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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.03.2006
Aktenzeichen: I-1 U 141/00
Rechtsgebiete: StVO, BGB, ZPO, StVG, PflVersG


Vorschriften:

StVO § 3 Abs. 3 Ziff. 2 c
StVO § 9 Abs. 3 S. 1
StVO § 21 a
StVO § 21 a Abs. 1
StVO § 21 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 844 Abs. 1
BGB § 847
BGB § 1922
ZPO § 355
ZPO § 539
ZPO § 398
StVG § 7
StVG § 7 Abs. 2
StVG § 9
StVG § 10 Abs. 1 Satz 2
StVG § 17
StVG § 18
StVG § 18 Abs. 1 Satz 2
PflVersG § 3 Abs. 1 Nr. 1
PflVersG § 3 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 6. Juni 2000 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Kläger als Erbengemeinschaft 4.184,07 € (8.183,32 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 30. September 1997 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihnen aus dem Verkehrsunfall vom 9. September 1994 mit dem Beklagten zu 1. als Versicherungsnehmer der Beklagten zu 2. an der Einmündung der L 366/L 266 in 52441 Linnich, Kreis Düren, noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen sonstigen Dritten übergegangen sind oder übergehen werden.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 8 % den Klägern und zu 92 % den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Beklagten hat einen geringen Teilerfolg. Unbegründet sind ihre Angriffe in dem Umfang, in welchem sie eine Verfahrensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung rügen und in welchem sie geltend machen, die Kläger müssten sich hinsichtlich des Haftungsgrundes als Erben des tödlich verunglückten Herrn Heinrich V. dessen Mitverschulden an der Entstehung des Unfallereignisses anspruchsmindernd zurechnen lassen. Insbesondere geht ihr Einwand fehl, er hätte als Fahrer hätte das Kollisionsereignis überlebt, wenn er ordnungsgemäß nach § 21 a Abs. 1 StVO den Sicherheitsgurt angelegt gehabt hätte. Zwar ist im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen ein Verstoß des Verstorbenen gegen die gesetzliche Bestimmung erwiesen. In Anbetracht des komplexen Kollisionsablaufes, im Zuge dessen der durch ihn gesteuerte Pkw Polo gegen drei Straßenbäume geraten ist und sich schließlich über seine Querachse überschlagen hat, lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Eintritt der nach Art und Einzelheiten unbekannten tödlichen Verletzungen hätte vermieden werden können, wenn der Verstorbene seiner Gurtanlegepflicht genüge getan hätte. Erfolg hat das Rechtsmittel der Beklagten nur in dem Umfang, in welchem sie sich dagegen wenden, dass den Klägern nach Maßgabe der §§ 823, 847 BGB a.F. in Verbindung mit § 1922 BGB aus übergegangenem Recht eine Entschädigung in Höhe von 1.500 DM für unfallbedingte immaterielle Beeinträchtigungen zuerkannt worden ist. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine durch das Landgericht als symbolisches Schmerzensgeld bezeichnete Entschädigung sind wegen des festzustellenden Ablebens des Herrn Heinrich V. in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen nicht gegeben. Im einzelnen ist folgendes auszuführen: I. Einschlägig sind die schadensersatzrechtlichen Vorschriften in der bis zum 31. Juli 2002 geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB). Anzuwenden sind darüber hinaus die einschlägigen zivilprozessualen Vorschriften in der bis zum 1. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (§ 26 Ziffer 5 EGZPO). 1. Unerheblich ist die Einwendung, das erstinstanzliche Urteil sei auf verfahrensfehlerhafte Weise zustande gekommen (Bl. 286/288 d.A.). a) Zwar trifft es zu, dass mehrfach ein Wechsel in der Person des Einzelrichters stattgefunden hat und dass die mit der Abfassung des Urteils befasst gewesene Einzelrichterin keinen persönlichen Eindruck von den erstinstanzlich in den Beweisaufnahmeterminen am 24. März 1998 und am 25. August 1998 vernommenen Zeugen hatte. Sie hat im Beweisaufnahmetermin am 9. Mai 2000 lediglich das mündlich erstattete Gutachten des Sachverständigen N. entgegen genommen. Aus diesem Verfahrensablauf folgt jedoch kein Verstoß gegen das Unmittelbarkeitsprinzip des § 355 ZPO. b) Ein Richterwechsel nach einer Beweiserhebung erfordert nicht grundsätzlich deren Wiederholung, denn eine frühere Aussage kann im Falle zuverlässiger Protokollierung auch urkundenbeweislich verwertet werden (Zöller/Greger, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl., § 356, Rdn. 6 mit Hinweis auf BGHZ 53, 245, 257). Die Sitzungsniederschriften vom 24. März 1998 (Bl. 100 ff. d.A.) sowie vom 25. August 1998 (Bl. 126 ff. d.A.) lassen erkennen, dass die Aussagen der seinerzeit vernommenen Zeugen umfänglich und sehr detailliert protokolliert worden sind. Damit steht außer Zweifel, dass sie auch nach einem Wechsel des Einzelrichters weiterhin Grundlage für eine Beweiswürdigung ohne nochmalige Vernehmung der Zeugen sein konnten. c) Nur dann, wenn es im Rahmen der Beweiswürdigung entscheidend auf den persönlichen Eindruck des Richters von den vernommenen Zeugen - insbesondere wegen ihrer Glaubwürdigkeit - ankommt, darf lediglich das berücksichtigt werden, was auf der persönlichen Erinnerung aller an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten (BGH NJW-RR 1997, 506 mit Hinweis auf BGH NJW-RR 1992, 915). d) Die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil lässt indes nicht erkennen, dass die zuständige Einzelrichterin bei der Bewertung der Zeugenaussagen auf Umstände abgestellt hat, zu deren Feststellung es auf einen persönlichen Eindruck von den Zeugen ankam. Die Einzelrichterin hat sich auf die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Bekundungen der Zeugen W. - des mit der Unfallaufnahme befasst gewesenen Polizeibeamten - sowie des Zeugen W. beschränkt. Diese Bewertung konnte jedoch ohne weiteres im Wege des Urkundenbeweises auf der Grundlage der ausführlichen Beweisaufnahmeprotokolle durchgeführt werden. Irgendwelche Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der beiden genannten Zeugen oder hinsichtlich des Zeugen J., dessen Bekundungen das Landgericht ebenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung herangezogen hat, enthält das angefochtene Urteil nicht (Bl. 12/14 UA). 2. Nach dem Inhalt der Beweisanordnung des Landgerichts vom 2. Februar 1998 war eine Vernehmung der Zeugen in Abwesenheit des zum Sachverständigen bestellten Dipl.-Ing. A. vorgesehen. Zwar war dieser anlässlich der Beweisaufnahmetermine vom 24. März 1998 (Bl. 100 ff d.A.) sowie vom 25. August 1998 (Bl. 126 ff d.A.) anwesend. Zu der beabsichtigten Gutachtenerstattung durch diesen Sachverständigen ist es in der Folgezeit nicht mehr gekommen. Daraus lässt sich jedoch ebenfalls kein Verfahrensfehler im Sinne es § 539 ZPO ableiten. Denn das Landgericht hat in seinem Beschluss vom 1. Dezember 1999 mit einer gut vertretbaren Begründung dargelegt, aufgrund welcher Umstände es dem Sachverständigen A. den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über das Thema des Beweisbeschlusses vom 2. Februar 1998 entzogen und an seiner Stelle den Dipl.-Ing. N. zum Sachverständigen ernannt hat (Bl. 167/169 d.A.). Seit dem Termin der letzten Zeugenvernehmung am 25. August 1998 waren mehr als zwölf Monate vergangen, ohne dass das in Auftrag gegebene Gutachten zu den Akten gelangt war. Nicht zu beanstanden ist deshalb die durch das Landgericht vorgenommene Bewertung, ein längeres Zuwarten auf das Sachverständigengutachten sei den Parteien des Rechtsstreits nicht zumutbar gewesen. a) Aufgrund der im Beschlusswege angeordneten Auftragsentziehung war der Sachverständige A. von jeder weiteren gutachterlichen Tätigkeit ausgeschlossen. Unzutreffend ist deshalb der Einwand der Beklagten, es wäre notwendig gewesen, das durch den Sachverständigen A. doch noch am 1. März 2000 eingereichte schriftliche Gutachten den Parteien zugänglich zu machen und anzufragen, ob sich diese mit einer Verwertung einverstanden erklärten (Bl. 288 d.A.). Dabei kann dahinstehen, ob entsprechend dem Vermerk der Einzelrichterin vom 3. März 2000 das Erstellungsdatum des Gutachtens auf den 22. Oktober 1999 zurückdatiert worden ist, wofür einiges spricht (Bl. 186/188 d.A.). Entscheidend ist jedenfalls, dass der Sachverständige A. bis zum Zeitpunkt der Auftragsentziehung dem Gericht und den Parteien nicht seine gutachterliche Leistung zugänglich gemacht hatte und diese im Falle der Gutachteneinreichung nach dem 1. Dezember 1999 für den Rechtsstreit keine Berücksichtigung mehr finden konnte. b) Soweit die Beklagten geltend machen, der Sachverständige A. sei wegen der in seiner Anwesenheit durchgeführten Zeugenbefragung zu einem wesentlich genaueren und zu einem von den Feststellungen des Sachverständigen N. abweichenden Ergebnis gekommen (Bl. 288 d.A.), ist dieses Vorbringen rein spekulativ. Das Gutachten des Sachverständigen A. ist nicht Aktenbestandteil geworden, denn die Einzelrichterin des Landgerichts hat sich zu Recht ausweislich ihrer Verfügung vom 3. März 2000 veranlasst gesehen, es an ihn zusammen mit der beigefügten Rechnung unter Hinweis auf die bereits erfolgte Auftragsentziehung zurückzuschicken (Bl. 188, 188 Rs d.A.). 