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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: I-10 U 20/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 536 Abs. 1
BGB § 543
1. Haben Eheleute eine Gaststätte (Pizzeria) gemietet oder gepachtet, kann die Kündigung wirksam nur gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden kann, es sei denn einer von ihnen ist bereits vor Ausspruch der Kündigung aus dem Miet-/Pachtvertrag ausgeschieden. Dass der Ehemann seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau Hausverbot erteilt und dies der Geschäftsführung der Vermieterin/Verpächterin mitgeteilt haben soll, rechtfertigt ebenso wenig eine Entlassung der Ehefrau aus dem Miet-/Pachtvertrag, wie der Umstand, dass diese schon seit mehr als zwei Monaten nicht mehr in dem Ladenlokal gesehen worden sein soll.

2. Ist dem Vermieter die Anschrift eines der Mieter/Pächter nicht bekannt, muss er die Kündigung ggf. öffentlich zustellen lassen.

3. Setzt eine Kündigung aus wichtigem Grund nach den vertraglichen Vereinbarungen einen nachhaltigen Verstoß gegen die Interessen und Unternehmensziele des Vermieters/ Verpächters voraus, ist hierfür ein sich über einen längeren Zeitraum hinziehender erheblicher Vertragsverstoß erforderlich.

4. Ein Mangel der Miet-/Pachtsache i.S. des § 536 BGB liegt vor, wenn der Vermieter/Verpächter

- dem Mieter/Pächter den Schlüssel des für die Warenanlieferung bestimmten Nebeneingangs entzieht,

- die Stromzufuhr unterbricht,

- die Auswechselung der an die Gastronomieräume angrenzenden Schwingtür zur Küche gegen eine fest verschlossene Tür vornimmt, so dass dem Mieter/Pächter eine Nutzung der Pizzeria im Gastronomie- und Thekenbereich nicht mehr möglich ist

- seinem für die Bedienung der Gäste zuständigen Personal untersagt, die Speisen des Mieter/Pächters zu servieren,

- es duldet, dass sein Personal potentiellen Kunden mitteilt, die Pizzeria existiere nicht mehr.


Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Dezember 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.524,84 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.10.2004 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 93,3 %, die Beklagten zu 6,7 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (GA 222-226). Das Landgericht hat den auf Feststellung der Erledigung der Räumungsklage aufgrund der Erklärung der Beklagten vom 5.8.2004 gerichteten Feststellungsantrag und den Antrag auf Zahlung von 8.476,25 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.10.2004 abgewiesen. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 226 ff.). Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Sie erhebt den Vorwurf mangelnder Sachaufklärung. Das Landgericht habe sich auf verschiedene andere Verfahren und deren Ausgang zwischen den Parteien berufen, ohne Überlegungen anzustellen, ob diese richtig gewesen seien und sich nicht mit den Überlegungen auseinandergesetzt, die sie möglicherweise veranlasst hätte, auch rechtlich nicht haltbare Entscheidungen zu akzeptieren. Das Kündigungsschreiben vom 7.10.2003 sei nicht auch an die Ehefrau gerichtet gewesen, weil diese zu diesem Zeitpunkt für sie erkennbar bereits aus dem Mietvertrag ausgeschieden gewesen sei. Ihr Geschäftsführer habe die Beklagten mit Abmahnschreiben vom 25.4., 29.5. und 28.11.2003 mehrfach wegen vertragswidrigen Verhaltens abgemahnt und den Beklagten zu 2) aufgefordert, seine mietvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. An der Verhaltensweise des Beklagten zu 2) habe sich jedoch nichts geändert. Die Verschuldung sei derart hoch gewesen, dass teilweise bestellte Essen nicht hätten geliefert werden können. Ab Oktober 2003 sei der Beklagte zu 2) von der Telekom gesperrt worden, da er die Rechnungen nicht habe bezahlen können. Es habe Forderungen gegeben und es seien Vollstreckungsbeamte der Krankenkassen, des Finanzamtes und der Stadt Dormagen aufgetaucht. Das Finanzamt habe schließlich Anfang Mai 2004 die Einleitung des Insolvenzverfahrens beantragt, das - insoweit unstreitig - mangels Masse nicht eröffnet worden sei. Vor dem Hintergrund der Abmahnungen und der finanziellen Situation des Beklagten zu 2) sei die anwaltliche fristlose Kündigung vom 4.12.2003 erfolgt. Die Kündigungsgründe seien in dem Schreiben aufgeführt, auch hätten die Beklagten einen Zahlungsrückstand von drei Monatsmieten aufgewiesen. Die Entscheidung des Landgerichts stelle sich als Überraschungsentscheidung dar. Wäre es auf einen Tatsachenvortrag hierzu angekommen, hätte es eines gerichtlichen Hinweises bedurft. Auch die anwaltliche fristlose Kündigung vom 21.6.2004 sei entgegen der Auffassung des Landgerichts wirksam. Das Landgericht habe übersehen, dass eine Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten natürlich nur Zug um Zug gegen Zahlung eines Entgelts habe angeordnet werden dürfen. Unter dem 29.7.2004 sei erneut gekündigt worden, weil weder das Angebot, die Räume gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu übernehmen noch den Rückstand zu zahlen, angenommen worden sei. Seit dem 15.3.2004 habe es keine beanstandungswerten Vorkommnisse mehr gegeben, insbesondere seien sämtliche in der einstweilige Verfügung vom 8.3.2004 genannten Beanstandungen beseitigt gewesen. Eine 100%-ige Minderung in der Zeit vom 1.12.2003 bis 30.6.2004 sei unhaltbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze vom 6.4.2004 (GA 286 ff.), 5.7.2005 (GA 365 ff.) und vom 18.8.2005 (GA 405 ff.) verwiesen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und bitten nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 10.5.2005 (GA 325 ff.) um Zurückweisung der Berufung. Sie bestreiten das tatsächliche Berufungsvorbringen der Klägerin, insbesondere stellen sie in Abrede, Abmahnungen vom 25.4., 29.5., 28.11. und vom 8.12.2003 erhalten zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache bis auf einen Teilbetrag von 1.524,84 €, um den die Beklagten die Miete zu Unrecht gemindert haben, keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht im Wesentlichen weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) hinsichtlich des Räumungsbegehrens eine abweichende Beurteilung. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

