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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: I-10 U 156/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
1. Zur Frage, unter welchen Umständen in der Abholung des Leasinggegenstandes durch den Lieferanten dessen - konkludente - Zustimmung zum Rücktritt des Leasingnehmers vom Kaufvertrag liegt.

2. Der Leasinggeber ist an die außergerichtliche Einigung zwischen Lieferant und Leasingnehmer über den Rücktritt vom Kaufvertrag gebunden.

3. Nach Rücktritt des Leasingnehmers vom Kaufvertrag fehlt dem Leasingvertrag die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages, wenn der Leasingnehmer gemäß § 313 Abs. 3 den Rücktritt gegenüber dem Leasinggeber erklärt.

4. Darf der Leasingnehmer den Leasinggegenstand an den Lieferanten nur Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises an den Leasinggeber herausgeben, steht dem Leasinggeber gegen den Leasingnehmer ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB nur zu, wenn er den Kaufpreis nicht bei seinem Lieferanten realisieren kann.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 2. November 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Ein leasingtypischer Schadensersatzanspruch in Höhe von 7.256,50 € steht der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu. Abgesehen davon, dass der Anspruch schon daran scheitert, dass die Klägerin den Zugang ihrer Kündigung vom 09.09.2005 (GA 48) nicht bewiesen hat, ist die Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages gemäß § 313 Abs. 3 BGB durch einvernehmliche Rückabwicklung des Kaufvertrages zwischen der Beklagten und der Lieferantin der Anlage, der Fa. E.-S., entfallen. Hieraus folgt zugleich, dass der Klägerin ein zuerkannter Anspruch auf Zahlung von weiteren 1.472,82 € (Leasingraten für das 2. + 3. Quartal 2005, Nutzungsgebühr und Bearbeitungsgebühr) nicht zusteht.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Nachweise bei Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl., § 7, RdNr. 24; Zahn/Bahmann, Kfz-Leasingvertrag, RdNr. 29) fehlt dem Leasingvertrag nach den §§ 242, 313 BGB von Anfang an die Geschäftsgrundlage, wenn der Liefervertrag rückabgewickelt wird. Der Leasingvertrag ist dann mit Wirkung ex tunc nach Bereicherungsrecht im Wege der Saldierung rückabzuwickeln. An dieser Rechtsgrundlage hat sich durch die Schuldrechtsreform nichts Wesentliches geändert, abgesehen davon, dass nunmehr der Rücktritt gemäß § 313 Abs. 3 BGB erklärt werden muss (OLG München, Urt. v. 10.1.2007, 20 U 4475/06, zitiert nach juris; Beckmann, a.a.O.; RdNr. 25; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 6. Aufl. 2008, Kap. H, RdNr. 149).