3. a) Die Beklagten dringen darüber hinaus nicht mit ihrem Einwand durch, das Landgericht habe es unterlassen, den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme vor Erlass des Entziehungsbeschlusses vom 1. Dezember 1999 einzuräumen (Bl. 287 d.A.). Das rechtliche Gehör hatte die Einzelrichterin in der gebotenen Weise den Parteien schon dadurch gewährt, dass sie ihren Beschluss vom 4. November 1999 mit der Anordnung einer zweiwöchigen Ausschlussfrist für die Gutachtenerstattung mit der Ankündigung verbunden hatte, dass im Falle eines nicht fristgerechten Eingangs des Gutachtens dem Sachverständigen der Gutachtenauftrag entzogen werde (Bl. 160 d.A.). Ausweislich der Begleitverfügung vom selben Tage ist den Parteien eine Ausfertigung dieses Beschlusses zugegangen, ohne dass sie diesbezüglich irgendwelche Einwendungen erhoben haben. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Kläger in ihrer Berufungserwiderung ist darüber hinaus auch der Entziehungsbeschluss vom 1. Dezember 1999 nicht auf den Widerspruch der Parteivertreter gestoßen, ebenso wenig wie die ersatzweise Beauftragung des Sachverständigen N.. Nach dessen mündlicher Gutachtenerstattung im Termin vom 9. Mai 2000 haben die Parteivertreter im Sinne des 295 ZPO rügelos verhandelt (Bl. 208 d.A.). b) Zwar hat der Sachverständige N. sein Gutachten mündlich erstattet, ohne zuvor bei der durch das Landgericht vorgenommenen Zeugenbefragung anwesend gewesen zu sein. Dem Landgericht ist jedoch kein Verfahrensfehler aufgrund des Umstandes anzulasten, dass es nach seiner freien Überzeugung (§ 286 Abs. 1 ZPO) nicht die Notwendigkeit gesehen hat, die Vernehmung der bereits vernommenen Zeugen gemäß § 398 ZPO zu wiederholen, um dem Sachverständigen N. die Gelegenheit zu einer persönlichen Befragung der Zeugen zu ermöglichen. Wie bereits ausgeführt, enthalten die Sitzungsniederschriften vom 24. März 1998 sowie vom 25. August 1998 eine hinreichend detaillierte Protollierung der Aussagen der vernommenen Zeugen. Der Akteninhalt lässt nicht erkennen, dass sich für den Sachverständigen N. im Zusammenhang mit dem Inhalt der Zeugenaussagen irgendwelche Unklarheiten oder die Notwendigkeit von Rückfragen ergeben haben. Er war vielmehr im Beweisaufnahmetermin vom 9. Mai 2000 in der Lage, auf der Grundlage des ihm zugänglich gemachten Akteninhaltes mündlich ein umfassendes Unfallrekonstruktionsgutachten zu erstatten (Bl. 195 ff. d.A.). Zu der durch ihn offengelassenen Tatsachenfrage, welche Verletzungen der Verstorbene konkret unfallbedingt erlitten hatte, konnten die bis dahin durch das Landgericht vernommenen Zeugen ohnehin keine Angaben machen. II. 1. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, dass der Beklagte zu 1. als Linksabbieger das Unfallereignis schuldhaft durch einen Verstoß gegen seine Verpflichtung aus § 9 Abs. 3 S. 1 StVO verursacht hat, wonach entgegenkommende Fahrzeuge Vorrang haben. a) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist die Feststellung zu treffen, dass der Beklagte zu 1. - nachdem er zunächst am Ende der Linksabbiegerspur angehalten hatte - wieder angefahren und dabei ca. einen halben Meter nach links in die durch den später Verstorbenen benutzte Gegenfahrspur hineingeraten ist. Erst zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte zu 1. - auch auf Zuruf des Beifahrers des Zeugen W. - den entgegenkommenden Pkw des später Verstorbenen wahrgenommen und daraufhin in einem Ausweichmanöver seinen Pkw nach rechts auf eine Sperrfläche zugesteuert, um sodann in einem Zug nach links in die L 366 einzubiegen (Bl. 13 UA). b) Zur Vermeidung einer Frontalkollision hat sich Herr Heinrich V. angesichts dieses fehlerhaften Abbiegevorganges offensichtlich veranlasst gesehen, nach rechts auszuweichen. Als dann sein Pkw Polo drohte, über den rechten Fahrbahnrand hinaus zu geraten, führte er eine zu heftige Steuerbewegung nach links aus mit der Folge, dass das Heck des Fahrzeuges ausbrach und sich in einem Schleudervorgang drehend zum linken Fahrbahnrand hinbewegte und die Fahrbahn verließ. Zum Schluss kam es dann zu einer Kollision des Wagens mit Bäumen, die im Böschungsbereich standen. 2. Im Zusammenhang mit diesen Feststellungen hat das Landgericht die in erster Instanz erhobenen Zeugenbeweise richtig gewürdigt, wobei insbesondere der Bekundung des Beifahrers des Beklagten zu 1., des Zeugen W., eine besondere Bedeutung zukommt. Der Zeuge hat mit einer Aussagekonstanz, die sich bis in das gegen den Beklagten zu 1. zu dem Aktenzeichen 72 Js 1266/94 StA Aachen gerichtete Strafverfahren zurückverfolgen lässt, zweifelsfrei bekundet, dieser sei bei dem Abbiegen ca. einen halben Meter in die Gegenfahrbahn geraten. Die Berufungsbegründung der Beklagten enthält keine Angriffe gegen die durch das Landgericht vorgenommene Würdigung der Zeugenbeweise. 3. Soweit die Beklagten mit ihrer Rechtsmittelbegründung die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen N. in Zweifel ziehen, bleiben diese Angriffe ohne Erfolg, soweit die durch das Landgericht übernommenen Darlegungen des Sachverständigen in Bezug auf das fehlerhafte Abbiegeverhalten des Beklagten zu 1. und den sich daran anschließenden gescheiterten Ausweichversuch des später Verstorbenen betroffen sind. a) Fehl geht zunächst der Einwand der Beklagen, der Sachverständige habe eine falsche Skizze von der Unfallörtlichkeit gefertigt, weil er "die schraffierte Fläche in und vor dem Kreuzungsbereich falsch und spiegelverkehrt eingezeichnet" habe (Bl. 289 d.A.). Wie ein Vergleich mit den durch den Sachverständigen gefertigten Lichtbildern von der Örtlichkeit (Bl. 219 d.A.) in Verbindung mit dem polizeilichen Fotomaterial (Bl. 22 Beiakte) ergibt, hat der Sachverständige in seine Unfallrekonstruktionszeichnung (Bl. 218 d.A.) die langgezogene schraffierte Fläche auf der L 226, die in der Fahrtrichtung des später Verstorbenen linksseitig gelegen ist, korrekt übernommen. Es handelt sich dabei um die bereits durch den Zeugen W. erwähnte Sperrfläche (Bl. 107 d.A.). In der Zeichnung des Sachverständigen fehlt lediglich die schraffierte Fläche auf der gegenüberliegenden Seite des Einmündungsbereiches der L 336, die am Beginn der durch den Beklagten zu 1. benutzten Linksabbiegerspur aufgetragen ist und welche auf den durch den Sachverständigen gefertigten Lichtbildern Nrn. 13 - 16 (Bl. 219 d.A.) zu erkennen ist. Diese relativ kleine Fläche hat für das Unfallgeschehen jedoch keine Bedeutung. Damit gibt die Auslassung in der Unfall-Rekonstruktionszeichnung des Sachverständigen dem Senat keinen Anlass, die Richtigkeit seiner gutachterlichen Ausführungen zu dem Geschehen auf der L 226 in Zweifel zu ziehen. b) Unerheblich ist darüber hinaus die Beanstandung der Beklagten, der Sachverständige habe unberücksichtigt gelassen, dass die durch Herrn Heinrich V. benutzte Richtungsfahrbahn nicht vollkommen geradlinig verlaufe, sondern im Bereich der linksseitigen langgezogenen schraffierten Fläche eine Verschwenkung nach rechts zu der L 366 hin aufweise (Bl. 289, 290 d.A.). Der Senat hat in diesem Zusammenhang insbesondere keinen Anlass, der durch die Beklagten aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob nicht bereits wegen der Verschwenkung "ein leichtes Lenkmanöver des Verstorbenen eingeleitet wurde, welches sodann im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schleudervorgang zu sehen ist" (Bl. 290 d.A.). Die durch den Sachverständigen gefertigten Lichtbilder Nrn. 6 - 9 lassen zweifelsfrei erkennen, dass der Versatz des Fahrbahnverlaufes nach rechts in Richtung auf die L 366 sehr langgezogen verläuft und insbesondere keine ausgeprägte Steuerbewegung nach rechts erfordert, um das Fahrzeug auf der Fahrbahn zu halten. Nach der eindeutigen Aussage des Zeugen W. steht außer Zweifel, dass der durch ihn geschilderte und wegen einer zu heftigen Durchführung schließlich gescheiterte Ausweichversuch des später Verstorbenen nach rechts allein im Zusammenhang damit stand, dass der Beklagte zu 1. beim Linksabbiegen in die Gegenspur des bevorrechtigten Geradeausverkehrs gekommen war. Der Zeuge hatte bereits in seiner schriftlichen Unfallschilderung vom 9. September 1994 für die Kreispolizeibehörde Jülich konkret dargelegt, man habe erst im Abbiegevorgang den Pkw des Verstorbenen bemerkt, der daraufhin auf der nassen Fahrbahn nach rechts ausgewichen sei (Bl. 17 Rs Beiakte). III. 1) a) Die Beklagten machen ohne Erfolg geltend, das Unfallereignis sei für Herrn H. V. kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG gewesen. b) Die allein den Fahrzeughalter betreffende Vorschrift des § 7 StVG ist bezogen auf den Verstorbenen und die Kläger als seine Rechtsnachfolger nicht anzuwenden. Unstreitig war Herr Heinrich V. lediglich als Fahrer des Pkw Polo - an dem Unfallgeschehen beteiligt. Halterin des Pkw war die Firma K Düsseldorf S. und L. aus Neuss. Damit ist die sich auf den Fahrzeugführer beziehende Vorschrift des § 18 StVG anzuwenden, wonach dessen Ersatzpflicht ausgeschlossen ist, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung ist im Falle einer Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge für die Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile die Bestimmung des § 17 StVG anzuwenden. Im Rahmen dieser Abwägung dürfen jedoch zu Lasten eines Beteiligten nur Umstände berücksichtigt werden, auf welche sich dieser selbst beruft, die unstreitig oder erwiesen sind. Die bloße Verschuldensvermutung des § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG zu Lasten eines Fahrzeugführers muss bei der Abwägung deshalb außer Ansatz bleiben. 