1. Feststellungsantrag

Der auf Feststellung der Erledigung des Räumungsantrags gerichtete Feststellungsantrag ist nicht begründet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 1992, 2235, 2236) hat die Feststellung der Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits nicht nur den Eintritt eines erledigenden Ereignisses zur Voraussetzung, sondern auch, dass die Klage im Zeitpunkt dieses Eintritts zulässig und begründet war. Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Räumungsklage bis zur Rückgabe des Miet-/Pachtobjekts durch die Beklagten im August 2004 von Anfang an unbegründet war und daher trotz der hierdurch eingetretenen Erledigung des Räumungsbegehrens abzuweisen ist.

(a) Fristlose Kündigung 7.10.2003

Das Miet- oder Pachtverhältnis der Parteien ist nicht durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 7.10.2003 beendet worden. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein Miet- oder Pachtverhältnis, an dem auf Vermieter- oder - wie hier - auf Mieterseite mehrere Personen beteiligt sind, wirksam nur gegenüber allen Vertragspartnern gekündigt werden kann (BGH, NJW 2005, 1714; BGHZ 26, 102). Danach bedurfte es einer Kündigung gegen die Beklagte zu 1) nur dann nicht, wenn diese im Zeitpunkt der Kündigung bereits aus dem Mietvertrag ausgeschieden war. Hiervon kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht ausgegangen werden. Weder ist es zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zu einem Mietaufhebungsvertrag gekommen noch hat die Klägerin ihrer Entlassung aus dem Mietvertrag ausdrücklich oder konkludent zugestimmt. Dass der Beklagte zu 2) seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau Hausverbot erteilt und dies der Geschäftsführung der Klägerin erklärt haben soll, wie die Klägerin substanzlos behauptet, rechtfertigt ebenso wenig eine Entlassung der Beklagten zu 1) aus dem Mietvertrag wie die unsubstanziierte Behauptung, die Beklagte zu 1) sei bei Ausspruch der Kündigung schon seit mehr als zwei Monaten nicht mehr in dem Ladenlokal gesehen worden. Weder war die Beklagten zu 1) nach dem zugrunde liegenden Miet- oder Pachtvertrag zu einer ständigen persönlichen Anwesenheit in den Mieträumen verpflichtet noch stand dem Ausspruch einer Kündigung auch gegenüber der Beklagten zu 1) entgegen, dass der Klägerin deren zustellungsfähige Anschrift nicht bekannt gewesen sein will (was hat die Klägerin unternommen, um die Anschrift festzustellen?). Insoweit hätte die Kündigung gegebenenfalls öffentlich zugestellt werden müssen. Gleiches gilt, soweit der Beklagte zu 2) der Klägerin bereits im April 2003 mitgeteilt haben soll, sein Bruder Youssuf sei jetzt sein Partner.