Hieran gemessen ist die Geschäftsgrundlage des streitgegenständlichen Leasingvertrages entfallen, weil die Beklagte gemäß §§ 437 Nr. 2, 398 BGB wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist und sie sich hierauf gegenüber dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch berufen hat. Spätestens hierin liegt zugleich der Rücktritt vom Leasingvertrag i.S. des § 313 Abs. 3 BGB, sofern dieser wegen der in § 8 Nr. 5 Satz 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen getroffenen Regelung, "Wird der Kaufvertrag rückabgewickelt, ist auch der Leasingvertrag rückabzuwickeln", überhaupt erforderlich war. Auf die umstrittene Frage, ob der Rücktritt vom Kaufvertrag bereits mit der Erklärung des Rücktritts wirksam wird oder ob es hierzu einer Klage gegen den Verkäufer oder dessen Zustimmung bedarf (zum Problem vgl. Graf von Westphalen, a.a.O., RdNrn. 44 ff.), kommt es nicht an, weil aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls davon auszugehen ist, dass die Fa. E.-S. als Lieferantin der geleasten Alarmanlage dem Rücktritt entgegen der Annahme des Landgerichts zumindest konkludent zugestimmt hat. Nach den in nicht zu beanstandender Weise getroffenen Feststellungen hat die Beklagte gegenüber der Lieferantin wegen der von ihr behaupteten Mängel mit Schreiben vom 03.03.2005 und 04.05.2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Hierzu war sie nach den Leasingbedingungen der Klägerin berechtigt und verpflichtet, denn danach hat die Klägerin ihre Haftung für Mängel des Leasinggegenstandes in der Weise abbedungen, dass sie die ihr aus dem Kaufvertrag mit der Lieferantin zustehenden Mängelrechte an die Beklagte abgetreten hat. Diese sollte gemäß § 8 Nr. 5 der Allgemeinen Leasingbedingungen zudem nur berechtigt sein, die Zahlung von Leasingraten wegen Mängeln des Leasingobjekts zu verweigern, wenn sie entweder gegen den Lieferanten Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder auf Schadensersatz statt der Leistung erhoben hat, oder wenn sie gegenüber dem Lieferanten den Rücktritt erklärt oder Schadensersatz statt der Leistung verlangt und der Lieferant dem zugestimmt hat. Als verständige Empfängerin durfte die Beklagte die Abholung der Anlage am 21.10.2005 durch die Lieferantin gemäß § 133 BGB den Umständen nach als konkludente Zustimmung zu dem von ihr bereits mehrfach erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag i.S. der Allgemeinen Leasingbedingungen auffassen. Diese Wertung beruht darauf, dass die Beklagte weder Kenntnis von dem Kündigungsschreiben der Klägerin erlangt hat noch dass die Klägerin ihr mitgeteilt hat, sie habe die Fa. E.-S. mit der Sicherstellung/Rückholung der Alarmanlage beauftragt. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte mehrfach gegenüber der Lieferantin und der Klägerin den Vertragsrücktritt erklärt und um Abholung der Anlage gebeten und die Lieferantin die Abholung der Anlage am 21.10.2005 durch ihren beauftragten Mitarbeiter zudem schriftlich mit dem Zusatz "E.-S. B." (GA 84) bestätigt hat, ohne dass die Bestätigung einen Vertretungshinweis auf die Klägerin enthielt, durfte die Beklagte aus diesem Verhalten schließen, dass die Lieferantin - wenn auch nach einiger Überlegung - mit dem ihr gegenüber erklärten Rücktritt einverstanden war. Dies gilt umso mehr als die Beklagte nach dem von ihr eingeholten Gutachten des Sachverständigen G. vom 23.05.2005 (GA 78 ff.) davon ausgehen durfte, dass die Anlage mängelbehaftet, ihr Vertragsrücktritt mithin berechtigt war. Äußerungen der Lieferantin bei der Abholung der Anlage, die ein Verständnis der Beklagten in diesem Sinn ausschließen, werden von der Klägerin nicht dargestellt. Ihr Vortrag, es sei davon auszugehen, dass der Lieferant sich vor Abholung mit der Beklagten in Verbindung gesetzt und sie über seinen Sicherstellungsauftrag informiert habe, ist weder spezifiziert noch unter Beweis gestellt. Auch einen Beweis für den bestrittenen Zugang ihrer Kündigung hat sie nicht angetreten.

An die außerprozessuale, einvernehmliche Rückabwicklung des Kaufvertrages ist die Klägerin gebunden, ohne dass sie das Vorliegen von Mängeln bestreiten kann. Wer sich als Leasinggeber von der eigenen Gewährleistungspflicht - wie hier die Klägerin - umfassend freizeichnet und dem Leasingnehmer die ihm als Käufer zustehenden Gewährleistungsansprüche abtritt, erklärt damit zugleich, dass er die rechtlichen Folgen, die sich aus der Geltendmachung der Gewährleistungsrechte durch den Leasingnehmer ergeben, als für sich verbindlich hinnimmt (BGH, NJW 1981, 105). Dies gilt auch bei einer außergerichtlichen Einigung (BGH, NJW 1985, 1535), zumal diese in § 8 Nr. 5 der Allgemeinen Leasingbedingungen ausdrücklich angesprochen ist. Überdies ist anzumerken, dass sich weder die Lieferantin noch die Klägerin in der Sache mit dem ihnen mit Schriftsatz vom 01.06.2005 (GA 74, 83) übermittelten Gutachten des Sachverständigen G. und den dort aufgezeigten Mängeln auch nur ansatzweise auseinander gesetzt haben.

Soweit die Beklagte die Anlage entgegen § 8 Nr. 4 Satz 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen an den Lieferanten nicht Zug um Zug gegen Rückerstattung des Kaufpreises an die Klägerin herausgeben durfte, könnte sie sich dieser gegenüber zwar gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Höhe des an die Lieferantin gezahlten Kaufpreises schadensersatzpflichtig gemacht haben. Ein Schaden ist der Klägerin jedoch nur entstanden, wenn sie den Kaufpreis nicht von der Fa. E.-S. realisieren kann. Hierzu fehlt jeder Vortrag.

Mangels zu saldierender Ansprüche ist die Klage danach insgesamt abzuweisen. Auf die von der Beklagten zu Recht angesprochene Restwertfrage kommt es nicht mehr an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 9.537,88 €

Ende der Entscheidung

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