ch. Huber, Das neue Schadenersatzrecht, § 1 Rn 118 ff; ders. MDR 2003, 1334, 1339; Lemcke, Anwaltshandbuch Verkehrsrecht, Teil 3, Rn 152 ff.; Pamer, NZV 2000, 490). Unter Hinweis auf die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages hat die Rechtsprechung verschiedentlich eine Abrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten bis zur 70 %-Grenze unabhängig davon gebilligt, ob der Geschädigte sein Fahrzeug behalten oder veräußert hat (vgl. LG Osnabrück DAR 1993, 265 - Veräußerung vor Bekanntgabe eines Restwertangebots durch die Versicherung; siehe auch AG Nordhorn DAR 2000, 413 und AG Sigmaringen MDR 2000, 1430). Der BGH hat zu dieser besonderen Abrechnungsproblematik noch nicht ausdrücklich Stellung genommen. Die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstages hat er sich weder zu Eigen gemacht noch hat er sie verworfen. Einen Fall der vorliegenden Art hat auch der erkennende Senat noch nicht entschieden. bb) Bei einer Fallgestaltung, wie sie hier gegeben ist, sprechen die besseren Gründe dafür, den Fahrzeugschaden nach den - vergleichsweise geringeren - Ersatzbeschaffungskosten zu bemessen (§ 287 ZPO). Dass der Gesichtspunkt des Integritätsinteresses im Streitfall außer Betracht zu bleiben hat, ist bereits näher ausgeführt worden (I,1, a, bb). Auch anderweitig sieht der Senat keinen rechtfertigenden Grund, dem Kläger einen Ersatz in Höhe der geschätzten Reparaturkosten zzgl. des merkantilen Minderwerts zuzubilligen. Sein Argument, als Laie habe er sich darauf verlassen können, den Fahrzeugschaden nach Maßgabe der von dem Sachverständigen Z. ermittelten Reparaturkosten abrechnen zu dürfen, ist zwar nicht von der Hand zu weisen. Richtig daran ist, dass er bzw. sein Anwalt im Zeitpunkt der ersten Abrechnung vom 10. Januar 2003 keinen Kostenvergleich ("Vergleichskontrollrechnung") vorzunehmen brauchte. Dazu bestand seinerzeit keine konkrete Veranlassung. Vielmehr war der Kläger ursprünglich in der Annahme schutzwürdig, mit der Abrechnung nach den (Netto-)Reparaturkosten die wirtschaftlichere der beiden Arten der Schadensberechnung gewählt zu haben. Auf der anderen Seite war es dem beklagten Haftpflichtversicherer unbenommen, seine finanzielle Belastung dadurch zu verringern, dass er dem Kläger die Möglichkeit einer günstigen Verwertung des Unfallfahrzeugs aufzeigt. Auf diese Weise die Schadensbemessung zu seinen Gunsten zu beeinflussen, war jedoch unter anderem davon abhängig, dass der Kläger zu einem Verkauf an den ihm genannten Bieter überhaupt noch in der Lage ist. Der Kläger hätte weder gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 BGB noch gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs.2 BGB) verstoßen, wenn er sich seines Fahrzeugs vor Zugang des Restwertangebots entäußert hätte. Eine Verpflichtung, die Versicherung von seiner Verkaufsabsicht zu benachrichtigen, bestand nicht. Ob und inwieweit der Kläger bei der Preisgestaltung auf die Interessen des Schädigers/Versicherers hätte Rücksicht nehmen müssen, braucht nicht entschieden zu werden, zumal der tatsächlich erzielte Erlös ungewiss ist. Von einer Veräußerung vor Empfang des Restwertangebots der Fa. L. kann der Senat nicht ausgehen. Vielmehr hatte er zu unterstellen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt (17. Januar 2003) noch Besitzer und Eigentümer des Unfallfahrzeugs war. Insoweit bestehende Zweifel gehen zu Lasten des Klägers. Denn er hat darzulegen und zu beweisen, dass sich die verlangten Reparaturkosten in den Grenzen des Wirtschaftlichen halten (BGH NJW 1985, 2469, 2470 re. Sp.). Von dieser prozessualen Last ist er nicht dadurch befreit, dass sein Fahrzeug ersichtlich reparaturwürdig war. Die vornehmlich aus Praktikabilitätsgründen eingeführte 70 %-Grenze ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Unter den Umständen, von denen der Senat auszugehen hat, ist der Kläger, wie das Landgericht im Kern treffend bemerkt hat, in seiner "wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit" nicht unzumutbar beschränkt worden. Er konnte und durfte das ihm unterbreitete Kaufangebot unbeachtet lassen, sofern sein Fahrzeug am 17. Januar 2003 bereits veräußert war. Stand es zu diesem Zeitpunkt noch in seiner Verfügungsmacht, konnte er wählen, ob er es behält und reparieren lässt oder ob er es veräußert, etwa durch Inzahlunggabe bei der Anschaffung eines