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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: I-10 U 24/08
Rechtsgebiete: VVG, BGB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 59
VVG § 61
BGB § 536 c Abs. 2 Satz 1
ZPO § 286 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Oktober 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aufgrund eines Brandschadens vom 08.07.2002 in dem Gebäude W. Markt 11 - 19 in W., in dem die Beklagte zum Brandzeitpunkt einen Supermarkt betrieb, aus übergegangenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten hat am 10.04.2007 als Ausgleichsanspruch gemäß § 59 VVG an die Klägerin einen Hauptforderungsbetrag von 234.687,11 € und Zinsen in Höhe von 67.664,12 € gezahlt. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (GA 307 - 311). Das Landgericht hat die zuletzt in Höhe von 199.310,44 € nebst Zinsen verfolgte Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits insgesamt der Klägerin auferlegt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 312 ff.). Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren vermeintlichen Schadensersatzanspruch im Umfang ihres erstinstanzlichen Unterliegens weiter. Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht u.a. geltend, das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, die Beklagte habe nicht gegen ihre Verpflichtung aus § 3 Nr. 1 des Mietvertrages i.V.m. Ziffer 5 des Leistungskatalogs zum Mietvertrag vom 27.09.2001 verstoßen. Mit dem von ihr behaupteten grob fahrlässigen und schadensursächlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mängelanzeige aus § 10 MV und insbesondere auch § 536 c Abs. 2 Satz 1 BGB habe sich das Landgericht nicht auseinander gesetzt und hierbei entscheidungserheblichen Sachvortrag übergangen. Bei einem Austausch der Sicherungs-Hauptverteilung wäre eine Isolationsmessung der gesamten Elektrik des Supermarktes durchgeführt und hierbei der geringer gewordene Isolationswiderstand im Bereich der regelwidrig angebrachten bzw. befestigten elektrischen Leitungskabel festgestellt worden. Hierdurch wäre das Brandereignis vermieden worden. Wäre zudem aufgrund des der Zeugin W. als Repräsentantin der Beklagten zuzurechnenden Wissensstandes (Herausschlagen eines Blitzes bzw. Funkens aus dem Verteilerkasten, Herausspringen der Sicherung, Knacken und Funkensprühen im Bereich des Sicherungskastens) ihrem Versicherungsnehmer die Mangelhaftigkeit der elektrischen Anlage angezeigt worden, hätte dieser den Austausch der Sicherungs-Hauptverteilung veranlasst. Auch hierbei wäre das defekte Kabel ausgetauscht worden und es wäre nicht zu dem Brand gekommen. Das Landgericht habe auch zu Unrecht eine Repräsentantenstellung der Zeuginnen G. und P. sowie ein grob fahrlässiges Verhalten dieser Zeuginnen verneint. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vortrags wird auf die Berufungsbegründung vom 14.01.2008 (GA 384 ff.) Bezug genommen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 14.03.2008 (GA 420 ff.) um Zurückweisung der Berufung. Ihre Haftung käme allenfalls in Betracht, wenn sie den Brand grob fahrlässig verursacht hätte. Das Landgericht habe zutreffend eine grobe Fahrlässigkeit auch von Repräsentanten nicht festgestellt. Wenn die Voraussetzungen des § 61 VVG nicht gegeben seien, scheide aufgrund des Regressverzichts ein Schadensersatzanspruch gleich aus welchem Rechtsgrund aus. Hinsichtlich des hier allenfalls in Betracht kommenden Unterlassens seien die Voraussetzungen des § 61 VVG nicht erfüllt. Im Übrigen bestreitet sie die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Gutachten zur Schadenshöhe und zur Brandursache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen sowie auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

Die Akte 431 UJs 547/02 StA Wuppertal war zu Beweiszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen:

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht wegen des Brandschadens vom 08.07.2002 kein Schadensersatzanspruch in zuletzt noch geltend gemachter Höhe von 199.310,44 € zusteht. Dem Gebäudeversicherungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Vermieter der Beklagten ist mangels gegenteiliger Erkenntnisse ein Regressverzicht der Klägerin für den Fall zu entnehmen, dass der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH NZM 2002, 795; BGHZ 145, 393). Der Regress ist dem Gebäudeversicherer selbst dann verwehrt, wenn der Mieter - wie hier die Beklagte - haftpflichtversichert ist (BGH, NJW 2006, 3712; WuM 2007, 144). Der Senat geht mit dem Landgericht auch davon aus, dass die Klägerin, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (statt vieler: Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl. 1998, § 6, Anm. 14; § 61, Anm. 6), die Voraussetzungen einer Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a.F. (analog) nicht bewiesen hat.

