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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: I-10 U 30/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 174
BGB § 177 Abs. 2
BGB § 180
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
1. Zur Anwendung des § 180 BGB auf eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund.

2. Ein Mietrückstand ist dann nicht mehr unerheblich im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt.

3. Der Mieter, der dem Vermieter die Mietsache entgegen seiner Rückgabepflicht infolge der Vertragsbeendigung vorenthält, kann sich nicht darauf berufen, während der Vorenthaltung sei eine weitere Verschlechterung des Mietobjekts eingetreten, die bei Fortbestehen des Mietverhältnisses eine weitere Minderung des Folge gehabt hätte.

4. Macht der Vermieter sein Vermieterpfandrecht umfassend geltend, steht ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nicht zu.

5. Macht der Vermieter wegen vorzeitiger Beendigung des befristeten Mietvertrags einen Mietausfallschaden geltend, sind etwaige zwischen Beendigung des Mietverhältnisses und Neuvermietung eintretende Tauglichkeitsbeschränkungen nach allgemeinen Schadensgrundsätzen ebenso zu berücksichtigen wie sie bei einem fortbestehenden Mietverhältnis zu berücksichtigen gewesen wären, denn auch insoweit hätte die Klägerin bei Auftreten eines Mangels nur einen gemäß § 536 Abs. 1 BGB reduzierten Mietzins verlangen können.


Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Januar 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.426,76 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 5.063,85 € ab dem 2.12.2004, aus weiteren 8.416,95 € ab dem 19.5.2005 und aus weiteren 6.945,96 € ab dem 27.10.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Klägerin zu 19 %, der Beklagte zu 81 %.

Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 20 %, der Beklagte zu 80 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Nachdem der Beklagte seine erstinstanzlich erfolglos gebliebene Widerklage im Senatstermin zurückgenommen hat, streiten die Parteien nur noch über die Berechtigung der in Höhe von 30.134,66 € durch das Landgericht zuerkannten Mietzins-, Nutzungsentschädigungs- und Schadensersatzforderung der Klägerin. Wegen der getroffenen Feststellungen wird - soweit der Senat nicht in dem sich aus den nachfolgenden Entscheidungsgründen ergebenden Umfang von einem abweichenden Sachverhalt ausgeht - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (GA 191 - 195). Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 30.134,66 € nebst Zinsen in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang (GA 191) verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (GA 196 ff.).

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Vortrags rügt der Beklagte, dass das Landgericht die fristlose Kündigung vom 20.7.2004 unter Verstoß gegen die §§ 180, 543, 305 BGB aufrechterhalten habe. Das Landgericht habe es insbesondere versäumt, ihn darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der Beweislastverteilung davon ausgehe, dass die Übersicht über das Mietkonto nicht von der Klägerin vorzulegen sei und die von ihm behaupteten Zahlungen nicht ausreichend substantiiert seien. Tatsächlich habe im Zeitpunkt der Kündigung eine Überzahlung von 6.352,60 € vorgelegen. Die zuerkannte Minderung für die Toilette sei unter Verstoß gegen § 536 BGB unzureichend lediglich mit 10 % bemessen worden. Die weiteren vom Landgericht nicht berücksichtigten Mängel (Baugerüst, Zerstörung der Toilettenschüssel) hätten zu einer weiteren Minderung der Nutzungsentschädigung und des Schadensersatzanspruchs führen müssen. Wegen der näheren Einzelheiten seines Vortrags wird auf die Berufungsbegründung vom 27.4.2006 (GA 277 ff.) sowie auf die Schriftsätze vom 24.7.2006 (GA 396 ff.) und vom 14.8.2006 (GA 404 ff.) verwiesen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 16.6.2006 (GA 354 ff.) um Zurückweisung der Berufung. Sie bestreitet die inhaltliche Richtigkeit der von der Beklagten erstmals in zweiter Instanz vorgetragenen Mietzahlungsübersichten und verweist insbesondere darauf, dass die Beklagte die Rüge vermeintlich fehlender Vollmacht - insoweit unbestritten - erst mehr als ein Jahr nach Zugang der Kündigung erhoben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache in Höhe von 9.707.90 € (= 30.134,66 € abzgl. berechtigter Forderung 20.426,76 €) Erfolg. In Höhe weiterer 20.426,76 € beruht das angefochtene Urteil im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Überlegungen:

1. Formelle Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 20.7.2004

Die Bedenken des Beklagten gegen die formelle Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 20.7.2004 sind unbegründet. Es mag dahinstehen, ob die das Kündigungsschreiben unterzeichnende(n) Person(en) hierzu nach der Satzung der Klägerin bzw. von deren vertretungsberechtigten Organen rechtsgeschäftlich bevollmächtigt war(en).

