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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 10.03.2008
Aktenzeichen: I-1 U 201/07
Rechtsgebiete: BGB, StVO


Vorschriften:

BGB § 145
BGB § 449
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 824
BGB § 826
BGB § 839
BGB § 844
BGB § 845
BGB § 929
StVO § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 23. Juli 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung zu Recht die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die durch ihn in Höhe von 9.560,00 € geltend gemachte Schadensersatzforderung zu.

Es gibt keine Anspruchsgrundlage, aufgrund der er Ersatz für die durch ihn geltend gemachte unfallbedingte Vermögenseinbuße verlangen kann. Er ist ein durch die unerlaubte Handlung des Versicherungsnehmers der Beklagten mittelbar Geschädigter, der in keinem der in § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgüter durch das Unfallereignis vom 30. August 2005 verletzt ist. Insbesondere lässt sich weder unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung eines Besitzrechtes des Klägers bezüglich des verunfallten Pkw XXX noch unter demjenigen der Beeinträchtigung eines diesbezüglichen Anwartschaftrechtes die Verletzung eines sonstigen Rechtes im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB feststellen. An der fehlenden Feststellung eins unfallbedingten Schadenseintrittes scheitert auch ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 StVO.

Gründe:

I.

1.

Der Kläger verlangt einen reinen Vermögensschaden ersetzt, den er als Fahrzeugbesitzer erlitten hat.

2.

Von dem Kollisionsereignis betroffen war ein Fahrzeug, welches seiner unter der Firmenbezeichnung XXX handelnden Ehefrau als Leasingnehmerin überlassen war und welches er als "berechtigter" Fahrer zum Zeitpunkt des Unfallereignisses führte. Verfahrensgegenständlich sind nicht die an dem Pkw eingetretenen Substanzschäden, welche die Beklagte vorprozessual vollumfänglich gegenüber der anspruchsberechtigten Leasinggeberin, der Jaguar Financial Services, ausgeglichen hat. Darüber hinaus hat die Beklagte für die Regulierung sonstiger materieller Schäden, wie etwa Nutzungsausfall, sowie für den Ausgleich der unfallbedingten immateriellen Schäden des Klägers Sorge getragen. Er begehrt mit seiner Klage Ersatz für eine Vermögensdifferenz, die sich nach seiner Berechnung daraus ergibt, dass die Begutachtung des XXX zwei Tage nach dem Kollisionsereignis die Feststellung eines Wiederbeschaffungswertes von 25.900,00 € inklusive Mehrwertsteuer ergeben hat, er aber bereits vor dem Unfall am 24. August 2005 eine verbindliche Bestellung gegenüber dem XXX betreffend den Erwerb des Fahrzeuges zu einem Kaufpreis von 13.340,00 € abgegeben hatte. Der eingetragene Kaufpreis entspricht dem Rückkaufwert des Fahrzeuges am Ende der 3 1/2 jährigen Laufzeit des Leasingvertrages. Die Differenz zu dem gutachterlich ermittelten Wiederbeschaffungswert von 22.900,00 € macht nach Ansicht des Klägers seinen ersatzfähigen Schaden aus.

3. a)

Zwar wurde durch das Unfallereignis der von der Rechtsstellung seiner Ehefrau abgeleitete Besitz des Klägers an dem Fahrzeug aufgrund des Umstandes beeinträchtigt, dass ihm schadensbedingt die Gebrauchs- und Nutzungsmöglichkeit entzogen wurde. Unstreitig hatte seine Ehefrau ihm als Leasingnehmerin nach Maßgabe der Regelung zu Ziff. VIII 1. des Leasingvertrages (Bl. 101 d.A.) wegen der bestehenden Haushaltsgemeinschaft den Pkw berechtigterweise zur längerfristigen Nutzung überlassen.

b)

Der Kläger begehrt indes als ehemaliger Besitzer keinen Ersatz wegen entgangener Sachnutzung oder Naturalrestitution zur Wiederherstellung der fahrzeugbezogenen Gebrauchsmöglichkeit. Vielmehr verlangt er Ersatz für die Entstehung einer Vermögenseinbuße, die ihm erst als Folge einer kollisionsbedingten Substanzschädigung des Fahrzeuges und die dadurch eingetretene Unmöglichkeit eines kaufvertraglichen Erwerbes des Fahrzeuges als unversehrter Leasingwagen am Ende der vertraglichen Laufzeit zu einem günstigen Preis erwachsen sein soll.