Ersatzwagens. Am 17. Januar 2003 hatte er ausweislich der vorgelegten Rechnung den Kaufvertrag über den Neuwagen noch nicht abgeschlossen. Als Kaufdatum wird nämlich der 28. Januar 2003 genannt. Der Kläger will den Unfallwagen auch gar nicht in Zahlung gegeben, sondern den Neuwagenpreis voll bezahlt haben. Bei der vom Kläger ins Auge gefassten Schadensbehebung im Wege einer Ersatzanschaffung spielte allerdings auch die Höhe der zu erwartenden Entschädigung eine wesentliche Rolle. Doch auch unter diesem Aspekt wurde die Stellung des Klägers in seiner Eigenschaft als Herr des Restitutionsgeschehens nicht unzulässig beeinträchtigt. Wie noch auszuführen ist, war ihm zuzumuten, sein Fahrzeug für 13.110 EUR an die Fa. L. zu verkaufen. Zusammen mit der Entschädigungsleistung des Versicherers von 13.890 EUR hätte dem Kläger dann ein Betrag von 27. 000 EUR zur Deckung des Schadens zur Verfügung gestanden. Demgegenüber hat der Kläger auf Gutachtenbasis mit einer Entschädigungsleistung von 18. 579.10 EUR kalkuliert, wobei ihm der Wert des Unfallfahrzeugs, den er in erster Instanz mit maximal 8.000 EUR angegeben hat, verblieben wäre. Angesichts dieser Zahlen kann der Senats nicht erkennen, dass schutzwürdige Interessen des Klägers bei einer Abrechnung nach den Ersatzbeschaffungskosten verletzt werden. Gründe der Praktikabilität zwingen nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Auch der Senat hält es für wünschenswert, den Restwert bei der Frage der Zulässigkeit der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten so weit wie möglich auszuklammern (vgl. DAR 2001, 125 = ZfS 2001, 111). Die empfohlene 70 %-Grenze mag unter dem Gesichtspunkt der raschen Ermittlung und Regulierung von Fahrzeugschäden sachgerecht sein. Sie hat aber keine normative Kraft dergestalt, dass geschätzte Reparaturkosten unterhalb dieses Grenzwertes in jedem Fall erstattungsfähig sind. Vielmehr ist danach zu unterscheiden, ob der Geschädigte sein Fahrzeug behalten hat oder ob er den darin verkörperten Restwert aus freien Stücken aktiviert hat. Letzterenfalls bedarf er nicht des Schutzes, der ihm durch die 70 %-Grenze zukommen soll (vgl. auch Ch. Huber, MDR 2003, 1334, 1340; Geigel/Rixecker, 24. Aufl., 1. Teil, 3. Kap. Rn 36). bb) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Angebot der Fa. L. sei für ihn nicht akzeptabel gewesen. Mit diesem Einwand hat sich bereits das Landgericht auseinander gesetzt. Der Senat folgt ihm auch in diesem Punkt. Die von der Berufung aufgezeigten Bedenken gegen die Akzeptanz des Angebots der Fa. Logocars überzeugen nicht. Dass Restwertangebote, die über Internet-Restwertbörsen an Geschädigte herangetragen werden, von vornherein allein wegen ihrer Herkunft abgelehnt werden können, macht selbst die Berufung nicht geltend. Dieser engen Sichtweise könnte der Senat auch nicht zustimmen. Wiederholt hat er entschieden, dass so genannte Internet-Angebote unter bestimmten Voraussetzungen geeignet sein können, eine Schadensminderungsobliegenheit des Geschädigten auszulösen (zuletzt Urteil vom 1.3.2004, 1 U 120/03; siehe auch Urteil vom 22.12.1997, 1 U 53/97, VersR 1998, 518). Nach Einschätzung des Senats war das Kaufangebot der Fa. L. auch inhaltlich für den Kläger akzeptabel. Ohne größere Anstrengungen hätte er es risikolos annehmen können. Der Beachtlichkeit dieses Angebots steht zunächst nicht entgegen, dass der Kläger es der Höhe nach nicht ohne Weiteres kontrollieren konnte, weil in dem von ihm eingeholten Gutachten ein Restwert nicht mitgeteilt war. Hätte der Kläger bezüglich des ihm angebotenen Kaufpreises von 13.110 EUR Bedenken gehabt, hätte er sich erkundigen können, beispielsweise bei dem Sachverständigen Z.. Die im vorliegenden Rechtsstreit vorgebrachten Bedenken liegen nicht auf der Preisebene. Vielmehr hat der Kläger in erster Instanz vorgetragen, der wahre Restwert habe bei maximal 8.000 EUR gelegen. Verglichen damit war das Angebot der Fa. L. ausgesprochen günstig. Soweit die Berufung beanstandet, die Fa. L. sei "rechtlich nicht identifizierbar" gewesen, kann der Senat dieses Bedenken nicht teilen. Hätte der anwaltlich vertretene Kläger in diesem Punkt tatsächlich Prüfbedarf gehabt, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die Fa. L. unter der angegebenen Telefonnummer anzurufen, um sich ein Bild von diesem Unternehmen zu machen. Als Auskunftgeber standen auch