2) Ein Verschulden des Herrn Heinrich Vogt an der Entstehung des tödlichen Unfallereignisses lässt sich jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - soweit sein Annäherungsverhalten an die spätere Unfallstelle betroffen ist - nicht feststellen. Vielmehr ist erwiesen, dass den Beklagten zu 1. das Alleinverschulden an der Entstehung des Schadensereignisses aufgrund eines fahrlässig fehlerhaften Abbiegeverhaltens trifft. a) Nach den Ausführungen des Sachverständigen N., deren Richtigkeit die Beklagten insoweit nicht in Zweifel ziehen, hatte der Pkw Polo eine Annäherungsgeschwindigkeit in der Größenordnung von 80 km/h. Unstreitig war im Bereich der Unfallstelle keine Höchstgeschwindigkeit durch ein Verkehrszeichen vorgeschrieben, so dass nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 Ziff. 2 c StVO der später Verstorbene nicht schneller als 100 km/h fahren durfte. Im Hinblick darauf kann die durch ihn eingehaltene Ausgangsgeschwindigkeit von ca. 80 km/h nicht als übersetzt angesehen werden. aa) Einerseits ist nicht außer Acht zu lassen, dass wegen der zum Unfallzeitpunkt herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnisse eine erhöhte Gefährdung gegeben war: Nach der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige regnete es, und der Straßenzustand ist als "nass/feucht" beschrieben. Bezogen auf die Lichtverhältnisse herrschte "Dämmerung". bb) Andererseits war Herr Heinrich Vogt um etwa 20 km/h unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geblieben. Darüber hinaus ist nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung davon auszugehen, dass es bei der Annäherung des Herrn Heinrich V. an die Einmündung der L 366 in die L 266 zunächst keine Auffälligkeiten gab. Der Beklagte zu 1. fuhr erst in einer Phase ca. einen halben Meter in die Gegenfahrbahn hinein, als Herr H. V. schon so nahe herangekommen war, dass dieser sich zu einem Ausweichmanöver veranlasst sah. Bis dahin durfte er darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 1. innerhalb der Linksabbiegerspur verbleiben und das Vorrecht des Gegenverkehrs beachten würde. Deshalb hatte der später Verstorbene auch keine Veranlassung, im Zuge der Annäherung an die Einmündung auf der geraden Streckenführung, die abgesehen von dem Dämmerlicht keine Sichthindernisse aufwies, seine Fahrtgeschwindigkeit vorsorglich auf einen Wert von weniger als 80 km/h zu reduzieren. b) Ebenso wenig trifft Herrn Heinrich V. ein Verschuldensvorwurf aufgrund der Tatsache, dass er im Zuge des Ausweichmanövers nach links von der Straße abgekommen und in den linksseitigen Straßengraben geraten ist. aa) Nach den plausiblen Darlegungen des Sachverständigen N. hat Herr H. V. bei dem Versuch, nach rechts vor dem zum Linksabbiegen anfahrenden Pkw Opel auszuweichen, möglicherweise etwas überreagiert mit der Folge, dass sein Pkw Polo nach rechts von der Straße abzukommen drohte. Hätte er aber sein Fahrzeug in der Bewegungsrichtung nach rechts gelassen, so wären nach der weiteren Darstellung des Sachverständigen N. die Folgen weit weniger schlimm gewesen als diejenigen, die letztlich dadurch entstanden sind, dass er eine Linkslenkung versucht hat, um das Fahrzeug auf der Fahrbahn zu halten. bb) Andererseits entsprach es nach der Einschätzung des Sachverständigen der instinktiven Reaktion eines Autofahrers, dass er versucht, auf alle Fälle sein Fahrzeug noch auf der Fahrbahn zu halten. In jeder Hinsicht nachvollziehbar hat der Sachverständige in diesem Zusammenhang ausgeführt, in der Vorstellung eines Autofahrers sei es das Schlimmste, nach rechts oder links von der Fahrbahn abzukommen. Aufgrund des Umstandes, dass Herr H. V. in dem Bemühen, auf seiner Fahrbahn zu verbleiben, die Linkslenkung eingeleitet hat, ist es dann zu einem Schleudervorgang gekommen. In dessen Verlauf geriet der Pkw Polo in eine Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn und ist schließlich in fataler Weise gegen die Bäume am linksseitigen Grabenrand geprallt. Plausibel ist zudem die Darlegung des Sachverständigen N., es gelinge nur sehr wenigen routinierten Autofahrern, ein ins Schleudern geratenes Fahrzeug noch unter Kontrolle zu halten. cc) Zwar hat Herr H. V. anlässlich seiner zu heftig eingeleiteten Ausweichbewegung nach links objektiv falsch reagiert. Jedoch ist ein Kraftfahrer, der während der Fahrt bei einer nicht unerheblichen Ausgangsgeschwindigkeit von einer plötzlichen Gefahrenlage überrascht wird, gewöhnlich nicht zu einer ruhigen Überlegung imstande, was geschehen ist und wie er nun zu reagieren hat. Einem Kraftfahrer, der praktisch keine Schulung in der Bewältigung solcher Situationen hat, kann dann nicht mehr vorgeworfen werden, schuldhaft falsch reagiert zu haben. Es liegt dann nicht anders als in sonstigen Fällen, in welchen ein Kraftfahrer von einer gefährlichen Verkehrslage überrascht wird, die zum Schrecken und zur Bestürzung oder gar Panik führen kann (BGH DAR 1976, 184, 185). Auch verkehrserfahrene und sorgfältige Kraftfahrer können, ohne dass ihnen das als Verschulden angelastet werden darf, in derartigen Situationen instinktiv etwas Falsches tun, um der Gefahr zu begegnen. Das Ausweichen eines Fahrers in die falsche Richtung ist eine typische instinktive Reaktion auf das zunächst nicht deutbare Geschehen aus einer psychischen Lage heraus, die er nicht verschuldet hat (BGH a.a.O.). 3) Entgegen der seitens der Beklagten vertretenen Rechtsansicht kann auf den gemäß § 7 StVG begründeten Ersatzanspruch der Erben des Herrn H. V. bei einer Abwägung aller unfallursächlichen Umstände gemäß §§ 17, 18 StVG auch nicht die Betriebsgefahr anspruchsmindernd angerechnet werden, die von dem durch ihn gesteuerten Pkw Polo ausging. a) Zwar muss ein Fahrzeugführer, der selbst bei einem Unfall verletzt worden ist und einen anderen Verkehrsteilnehmer, gleich auf welcher Rechtsgrundlage, auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, grundsätzlich die Betriebsgefahr des durch ihn gesteuerten Fahrzeuges gegen sich gelten lassen. Etwas anderes geht allerdings dann, wenn ihm der Entlastungsnachweis gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 StVG gelingt (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 3. Auflage, § 18 StVG, Rdnr. 28, 29; BGH DAR 1953, 156). b) Im vorliegenden Fall ist dieser Entlastungsnachweis zugunsten des Herrn H. V. als geführt anzusehen. Wie bereits dargelegt, kann ihm anlässlich der Annäherung an die Straßeneinmündung, wo der Beklagte zu 1. gegen seine Sorgfaltspflicht als Linksabbieger aus § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO verstieß, kein Verschulden wegen eines überhöhten Ausgangstempos angelastet werden. Ebenso wenig ist ein Fahrlässigkeitsvorwurf im Zusammenhang mit dem durch den Beklagten zu 1. verschuldeten Geschehen gerechtfertigt, welches dazu führte, dass der durch den später verstorbenen gesteuerte Pkw in eine Schleuderbewegung geriet und schließlich nach links von der Straße abkam. IV. Darüber hinaus brauchen sich die Kläger nicht anspruchsmindernd einen Verstoß gegen die Gurtanlegepflicht des § 21 a Abs. 1 Satz 1 StVO anspruchsmindernd anrechnen zu lassen. Zwar ist entsprechend den Ausführungen im angefochtenen Urteil erwiesen, dass Herr H. V. zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens vorschriftswidrig nicht angeschnallt war. Allein diese Tatsache rechtfertigt aber noch keine Kürzung der klagegegenständlichen Schadensersatzansprüche wegen eines mitwirkenden Verschuldens über §§ 9 StVG, 254 Abs. 1 BGB. Denn bei dem auf den Verstoß gegen § 21 a StVO gestützten Mitverschuldenseinwand muss der für den Unfall Verantwortliche nicht nur beweisen, dass der Verletzte nicht angeschnallt war, sondern er hat auch zu beweisen, dass dieses Versäumnis die Verletzungen - ganz oder doch zum Teil - verursacht hat (BGH NJW 1980, 2125, 2126 linke Spalte mit Hinweis auf BGHZ 74, 25, 33 = NJW 1979, 1363). Insoweit verbleibende Zweifel gehen - wie immer beim Einwand des Mitverschuldens - auch hier zu Lasten des Haftpflichtigen (BGH a.a.O., Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 21 a StVO, Rdnr. 9 a mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Zu dem Beweisthema, ob Herr H. V. anlässlich der Kollision des durch ihn gesteuerten Pkw Polo mit den an der Unfallstelle im linksseitigen Böschungsbereich gewachsenen Straßenbäumen auch dann tödliche Verletzungen erlitten hätte, wenn er ordnungsgemäß seinen Sicherheitsgurt angelegt gehabt hätte, sind auf Anforderung des Senats mehrere interdisziplinäre Sachverständigengutachten zu den Akten gelangt, zuletzt das Obergutachten der Sachverständigen Dr. L. und Dr. R. vom 26. Oktober 2005. Wegen der Komplexität des Unfallgeschehens verbleiben nach den Ausführungen der Sachverständigen so viele Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, im Falle eines ordnungsgemäß angelegten Sicherheitsgurtes wären die tödlichen Verletzungen des Herrn H. V. vermieden worden, dass der Nachweis nicht als geführt angesehen werden kann.

