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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: I-10 U 30/04
Rechtsgebiete: BGB, InsO, ZPO
Vorschriften:
BGB § 398 | |
InsO § 166 | |
ZPO § 265 Abs. 2 |
2. Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer "stillen" Sicherungszession.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Januar 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
Die Parteien streiten im Wege der Feststellungsklage darüber, ob die Beklagte aufgrund der Vereinbarung vom 29.8.2002 (GA 5-8) verpflichtet war, gegenüber der ursprünglichen Klägerin (nachfolgend Insolvenzschuldnerin bzw. Schuldnerin genannt), der H. Hotel S. Betriebsgesellschaft mbH, vormals H. Hotel D. B. Betriebsgesellschaft mbH, seit dem 1.11.2002 ein Angebot zum Abschluss eines Hotelpachtvertrages abzugeben, und ob die Beklagte wegen Nichterfüllung dieser Pflicht u.a. zum Ersatz des der Insolvenzschuldnerin entgangenen Gewinns verpflichtet ist. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil (GA 179 ff.) verwiesen. Das Landgericht hat der Klage im Umfang der in der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2003 (GA 163 f.) gestellten Schlussanträge der vormaligen Klägerin stattgegeben.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 21.1.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung wurde mit Verfügung des Senatsvorsitzenden antragsgemäß bis 21.4.2004 verlängert. Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 1.4.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger als Insolvenzverwalter hat das Verfahren mit Schriftsatz vom 8.9.2004 aufgenommen.
Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Sie macht unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens u.a. geltend, entgegen der Annahme des angefochtenen Urteils habe sie ihre Ratenzahlungspflicht gemäß § 5 der Vereinbarung vom 29.8.2002 - der Kläger hat dies mit Schriftsatz vom 3.11.2004 unstreitig gestellt - erfüllt. Der Klageantrag zu 1) sei schon deshalb unzulässig, weil die Klägerin ohne weiteres auf Abgabe des Angebots hätte klagen können. Spätestens durch Abrücken von einem möglichen Erfüllungsanspruch sei der Antrag unzulässig geworden. Im Übrigen habe sie ihre Verpflichtungen gemäß §§ 3 und 4 der Vereinbarung in jeder Hinsicht erfüllt. Die Insolvenzschuldnerin verfüge nicht einmal über die betrieblichen Strukturen, um das Hotel ordentlich führen und Mieten zu ihren Gunsten erwirtschaften zu können. Jedenfalls habe ihr schon vor Zustandekommen eines Pachtvertrages wegen der Insolvenz der Schuldnerin ein außerordentliches Kündigungsrecht zugestanden, von dem sie hiermit Gebrauch mache. Hilfsweise erklärt sie den Rücktritt von der Vereinbarung vom 29.8.2002. Schließlich fehle es an prüfbarem Vortrag, dass der Insolvenzschuldnerin wegen entgangenen Gewinns in der Zeit vom 1.11.2002 bis 31.12.2010 ein Schaden entstanden sei bzw. künftig entstehe. Bereits aufgrund der in 2003 erfolgten Sitzverlegung nach Bad G., spätestens aber nach Einleitung des Insolvenzverfahrens sei die Schuldnerin gar nicht mehr in der Lage gewesen, den Hotelbetrieb zu führen. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 8.10.2004 (GA 261 ff.) verwiesen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 3.11.2004, auf den im Einzelnen Bezug genommen wird (GA 324 ff.), um Zurückweisung der Berufung.
Mit Schriftsatz vom 20.4.2004 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Abtretungsurkunde vorgelegt, auf die im Einzelnen verwiesen wird (GA 218). Danach sind die streitgegenständlichen Ansprüche bereits am 5.12.2002 an einen Herrn Dr. K. (nachfolgend Zessionar genannt) abgetreten worden. Auf die sich hieraus für die Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis des Klägers ergebenden Konsequenzen wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers - Rechtsanwalt W. - durch den Berichterstatter am 30. und 31.5.2005 telefonisch hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin behauptet, es sei von einer Sicherungszession auszugehen, so dass er nach § 166 Abs. 2 InsO einzugsberechtigt sei. Die Parteien der Abtretung seien sich zu deren Zeitpunkt darüber einig gewesen, dass die Abtretung nur zur Sicherung der Ansprüche des Zessionars erfolgt sei. Der Senat hat den Sach- und Streitstand in der mündlichen Verhandlung vom 2.6.2005 ausführlich erörtert und den Kläger erneut auf die fehlende Aktivlegitimation und den nicht ausreichenden Vortrag für die Annahme einer Sicherungszession hingewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen und den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen ist. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Beklagte entsprechend dem Feststellungsbegehren zu 1) verpflichtet war, gegenüber der Insolvenzschuldnerin seit dem 1.11.2002 ein Angebot zum Abschluss eines Pachtvertrages über die im Haus-/Hotelobjekt K. 19 A, 4. D. gelegenen Räumlichkeiten zu einem monatlichen Pachtzins von 32.500 € zzgl. MWSt. und einer Laufzeit bis zum 31.12.2010 abzugeben. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger entsprechend den Feststellungsanträgen zu 2) und 3) den der Insolvenzschuldnerin entgangenen Gewinn zu ersetzen, den diese aus dem Betrieb des vorgenannten Hotels in der Zeit vom 1.11.2002 bis 3.12.2003 und vom 4.12.2003 bis 31.12.2010 erlangt hätte bzw. künftig erlangen würde. Die Klage scheitert bereits daran, dass die Insolvenzschuldnerin sämtliche Ansprüche aus der Vereinbarung vom 29.8.2002 nach dem Vorbringen des Klägers bereits am 5.12.2002 an den Zessionar abgetreten hat, so dass der Kläger zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche nicht aktivlegitimiert ist.