4.

Die Entstehung eines derartigen Vermögensschadens lässt sich nicht feststellen.

a)

Der Kläger kann keinen Vertrag über den Kauf des XXX mit dem XXX Autohaus zum Preis von 13.340,00 € vorlegen. Er bezieht sich lediglich auf eine in Kopie überreichte "Verbindliche Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeuges mit Gebrauchtwagen-Garantie". Diese ist auf einem Formular des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) unter dem Datum des 24. August 2005 erstellt und hinsichtlich des streitigen Fahrzeuges an das per Stempelaufdruck ausgewiesene XXX gerichtet (Bl. 5 d.A.). Mit der Unterzeichnung eines solchen Bestellformulars durch den Kaufinteressenten ist jedoch der Kaufvertrag in der Regel noch nicht geschlossen. Der Interessent gibt lediglich ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages nach Maßgabe des § 145 BGB ab (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Auflage, Rdnr. 1081). Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Händler die Annahme der Bestellung innerhalb der Annahmefrist schriftlich bestätigt oder - was die Regel ist - das Fahrzeug ausliefert (Reinking/Eggert a.a.O., Rdnr. 1087 mit Hinweis auf Abschnitt I 1 ZDK-AGB). Dem entsprechen die in dem durch den Kläger unterzeichneten Bestellformular vorformulierten Abschlussmodalitäten ("Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung" - innerhalb einer 10-tägigen Frist - "schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausgeführt ist" (Bl. 5 d.A.)).

b)

Eine sich auf die Bestellung vom 24. August 2005 beziehende Annahmeerklärung des JXXX Autohauses hat der Kläger nicht zu den Akten gereicht. Unstreitig ist es auch nicht zu der für den Monat September 2005 avisierten Auslieferung des Fahrzeuges an den Kläger gekommen.

Es kommt auch nicht die Feststellung einer konkludenten Annahmeerklärung in Betracht. Der Kläger räumt in seiner Berufungsbegründung ein, dass erst "noch der Kaufvertrag zwischen den Parteien erfolgen sollte".

c)

Bei dieser Sachlage lässt sich nicht das Zustandekommen eines Kaufvertrages über den XXX zwischen dem Kläger und dem XXX Autohaus feststellen. Dafür spricht auch das Berufungsvorbringen des Klägers, auf seine Bestellung hin habe der Kaufvertrag zwischen den Parteien noch erfolgen sollen (Bl. 97 d.A.). Im Ergebnis war somit noch nicht einmal ein kaufvertraglicher Anspruch des Klägers auf Übereignung des fraglichen Fahrzeuges zu dem bezeichneten Kaufpreis gegeben.

II.

1.

Sofern man jedoch ungeachtet dessen zugunsten des Klägers von der Annahme ausginge, dass er ohne die Unfallbeschädigung den Pkw XXX sicher im Monat September 2005 von dem XXX Autohaus nach Zahlung des Kaufpreises von 13.340,00 € zu Eigentum übertragen erhalten hätte und diese Erwerbsmöglichkeit allein durch das Kollisionsereignis vom 30. August 2005 vereitelt worden wäre, ergäbe sich daraus kein nach Maßgabe des § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähiger Schaden.

2. a)

Denn dieser beträfe allein die Vermögenssituation des Klägers, welche mittelbar über die Substanzschädigung und die dadurch vereitelte Möglichkeit des Erwerbes des Kaufobjektes zu einem günstigen Preis beeinträchtigt worden wäre. Das Vermögen ist aber kein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Vermögensbeschädigungen, die nicht einen der Tatbestände dieser Vorschrift erfüllen, begründen nur unter den Voraussetzungen der §§ 823 Abs. 2, 824, 826, 839 BGB eine Ersatzpflicht (Palandt/Sprau, Kommentar zum BGB, 67. Auflage, § 823, Rdnr. 11 mit Hinweis auf BGHZ 41, 127).

b)