Die Klägerin beruft sich in diesem Zusammenhang erfolglos darauf, das Landgericht habe sich mit dem in erster Instanz behaupteten grob fahrlässigen und schadensursächlichen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mängelanzeige aus § 10 des Mietvertrages und insbesondere auch § 536 c Abs. 2 Satz 1 BGB nicht näher auseinander gesetzt. Soweit die Klägerin danach behauptet, bei einer rechtzeitiger Information des Vermieters oder Beauftragung eines Elektrounternehmens mit der Überprüfung des Verteilerkastens, die eine Isolationsmessung beinhaltet hätte, hätte der Isolationsfehler durch Ausmessen der Anlage rechtzeitig festgestellt und der Brand vermieden werden können (GA 55/387 f), kommt es weder darauf an, ob das der Beklagten insoweit vorgeworfene Unterlassen schadensursächlich war noch bedarf es einer Entscheidung, ob die Beklagte oder einer ihrer Repräsentanten insoweit der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens trifft. Zwar kann der Versicherungsfall auch durch Unterlassen herbeigeführt werden. Das ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer das ursächliche Geschehen in der Weise beherrscht, dass er die Entwicklung und die drohende Verwirklichung der Gefahr zulässt, obwohl er die geeigneten Mittel zum Schutze des versicherten Interesses in der Hand hat und bei zumutbarer Wahrnehmung seiner Belange davon ebenso Gebrauch machen könnte und sollte wie eine nicht versicherte Person. Damit andererseits der Versicherungsschutz nicht unangemessen beschränkt wird, muss der Versicherungsnehmer jedoch das zum Versicherungsfall führende Geschehen gekannt haben. Dabei ist notwendig und ausreichend die Kenntnis von Umständen, aus denen sich ergibt, dass der Eintritt des Versicherungsfalls in den Bereich der praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehenden Möglichkeit gerückt ist (BGH, Urt. v. 14.7.1986, DAR 1986, 357 = MDR 1987, 34 = NJW 1986, 2838 = VRS 71, 342 = VersR 1986, 962). Hinzukommen muss weiterhin ein grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers oder seines Repräsentanten gerade in Bezug auf den eingetretenen Schaden (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.1992, MDR 1992, 1032 = NJW-RR 1992, 1053 = VersR 1992, 1087).

Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass diese Voraussetzungen in Bezug auf ein Verhalten der Beklagten bzw. ihrer Repräsentanten erfüllt sind. Es steht bereits nicht fest, dass die Sicherungs-Hauptverteilung allein aufgrund der Angaben des Elektromeisters O. in seinem Schreiben vom 2.03.2001 hätte erneuert werden müssen. Danach soll die vorhandene Sicherungs-Hauptverteilung nicht mehr den VDE-Vorschriften entsprochen haben und ihr Austausch gegen eine zeitgemäße Anlage erforderlich gewesen sein. Der gerichtliche Sachverständige Manfred G. hat hierzu in seinem Gutachten vom 15.03.2005 (Seite 3) ausgeführt, dass die Anlage veraltet gewesen sei und wahrscheinlich den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung geltenden Vorschriften entsprochen habe. Eine Pflicht des Vermieters zur Erneuerung lässt sich allein hieraus nicht ableiten. Für die Beurteilung der Frage, ob ein vermietetes Ladenlokal einen gewährleistungspflichtigen Mangel aufweist, ist in erster Linie seine von den Mietvertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit, nicht aber die Einhaltung bestimmter technischer Normen maßgebend. Fehlt es an einer Beschaffenheitsvereinbarung, so ist die Einhaltung der maßgeblichen technische Normen geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (BGH, Urt. v. 6.10.2004, GE 2004, 1586 = MDR 2005, 743 = NJW 2005, 218 = WuM 2004, 715 = ZMR 2005, 108). Ein Anspruch auf Anpassung veralteter technischer Anlagen an neuere Standards wird dem Mieter - abgesehen von den Fällen einer (akuten) Gesundheitsgefährdung - nicht zugebilligt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.8.1998, GE 1998, 1208= NZM 1999, 302 = WuM 1998, 657 = ZMR 1998, 687; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.6.2002, DWW 2004, 295 = GE 2002, 1058 = GuT 2003, 89 = NZM 2002, 737 = OLGR 2004, 502 = ZMR 2002, 819, rk. gem. Nichtannahmebeschl. v. 21.1.2004, XII ZR 164/02). Da die Beklagte den Mietvertrag zudem in positiver Kenntnis des Inhalts des Schreibens O. abgeschlossen hat, gilt die Mietsache in diesem Zustand als vertragsgemäß, so dass ein auf Erneuerung der Sicherungs-Hauptleitung gerichteter Erfüllungsanspruch ohne neue, von den Feststellungen O. abweichende Erkenntnisse ausgeschlossen war (BGH, Urt. v. 18.4.2007, GE 2007, 840 = GuT 2007, 208 = NZM 2007, 484 = ZMR 2007, 605). Ob die Beklagte ihrerseits verpflichtet war, allein aufgrund des Schreibens O. tätig zu werden, ist vor diesem Hintergrund mehr als zweifelhaft, mag jedoch dahinstehen. Jedenfalls ist ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten bzw. eines Repräsentanten in Bezug auf den eingetretenen Schaden nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen.

Grob fahrlässig handelt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 18.12.1996, VersR 1997, 35; BGH, Urt. v. 29.4.1998, NJW-RR 1998, 1172 = NZV 1998, 324 = VersR 1998, 1231), wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Die Annahme grober Fahrlässigkeit setzt zudem auf der subjektiven Seite voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares Verhalten außer Acht gelassen worden ist.

Hieran fehlt es nach den in zulässiger Weise getroffenen Feststellungen. Danach war schadensursächlich der Umstand, dass in dem von außen nicht ohne weiteres zugänglichen bzw. nicht einsehbaren Hohlraum unter dem erhöhten Marktleiterbüro eine Leitung mittels eines Metallhakens unfachgerecht so befestigt war, dass die Isolierung des Kabels bedingt durch den Druck des Metallhakens im Laufe der Zeit zunehmend beschädigt wurde mit der Folge einer ansteigenden Erwärmung des umgebenden Holzes durch einen immer stärkeren Stromabflusses und dem zum Schluss hierdurch verursachten Brand. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte, dass die Beklagten oder einer ihrer Repräsentanten hiervon Kenntnis hatten. Weder der Aussage der Zeugin G. noch den Aussagen der Zeuginnen P. und W. lassen sich insoweit ausreichende Anhaltspunkte entnehmen. Es mag zwar sein, dass ein Versicherungsnehmer, der weiß, dass die vorhandene Sicherungs-Hauptverteilung nicht mehr den VDE-Bestimmungen entspricht und deswegen zu erneuern ist, mit der Möglichkeit rechnen muss, diese selbst könne aufgrund ihres veralteten Zustands zu einer Gefahrenquelle werden. Dass aufgrund des Unterlassen des Austausches der Sicherungs-Hauptleitung aber die Brandgefahr wegen eines unerkannt fehlerhaft angebrachten Kabels unter dem Marktleiterbüro bestehen und hierdurch erheblich erhöht werden könnte, liegt dagegen - jedenfalls im Sinne eines grob fahrlässigen Schuldvorwurfs - fern (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.1992, a.a.O.). Daher wird die Beklagte jedenfalls für das Risiko, das sich hier verwirklicht hat, nicht derart mitverantwortlich, dass eine Haftungsfreistellung der Klägerin analog § 61 VVG a.F. geboten wäre. Darauf, ob der Brandschaden bei rechtzeitigem Austausch der Sicherungs-Hauptverteilung - wie die Klägerin unter Verweis auf die Gutachten N. und G. meint - hätte vermieden werden können, kommt es mithin nicht an. Ebenso scheitert hieran der Vorwurf der Berufung (GA 395, 1. Abs.), die Beklagte treffe ein schwerwiegendes grob fahrlässiges Organisationsverschulden i.S. eines Unterlassens bzw. der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und der Erteilung von Handlungsanweisungen für ihre Mitarbeiter bei Auftreten von Ereignissen der hier streitgegenständlichen Art. Auch insoweit ist im Übrigen den ein Organisationsverschulden verneinenden Ausführungen des Landgerichts zuzustimmen.