(a) Waren der oder die Unterzeichnenden zur Abgabe der Kündigungserklärung gemäß § 164 BGB bevollmächtigt, hätte der Beklagte die Kündigung gegebenenfalls gemäß § 174 BGB wegen Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde unverzüglich zurückweisen müssen. Hieran fehlt es. Gehörte(n) die unterzeichnende(n) Person(en) dagegen zu den alleinvertretungsberechtigten gesetzlichen Vertretern der Klägerin kommt eine Zurückweisung wegen fehlender Vorlage einer Vollmachtsurkunde nicht in Betracht (BGH, NZM 2002, 163 = ZMR 2002, 893).

(b) Stammt die Unterschrift dagegen nicht von einer zeichnungsberechtigten Person, ist die Kündigung wegen der fehlenden Vertretungsmacht regelmäßig unwirksam. Bei einer Kündigung ist eine Vertretung ohne Vertretungsmacht grundsätzlich unzulässig (§ 180 Satz 1 BGB). Ausnahmsweise findet jedoch entgegen der mit Hinweis auf die vereinzelt gebliebene und nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BAG und dem überwiegenden Schrifttum stehenden Entscheidung des OLG Celle (ZMR 1999, 237) begründeten Auffassung des Beklagten gemäß § 180 Satz 2 BGB die Vorschrift des § 177 BGB auf empfangsbedürftige einseitige Willenserklärungen entsprechende Anwendung, wenn der Erklärungsempfänger die von dem Vertreter durch die Unterzeichnung des Schriftstücks konkludent behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet (BAG, AP Nr 24 zu § 626 BGB; BAG, ArbuR 1998, 202 = ZAP ERW 1998, 14; LAG Hamm (Westfalen), Urt. v. 25.2.2004 - 18 Sa 1519/03; Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 180, RdNr. 1; Staudinger/Rolfs (2003) § 542 BGB, RdNr. 27). Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Der Beklagte hat die Kündigungserklärung nach deren Zugang am 22.7.2004 nicht wegen der fehlenden Vertretungsmacht des oder der Unterzeichnenden unverzüglich zurückgewiesen. Er hat erstmals im Schriftsatz seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 29. August 2005 (GA 120 a.E.) und damit ca. 13 Monate nach dem Zugang der außerordentlichen Kündigung und mehr als fünf Monate nach Rückgabe der Mieträume im April 2005 die fehlende Vertretungsmacht der die Kündigung unterzeichnenden Person(en) gerügt. Daher hing die Wirksamkeit der Kündigung nach dem entsprechend anzuwendenden § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung der Klägerin ab. Die danach schwebend unwirksame Kündigung ist mit der in der Erhebung der Räumungsklage vom 4.10.2004 konkludent liegenden Genehmigung gemäß §§ 185, 184 Abs. 2 BGB mit Rückwirkung wirksam geworden. Soweit in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die rückwirkende Genehmigung einer rechtsgestaltenden Erklärung verneint wird, betrifft dies lediglich die Fälle, in denen die Gestaltungswirkung - anders als hier - innerhalb einer gesetzlichen Ausschlussfrist (BGH, NJW 1960, 1805: § 510 Abs. 2 BGB a.F.), erst nach Ablauf einer gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen (BAG, AP Nr 24 zu § 626 BGB: § 626 Abs 2 BGB bzw. § 54 Abs 2 BAT) oder einer rechtsgeschäftlich gesetzten (Ausschluss-) Frist (BGHZ 143, 42: § 326 Abs. 1 Satz 2. 2. Hs. BGB) eintreten konnte und eine konkludente Genehmigung jedenfalls nicht bis zum Ablauf der Frist erteilt worden ist. Aus der die Ausschlussfrist des § 510 Abs. 2 BGB a.F. betreffenden Entscheidung BGH, NJW 1960, 1805 lässt sich entgegen der Auffassung des OLG Celle nicht generell ableiten, dass § 180 BGB auf eine fristlose Kündigungserklärung keine Anwendung findet. Zwar bezweckt § 180 BGB den grundsätzlichen Schutz des Erklärungsempfängers vor einseitigen Rechtsgeschäften, die nicht vom Geschäftsherrn, sondern durch einen Vertreter vorgenommen werden, und bei denen bei dem Erklärungsempfänger hierdurch eine Ungewissheit über deren Wirksamkeit entstehen kann (Bamberger/Roth/Habermeier, § 180 BGB, RdNr. 1). Dieser Schutz besteht jedoch nicht unbeschränkt. Unter den dort ausdrücklich genannten Voraussetzungen konstatiert § 180 Satz 2 BGB eine Ausnahme von dem in § 180 Satz 1 BGB festgeschriebenen Grundsatz der Nichtigkeit einseitiger vollmachtloser Rechtsgeschäfte. Der Erklärungsempfänger hat es in der Hand, die Wirksamkeit einer ihm zugegangenen einseitigen Willenserklärung eines Vertreters zu prüfen und diese gegebenenfalls zurückzuweisen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, nimmt er einen etwaigen Schwebezustand bewusst oder unbewusst in Kauf. Er ist dann nach dem Normzweck des § 180 BGB weniger schutzbedürftig und es finden die Bestimmungen über den vollmachtlosen Abschluss von Verträgen (§§ 177 ff. BGB) entsprechende Anwendung. Das einseitig vorgenommene vollmachtlose Rechtsgeschäft ist abweichend von § 180 Satz 1 BGB lediglich schwebend unwirksam mit der Möglichkeit der Genehmigung und damit rückwirkender Wirksamkeit durch den Geschäftsherrn. Macht der Erklärungsempfänger von der Möglichkeit des § 177 Abs. 2 BGB (analog), den Geschäftsherrn zur Erklärung über die Genehmigung aufzufordern, keinen Gebrauch, kann er sich nach Erteilung der Genehmigung im Nachhinein nicht mehr auf die fehlende Vertretungsmacht des Ausführenden berufen. Das muss jedenfalls in den Fällen gelten, in denen sich - wie hier - eine Vermieterin in der Rechtsform der Klägerin und ein Einzelhandelskaufmann mit einem kaufmännischen Geschäftsbetrieb (Pelzatelier) gegenüberstehen. Gerade wenn der Vermieter keine natürliche Person, sondern - wie hier - als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit organisiert ist, muss der Mieter damit rechnen, dass einseitige Vertragserklärungen auch von solchen Personen abgegeben werden können, die nicht zu den gesetzlichen Vertretern gehören. Nimmt er die ihm zustehenden gesetzlichen Prüfungsmöglichkeiten (§§ 174, 177 Abs. 2 BGB) nicht wahr, bedarf er keines Schutzes durch Versagung der Möglichkeit einer nachträglichen, rückwirkenden Genehmigung.