Die Kläger behaupten in ihrer Berufungserwiderung, auch bei angelegtem Gurt hätte Herr H. V. das Unfallgeschehen nicht überlebt. Sie machen also geltend, dieselben tödlichen Verletzungen wären auch dann eingetreten, wenn der später Verstorbene seiner Gurtanlegepflicht Genüge getan hätte. Sie bestreiten im Ergebnis die Kausalität zwischen dem Verstoß gegen die Anschnallpflicht und der eingetretenen Verletzung (vgl. Greger, a.a.O., § 9 StVG, Rdnr. 61). Diesen Ursachenzusammenhang hat aber der Schädiger zu beweisen (Greger a.a.O.; Senat DAR 1985, 59). Da dieser Kausalitätsnachweis wegen der bezeichneten Zweifel nicht geführt ist, verbleibt es im Ergebnis bei der vollen Haftung der Beklagten dem Grunde nach für die Schadensfolgen des Unfallereignisses gemäß §§ 7, 17, 18 StVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 PflVersG.

Etwas anderes gälte nur für den Fall, dass der Kläger behauptet, er hätte mit angelegtem Gurt nicht dieselben, aber doch mindestens ebenso schwerwiegende andere Verletzungen erlitten. Dieser Einwand stellt kein Bestreiten des Ursachenzusammenhanges dar, sondern eine Replik auf den Mitverschuldenseinwand des Schädigers, für welche der Geschädigte beweispflichtig ist (Senat a.a.O. mit Hinweis auf BGH NJW 1980, 2125, 2126 sowie Weber DAR 1981, 161, 165). Eine solche Replik ist im vorliegenden Fall indes nicht verfahrensgegenständlich.

A.

1.) a) Allerdings streitet entgegen der durch die Beklagten vertretenen Auffassung zu ihren Gunsten kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt der Kollisionsgeschehen nicht angeschnallt war. Zwar kann bei bestimmten typischen Gruppen von Unfallverletzungen ein Anscheinsbeweis dafür bejaht werden, dass ein verletzter Pkw-Insasse den Sicherheitsgurt nicht benutzt hat (BGH NJW 1991, 230).

b) Indes kommt für denjenigen, der einen Kraftfahrzeugunfall verursacht hat, nur dann ein Anscheinsbeweis zugute, wenn sich aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze der Schluss aufdrängt, dass die erlittenen Verletzungen bei der Art und Weise des Zusammenstoßes nur darauf zurückgeführt werden können, dass der Pkw-Insasse nicht angeschnallt war (BGH NJW 1991, 230, 231). Diese Grundsätze greifen hier nicht zugunsten der Beklagten ein, denn die durch den Verstorbenen anlässlich des Unfallgeschehens erlittenen Verletzungen sind unbekannt. Nach den Darlegungen des medizinischen Sachverständigen Dr. R. im interdisziplinären Gutachten vom 26. Oktober 2005 wäre eine Exhumierung der Leiche des Herrn H. V. nur noch zur Feststellung von knöchernen Verletzungen geeignet; die für die Rekonstruktion des gesamten Verletzungsbildes bedeutsamen Haut- und Weichteilbeeinträchtigungen sind im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar (Bl. 550 d.A.).

2.) a) Für die Feststellung, dass der später Verstorbene die vorschriftsgemäße Anlegung des Sicherheitsgurtes unterlassen hat, ist der Vermerk des aufnehmenden Polizeibeamten, des Zeugen W., in der Verkehrsunfallanzeige vom 9. September 1994 von entscheidender Bedeutung (Bl. 4 Beiakte). Danach war "02 offensichtlich nicht angeschnallt" und es wurde "bei der Fahrzeugüberprüfung der Fahrergurt eingezogen und durch das Seitenblech eingeklemmt" vorgefunden. Aufgrund dieser Beobachtung ist der Zeuge zu der Feststellung gelangt, es könne "mit Sicherheit gesagt werden, dass der 02 nicht angeschnallt war" (Bl. 4 Beiakte). Diese Sachverhaltsangaben hat der Zeuge W. bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht im Termin am 25. August 1998 bestätigt (Bl. 129, 130 d.A.). Auch der Zeuge W. hat bei seiner Befragung im Termin am 24. März 1998 bekundet, man habe keinen Sicherheitsgurt lösen müssen, um den später Verstorbenen aus dem Auto zu befreien und der Gurt habe sich auch nicht an seinem Körper befunden (Bl. 108 unten d.A.). Der Zeuge W. hat bereits bei seiner schriftlichen Unfallschilderung vom 9. September 1994 für die Kreispolizeibehörde Jülich konkretisierend angegeben, der Verstorbene sei mit 3/4 seines Körpers durch die Windschutzscheibe geraten (Bl. 17 R. Beiakte).

b) Richtig ist die Schlussfolgerung des Zeugen W., dass die Tatsache des Herausschleuderns des Körpers des später Verstorbenen aus dem Fahrzeug in Verbindung mit dem Einklemmen des Sicherheitsgurtes wegen eines Blechteils zwingende Indizien für die Annahme sind, dass der Verletzte schon bei dem Anstoß gegen die Straßenbäume nicht angeschnallt war. Dem entspricht die Darlegung des medizinischen Sachverständigen Dr. R. im interdisziplinären Gutachten vom 26. Oktober 2005, die um ca. 3/4 aus dem Innenraum durch die Windschutzscheibe nach außen verlagerte Endposition zwischen dem Erdreich und dem eingedrückten Fahrzeugdach sein ein deutliches Hinweiszeichen dafür, dass der Fahrer nicht angegurtet gewesen sei (Bl. 556 d.A.).

B.

Die Möglichkeit einer zuverlässigen Beantwortung der Tatsachenfrage, ob Herr H. V. im Falle der ordnungsgemäßen Anlegung des Sicherheitsgurtes das Unfallgeschehen überlebt hätte, ist hier von vornherein aufgrund des Umstandes nicht gegeben, dass die durch ihn unfallbedingt erlittenen Verletzungen nicht bekannt sind. Nach den einleitenden Ausführungen im medizinischen Obergutachten des Sachverständigen R. setzen medizinische Aussagen zur Unfallrekonstruktion und zur Gurteffizienz u. a. konkrete Kenntnis der Lage, der Art und Schwere der Einzelverletzungen sowie eine Dokumentation des Gesamtverletzungsstatus' eines Unfallopfers voraus. Zu diesem Zweck ist eine äußere und innere Leichenuntersuchung unverzichtbar (Bl. 550 d.A.). Derartige Erkenntnisgrundlagen sind im vorliegenden Fall aber nicht vorhanden. Es steht noch nicht einmal mehr ein Notarztprotokoll zur Verfügung. Zu den Beiakten ist lediglich eine amtliche Todesbescheinigung gelangt (Bl. 9 Beiakte). Deshalb lässt sich nur eine hypothetische Abschätzung der möglichen Verletzungsschwere mit und ohne Gurt auf der Grundlage von statistischen Unfallmaterialien vornehmen. Darauf weisen die seitens der Beklagten beauftragten Privatgutachter Dipl.-Ing. B. sowie Dr. H. in ihrem Ergänzungsgutachten vom 24. April 2003 zu Recht hin (Bl. 471 d.A.). Dabei lässt sich die Validität der Aussagen zur Effektivität eines Gurtschutzes nur mit einem unterschiedlichen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad angeben, der - von im vorliegenden Fall offenen - Parametern, wie etwa der Art der einwirkenden Kräfte, der Größe der wirksamen Kontaktfläche, statische oder dynamische Krafteinwirkungen, Knochendicke und Knochenhartsubstanz, abhängen. Diese Zusammenhänge macht der medizinische Sachverständige Dr. R. in seinem Obergutachten vom 26. Oktober 2005 in zutreffender Weise deutlich (Bl. 552, 553 d.A.).