Die Bestimmung des § 265 Abs. 2 ZPO findet zugunsten des Klägers keine Anwendung. Zwar hat danach eine nach Rechtshängigkeit vorgenommene Abtretung auf den Prozess keinen Einfluss. Dieser wird vielmehr zwischen den bisherigen Parteien und bei Übernahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter von diesem als Partei kraft Amtes in gesetzlicher Prozessstandschaft weitergeführt (Thomas/ Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 265, RdNr. 12). § 265 Abs. 2 ZPO setzt jedoch voraus, dass die Abtretung nach Rechtshängigkeit erfolgt ist. Diese wird gemäß § 261 Abs. 1 ZPO durch Erhebung der Klage begründet. Das erfordert gemäß § 253 Abs. 1 ZPO die Zustellung der Klageschrift. Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses geltend gemachten Anspruchs tritt gemäß § 261 Abs. 2 ZPO mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.
Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Die Abtretung der der späteren Insolvenzschuldnerin aus dem Vertrag vom 29.8.2002 zustehenden Ansprüche an den Zessionar datiert vom 5.12.2002 und liegt damit zwar nach Anhängigkeit der Klage (27.11.2002) aber vor deren Rechtshängigkeit, weil die Klageschrift der Beklagten erst am 9.5.2003 (GA 56) zugestellt worden ist.
2. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei der Abtretung vom 5.12.2002 um eine "stille" Sicherungsabtretung handelt. Diese ermächtigt den Zedenten in der Regel, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen (BGH, Urt. v. 19.10.2000, BGHZ 145, 352; BGH, Urt. v. 9.12.1992, BGHZ 120, 387). Eine stille Sicherungszession verschafft dem Zessionar nach außen die volle Gläubigerstellung. Nach innen, im Verhältnis zum Sicherungsgeber, wird der Sicherungsnehmer jedoch durch die Sicherungsabrede in seinen Befugnissen eingeschränkt. Der Sicherungsnehmer soll lediglich eine Sicherheit erhalten und zwar auf den Zeitraum begrenzt, in dem die gesicherte Forderung besteht, also regelmäßig nur solange, bis seine gesicherten Ansprüche erloschen sind. Er darf dementsprechend erst bei Eintritt des Sicherungsfalls von der Zession Gebrauch machen (Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung, Band II, S. 263 f.; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 398, RdNr. 6). Dass die Abtretung vom 5.12.2002 diesen Anforderungen entspricht, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Dem Wortlaut der Abtretungsurkunde, für die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der in ihr enthaltenen Erklärungen streitet, ist ein schuldrechtlicher Sicherungsvorbehalt nicht zu entnehmen. Danach hat die spätere Insolvenzschuldnerin vielmehr "sämtliche Ansprüche aus der Vereinbarung vom 29.8.2002, insbesondere den Anspruch auf Abschluss eines Pachtvertrages, den Anspruch auf Besitzüberlassung und Nutzung des Hotels und den in diesem Zusammenhang bestehenden Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte" uneingeschränkt an den die Abtretung annehmenden Zessionar abgetreten. Soweit der Kläger vorgetragen und unter Zeugenbeweis gestellt hat, die Parteien der Abtretung seien sich zu deren Zeitpunkt darüber einig gewesen, dass die Abtretung nur zur Sicherung der Ansprüche des Zessionars erfolgt sei, fehlt es an nachvollziehbaren Einzelheiten, die den Schluss auf ein fiduziarisches Rechtsgeschäft im Verhältnis zwischen der Zedentin und dem Zessionar zulassen. Der beantragten Vernehmung der Zeugen A. und Dr. K. ist nicht nachzugehen, da dies auf eine prozessrechtlich unzulässige Ausforschung hinausliefe. Auf den unzureichenden Sachvortrag hat der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen, ohne dass der Kläger hierauf reagiert hat.
Ob der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft hätte geltend machen können, bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger sich weder auf eine ihm von dem Zessionar erteilte Ermächtigung zur Prozessführung noch auf ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung des fremden Rechts im eigenen Namen berufen hat (vgl. BGH NJW 2000, 738 m.w.N.). § 166 Abs. 2 InsO rechtfertigt zugunsten des Klägers keine abweichende Beurteilung, weil die Anwendung dieser Norm eine Sicherungsabtretung voraussetzt, die der Kläger - wie vorstehend ausgeführt - nicht schlüssig dargelegt hat. Es kann daher auch dahinstehen, ob eine in dem Übergang auf eine gewillkürte Prozess- standschaft liegende Klageänderung nur mittels einer hier nicht erfolgten Anschlussberufung zulässig gewesen wäre.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Hinsichtlich des Streitwerts bleibt es bei der Wertfestsetzung vom 31.8.2004.
Ende der Entscheidung
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