(c) Unabhängig von vorstehenden Erwägungen ist im Übrigen davon auszugehen, dass dem Beklagten der Einwand der fehlenden Vertretungsmacht unter den besonderen Umständen des Streitfalls, die der Senat - wie ausgeführt - trotz der bereits am 2.12.2004 zugestellten Räumungsklage und der Räumung zum 15.3.2005 in dem insgesamt mehr als 13-monatigen Schweigen des Beklagten nach Zugang der Kündigungserklärung sieht - unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung (§ 242 BGB) - auch im Hinblick auf das Umstandsmoment versagt ist.

2. Materielle Wirksamkeit der Kündigung

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Mietverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 20.7.2004 beendet worden. Die Klägerin war bei Ausspruch der Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB mit der Zahlung eines nicht unerheblichen Teils der Miete für zwei aufeinander folgende Monate in Verzug. Die Beurteilung, ob der Mieter im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB mit einem nicht unerheblichen Teil des Mietzinses in Verzug ist, richtet sich nicht nach dem für den einzelnen Termin rückständigen Mietzins, sondern nach dem gesamten Mietzinsrückstand. Dieser ist dann nicht mehr unerheblich, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt (BGH, Urt. v. 15.4.1987, JZ 1987, 734 = MDR 1987, 928 = NJW-RR 1987, 903 = WM 1987, 317 = WPM 1987, 932 = ZMR 1987, 289). Nach den getroffenen Feststellungen und dem ergänzenden Berufungsvorbringen des Beklagten ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte bei Ausspruch und Zugang der Kündigung am 22.7.2004 mit der Zahlung der Miete allein für die Jahre 2003 und 2004 in Höhe eines Betrages von 10.920,07 € in Verzug befand.