Nach der Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils soll Herr H. V. nach 20 Minuten noch an der Unfallstelle verstorben sein, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben (Bl. 5 UA; Bl. 248 d.A.). Die sachliche Richtigkeit dieser Feststellung ist äußerst zweifelhaft und erscheint eher unwahrscheinlich. Zwar trifft es zu, dass in der Todesbescheinigung das auf den 9. September 1994 fallende Sterbedatum mit der Uhrzeit 6.45 Uhr angegeben ist (Bl. 9 Beiakte), nachdem sich zuvor laut Verkehrsunfallanzeige der Unfall um 6.28 Uhr ereignet hatte (Bl. 1 Beiakte). Bei Verwertung des übrigen Inhaltes der Beiakte und mit Rücksicht auf das Ergebnis der durch den Senat eingeholten interdisziplinären Gutachten spricht aber eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass Herr H. V. in seinem Pkw Polo schon die Mehrfachkollisionen mit den drei Straßenbäumen am Grabenrand in Verbindung mit dem anschließenden Überschlag des Fahrzeuges, welches schließlich auf dem Dach mit dem teilweise darunter bis auf die Motorhaube hinausgeschleuderten Fahrer zu liegen kam, nicht überlebt hat. Darüber hinaus bestejem nach dem Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme vor dem Senat gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme, dass der später Verstorbene im Zuge der Kollisions- und Überschlagsphasen auch dann sogleich tödliche Verletzungen erlitten hätte, wenn er ordnungsgemäß angeschnallt gewesen wäre.

1) a) Der Zeuge Haaken war Augenzeuge der Rettungsversuche nach dem Unfallgeschehen. Er hat in seiner umfassenden schriftlichen Darstellung vom 15. September 1994 für die Kreispolizeibehörde Jülich ausführlich dargestellt, dass neben dem Beklagten zu 1. sowie dem Zeugen W sich ein namentlich nicht bekannter "Rettungssanitäter" um den Verunglückten gekümmert haben (Bl. 20 - 22 Beiakte).

b)

Nach Darstellung des Zeugen H. hat man nach der Bergung des Unfallopfers dieses auf die Straße verbracht. Bereits zu diesem Zeitpunkt atmete Herr H. V. schon nicht mehr, so dass man sich zur Einleitung von Wiederbelebungsmaßnahmen, einschließlich Herzmassage, veranlasst sah. Nachdem diese nach etwa 8-minütiger Dauer erfolglos blieben, traf dann nach der weiteren schriftlichen Darstellung des Zeugen H. der Notarztwagen am Unfallort ein, dessen Besatzung den Verletzten übernahm. Sie konnte aber nur noch den - wie der Zeuge abschließend darlegt - den Tod des Unfallopfers feststellen und gaben deshalb alle Reanimationsmaßnahmen auf. Dies deckt sich mit der Darstellung in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige, wonach der Notarzt, Dr. V., nach kurzen Reanimationsversuchen nur noch den Tod des Unfallbeteiligten 02 habe feststellen können (Blatt 2 BA). Im Hinblick auf diesen Sachverhalt kann die Angabe der Uhrzeit in der Rubrik "Sterbedatum" der amtlichen Todesbescheinigung nicht in dem Sinne verstanden werden, dass zu der dort eingetragenen Zeit 6.45 Uhr tatsächlich der Tod eingetreten ist. In Abweichung von der Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Notarzt zu der Uhrzeit das Versterben des Unfallopfers abschließend festgestellt hat. Dies schließt nach Lage der Dinge nicht aus, dass der Zeitpunkt des Ablebens schon deutlich früher eingetreten ist, nämlich anlässlich des Unfallgeschehens selbst. Dafür spricht, dass nach der Darstellung des Zeugen H. sich schon der "Rettungssanitäter" sofort nach der Bergung des Unfallopfers zu Wiederbelebungsmaßnahmen veranlasst sah, weil dieses nicht mehr atmete.

c) Nach der überzeugenden Darlegung des medizinischen Sachverständigen Dr. R. im Obergutachten vom 26. Oktober 2005 sind im Hinblick auf die erfolglos gebliebenen kardeopulmunalen Reanimationsmaßnahmen langsam zum Tode führende Verletzungen praktisch auszuschließen. Demgegenüber stellen Hirn- und Halsmarkverletzungen sowie Herzkontusionen sowie Thoraxkompressionen die plausibelsten Todesursachen dar, wobei der mehrphasige Unfallverlauf auch die Möglichkeit eines tödlichen Polytraumas eröffnet (Bl. 553 d.A.).

2) Bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob entsprechend der Behauptung der Beklagten die durch Herrn Heinrich V. im Zuge des Kollisionsablaufes erlittenen tödlichen Verletzungen hätten vermieden werden können, wenn er ordnungsgemäß angeschnallt gewesen wäre. Für eine derartige Feststellung spricht entgegen der seitens der Beklagten geäußerten Rechtsansicht kein Anscheinsbeweis.

a) Ein solcher Beweis kommt namentlich bei Verletzungen des Kopfes und der oberen und unteren Extremitäten in Betracht, lässt sich in der Regel jedoch nur bei Frontalzusammenstößen oder Unfällen, bei denen der Fahrer und andere Insassen hinausgeschleudert wurde, führen und setzt weiter voraus, dass keine wesentlichen seitlichen Deformationen des vom Verletzten benutzten Teils der Fahrgastzelle gegeben sind. Der Beweis des ersten Anscheins spricht dann nicht für die Ursächlichkeit der unterlassenen Gurtanlegung für die eingetretenen Verletzungen, wenn ein so starker seitlicher Aufprall des Fahrzeugs erfolgt ist, dass der vom Verletzten benutzte Teil der Fahrgastzelle erheblich deformiert wurde (OLG Hamm VRS 76, 112, 114; Jagusch/Hentschel, § 21 a StVO, Rdn. 9 a). Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben. Bereits die Unfall-Rekonstruktionszeichnung des Sachverständigen N. in Verbindung mit der Detaildarstellung (Bl. 217, 218 d. A.) machen hinreichend deutlich, dass der durch den später Verstorbenen geführte Pkw in der Phase 1 einen derartigen Stoß gegen die Fahrgastzelle erhielt, dass diese die erheblichen Verformungen davontrug, die auf den Lichtbildern im DEKRA-Gutachten auf der Fahrerseite zu erkennen sind (Bl. 140 a, 140 b d.A.). Die Richtigkeit dieser Ausführungen wird durch keines der danach zu den Akten gelangten Sachverständigengutachten in Zweifel gezogen.

b) Überdies ist folgendes zu berücksichtigen:

aa) Entsprechend den Darlegungen des technischen Sachverständigen Dr. L. im Obergutachten vom 26. Oktober 2005 spricht einerseits auf den ersten Anschein eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Herr H. V. seine tödlichen Verletzungen in der dritten Phase erlitt, als er nämlich ohne den Gurtschutz im Zuge des Überschlags zumindest teilweise durch die Windschutzscheibe aus seinem Fahrzeug geschleudert und dabei - folgt man dem Inhalt der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige - zwischen seinem Fahrzeug und dem Erdreich eingequetscht wurde (Bl. 547 d. A.). Es besteht Übereinstimmung zwischen allen Sachverständigen, dass das Hinausschleudern des Fahrers aus dem Innenraum des Pkw Polo vermieden worden wäre, wenn er angeschnallt gewesen wäre.

bb) Gegen die Annahme einer Sachverhaltstypizität derart, dass die Teilejektion des Körpers aus dem Innenraum zwangsläufig den Tod des Herrn H. V. durch ein "Einquetschen", etwa infolge einer Thoraxkompression, zur Folge gehabt hätte, spricht jedoch folgende anschauliche Darlegung des Sachverständigen Dr. L. im Obergutachten vom 26. Oktober 2005: Da der Pkw Polo mit der Motorhaubenvorderkante und der Dachvorderkante umgekippt auf dem Erdreich auflag, konnte für den nur teilweise durch die Windschutzscheibenöffnung aus dem Fahrzeug geschleuderten Herrn H. V. ein "geschützter" Bereich zwischen Motorhaubenvorderkante und Dachvorderkante sowie dem Erdreich ohne großflächigen Bodenaufstand entstehen. Zumindest dann, wenn sich der Fahrer mit Kopf und Oberkörper in diesem Bereich befand, bestand für ihn in dieser Schlussphase nicht die Gefahr, erdrückt zu werden (Bl. 548 d.A.). Die Möglichkeit der Entstehung eines geschützten Bereiches unter dem Vorderwagen nach dem Fahrzeugüberschlag hatte bereits der Sachverständige N. anlässlich seiner mündlichen Gutachtenerstattung im erstinstanzlichen Beweisaufnahmetermin vom 9. Mai 2000 aufgezeigt (Bl. 206 d.A.). Selbst wenn also Herr H. V. vor dem Eintritt der Schlussphase des Kollisionsgeschehens noch nicht zu Tode gekommen sein sollte, könnte jedenfalls nicht sicher die Feststellung eines Ablebens nach einer Teilejektion seines Körpers aus dem Fahrgastinnenraum infolge einer Kompressionswirkung getroffen werden, welches durch den Schutz eines Sicherheitsgurtes hätte vermieden werden können.

3) Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass nach den durch den Senat eingeholten interdisziplinären Gutachten - zunächst des technischen Sachverständigen Dipl.-Ing. B. sowie des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. Du C. in deren Gutachten vom 17. April 2002 sowie vom 10. Dezember 2002 sowie des technischen Sachverständigen Dr. L. sowie des medizinischen Sachverständigen Dr. R. in deren Obergutachten vom 26. Oktober 2005 - die konkrete Möglichkeit in Betracht kommt, dass der Tod des Herrn H. V. bereits in den vorangegangenen Phasen der Kollision des Fahrzeugs mit den Straßenbäumen eingetreten ist und dass ein solches frühzeitiges Ableben auch nicht durch den Schutz eines angelegten Sicherheitsgurtes hätte vermieden werden können. Die entgegenstehenden Ausführungen in den sachverständigen Stellungnahmen der seitens der Beklagten beauftragten Privatgutachter Dipl.-Ing. B. sowie Dr. H. geben keinen Anlass, die Richtigkeit der seitens der gerichtlich bestellten Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen in Zweifel zu ziehen.

a) Bereits in der ersten Phase des Kollisionsgeschehens, als der Pkw Polo am Ende einer Schleuderbewegung gegen den Uhrzeigersinn mit der hinteren linken Ecke gegen einen Straßenbaum geriet, bestand unabhängig von einer Gurtanlegung eine nicht zu vernachlässigende Wahrscheinlichkeit des Eintrittes tödlicher Kopf- und/oder Halsmarkverletzungen.

aa) Wie der technische Dr. L. im interdisziplinären Obergutachten vom 26. Oktober 2005 klargestellt hat, bestehen zwischen den Gutachten B./D. C. einerseits sowie den Gutachten B./H. andererseits keine Unterschiede in der Erfassung der Geschwindigkeitsveränderung, die das durch Herrn H. V. gesteuerte Fahrzeug bei dem Anstoß gegen den ersten Baum erfahren hat: Diese liegt in der Größenordnung von 30 bis 35 km/h, was einer Verzögerung von 75,7 bis 88,2 m/sec² entspricht. Damit wirkte auf den Körper des Fahrers eine Kraft ein, die das sieben- bis achtfache der Erdbeschleunigung ausmachte (Bl. 534 d. A.). Wie bereits der Sachverständige N. in seiner Zeichnung mit der Wiedergabe der Anstoßkonfiguration verdeutlicht hat (Bl. 217 d. A.), war die hintere linke Fahrzeugecke von dem Erstanstoß betroffen, so dass die Krafteinwirkungsrichtungen sowohl das Heck als auch die Fahrerseite betrafen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Darlegung des technischen Sachverständigen Dr. L. im interdisziplinären Obergutachten vom 26. Oktober 2005, dass die Schutzwirkung eines ordnungsgemäß angelegten Sicherheitsgurtes bei einem reinen Heckaufprall "praktisch 0" ist und dass bei einem reinen seitlichen Anstoß, bei welchem die gurtgeschützte Person auf der stoßzugewandten Seite sitzt, "zumindest gegen 0 geht/ebenfalls nahe bei 0 liegt" (Bl. 545 d. A.).

bb) Die zunächst bestellten gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. B. und Prof. Dr. D. C. hatten bereits in ihrem interdisziplinären Gutachten vom 17. April 2002 im einzelnen ausgeführt, Herr H. V. sei bei der Erstkollision schräg nach hinten links in den Fahrersitz gepresst worden mit der Folge einer Schleuderbewegung des Kopfes gegen die B-Säule des Fahrzeuges. Durch dieses Kopfanprall sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schädelbruch, begleitet von einem unter Umständen tödlichen Schädel-Hirn-Trauma, eingetreten.

cc) Diese Darlegung hat nach den Ausführungen in dem interdisziplinären Obergutachten der Sachverständigen Dr. L. und Dr. R. vom 26. Oktober 2005 eine Bestätigung gefunden. Danach ist aus technischer Sicht mit reeller Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen, dass der Verstorbene bereits beim Aufprall gegen den ersten Baum auch bei ordnungsgemäß angelegtem Sicherheitsgurt tödliche Kopfverletzungen erlitten hätte. Zu dieser Feststellung ist der Sachverständige Dr. L. aufgrund der Auswertung von rekonstruierten Unfällen mit ähnlicher Kollisionsschwere gelangt (Bl. 546 d. A.). Konkret hat der medizinische Sachverständige Dr. R. die Wahrscheinlichkeit todesursächlicher Kopf- und/oder Halsmarkverletzungen beim ersten Baumaufprall trotz angelegten Sicherheitsgurtes mit ca. 20 bis 30 % angegeben (Bl. 555 d. A.). Zudem war nach seinen weiteren Darlegungen die Möglichkeit gegeben, dass es schon bei dem Erstaufprall zumindest zu dem Eintritt einer Bewusstlosigkeit mit totalem Tonusverlust an der Stütz- und Haltemuskulatur des Körpers gekommen ist (Bl. 557 d. A.). Sollte auf diese Weise eine Schutzabwehrspannung des Körpers verloren gegangen sein, wäre dieser Umstand jedenfalls von Bedeutung für dessen Verletzungsanfälligkeit anlässlich der Folgekollisionen mit den beiden anderen Straßenbäumen gewesen.

b) Die davon abweichende Darlegung in dem interdisziplinären Privatgutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. B und Dr. H. vom 11. September 2002, in der ersten Phase des Kollisionsgeschehens wären für den Fahrer bei einem korrekten Angurten andernfalls mäßige Verletzungen zu erwarten gewesen (Bl. 19 des Gutachtens), vermag nicht zu überzeugen. Der tragende Gesichtspunkt für diese Schlussfolgerung ist die Überlegung, dass ein seitliches Schleudern des Kopfes gegen die linke B-Säule durch die Kopfstütze des Fahrersitzes vermieden worden wäre (Bl. 7, 11, 12 des Gutachtens in Verbindung mit den Anhangbildern 7/14).

aa) Bereits der technische Sachverständige B. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Dezember 2002 anhand von Lichtbildmaterial überzeugend dargelegt, dass bei einer heckseitigen Belastung mit einer deutlich geringeren Geschwindigkeitsveränderung als im vorliegenden Fall (11 km/h) eine massive Auslenkung der Fahrerlehne nach hinten eintritt. Dabei werden Oberkörper und Lehne soweit zurückverlagert, dass der Schrägschultergurt keinen Kontakt mehr mit dem Oberkörper hat und somit eine Querbewegung dieses Körperteils nicht mehr verhindern kann (Bl. 419 d.A.). Das Zurückweichen von Oberkörper und Lehne ist in einer durch den Sachverständigen überreichten Sequenz von Lichtbildern anschaulich wiedergegeben, welche ein heckangestoßenes Versuchsfahrzeug mit einer Probandin zeigt (Bl. 421/422 d.A.).

bb) In Anbetracht der Geschwindigkeitsveränderung von 30 bis 35 km/h, die auf den Körper des Herrn H. V. eingewirkt hat, halten es die Sachverständigen Dr. L. und Dr. R. sogar für möglich, dass die Fahrersitzlehne kollisionsbedingt soweit nach hinten gedrückt wurde, dass der Kopf des Fahrers Kontakt mit dem angestoßenen Straßenbaum hatte (Bl. 554, 545, 555 d. A.). Zumindest aber ist nach der Darstellung der Sachverständigen der später Verstorbene durch sein hohes Eigengewicht auf der nach hinten gedrückten Lehne wie auf einer Rampe mit dem Kopf voran gegen den linken B-Holm oder das linke Seitenteil geraten mit der Konsequenz eines massiven Kopfanpralls (Bl. 545, 554 d. A.).

cc) Nicht überzeugend ist die Prämisse in dem Privatgutachten B./H. vom 24. April 2003, der Pkw Polo habe bei dem Kollisionsgeschehen keinen von hinten gerichteten Stoß erhalten. Das Gegenteil ergibt sich bereits aus der mündlichen Gutachtenerstattung durch den Sachverständigen N. im erstinstanzlichen Beweisaufnahmetermin am 9. Mai 2000 in Verbindung mit der durch ihn überreichten zeichnerischen Darstellung der Anstoßkonfigurationen. Er hatte seinerzeit als erster Sachverständige die Vermutung geäußert, dass der Kopf des Fahrers in Richtung der linken B-Säule geschleudert worden ist und dass es dabei schon an der linken hinteren Kopfseite zu lebensbedrohlichen Verletzungen gekommen sein könnte (Bl. 205 d. A.). Darüber hinaus ist die hauptsächliche, von hinten wirkende Belastungskomponente in Längsrichtung anlässlich des Erstanstoßes im technischen Teil des interdisziplinären Gutachtens B./D. C. vom 17. April 2002 nachvollziehbar dargelegt (Bl. 354, 355 d. A.). Entgegen der in dem Privatgutachten B./H. geäußerten Kritik an den Berechnungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. D. C. (Bl. 20 des Gutachtens) ist die bei dem Erstanstoß erfolgte Geschwindigkeitsänderung von 30 bis 35 km/h auch für die Intensität zu berücksichtigen, mit welcher der Kopf des Fahrers seitlich angeschlagen ist, ohne dass dies durch einen Gut hätte verhindert werden können (Bl. 545 d.A.).

In Abweichung von den Berechnungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. D. C. ist der technische Obergutachter Dr. L. in dem interdisziplinären Gutachten vom 26. Oktober 2005 lediglich zu dem Ergebnis gelangt, der durch ersteren berücksichtigte Multiplikationsfaktor von 1,5 könne keine Berücksichtigung finden (Bl. 545 d. A.). Diese Divergenz hat aber Einfluss auf die Schlussfolgerung im medizinischen Teil des Obergutachtens, auch mit Gurt wären mit einer 20 bis 30 %igen Wahrscheinlichkeit beim Erstaufprall tödliche Kopf- und/oder Halsmarkverletzungen aufgetreten (Bl. 555 d. A.).