Der Senat teilt ferner die Auffassung des Landgerichts, dass auch in Bezug auf die in den Wochen bzw. Monaten vor dem Brandereignis aufgetretenen Knackgeräusche und "eigenartigen" Gerüche kein i.S. des § 61 VVG a.F. relevantes grob fahrlässiges Verhalten von Repräsentanten der Klägerin bewiesen ist.

Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist (BGH VersR 1996, 1229 = NJW 1996, 2935; BGHZ 107, 229, 230f und 122, 250, 253 m.w.N.). Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache reicht dabei nicht aus, um ein solches Repräsentantenverhältnis anzunehmen (BGHZ aaO.; BGH VersR 1990, 736). Ebenso wenig begründen allein verwandtschaftliche (Ehegatte, Kinder) oder allein vertragliche Beziehungen, kraft derer der Dritte die Obhut über das versicherte Risiko ausübt (z. B. Miet, Arbeits, oder Geschäftsbesorgungsverträge), die Repräsentantenstellung (BGH VersR 1990, 736; NJWRR 1990, 1305; BGHZ 107, 229, 231f). Vielmehr muss ein Repräsentant unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls befugt sein, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (Risikoverwaltung). Hat der Versicherungsnehmer die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag einem Dritten übertragen, ist dieser insoweit sein Repräsentant (BGH, Urt. v. 14.3.2007, IV ZR 102/03).

Hieran gemessen kommt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme allenfalls die Zeugin W. als Repräsentantin der Beklagten in Betracht. Diese war nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt (UE S. 11, 12), als Bezirksleiterin für die Beklagte - u.a. auch für den streitgegenständlichen Markt - tätig und Ansprechpartnerin der Beklagten für die in der Filiale tätigen Mitarbeiterinnen B., G. und P. Damit war die Zeugin, da die Position des Marktleiters vorübergehend nicht besetzt war, von der Beklagten insoweit zumindest stillschweigend mit der Risikoverwaltung beauftragt und hat diese auch übernommen.

Demgegenüber erfüllen weder die Zeuginnen B., G. und P. die die Annahme einer Repräsentantenstellung ausfüllenden Kriterien.

Die Zeugin B. war nach eigenen Angaben etwa ein halbes Jahr im Markt der Beklagten beschäftigt und hat dort "Waren eingeräumt und die Kasse gemacht". Hierbei handelte es sich ersichtlich um untergeordnete Tätigkeiten, nicht aber um die Übertragung eines die Repräsentantenstellung begründenden eigenverantwortlichen Vertretungs- oder sonstigen Rechtsverhältnisses.

Die Zeugin G. hat zwar bekundet, sie habe seinerzeit dort alles gemacht, sei im Laden, aber auch an der Kasse gewesen; sie sei sozusagen stellvertretende Filialleiterin gewesen. Allein mit diesen Angaben lässt sich eine Repräsentantenstellung der Zeugin aber nicht begründen. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer und an dessen Stelle zu handeln (BGHZ 122, 250, 253). Das setzt voraus, dass die versicherte Sache vollständig in die Obhut des Dritten, der die volle Risikoverwaltung übernommen hat, übergegangen ist (BGHZ 107, 229; Veith/Gräfe, Der Versicherungsprozess, § 1, RdNr, 419 ff.). An einer solchen eigenverantwortlichen Rechtsstellung der Zeugin fehlt es. Sie ergibt sich auch nicht daraus, dass die Zeugin nach eigenem Bekunden gelegentlich den Schlüssel mit nach Hause genommen hat.