(a) Mietrückstand 2003

Für das Jahr 2003 errechnet sich unter Berücksichtigung der von dem Beklagten in zweiter Instanz vorgelegten und von der Klägerin insoweit nicht bestrittenen Zahlungsübersicht (GA 304 ff.) ein Mietrückstand von 6.430,48 €.

Der Beklagte schuldete ab Januar 2003 eine monatliche Bruttomiete von 2.302,09 €. Minderungsrelevante Mängel macht der Beklagte insoweit mit der Berufung nicht mehr geltend. Die angeblichen für das frühere Mietverhältnis behaupteten Mängel macht der Beklagte für die Zeit nach der Novation nicht mehr geltend (GA 311).

In 2003 hat der Beklagte danach folgende Zahlungen erbracht:

 BelegDatumBetrag in EURLeistungsbestimmung
BK 2003-110.1.20035.000ohne
BK 2003-223.1.20032.203,09Miete 1/03
BK 2003-313.2.20032.303,09ohne
BK 2003-425.4.20034.500Miete 3+4/03
BK 2003-531.7.20034.600Miete 5+6/03
BK 2003-629.10.20031.000ohne
BK 2003-74.11.20031.000ohne
BK 2003-85.11.20033.000ohne
BK 2003-918.11.20031.500ohne
BK 2003-109.12.20032.500ohne
BK 2003-1112.12.2003500ohne
BK 2003-1219.12.20031.500ohne

- Die Zahlung des Beklagten vom 10.1.2003 über 5.000,00 € ist mangels Leistungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf die älteren Mietforderungen zu verrechnen (BGH, Urt. v. 10.10.2001, NZM 2002, 20). Das sind die aufgrund des kaufmännischen Bestätigungsschreibens der Klägerin vom 27.11.2002 (GA 79), dem der Beklagte nicht widersprochen hat, verbindlich festgestellten Mietrückstände in Höhe von 8.579,80 €. Das Schreiben der Klägerin vom 27.11.2002 erfüllt die Voraussetzungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Es ist zeitnah im Zusammenhang mit der in Bezug genommenen Besprechung vom 18.11.2002 abgesandt und gibt deren Inhalt und Ergebnis aus der Sicht der Klägerin wieder. Mangels rechtzeitigen Widerspruchs des Beklagten ist unwiderleglich zu vermuten, dass die Vereinbarung mit dem von der Klägerin bestätigten Inhalt zustande gekommen ist (BGHZ 40, 42, 46). Seine erstinstanzliche Behauptung, er habe dem Schreiben sogleich nach seinem Erhalt gegenüber Mitarbeitern telefonisch widersprochen, entbehrt jeglicher Konkretisierung. Auch ein Beweisantritt fehlt.

Zwar braucht der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dann nicht unverzüglich zu widersprechen, wenn sich der Inhalt des Schreibens so weit von dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung entfernt, daß der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen kann (BGHZ 40, 42, 44; 61, 282, 286; 93, 338, 343). Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen. Der Beklagte hat sich erstinstanzlich lediglich darauf beschränkt, die behauptete Vereinbarung wegen nicht näher spezifizierter Minderungsansprüche aus dem Ursprungsvertrag pauschal in Abrede zu stellen und ohne weitere Konkretisierung behauptet, die alte Miete sei überteuert gewesen und es sei nur darum gegangen, diese nach unten neu zu begründen. Das allein reicht für die Annahme, nach den vorgenannten Grundsätzen sei ein Widerspruch nicht erforderlich gewesen, nicht aus. Dies gilt umso mehr als die Zahlung des Beklagten die für Januar geschuldete Miete von 2.302,09 € um mehr als das doppelte übersteigt und der Beklagte zudem am 23.1.2003 weitere 2.203,09 € mit dem Zusatz "Miete Januar" geleistet hat. Da der Beklagte selbst nicht behauptet, an die Klägerin eine Vorausleistung erbracht zu haben und der Beleg BK 2002-16 für Dezember 2002 eine Mietzahlung von 2.303,00 € ausweist, kann es sich bei verständiger Würdigung nur um eine Zahlung auf die von der Klägerin für 2002 dargelegten Mietrückstände gehandelt haben.