4) a) In der zweiten Kollisionsphase stieß der Pkw Polo - wie es sich aus dem technischen Teil des interdisziplinären Obergutachtens Dr. L./Dr. R. vom 26. Oktober 2005 ergibt - mit der linken Seite im vorderen bis mittleren Bereich gegen den zweiten Straßenbaum. Zwar war die dabei auf den Körper des Herrn H. V. einwirkende Geschwindigkeitsänderung in der Größenordnung von10 bis 15 km/h deutlich geringer als beim Erstanprall. Von Bedeutung ist aber nach den weiteren überzeugenden Darlegungen des Obergutachters Dr. L. , dass der Fahrer sich im direkten Anstoßzentrum auf der verletzungskritischen, stoßzugewandten Seite seines Pkw befand (Bl. 546 d. A.). Nachvollziehbar ist deshalb die Schlussfolgerung des Sachverständigen, auch bei der Zweitkollision habe eine nicht nur theoretische Möglichkeit bestanden, dass Herr H. V. auch in einem ordnungsgemäß angegurteten Zustand mit seinem Kopf in direkten Kontakt mit dem zweiten Baum kommen konnte, und zwar möglicherweise mit einer solchen Intensität, dass er sich auch dabei potentiell tödliche Kopfverletzungen zuziehen konnte (Bl. 547 d. A.). Dies gilt insbesondere für den Fall, dass es schon bei dem vorangegangenen Anstoß gegen den ersten Straßenbaum zu Kopfverletzungen gekommen sein sollte.

b) Zweifelhaft erscheint deshalb die Richtigkeit der Darlegung im Privatgutachten B./H. vom 11. September 2002, in der zweiten Kollisionsphase wäre für einen angegurteten Fahrzeuginsassen die Verletzungsprognose absolut unproblematisch gewesen, da die Fahrgastzelle als Überlebensraum erhalten geblieben sei (Bl. 26 des Gutachtens). Insbesondere lässt diese Betrachtungsweise die Möglichkeiten außer Betracht, dass es schon bei dem Erstanstoß zu einer Vorschädigung des Kopfes des Fahrers gekommen und/oder dass bereits eine Bewusstlosigkeit mit einem totalen Tonusverlust an der Stütz- und Haltemuskulatur des Körpers eingetreten war.

5) Mit einer in zweifacher Hinsicht gegeben gewesenen Gefahr des Eintritts tödlicher Verletzungen war schließlich die dritte Phase des Unfallgeschehens mit dem Fahrzeugüberschlag verbunden, ohne dass sich die Feststellung einer Abwendbarkeit des Todeseintrittes durch die Anlegung des Sicherheitsgurtes treffen lässt.

a) Wie die Bilder von dem Fahrzeugwrack erkennen lassen, war an dem Pkw Polo die Fahrertür nach vorne aufgeschlagen (Bl. 140 a, 140 b d. A.).

aa) Sollte schon bei dem Überschlagvorgang diese Öffnung vorgelegen haben, bestand nach den Darlegungen in dem interdisziplinären Obergutachten Dr. L/Dr. R. vom 26. Oktober 2005 eine reelle Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch ein ordnungsgemäß angegurteter Fahrer während des Überschlages mit dem Kopf nach links außerhalb des Fahrgastzellenbereichs geriet mit der konkreten Gefahr von tödlichen direkten Kopf- und Halsmarkverletzungen entweder anlässlich des Kontaktes mit dem dritten berührten Baum oder bei dem Erstkontakt mit dem Erdreich (Bl. 549, 556 d. A.). Ein solcher Teilaustritt des Kopfes eines Beifahrers bei einem Fahrzeugüberschlag ist in der durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. B. zu den Akten gereichten Bildsequenz A 9 anschaulich dargestellt (Bl. 419, 429 d. A.).

bb) Nicht überzeugend ist der dagegen in dem Privatgutachten B./H. vom 24. April 2003 erhobene Einwand, die durch den Sachverständigen B. herangezogenen Crashtests seien von ihrer Kinematik völlig anders als der streitgegenständliche Unfall (Bl. 465 d. A.). Zwar trifft es zu, dass die durch den Sachverständigen B. ausgewerteten Bildsequenzen alle einen seitlichen "Rollover" zum Gegenstand haben (Anlagen A 3 bis Anlagen A 13). Hingegen hat sich der durch Herrn H. V. gesteuerte Pkw Polo über seine Querachse nach vorne überschlagen. Entscheidend ist aber die aus dem Bildmaterial zu gewinnende Erkenntnis, dass bei einem überschlagbedingten Kopfstand des Fahrzeuges der 3Punkt-Sicherheitsgurt seine Haltefunktion verliert und der Körper des Fahrers einer Vertikalbeschleunigung in Richtung Fahrzeugdach ausgesetzt ist. Dies wird durch die Lichtbilder 8 bis 11 der Fotosequenz Anlage A 13 zu der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen B. vom 10. Dezember 2002 in aller Deutlichkeit belegt (Bl. 323/433 d. A.).

cc) Deshalb ist es im Ergebnis durchaus nachvollziehbar, dass entsprechend der Darlegung der technischen Sachverständigen B. und Dr. L. der - auch im Falle einer Gurtanlegung - bei dem Überschlag haltlos gewordene Körper des Herrn H. V. mit dem Kopf im Zuge einer Vertikalbeschleunigung mit zeitlicher Ablenkung durch die Fahrertüröffnung außerhalb des Fahrgastraumes gelangt ist und anstoßbedingt tödliche Verletzungen davongetragen hat. Dies gilt umso mehr mit Rücksicht auf die Erläuterung in dem interdisziplinären Obergutachten Dr. L./Dr. R.l vom 26. Oktober 2005, der Pkw Polo sei nicht mit Gurtstraffern sowie mit Gurtkraftbegrenzern ausgerüstet gewesen, so dass auch bei einem angelegten Sicherheitsgurt nicht unerhebliche Körperverlagerungen im Innenraum des Fahrzeuges in Betracht gezogen werden müssten (Bl. 551 d. A.).

b) In Betracht kommt schließlich auch die Möglichkeit des Eintritts tödlicher Kopfverletzungen im Zuge des Überschlages durch eine Dachintrusion.

aa) Nach den Darlegungen des Sachverständigen B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Dezember 2002 ist bei dem Überschlag das Dach des Pkw Polo im Bereich des Fahrersitzes um 10 cm eingedrückt worden (Bl. 420 d. A.). Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Lichtbildern vom Fahrzeugwrack (Bl. 140 a, 140 b d. A.). Nach den Darlegungen im medizinischen Teil des Gutachtens Dr. L./Dr. R. vom 26. Oktober 2005 war wegen der Körperlänge des Verstorbenen bei der relativ geringen Innenraumdimension des Pkw Polo ein Kopfanstoß am Dachhimmel des Fahrzeugs mit der Gefahr eines Schädelbasisringbruchs und/oder einer Halsmarkläsion beim Überschlag auch mit Gurt wegen der Intrusionswirkung nicht sicher zu vermeiden (Bl. 557 d. A.).

bb) Auch aus diesem Grund vermag die Schlussfolgerung im Privatgutachten B./H. vom 11. September 2002 nicht zu überzeugen, bei einem korrekten Angurten wären allenfalls mäßige Verletzungen zu erwarten gewesen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Beurteilung im medizinischen Teil des interdisziplinären Obergutachtens vom 26. Oktober 2005, der mehrphasige Unfallverlauf lasse auch ein tödliches Polytrauma möglich erscheinen (Bl. 553 d. A.).

6) Im Ergebnis verbleiben somit erhebliche Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, die tödlichen Verletzungen wären vermieden worden, hätte Herr H. V. den Sicherheitsgurt ordnungsgemäß angelegt gehabt. Diese Zweifel gehen zu lasten der Beklagten mit der rechtlichen Konsequenz, dass sich die Kläger nicht anspruchsmindernd einen Mitverschuldenseinwand entgegenhalten lassen müssen, der sich aus einem Verstoß des später Verstorbenen gegen die Vorschrift des § 21 a StVO ergibt.

V.

Erfolg hat das Rechtsmittel der Beklagten nur in dem Umfang, in welchem sie sich dagegen wenden, dass das Landgericht sie zur Zahlung eines als symbolisch bezeichneten Schmerzensgeldes auf der Rechtsgrundlage der §§ 823, 847 BGB an die Kläger verurteilt hat. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, der Verunglückte sei bereits 20 Minuten nach dem Unfall an der Unfallstelle verstorben, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Da er weder Schmerzen erlitten habe noch ihm sein bevorstehender Tod bewusst geworden sei, diene das Schmerzensgeld nicht einer Genugtuung wegen erlittener Schmerzen, sondern habe lediglich symbolischen Charakter. Zur Frage der Zuerkennung eines symbolischen Schmerzensgeldes hat das Landgericht in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des erkennenden Senats, abgedruckt in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1997, 806, verwiesen (Bl. 17-18 UA; Bl. 260, 261 d.A.).