Auch die Zeugin P. kann entgegen der Auffassung der Berufung nicht als Repräsentantin der Beklagten eingestuft werden. Die Zeugin hat vor dem Landgericht bekundet, sie sei damals dort Kassiererin gewesen. Außerdem sei sie von Zeit zu Zeit auch als Filialleiterin tätig gewesen, d. h. sie habe hin und wieder die Aufgaben eines Filialleiters zusammen mit der Zeugin N. (jetzt G.) wahrgenommen, sozusagen als Stellvertreter, weil kein Filialleiter vorhanden gewesen sei. Hieraus ergibt sich weder, dass der Zeugin vollständig die Obhut über den Markt überlassen noch dass sie berechtigt war, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für die Beklagte zu handeln. Vielmehr hat sie auftretende Probleme nach eigenem Bekunden nicht selbst gelöst, sondern an die zuständige Bezirksleiterin, d. h. an die Zeugin W., weitergegeben. Das schließt den konkreten Umständen nach die Annahme einer Repräsentantenstellung aus.

Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin auch gegen die Feststellung der Kammer, ein grob fahrlässiges Verhalten der Zeugin W. sei in Bezug auf den eingetretenen Brandschaden nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Auch insoweit vermag die Klägerin einen Verfahrensfehler nicht aufzuzeigen. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind (vgl. BGH, NJW 2004, 1876 m.w.N.). Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, NJW 1987, 1557, 1558; NJW 1999, 3481, 3482). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor, wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können, oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH, NJW 1991, 1894, 1895; NJW 1997, 2757, 2759).

Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Urteils nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat aufgrund einer ausführlichen Würdigung der Aussagen der Zeuginnen B., G., P. und W. und unter Einbeziehung des eingeholten Sachverständigengutachtens sowie der beigezogenen Strafakten mit nachvollziehbarer Begründung ausgeführt, warum die Zeugin W. nicht grob fahrlässig Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt und insoweit i.S. des § 61 VVG a.F. keine Ursache für den Eintritt des Brandereignisses gesetzt hat. Dies gilt auch in Bezug auf die Verletzung einer vertraglichen Anzeigepflicht. Die Beweiswürdigung ist in sich geschlossen, widerspruchsfrei, plausibel und nicht mit Verstößen gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze behaftet. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen begründen, werden von der Berufung weder schlüssig aufgezeigt noch sind sie dem erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien zu entnehmen. Die Beklagte versucht lediglich in unzulässiger Weise ihre Würdigung an die Stelle der gerichtlichen Beweiswürdigung zu setzen. Dass die Zeugin W. - und nur dieses ist bewiesen - das Herausschlagen eines Blitzes oder Funkens aus dem Sicherungskasten sowie das Herausspringen einer Sicherung selbst wahrgenommen hat, begründet - wie schon das Landgericht ausgeführt hat - auch in Zusammenhang mit den mitgeteilten Knackgeräuschen nicht den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens i.S. des § 61 VVG (a.F.). Das gilt umso weniger, als die Zeugin die vor Ort anderweitig beschäftigten Elektriker gebeten hat, den Verteilerkasten wegen der Auffälligkeiten zu überprüfen. Dass sie keinen "erweiterten" Auftrag erteilt hat, vermag den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht auszufüllen. Dies würde bei dem Schadensverlauf erfordern, dass sie andere Schadens-Mängelursachen mit den Auffälligkeiten im Verteilerkasten in Verbindung hätte bringen müssen. Davon kann keine Rede sein, zumal die Elektriker ihr mitgeteilt hatten, dass der Verteilerkasten in Ordnung sei.

Sind aber die Voraussetzungen des § 61 VVG a.F. nicht gegeben, wird von dem Regressverzicht des Gebäudeversicherers auch ein übergegangener Anspruch wegen Verletzung einer vertraglichen Anzeigepflicht erfasst.

Steht der Klägerin danach kein Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu, hat das Landgericht der Klägerin mit Recht auch die Kosten auferlegt, soweit die Parteien den Rechtsstreit aufgrund der Zahlung des Haftpflichtversicherers der Beklagten teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 199.310,44 €

Ende der Entscheidung

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