Soweit er zweitinstanzlich erstmals versucht, mit den vorgelegten Mietkontenübersichten 1995 bis einschließlich 2002 eine Überzahlung zu konstruieren, ist er hiermit gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Das Landgericht hat insoweit auch nicht gegen eine Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verstoßen oder einen Gesichtspunkt übersehen, auf den der Senat nunmehr hinweisen müsste. Gehört ein bestimmter Gesichtspunkt - wie hier - aufgrund des entsprechenden Parteivorbringens der Parteien zum erstinstanzlichen Streitstoff und darf die Partei nicht darauf vertrauen, dass das Gericht ihn für unerheblich halten würde, muss sie ihre Prozessführung auch auf diesen Gesichtspunkt einrichten. Diesbezügliche Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind deshalb in der Berufungsinstanz selbst dann ausgeschlossen, wenn der Gesichtspunkt für das erstinstanzliche Urteil nicht erheblich geworden ist (BGH, Urt. v. 30.6.2006, V ZR 148/05). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Schreiben der Klägerin vom 27.11.2002 und der darin nach ihrer Auffassung verbindlich festgelegte Mietrückstand waren Gegenstand des erstinstanzlichen Parteivortrags, ohne dass der Beklagte darauf vertrauen durfte, dass dieser Vortrag unberücksichtigt bleiben würde. Im Übrigen bestand für das Landgericht keine Pflicht, den Beklagten darauf hinzuweisen, die Mietzahlungen auch für das vor der Novation bestehende Mietverhältnis darzulegen.

Für 2002 verbleibt danach ein Rückstand von 3.579,80 €. Soweit der Beklagte pauschal behauptet, seine Zahlungen seien mit Leistungsbestimmung erfolgt, ist dies den vorgelegten Belegen nicht zu entnehmen. Mangels Spezifizierung liefe eine Vernehmung der benannten Zeugin auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinaus. Dies gilt auch für die nachfolgenden Ausführungen, soweit eine Leistungsbestimmung nicht ausdrücklich vermerkt ist.

- Da der Beklagte für Januar eine Zahlung von 2.203,09 € erbracht hat, besteht insoweit ein Rückstand von 99,00 €.

- Die Zahlung vom 13.2.2003 über 2.303,09 € ist den Umständen nach gemäß § 366 Abs. 1 BGB auf die Miete für Februar 2003 zu verrechnen. Die Überzahlung von 1,00 € ist auf den Rückstand aus 2002 zu verrechen. Es verbleibt hier eine Restforderung von 3.578,80 €.

- Die Zahlung vom 25.4.2003 über 4.500 € ist nach der Leistungsbestimmung des Beklagten auf die Miete für März und April 2003 erfolgt, mithin gemäß § 366 Abs. 1 BGB in Höhe von je 2.250,00 € auf März und April zu verrechnen.

Es besteht jeweils für März und April ein Rückstand von 52,09 €.

- Die Zahlung vom 31.7.2003 über 4.600,00 € betrifft die Monate Mai und Juni 2003 und ist je zur Hälfte anzurechnen.

Es verbleibt für Mai und Juni ein Rückstand von je 2,09 €.

- Die per 12.8.2003 erteilte Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung 2002 über 168,22 € ist gemäß § 366 Abs. 2 BGB auf den Mietrückstand 2002 (3.578,80 €) zu verrechnen, so dass ein Betrag von 3.410,58 € verbleibt.

- Die Zahlungen vom 29.10. (1.000 €), 4.11. (1.000 €), 5.11. (3.000 €). 18.11. (1.500 €), 9.12. (2.500 €), 12.12. (500 €) und vom 19.12.2003 (1.500 €) - insgesamt 11.000,00 € - sind mangels Leistungsbestimmung des Beklagten gemäß § 366 Abs. 2 BGB in der aufgezählten Reihenfolge zunächst auf den Rückstand aus 2002 (3.410,58 €), dann auf den Rückstand für Januar 2003 (99,00 €), dann auf den Mietrückstand für März und April 2003 (2 x 52,09 €), dann auf den Rückstand für Mai und Juni 2003 (2 x 2,09 €) und anschließend auf die Miete ab Juli 2003 zu verrechnen. Nach Abzug der Mietrückstände aus 2002, aus Januar 2003 sowie aus März bis Juni verbleiben zugunsten des Beklagten 7.382,06 €.

Für die Monate Juli bis Dezember 2003 hat der Beklagte in 2003 keine weiteren Zahlungen erbracht, so dass sich der Rückstand aus den Mieten rechnerisch auf 6.430,48 € (= 6 x 2.302,09 € = 13.812,54 € - 7.382,06 €) beläuft.