Dieser Betrachtungsweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

1) a) Wie bereits ausgeführt, lässt sich dem Inhalt der Beiakte nicht zweifelsfrei entnehmen, dass Herr H. V. das komplexe Kollisionsgeschehen mit dem mehrfach Anstoß gegen die Straßenbäume und dem anschließenden Fahrzeugüberschlag überhaupt überlebt hat. Abgesehen davon, dass bereits bei seiner Bergung ein Atemstillstand festgestellt wurde, lassen die durch den Senat angeforderten medizinischen Gutachten es als eher wahrscheinlich erscheinen, dass der Verstorbene bereits ums Leben gekommen war, noch ehe sein Fahrzeug nach dem Überschlag in eine Endposition in Dachlage geriet. Selbst wenn diese Annahme nicht zuträfe, wäre jedenfalls der Darstellung in der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige gemäß Herr H. V. nach dem teilweisen Herausschleudern auf die Motorhaube des Fahrzeuges zwischen diesem und dem Erdreich mit Todesfolge eingequetscht worden.

b)

Nach der durch das Landgericht zitierten Entscheidung des erkennenden Senats (Urteil vom 11. März 1996, Az. 1 U 52/95, veröffentlicht in NJW 1997, 806) steht den Erben ein geringes Schmerzensgeld allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion zu, wenn ein Verkehrsunfallopfer etwa 3 Stunden nach dem Schadensereignis an seinen unfallbedingten Verletzungen stirbt, ohne zwischenzeitlich das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Diese Fallkonstellation ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil sich nicht feststellen lässt, dass Herr H. V. das Unfallgeschehen überhaupt überlebt hat. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht für die Feststellung eines Todeseintrittes in dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Kollisionsgeschehen - etwa infolge des durch den medizinischen Sachverständigen Dr. R angesprochenen tödlichen Polithraumas.

2)

Unabhängig davon ist folgendes zu berücksichtigen:

a) In der bezeichneten Entscheidung hat der Senat seinerzeit ausgeführt, wegen der tödlichen Verletzung könne ein Schmerzensgeld allenfalls dann in geringer Höhe gerechtfertigt sein, wenn der Verletzte während des Zeitraumes von der Verletzung bis zum Eintritt des Todes bewusstlos war. Denn bei dieser Fallkonstellation ergebe sich bei einer wertenden Betrachtungsweise, dass der Tod als entscheidende Verletzungsfolge im Vordergrund stehe und die Körperverletzung und die Gesundheitsbeschädigungen lediglich das Durchgangsstadium zum Tod darstellten (NJW a.a.O.). Mit dieser Begründung lässt sich indes im vorliegenden Fall nicht die Zuerkennung eines geringen symbolischen Schmerzensgeldes zugunsten der klagenden Erben rechtfertigen. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass bereits bei dem anfänglichen Anstoß des durch Herrn H. V. gesteuerten Pkw Polo gegen den ersten Straßenbaum bei einer Geschwindigkeitsänderung von bis zu 35 km/h eine Kopf- und/oder Halsmarkverletzung mit unmittelbar tödlicher Folge eingetreten ist. Bei einem solchen Ablauf kann keine Rede davon sein, dass die Körperverletzung lediglich das Durchgangsstadium zum Tod darstellte. Gleiches gilt für den Fall, dass das Ableben des Verstorbenen erst anlässlich der Teilejektion aus dem Fahrgastinnenraum im Zuge des Fahrzeugüberschlages eingetreten sein sollte. Da sich das gesamte Geschehen im Zusammenhang mit dem Anprall gegen die drei Straßenbäume und dem finalen Fahrzeugüberschlag in Sekundenschnelle abgespielt haben muss, kann einer Körperverletzung, die zuvor schon in der Situation eines Anpralls gegen einen der drei Straßenbäume mit zunächst noch nicht tödlicher Folge eingetreten ist, im Hinblick auf das jedenfalls in wenigen Sekunden danach folgende Ableben beim Hinausschleudern aus dem Fahrgastinnenraum keine eigenständige Bedeutung für die Schmerzensgeldbemessung zukommen. Dies gilt umso mehr für den Fall, dass schon bei dem Erstanstoß eine Bewusstlosigkeit des später Verstorbenen eingetreten sein sollte.

b) Die Vorschrift des § 847 BGB sieht nämlich nach der grundsätzlichen Wertung des Gesetzgebers weder für den Tod noch für die Verkürzung der Lebenserwartung eine Entschädigung vor (BGH NJW 1998, 2741, 2742). Die Bemessung des Schmerzensgeldes bei einer Körperverletzung, an deren Folgen der Verletzte alsbald verstirbt, erfordert eine Gesamtbetrachtung der immateriellen Beeinträchtigung unter besonderer Berücksichtigung von Art und Schwere der Verletzungen, des hierdurch bewirkten Leidens und dessen Wahrnehmung durch den Verletzten wie auch des Zeitraums zwischen Verletzung und Eintritt des Todes (BGH NJW 1998, 2741; Leitsatz 1).

Ein Anspruch auf Schmerzensgeld kann zu verneinen sein, wenn die Körperverletzung nach den Umständen des Falles gegenüber dem alsbald eintretenden Tod keine abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt, die aus Billigkeitsgesichtspunkten einen Ausgleich in Geld erforderlich macht (BGH a.a.O.; Leitsatz 2). Das kann, ebenso wie in Fällen, in welchen die Verletzungshandlung sofort zum Tode führt, selbst bei schwersten Verletzungen dann zu verneinen sein, wenn diese bei durchgehender Empfindungslosigkeit des Geschädigten alsbald den Tod zur Folge haben und dieser nach den konkreten Umständen des Falles, insbesondere wegen der Kürze der Zeit zwischen Schadensereignis und Tod, sowie nach dem Ablauf des Sterbevorganges derart im Vordergrund steht, dass eine immaterielle Beeinträchtigung durch die Körperverletzung als solche nicht fassbar ist und folglich auch die Billigkeit keinen Ausgleich in Geld gebietet (BGH NJW 1998, 2741, 2743).

c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall auch unter Billigkeitsgesichtspunkten kein Raum für die Zuerkennung eines von Herrn H. V. auf die Kläger als seine gesetzlichen Erben übergegangenen Schmerzensgeldanspruches. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht für die Feststellung, dass ein ganz enger zeitlicher Zusammenhang von wenigen Sekunden zwischen den einzelnen Anstoßereignissen mit dem abschließenden Fahrzeugüberschlag und dabei eingetretenen, eventuell noch nicht unmittelbar zum Tode führenden Körperverletzungen und dem anschließenden Ableben des Herrn H. V. besteht, welches jedenfalls spätestens anlässlich seiner Teilejektion aus dem Fahrgastinnenraum eingetreten ist. Bei einem solchen Sachverhalt steht nach dem Ablauf des Sterbevorganges der Todeseintritt derart im Vordergrund, dass eine immaterielle Beeinträchtigung durch eine gegebenenfalls zuvor schon eingetretene Körperverletzung nicht fassbar ist.

VI.

1) Das Berufungsvorbringen der Beklagten gibt keinen Anlass zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils in dem Umfang, in welchem das Landgericht sie verurteilt hat, als Gesamtschuldner den Klägern als Erbengemeinschaft Ersatz für materielle Schäden in Höhe von 8.183,32 DM, entsprechend 4.184,07 €, zu zahlen.

Zwar enthält die Berufungsbegründung am Ende den pauschalen Vortrag, dass die Schadenshöhe bestritten bleibe. Diese war jedoch in erster Instanz zu keinem Zeitpunkt streitig. In ihrer Klageschrift haben die Kläger unter Vorlage zahlreicher Rechnungen und Einzelaufstellungen konkret dargelegt, wie sich der durch sie verlangte Saldo, der Beerdigungskosten unter Abzug von Zahlungen der Berufsgenossenschaft zum Gegenstand hat, zusammensetzt. Dieser Betrag ist nach Maßgabe der §§ 7, 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, 823 Abs. 1, 844 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Soweit die Beklagten die Richtigkeit des klagegegenständlichen Saldos bestreiten wollen, hätten sie im einzelnen darlegen müssen, aus welchen einzelnen der konkret dargelegten Abrechnungspositionen sich diese ergeben soll.

2) Ebenso wenig besteht Anlass zu einer Abänderung des angefochtenen Urteil in Bezug auf den Feststellungstenor.

Die begehrte Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern alle materiellen Schäden aus dem Unfallereignis zu ersetzen, soweit kein Anspruchsübergang eingreift, ist schlüssig begründet. Die dazu vorgetragenen Tatsachen sind weiterhin unstreitig:

Bis zu der noch nicht eingetretenen Vollendung des 18. Lebensjahres durch den Kläger zu 1. liegen die gesetzlichen Leistungen der Sozialversicherungsträger über den Unterhaltsansprüchen, welche die Kläger gegen Herrn H. V. gehabt hätten. Scheidet aber von mehreren Berechtigten ein Geschädigter aus, weil z.B. ein Kind infolge der Begründung seiner Selbständigkeit nicht mehr bedürftig ist, so muss der Ersatz für die weiteren Geschädigten quotenmäßig neu berechnet werden (Geigel/Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozess, 23. Auflage, Kapitel 8, Rdnr. 70). Ob in dem Fall der Neuberechnung die Leistungen der Sozialversicherungsträger weiterhin den hypothetischen Unterhaltsanspruch übersteigen werden, ist zwar noch offen. Für den Eintritt einer solchen Leistungslücke zu einem noch nicht bestimmbaren zukünftigen Zeitpunkt spricht aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Diese reicht für die Begründetheit des Feststellungsantrages aus (BGH VersR 1997, 1508, 1509; BGH NJW 1991, 2707, 2708).

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 a.F..

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO a.F.. Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt insgesamt 9.951,01 €. Davon entfällt auf den Klageantrag zu 1. ein Anteil von 766,94 € (1.500 DM), auf den Antrag zu 2. ein solcher von 4.184,07 € (8.183,32 DM) sowie auf den Feststellungsantrag zu Ziffer 3. ein Streitwertanteil von 5.000 €. In Abänderung der Streitwertfestsetzung am Ende des angefochtenen Urteils wird gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG der Gegenstandswert für das erstinstanzliche Verfahren auf insgesamt 9.951,01 € entsprechend 19.462,48 DM, festgesetzt. Die Beschwer der Kläger stellt sich auf 766,94 € und diejenige der Beklagten auf 9.184,07 €. Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO a.F. nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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