Davon kann hier allenfalls die Vorschrift des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 StVO einschlägig sein. Die letztgenannte Bestimmung ist Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Auflage, S. 246). Eine Anspruchsberechtigung daraus scheitert jedoch an der Tatsache, dass sich kein durch den Unfall eingetretener Schaden des Klägers feststellen lässt: Vergleicht man seine Vermögenssituation vor der Kollision mit derjenigen danach, so ergibt sich keine Veränderung zu seinem Nachteil. Mangels des Zustandekommens eines Kaufvertrages ist weder eine Forderung auf Übereignung des Fahrzeuges noch - wie nachfolgend unter III dargelegt - ein diesbezügliches Anwartschaftsrecht beeinträchtigt.

c)

Zudem kann nur der durch eine unerlaubte Handlung unmittelbar Geschädigte und nicht auch ein mittelbar Geschädigter Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen. Der eigentliche Grund für diese Haftungsbegrenzung hinsichtlich der Person des mittelbar Geschädigten liegt darin, dass durch die unerlaubte Handlung nicht in seine durch § 823 BGB geschützten Rechtsgüter eingegriffen, vielmehr der mittelbar Geschädigte nur an seinem Vermögen beschädigt wird (BGHZ 30, 34 mit Hinweis auf RGZ 64, 345). Nur in den Ausnahmefällen der §§ 844, 845 BGB hat der darin aufgeführte Personenkreis der mittelbar geschädigten Dritten einen eigenen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung (BGH a.a.O.). Nicht geschützt sind nach herrschender Meinung Forderungsrechte, weil es sich dabei lediglich um relative Rechte handelt. Ihre Einbeziehung würde zu einem weit reichenden Vermögensschutz - noch dazu in der Regel bei lediglich mittelbaren Schäden - führen, wie etwa bei Beeinträchtigung von Leistungsansprüchen durch Zerstörung des Leistungsgegenstandes (PWW/Schaub, § 823, Rdnr. 58 mit zahlreichen Nachweisen).

III.

Darüber hinaus verfängt nicht der Einwand des Klägers, seine Schadensersatzforderung sei wegen der Verletzung eines sonstigen Rechtes im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung eines ihm zustehenden Anwartschaftsrechtes begründet. Zwar fällt ein dingliches Anwartschaftsrecht, wie etwa das des Käufers auf Erwerb des Eigentums an einer unter Eigentumsvorbehalt veräußerten beweglichen Sache, in den Anwendungsbereich der Vorschrift des § 823 Abs. 1 BGB (Palandt/Sprau a.a.O., § 823, Rdnr. 12 m.H.a. BGHZ 55, 20). Indes scheitert die Annahme eines Anwartschaftsrechtes des Klägers hinsichtlich des fraglichen Fahrzeuges aus mehreren Gründen.

1.

Ein Eigentumsvorbehaltskauf im Sinne des § 449 BGB liegt, wie auch der Kläger einräumt, offenkundig nicht vor.

2. a)

Allgemein ist von einem Anwartschaftsrecht auszugehen, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechtes schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, welche der andere an der Entstehung des Rechtes Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag (BGHZ 83, 339; BGHZ 49, 201 jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

b)

Von einer in diesem Sinne gesicherten Rechtsposition kann schon aufgrund der Tatsache keine Rede sein, dass aus den o.g. Gründen allein aufgrund der Unterzeichnung der "Verbindlichen Bestellung" über das Fahrzeug durch den Kläger unter dem Datum des 24. August 2005 noch kein Kaufvertrag über das Fahrzeug zustande gekommen ist. Eine irgendwie geartete Annahmeerklärung des XXX Autohauses gab es nicht und der weitere Abschlusstatbestand der Auslieferung des bestellten Fahrzeuges ist unfallbedingt in Wegfall geraten. Damit kann entgegen der durch den Kläger vertretenen Ansicht schon nicht von der Annahme ausgegangen werden, es liege nach Maßgabe des § 929 BGB die erforderliche Einigung hinsichtlich des Eigentumsübergangs an dem Fahrzeug vor. Schon mangels eines Einigungstatbestandes besteht keine gesicherte Rechtsposition als Grundvoraussetzung für die Feststellung eines dinglichen Anwartschaftsrechtes.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 9.560,00 €. Dieser Betrag macht auch die Beschwer des Klägers aus. Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken nicht streitwerterhöhend (BGH MDR 2007, 919 und 845).

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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