(b) Mietrückstand 2004

 BelegDatumBetrag in EURLeistungsbestimmung
BK 2004-127.1.20043.000ohne
BK 2004-21.3.20041.600ohne
BK 2004-38.3.20041.500ohne
BK 2004-423.7.200410.000Miet a-cto. bis Mai

Mit dem Landgericht, auf dessen Ausführungen der Senat Bezug nimmt (UE S. 12), ist davon auszugehen, dass die vereinbarte Miete von 2.302,09 € wegen des unstreitigen Lochs in der Toilettendecke ab Februar 2004 in Höhe von 10 % gemindert war. Die Berufung zeigt keine Umstände auf, die für die Zeit von Februar bis Juli 2004 eine höhere Minderungsquote rechtfertigen. Die Behauptung des Beklagten, das Loch in der Decke habe dazu geführt, dass die Toilette für ihn und seine Angestellten nicht nutzbar gewesen sei, ist im Hinblick auf das aus den vorgelegten Fotos (Anlage B 5) ersichtliche Ausmaß der Beeinträchtigung nicht nachvollziehbar. Danach war die Gebrauchsbeeinträchtigung im Wesentlichen optisch bedingt und ihrem Umfang nach nicht höher zu bewerten, als die durch das AG Schöneberg (MM 1990, 231) zuerkannte Minderungsquote von 10 % für eine Lüftung der Toilette über der Küche der Mietwohnung. Bei dem sog. Loch über der Toilette handelte es sich ersichtlich um eine Loch in der Zwischendecke, das sicherlich einen unschönen Anblick bot und auch zu Geruchsbelästigungen geführt haben mag. Die Fotos lassen aber erkennen, dass die über der Toilette befindliche Betondecke geschlossen war, mithin keine Einblicke Dritter von oben in den Toilettenraum zuließ. Dass die Geruchsbelästigungen über den unmittelbar betroffenen Toilettenraum hinausgingen, ist ebenso wenig spezifiziert wie der angebliche Ungezieferbefall. Der Beklagte kann keinen einzigen Tag spezifizieren, an dem es angeblich durch das Loch in der Decke zu einem Befall mit Ungeziefer gekommen ist. Auch der Hinweis des Beklagten auf die Entscheidung des LG Berlin in MM 1988, 213 (Urt. v. 15.3.1988, 29 S 84/87) geht fehl. Anders als hier stand dem Mieter im Fall des LG Berlin eine funktionsfähige Toilette nicht zur Verfügung. Soweit der Beklagte sich erstmals in zweiter Instanz darauf berufen hat, nach dem Aufstemmen der Decke sei aus der darüber liegenden Decke Wasser in seine Toilette getropft, lässt dies zum einen weder inhaltlich noch zeitlich verwertbare Einzelheiten erkennen, zum andern ist der Beklagte hiermit gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert.

Infolge des Mangels schuldete der Beklagte für die Zeit von Februar bis Juli 2004 eine um 10 % geminderte Bruttomiete von 2.071,88 €. Selbst wenn dem Beklagten darüber hinaus wegen des unstreitigen Mangels im Hinblick auf dessen eher geringfügiges Ausmaß ein der Höhe nach auf das dreifache der Minderungsquote beschränktes Zurückbehaltungsrecht zuzubilligen ist (§§ 320 BGB, 287 ZPO), belief sich die von dem Beklagten zu zahlende Miete ab Februar bis zum Zugang der Kündigung rein rechnerisch auf 1.381,25 € monatlich. Damit schuldete der Beklagte gemäß § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. der Fälligkeitsregelung in § 5 Abs. 3 MV bis zum 5.7.2004 eine Miete in Höhe von insgesamt 10.589,59 € (= Jan.: 2.302,09 €; Feb. - Jul.: 6 x 1.381,25 €).

Die in 2004 nach der mit der Berufungsbegründung vorgelegten und von der Klägerin insoweit nicht bestrittenen Zahlungsübersicht geleisteten Zahlungen vom 27.1.2004 (3.000,00 €), 1.3.2004 (1.600,00 €) und vom 8.3.2004 (1.500,00 €) - insgesamt 6.100,00 € - sind mangels Leistungsbestimmung des Beklagten gemäß § 366 Abs. 2 BGB zunächst auf den Mietrückstand für 2003 in Höhe von 6.430,48 € anzurechnen. Es verbleibt danach für 2003 ein Mietrückstand von 330,48 €.