Unabhängig hiervon ist die Klägerin mit ihren erstmals in zweiter Instanz vorgetragenen Gründen zur Rechtfertigung der Kündigung allein gegenüber dem Beklagten zu 2) auch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

(b) Fristlose Kündigung vom 4.12.2003

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die der Senat sich zu eigen macht (GA 234 R, 2. Abs.), hat auch die Kündigung vom 4.12.2003 nicht zu einer Beendigung des Miet-/Pachtverhältnisses geführt. Einen wichtigen Grund i.S. des § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB hat die Klägerin nicht vorgebracht. Die in ihrem Kündigungsschreiben vom 4.12.2003 aufgeführten Gründe lassen verwertbare Einzelheiten ebenso wenig erkennen wie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Hierauf haben die Beklagten bereits in ihrer Klageerwiderung hingewiesen, ohne dass die Klägerin ihre Ausführungen hierauf vertieft hat. Eines Hinweises der Kammer bedurfte es insoweit nicht, zumal sie durch das Landgericht bereits im Verfahren 16 O 55/04 auf die unzureichende Begründung der die Kündigung vom 4.12.2003 stützenden Tatsachen hingewiesen worden ist. Rechtserhebliches hierzu ist dem Vorbringen der Klägerin auch in zweiter Instanz nicht zu entnehmen.

Darüber hinaus erfordert eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß Nr. 15 b MV einen nachhaltigen Verstoß gegen die Interessen und Unternehmensziele der Klägerin. Dass setzt bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch einen sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden erheblichen Vertragsverstoß voraus. Den in der Kündigung niedergelegten Gründen (Küche am 28.5.03 im Abendbereich geschlossen gehalten; am 26. + 27.11.2003 Küche im Mittagsbereich zu spät geöffnet; zu lange Wartezeiten zwischen Bestellung und Auslieferung; Anpöbelung eines Mitarbeiters der Klägerin am 26.11.2003 gegen Schichtende; Widersetzen gegenüber dem Wach- und Schließdienst am 27.11.2003; am 27.11.2003 keine Belieferung der Kunden mit Speisen; Androhung von Schlägen am 3.12.2003 gegenüber einem Azubi der Klägerin) lässt sich hieraus mangels nachvollziehbarer Sachdarstellung weder für sich allein noch bei der gebotenen Gesamtwürdigung eine solche Nachhaltigkeit entnehmen. Selbst die von ihr mit Schriftsatz vom 5.7.2005 vorgelegten "Lob und Tadel"-Bescheinigungen sind durchweg inhaltsleer und nicht geeignet, einen erheblichen Vertragsverstoß zu belegen. Soweit die Klägerin sich bemüht hat, die angeblichen Vertragsverstöße erstmals in der Berufung im Einzelnen zu spezifizieren, ist sie hiermit jedenfalls auch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

Die Klägerin beruft sich zur Rechtfertigung der Kündigung auch ohne Erfolg auf einen fortbestehenden Zahlungsrückstand. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sich die Beklagten i.S. von Nr. 15 d MV mit der Miet- oder Pachtzahlung länger als einen Monat in Rückstand befunden haben. Erstinstanzlich hat die Klägerin vorgetragen (GA 118), dass ihre Forderung gegen die Beklagten am 1.12.2003 "0 €" betrug. Die Beklagten haben sich diesen Vortrag zu eigen gemacht und hierüber haben die Parteien verhandelt. Damit hat die Klägerin gemäß § 288 ZPO zugestanden, dass zum 1.12.2003 ein Miet- bzw. Pachtrückstand nicht bestanden hat. Hieran ist sie auch in zweiter Instanz gebunden (§ 535 ZPO).

(c) Fristlose Kündigung vom 6.1.2004

Auch die fristlose Kündigung vom 6.1.2004 hat das Miet- oder Pachtverhältnis nicht beendet. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sich die Beklagten zu diesem Zeitpunkt mit der Miete/Pacht länger als einen Monat in Rückstand befunden haben. Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Beklagten in 12/03 zu einer Mietzahlung nicht verpflichtet waren.

