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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: I-10 U 164/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HGB, NMV, HeizKV, PV


Vorschriften:

ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 172 Abs. 2
ZPO § 339 Abs. 1
ZPO § 340
ZPO § 343
BGB § 242
BGB § 259
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 535 Abs. 2
HGB § 128
NMV § 29
HeizKV § 9 Ab. 3
PV § 4 Nr. 1
PV § 4 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 4. Mai 2006 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der gemäß §§ 339 Abs. 1, 340 ZPO zulässige Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Senats ist nicht begründet, so dass das Versäumnisurteil gemäß § 343 ZPO aufrechtzuerhalten ist.

Die Beklagten berufen sich ohne Erfolg darauf, das Versäumnisurteil sei nicht in gesetzlicher Weise ergangen, weil die Ladung ihrem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden sei, der sich insoweit weder bestellt habe noch von ihnen für den Berufungsrechtszug mandatiert gewesen sei. Da die jetzigen Prozessbevollmächtigten die zweitinstanzliche Vertretung der Beklagten erstmals mit ihrem am 8.3.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 7.3.2006 angezeigt haben, sind Berufungsbegründung und Terminsladung gemäß § 172 Abs. 2 ZPO am 10.2.2006 in zulässiger Weise noch an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten erfolgt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts ein fälliger Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebskosten für die Abrechnungsjahre 2000 (= 4.196,83 €) und 2001 (= 8.914,47 €) in Höhe von insgesamt 13.111,40 € zu. Dies beruht im Einzelnen auf folgenden Überlegungen:

1.

Die Beklagten haften dem Kläger gesamtschuldnerisch entweder unmittelbar als Pächter aus § 535 Abs. 2 BGB oder jedenfalls aus § 128 HGB als Gesellschafter der von ihnen gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die fälligen streitgegenständlichen Betriebskostennachforderungen.

Der Anspruch des Vermieters auf Bezahlung der vom Mieter zu tragenden Betriebskosten wird grundsätzlich mit der Erteilung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig (BGH, Urt. v. 8.3.2006, VIII ZR 78/05). Nach ständiger Rechtsprechung (zuletzt BGH, Urt. v. 20.7.2005, GE 2005, 1118 = ZMR 2005, 937) ist eine Betriebskostenabrechnung formell ordnungsgemäß, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB genügt und bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten folgende Mindestangaben enthält: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug der Vorauszahlungen des Mieters. Diesen Anforderungen genügen aus den insoweit zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sowohl die Betriebskostenabrechnung des Klägers für 2001 als auch die Betriebskostenabrechnung 2000 in ihrer mit Schriftsatz vom 25.5.2004 überreichten korrigierten Fassung.

Erhebliche Einwendungen gegen den Kostenansatz haben die Beklagten insgesamt nicht erhoben. Will der Mieter sich erfolgreich gegen eine Betriebskostennachforderung des Vermieters verteidigen, darf er sich im Prozess nicht darauf beschränken, die materielle Berechtigung des Kostenansatzes insgesamt oder hinsichtlich einzelner Betriebskostenarten zu bestreiten. Sein Bestreiten erfüllt nur dann die prozessualen Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO, wenn er konkret zu den einzelnen Abrechnungsposten Stellung bezieht und seine Bedenken gegen die materielle Berechtigung der Abrechnung plausibel darlegt. Das setzt in Ausübung seines Prüfungsrechts grundsätzlich die vorherige Einsichtnahme des Mieters in die Berechnungsunterlagen voraus. Macht der Mieter - wie hier die Beklagten - von seinem Einsichtsrecht keinen Gebrauch, bleibt sein Bestreiten nach § 138 Abs. 3 ZPO unberücksichtigt (OLG Düsseldorf, NZM 2000, 762; ZMR 2003, 570; LG Berlin, GE 2003, 1492; GE 2001, 1469).