Damit ergibt sich folgender kündigungsrelevanter Mietrückstand:

Rest 2003: 330,48 €

Januar 2004: 2.302,09 €

Februar bis 5.7.2004: 8.287,50 €

Sa. : 10.920,07 €

Damit war der Kündigungstatbestand des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB bei Ausspruch und Zugang der Kündigung erfüllt.

Weitere Mängel hat der Beklagte für den kündigungsrelevanten Zeitraum mit seiner Berufungsbegründung nicht mehr geltend gemacht. Die Kündigung ist auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin vorher befriedigt worden ist. Die Zahlung des Beklagten über 10.000,00 € ist erst am 23.7.2004 erfolgt, d.h. nachdem das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung bereits beendet war. Gleiches gilt für die von der Klägerin erteilte Gutschriften aus der Betriebskostenabrechnung 2003 (253,32 €/per 4.8.04) und für die Inanspruchnahme der Bürgschaft (3.681,30 €/per 15.9.04).

Soweit der Beklagte sich auf angebliche Überzahlungen (wegen fehlerhafter Mieterhöhung und Mängeln der Mietsache) für die Zeit von 1995 bis 2002 aus dem vor der Novation bestehenden Mietverhältnis beruft, handelt es sich zum einen materiell-rechtlich um eine Aufrechnung, die, da bestritten, an dem in § 10 des schriftlichen Mietvertrags vom 17.1.2003 in zulässiger Weise vereinbarten (vgl. Senat, Urt. v. 8.6.2006, I-10 U 159/05, Urt. v. 30.3.2006, I-10 U 132/05; Urt. v. 10.3.2005, GuT 2005, 157 = NZM 2005, 667; Urt. v. 31.7.2003, 10 U 116/02; Urt. v. 6.3.2002, 10 U 160/02; Urt. v. 4.6.1998, 10 U 107/97, rechtskräftig gemäß Nichtannahmebeschl. V. 29.11.2000, XII ZR 201/98) und auch nach Vertragsbeendigung und Rückgabe der Mietsache weitergeltenden (vgl. BGH, WM 2000, 240; Senat, WuM 2000, 678; OLG Dresden, OLGR 1995, 67) vertraglichen Aufrechnungsverbot scheitert. Danach ist die Aufrechnung ausgeschlossen, es sei denn die Gegenforderung ist unbestritten oder rechtskräftig festgestellt.

Zum anderen ist der Beklagte hiermit gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert, weil insoweit ein Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 Nrn. 1+2 ZPO nicht vorliegt. Der Beklagte hat insbesondere nicht dargelegt, dass er es nicht aus Nachlässigkeit unterlassen hat, diesen Vortrag bereits erstinstanzlich zu präsentieren.

Auf den erstinstanzlich noch behaupteten und vom Landgericht zu Recht als unschlüssig zurückgewiesenen Kündigungsverzicht ist der Beklagte in der Berufung nicht mehr zurückgekommen.

3. Zahlungsansprüche

(a) Vertragliche Mietzinsansprüche für die Zeit bis zur Beendigung des Mietvertrages am 22.7.2004 stehen der Klägerin lediglich in Höhe von 5.063,85 € zu. Zwar ist das im Rahmen der Feststellung der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB noch mit dem dreifachen der Minderungsquote berücksichtigte Zurückbehaltungsrecht des Beklagten mit der Beendigung des Mietverhältnisses entfallen, so dass im Rahmen des Zahlungsanspruchs der mit 10.920,07 € festgestellte Kündigungsrückstand um 4.143,78 € zu erhöhen ist (= 2.302,09 € x 30 % = 690,63 € x 6 Monate) mit der Folge, dass der Zahlungsrückstand zunächst 15.063,85 € betrug. Hiervon ist jedoch die nach Zugang der Kündigung geleistete Zahlung über 10.000,00 € abzuziehen. Es verbleibt zugunsten der Klägerin ein Mietzinsanspruch von 5.063,85 €.