die beklagte Versicherung und nicht zuletzt die Fa. A. zur Verfügung. Zugelassen zur Restwertbörse dieses Unternehmens sind gerichtsbekannt nur solche Aufkäufer, deren Seriosität in einem Zulassungsverfahren geprüft worden ist. Gleichfalls ohne Erfolg versucht die Berufung aus dem letzten Absatz in dem Restwertangebot ("um Missverständnissen vorzubeugen") Günstiges für den Kläger herzuleiten. Der Senat kann in diesem Textabschnitt keinen Grund dafür finden, der gegen die Annahmefähigkeit des Angebots der Fa. L. sprechen könnte. Soweit die Berufung meint, die drei dem Kläger übermittelten Restwertangebote - nach der Erklärung des Anwalts des Klägers im Senatstermin hat er nur ein einziges Angebot erhalten - seien "keine authentischen Restwertangebote", sondern eine Aufzählung von Interessenten, die von A. stammten, vermag der Senat diesen Einwand nicht nachzuvollziehen. Das hier in Rede stehende Restwertangebot über 13.110 EUR stammt erkennbar von der Fa. L. Dadurch, dass ausdrücklich die kostenlose Abholung des Unfallfahrzeugs angeboten wird, und das Angebot zudem als "verbindliches Kaufangebot" bezeichnet ist, erfüllt es auch inhaltlich wesentliche Anforderungen, die der Senat an die Akzeptanz von Restwertangeboten stellt (vgl. Urteil vom 01.03.2004, 1 U 120/03). Es handelt sich auch nicht etwa um ein Angebot ins Blaue hinein, bei dem die Gefahr bestehen konnte, dass der Anbieter bei Kenntnis des tatsächlichen Schadensbildes von dem Geschäft "abspringt". Die Bedenken, die in dieser Beziehung bestehen könnten, haben die Beklagten durch konkreten Sachvortrag, dem der Kläger nicht entgegen getreten ist, ausgeräumt. Unter Vorlage von entsprechenden Belegen haben die Beklagten die tatsächlichen Grundlagen der Angebotsabgabe durch die Fa. L. dargestellt. Danach hatte sie genaue Kenntnis von Art und Umfang des Schadens, und zwar zum einen durch detaillierte Textinformationen und zum anderen durch aussagekräftige Lichtbilder. Ausweislich des Angebots sollte das Unfallfahrzeug kostenlos abgeholt werden. Dass bei Abholung bar gezahlt worden wäre, lässt sich dem schriftlichen Angebot (Anlage B 4) allerdings nicht entnehmen. Dazu hat der Anwalt der Beklagten jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, Barzahlung bei Abholung sei selbstverständlich gewesen. Das entspreche üblicher Praxis. So ist es in der Tat, wie dem Senat aus vergleichbaren Fällen bekannt ist. Ob A. bei einem Restwertangebot von 13.110 EUR die nach ihren Geschäftsbedingungen bestehende "Abholgarantie" im Falle einer Störung bei der Geschäftsabwicklung gegeben hätte, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Ebenso kann offen bleiben, ob die beklagte Versicherung gemäß § 179 BGB analog vom Kläger hätte auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden können, sofern die Fa. L. ihren rechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen wäre. Auch ohne diese Absicherungen war das Kaufangebot der Fa. L. für den Kläger annehmbar. Da nach alledem der Anspruch des Klägers auf Ersatz fiktiver Reparaturkosten auf die Kosten der Ersatzbeschaffung (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert) begrenzt ist, hat das Landgericht den weitergehenden Ersatzanspruch des Klägers mit Recht abgewiesen. 2. Verdienstausfallschaden Die Berufung wendet sich dagegen, dass das Landgericht als Verdienstausfallschaden lediglich einen Betrag von 600 EUR anerkannt hat. Ziel der Berufung ist eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 135,75 EUR. Insoweit hat das Rechtsmittel Erfolg. Der Senat schätzt den Verdienstausfallschaden des Klägers auf 735,75 EUR, so dass ihm noch 135,75 EUR zuzusprechen sind. Die Kürzung des Landgerichts auf 600 EUR ist nicht gerechtfertigt. Durch die Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 23. Januar 2003 hat der Kläger seinen Ausfallschaden hinreichend belegt (§ 287 ZPO). 3. Kosten des teilerledigten Rechtsstreits Die Berufung bittet, wenngleich ohne nähere Begründung, um Überprüfung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung, auch soweit sie auf § 91 a ZPO beruht. Dieser Angriff bleibt ohne Erfolg. Die Ermessensentscheidung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.824,85 EUR. Die Zulassung der Revision erfolgt wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Beschwer: jeweils unter 20.000,- EUR.

Ende der Entscheidung

Zurück