Auf die Überlassung von Fotokopien gegen Kostenerstattung hat der Mieter weder aus einer entsprechenden Anwendung des § 29 NMV noch aus § 242 BGB einen Anspruch (BGH, Urt. v. 8.3.2006, VIII ZR 78/05 für die Wohnraummiete; Senat, WuM 93, 411 für gewerbliche Mietverhältnisses). Ausnahmsweise kann der Mieter nach Treu und Glauben Übermittlung von Fotokopien der Rechnungsbelege verlangen, wenn ihm die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters oder dessen ortsnaher Hausverwaltung nicht zugemutet werden kann, etwa weil Mieter und Vermieter heillos zerstritten sind oder der Ort der Belegeinsicht nicht in zumutbarer Weise und angemessener Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Gleiches gilt, wenn der - wie der Kläger - in einer entfernt liegenden Stadt (hier: Berlin) wohnende Vermieter sich trotz Aufforderung des Mieters weigert, die Belege am Ort des Mietobjekts zur Einsicht bereit zu stellen. Dass ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, ergibt sich nicht bereits aus der nicht näher konkretisierten Behauptung der Beklagten, der Kläger sei ihrer vorprozessualen Aufforderung, die Gesamtkosten zu belegen, nur fragmentarisch nachgekommen.

Durchgreifende Bedenken gegen die materielle Berechtigung des Kostenansatzes ergeben sich entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Beklagten auch nicht allein daraus, dass einzelne der im Jahr 2001 ausgewiesenen Kosten niedriger sind als die des Jahres 2000. Weder ist - wie das Landgericht ohne tatsächliche Grundlage angenommen hat - üblicherweise das Gegenteil zu erwarten noch widerspricht die hinsichtlich der Kostenpositionen "Gebäudeversicherung Hotel", "Grundsteuer Hotel", "Hausmeister Gewerbe" und "Straßenreinigung" für 2001 ausgewiesene Kostensenkung - wie die Beklagten meinen - jeglicher Lebenserfahrung. Auch insoweit hätten die Beklagten zunächst Einsicht in die Abrechnungsbelege nehmen und sich danach verbleibende Unklarheiten durch den Vermieter oder eine von diesem beauftragte sachkundige Person erläutern lassen müssen. Insoweit trifft den Vermieter, der den Mieter auf die Belegeinsicht verweist, bereits vor Ort eine entsprechende Erläuterungspflicht (BGH, Urt. v. 8.3.2006, VIII ZR 78/05).

Mangels Ausübung ihres Einsichtsrechts ist es den Beklagten schon aus diesem Grund verwehrt, sich insbesondere darauf zu berufen, der von dem Kläger eingesetzte Hausmeister sei auch noch für andere Objekte des Klägers tätig. Dass der Hausmeister - wie die Beklagten vortragen - für die W. 4 nicht tätig geworden sein soll, steht dem Kostenansatz nicht grundsätzlich entgegen. Betreut der Hausmeister eine - wie hier - aus mehreren Gebäuden bestehende Liegenschaft, kann der Pächter auch dann anteilig mit den vertraglich als umlagefähig vereinbarten Hausmeisterkosten belastet werden, wenn er für das gepachtete Hotel selbst nicht unmittelbar tätig geworden ist (vgl. Senat, Urt. v. 23.12.1999, DWW 2000, 54). Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagten auch substanzlos.

Soweit die Beklagten den Ansatz der Heiznebenkosten bestreiten, handelt es sich um die Kosten der Heizungswartung, die der Kläger für die auf die Beklagten bzw. auf die von ihnen gebildete BGB-Gesellschaft entfallende Vertragszeit (1.8.-31.12.2000) in Einklang mit § 9 Ab. 3 HeizKV für das Rumpfabrechnungsjahr 2000 zeitanteilig umgelegt hat. Die von den Beklagten insoweit beanstandete Kostensteigerung von 164,9 % für 2001 hat der Kläger plausibel damit erklärt, dass den Beklagten in 2001 die vertraglich vereinbarten zwei Heizungswartungen anteilig berechnet worden sind, während in der Abrechnung 2000 lediglich eine Wartung angesetzt sei. Rechtserhebliches hierzu ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen. Ihre Behauptung, die Heizungsanlage werde von der Pächterin des Restaurants, der M. und L. Restaurations GmbH betrieben, ist substanzlos und steht zudem in Widerspruch zu den in § 4 Nrn. 1 und 7 PV hinsichtlich der Wartung der Heizungsanlage durch den Kläger getroffenen Regelungen. Dass die Wartungsrechnung an die Hausverwaltung H. GmbH und nicht unmittelbar an den Kläger als Hauseigentümer adressiert ist, stellt die sachliche Richtigkeit der Umlage nicht in Frage. Ob der Kläger die in Rechnung gestellten Betriebskosten bezahlt hat, ist für die materielle Berechtigung der streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen ohne Belang. Durch den Nichtansatz von Müllabfuhrkosten für 2000 werden die Beklagten nicht benachteiligt.

2.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 13.111,40 €

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