Nach dem insoweit nicht substanziiert bestrittenen und gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehenden Vorbringen der Beklagten, hat die Klägerin ihnen den vertragsgemäßen Gebrauch der Mieträume ab 27.11.2003 teilweise entzogen, weil sie ihnen den Schlüssel für den Nebeneingang zu den Betriebsräumlichkeiten entzogen hat. Unstreitig ist der Klägerin durch einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Neuss insoweit aufgegeben worden, an die Beklagten den Schlüssel zur Öffnung des Nebeneingangs herauszugeben. Das Amtsgericht hat die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 30.1.2004 bestätigt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landgericht mit Beschluss vom 7.7.2004 (23 S 103/04) als unzulässig verworfen.

Der Entzug bzw. die Nichtherausgabe des Schlüssels für den Nebeneingang stellt sich rechtlich als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) dar und führte gemäß § 536 Abs. 1 BGB zu einer anteiligen Tauglichkeitsbeschränkung der Mieträume für den vertragsgemäßen Gebrauch, so dass die Beklagten lediglich zur Zahlung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet waren. Diese schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO im Hinblick auf die vertraglich festgeschriebene Funktion des Nebeneingangs als alleinige Anlieferungsmöglichkeit (Präambel zum Mietvertrag, Satz 2) auf 30 % der Bruttomiete, wobei der Senat den Umständen nach allerdings davon ausgeht, dass eine Anlieferung - wenn auch unter erschwerten Bedingungen - jedenfalls faktisch über den Haupteingang des Gebäudes möglich war (vgl. BGH, ZMR 2005, 524).

Für die Zeit vom 11.12.2003 bis 6.1.2004 war die Stromversorgung nach dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig zu behandelnden Vorbringen der Beklagten unterbrochen und der Klägerin mit einstweiliger Verfügung des Amtsgerichts Neuss vom 15.12.2003 (GA 176) aufgegeben worden, diese wiederherzustellen. Die hierdurch herbeigeführte Gebrauchsbeeinträchtigung, die vor allem die für den Betrieb der Pizzeria notwendigen elektrischen Geräte betraf, bewertet der Senat gemäß § 287 ZPO mit weiteren 50 %. Hinsichtlich des überschießenden Betrages stand den Beklagten darüber hinaus gemäß § 320 Abs. 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zu, dessen bloßes Bestehen einen kündigungsrelevanten Verzug ausschloss (vgl. BGH NJW 1999, 53).

Eine Aufklärungspflichtverletzung ist insoweit weder erkennbar noch von der Klägerin schlüssig aufgezeigt. Insbesondere war das Landgericht nicht gehindert, die unstreitigen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die insoweit ergangenen Entscheidungen des Amtsgerichts Neuss und des Landgerichts Düsseldorf als vorgetragenen Prozessstoff zu verwerten und mangels entgegenstehenden Sachvortrags hieraus zu Lasten der Klägerin nachteilige Schlüsse zu ziehen.

Soweit die Klägerin erstmals in der Berufung vorgetragen hat, der Nebeneingang sei immer zu ihren Öffnungszeiten geöffnet gewesen und es sei somit jederzeit eine Anlieferung für den Beklagten möglich gewesen, ist sie mit diesem Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.

(d) Fristlose Kündigung vom 21.6.2004

Die fristlose Kündigung vom 21.6.2004 scheitert bereits an § 112 InsO. Danach kann der Vermieter ein Miet- oder Pachtverhältnis nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wegen Verzuges mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist (§ 112 Nr. 1 InsO),und nicht wegen einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners kündigen (§ 112 Nr. 2 InsO). Nach dem Vorbringen der Klägerin hat das Finanzamt Neuss II Anfang Mai 2004 Insolvenzantrag gestellt. Das Amtsgericht Düsseldorf hat insoweit mit Beschluss vom 28.5.2004 Maßnahmen gemäß § 5 InsO angeordnet (und nicht wie von den Parteien vorgetragen und im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführt ist, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 2) eröffnet). Infolgedessen konnte die Kündigung vom 21.6.2004 nicht mehr auf den vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Mietrückstand bis einschließlich Mai 2004 gestützt werden. Wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses war danach auch die Kündigung gegenüber der Beklagten zu 1) unwirksam.

(e) Fristlose Kündigung vom 29.7.2004

Schließlich hat auch die fristlose Kündigung vom 29.7.2004 nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt. Zum einen ist dem Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht zu entnehmen, dass die Kündigungssperre des § 112 InsO bei Ausspruch der Kündigung bereits entfallen war. Zum anderen hat ein kündigungsrelevanter Rückstand - wie die Ausführungen nachfolgend unter 2) zeigen - nicht bestanden. Im Übrigen hat die Klägerin den Inhalt der Kündigung durch Vorlage des Kündigungsschreibens erstmals in zweiter Instanz in das Verfahren eingeführt, so dass sie hiermit auch gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert ist.

2. Zahlungsantrag über 8.476,25 €

Soweit das Landgericht der Klägerin den Mietzinsanspruch in geltend gemachten Höhe ohne Differenzierung im Einzelnen insgesamt versagt hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die Beklagten waren weder gemäß § 536 Abs. 1 BGB noch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) berechtigt, die vereinbarte Miete über den gesamten Zeitraum von Dezember 2003 bis Juni 2004 auf Null zu kürzen. Zugunsten der Klägerin errechnet sich vielmehr für die Zeit von Dezember 2003 bis Februar 2004 ein Mietrückstand in Höhe von insgesamt 1.524,84 €, der gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB ab 5.10.2004 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

(a) Wie vorstehend unter 1 b) ausgeführt, waren die Beklagten berechtigt, die Dezembermiete 2003 in Höhe von 1.185,75 € wegen der fehlenden Stromversorgung und des Entzugs des Schlüssels für den Nebeneingang um 80 % zu mindern. Dies entspricht einem Betrag von 948,60 €. In Höhe der Differenz von 237,15 € sind sie nach Wegfall ihres Zurückbehaltungsrechts aus § 320 Abs. 1 BGB spätestens durch Rückgabe der Mietsache im August 2004 zur Mietzahlung verpflichtet. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt mangels Spezifizierung weder eine weitergehende Minderung noch sind über den 30.11.2003 hinausgehende Mietzahlungen schlüssig dargelegt.

(b) Nach dem erstinstanzlich nicht substanziiert bestrittenen und gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig zu behandelnden Vorbringen der Beklagten wurde die von der Klägerin in 12/2003 unterbrochene Stromversorgung am 6.1.2004 insgesamt wieder hergestellt, so dass sich für die Zeit vom 1.1. bis 6.1.2004 eine anteilige Minderung von 114,75 € (= 1.185,75 : 31 Tage x 6 Tage = 229,50 € x 50 %) errechnet. Für den weiterbestehenden "Schlüsselmangel" ergibt sich eine weitere Minderung von 355,73 € (= 1.185,75 € x 30 %), mithin eine Gesamtminderung von 470,48 €. Hinsichtlich des Differenzbetrages von 715,27 € sind die Beklagten nach Wegfall ihres Zurückbehaltungsrechts aus § 320 Abs. 1 BGB spätestens durch Rückgabe der Mietsache im August 2004 zur Mietzahlung verpflichtet. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt mangels weitergehender Spezifizierung keine darüber hinausgehende Minderung.

(c) Für Februar 2004 errechnet sich wegen des fortbestehenden "Schlüsselmangels" für die Zeit bis 20.2.2004 eine 30%-ige Minderung von 245,33 € (= 1.185,75 € : 29 x 20 x 30 %). Als weiterer Mangel kommt nach dem erstinstanzlich nicht substanziiert bestrittenen und gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und unstreitig anzusehenden Vorbringen der Beklagten die Auswechselung der an die Gastronomieräume angrenzenden Schwingtür zur Küche gegen eine fest verschlossene Tür zu, so dass den Beklagten dadurch eine Nutzung der Pizzeria im Gastronomie- und Thekenbereich nicht mehr möglich war. Eine weitere nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung ergibt sich daraus, dass die Klägerin ihrem Personal untersagt hatte, die Speisen der Beklagten zu verkaufen, und es zumindest geduldet hat, dass ihr Personal potentiellen Kunden der Beklagten mitgeteilt hat, die Pizzeria der Beklagten existierte nicht mehr. Im Hinblick auf die Schwere dieser Mängel, die zum Erlass der durch Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.4.2004 bestätigten einstweiligen Verfügung vom 8.3.2004 führte, schätzt der Senat die den Beklagten zustehende Minderung ab 21.2.2004 auf insgesamt 100%. Dies entspricht für die Zeit vom 21.2. bis 29.2.2004 einem Betrag von 368 €. Insgesamt ist die Februarmiete danach um 613,33 € gemindert, so dass sich hieraus ein Mietrückstand von 572,42 € errechnet. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt mangels Spezifizierung keine weitergehende Minderung.

(d) Der Senat geht mit dem Landgericht davon aus, dass die Miete im Hinblick auf die im Tenor der einstweiligen Verfügung vom 8.3.2004 aufgeführten Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebs der Beklagten in den Monaten März bis Juni 2004 insgesamt um 100 % gemindert war, § 536 Abs. 1 BGB.

(e) Rückständige Nebenkosten in Höhe von 176 € sind nicht substanziiert dargelegt.

(f) Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg darauf, das Landgericht habe den Vortrag in den gegen die Klägerin ergangenen und im Tatbestand des angefochtenen Urteil aufgezählten Entscheidungen in den einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Amtsgericht Neuss und dem Landgericht Düsseldorf nicht als unstreitig zugrunde legen dürfen. Die Beklagten haben sich erstinstanzlich ausdrücklich hierauf berufen und hieraus eine Minderung der Miete auf Null abgeleitet. Den jeweils zugrunde liegenden Sachverhalt haben die Beklagten durch Bezugnahme zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Die Antragsschrift vom 2.3.2004 im Verfahren 16 O 55/04 LG Düsseldorf und den gegen sie wegen Nichterfüllung der einstweiligen Verfügung vom 8.3.2004 ergangenen Ordnungsgeldbeschluss hat die Klägerin als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 24.6.2004 selbst in das Verfahren eingeführt, ohne die darin angeführten und von den Beklagten als Mangel reklamierten Beanstandungen in einer dem § 138 Abs. 2 ZPO entsprechenden erheblichen Weise zu bestreiten. Hinzukommt, dass das erstinstanzlich vorgelegte Schreiben vom 21.6.2004 (GA 55) seinem objektiven Inhalt nach bei verständiger Würdigung gemäß § 133 BGB nur den Schluss zulässt, dass die Klägerin den Beklagten die Nutzung der Betriebsräumlichkeiten trotz der gegen sie erlassenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 15.4.2004 weiterhin verweigerte und unter Verstoß gegen ihre Überlassungspflicht aus § 535 BGB nur gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 39,52 € täglich gestatten wollte. Aufgrund dieser besonderen Umstände durfte das Landgericht ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht davon ausgehen, dass die in Rede stehenden Vertragsverletzungen der Klägerin von dieser nicht ernsthaft bestritten waren und dementsprechend den in den Verfügungsverfahren dargestellten Sachverhalt als unstreitig behandeln und zum Gegenstand der Entscheidung machen, zumal die Klägerin soweit ersichtlich ein ihr mögliches Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts vom 15.4.2004 nicht eingelegt hat, was wiederum nahe legt, dass die dem Verfügungsverfahren zugrunde liegenden Tatsachen zutreffend waren.

Soweit die Klägerin demgegenüber erstmals in zweiter Instanz sämtliche der vorgetragenen Mängel bestreitet und sich insbesondere darauf beruft, die Stromunterbrechung habe nur einen Tag (15.12.2003) angedauert, der Nebeneingang sei jederzeit von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet gewesen und sie habe ihre Verpflichtungen aus der einstweiligen Verfügung vom 8.3.2004 spätestens am 15.3.2004 vollständig erfüllt und die Beklagten hätten den Pizzabetrieb uneingeschränkt weiterbetrieben, ist sie hiermit gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Sie trägt nicht vor, dass sie diesen Vortrag erstinstanzlich nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat. Im Übrigen haben die Parteien - wie aus dem Schreiben der Klägerin vom 21.6.2004 (GA 51) hervorgeht - über die Nutzung der Mieträume verhandelt. Insoweit nimmt das Schreiben Bezug auf ein Schreiben der Beklagtenvertreter vom 15.6.2004 (GA 342), das die Aufforderung an die Klägerin enthält, den Anordnungen aus dem Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 15.4.2004 (16 O 55/04) nachzukommen. Auch dies widerspricht dem Vorbringen der Klägerin, die Beanstandungen seien am 15.4.2004 erledigt gewesen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus eine Nutzungsbeeinträchtigung mit dem Hinweis auf eine angebliche Gewerbeuntersagung der Stadt Dormagen zum 1.11.2003 verneint hat, ist ihr Vorbringen ohne Substanz. Mit ihrem zweitinstanzlichen Beweisantritt (GA 292) ist sie darüber hinaus gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert:

für den Feststellungsantrag: 14.229,00 € (12 x 1.185,75 €)

für den Zahlungsantrag: 8.476,25 €

Ende der Entscheidung

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