(b) Für die Zeit bis zur Räumung und Rückgabe der Mieträume (August 2004 - April 2005) kann die Klägerin grundsätzlich gemäß § 546 a Abs. 1 BGB eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete von 2.302,09 € monatlich verlangen. Wegen des fortbestehenden Toilettenmangels ist die monatliche Bruttomiete nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts gemäß § 536 Abs. 1 BGB um 10% zu mindern, so dass lediglich eine Miete von 2.071,88 € geschuldet war. Hiervon entfällt ein Minderungsanteil von 22,62 € (195 € x 10 % x 16 % MWSt) auf die geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen Letztere sind im Übrigen mit Ablauf des 31.12.2005 in Höhe weiterer 203,58 €/monatlich (= 195 € + 16 % - 22,62 €) wegen Eintritts der Abrechnungsreife für das Jahr 2004 nicht mehr geschuldet. Insgesamt errechnet sich hieraus zugunsten der Klägerin eine Nutzungsentschädigung von 8.416,95 € (Berechnung siehe nachfolgend).

Der Beklagte beruft sich demgegenüber ohne Erfolg darauf, das Landgericht habe ihm zu Unrecht eine weitergehende Minderung wegen des nach Ausspruch der Kündigung aufgestellten Baugerüsts und der Beschädigung der Toilettenschüssel im Dezember 2004 versagt. Nach der Rechtsprechung des BGH (LM Nr 3 a zu § 557 BGB), der sich der Senat angeschlossen hat (ZMR 2001, 447), kann sich der Mieter, der dem Vermieter die Mietsache entgegen seiner Rückgabepflicht infolge der Vertragsbeendigung vorenthält, nicht darauf berufen, während der Vorenthaltung sei eine weitere Verschlechterung des Mietobjekts eingetreten, die bei Fortbestehen des Mietverhältnisses eine weitere Minderung des Folge gehabt hätte. Hiervon ist auch das Landgericht zu Recht ausgegangen. Die Auffassung des BGH wird auch im mietrechtlichen Schrifttum nahezu einhellig geteilt (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 546 a BGB, Fn. 89). Sie beruht auf der zutreffenden Überlegung, dass den Vermieter nach Mietende keine Gebrauchsüberlassungspflicht mehr trifft (so ausdrücklich auch Sternel, PiG 35, 111, 124 unter 2 a). Das Berufungsvorbringen des Beklagten gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Für die Anwendung der Grundsätze über Treu und Glauben ist schon deshalb kein Raum, weil der Beklagte sich durch die unberechtigte Nichtzahlung der Miete selbst treuwidrig verhalten hat.

Aus dem der Klageschrift beigefügten Schreiben vom 13.9.2004 (GA 26), dem Beklagten am 14.9.2004 zugegangen, ergibt sich, dass die Klägerin ihr Vermieterpfandrecht umfassend ausgeübt hat. Das führt nach der Rechtsprechung des Senats (10 U 9/00, Urt. v. 26.4.2001; ebenso KG, Urt. v. 14.2.2005, DWW 2005, 199 = GE 2005, 613 = NZM 2005, 422 = OLGR 2005, 258; Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 546 a, RdNr. 9) wegen des mit der Geltendmachung des Vermieterpfandrechts dokumentierten fehlenden Rücknahmewillens zum Wegfall der Nutzungsentschädigung. Damit war der Beklagte für die Zeit ab 14.9. bis 9.12.2004 nicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung verpflichtet. Der Senat entnimmt den Ausführungen zur Klageschrift, dass die Klägerin ihr Vermieterpfandrecht mit Erhebung der Räumungsklage nicht weiter verfolgen wollte, so dass die Zahlungspflicht des Beklagte ab Zustellung der Klage bzw. deren Kenntnis, die - da eine ZU fehlt - frühestens auf den 9.12.2004 (GA 31) datiert werden kann, wieder einsetzte.

Damit errechnet sich die geschuldete Nutzungsentschädigung wie folgt:

August 2004: (2.071,88 - 203,58 €) 1.868,30 €

1.-13. September 2004: (2071,88: 30 x 13 - 203,58: 30 x 13) 809,59 €

Oktober 2004: 0,00 €

November 2004: 0,00 €

9.-31. Dezember 2004: (2071,88: 31 x 23 - 203,58: 31 x 23) 1.386,16 €

Januar - April 2005: (4 x 2.071,88) 8.287,52 €

Sa. 12.351,57 €

Nach Abzug der von der Klägerin erteilten Gutschriften über 253,32 € und 3.681,30 € verbleiben zugunsten der Klägerin 8.416,95 €.

(c) Schadensersatz wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung

Für die Zeit von Mai bis einschließlich September 2005 steht der Klägerin gegen den Beklagten nach der insoweit zutreffenden Auffassung des Landgerichts ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 20 Ziffer 6 MV zu. Endet ein befristetes Mietverhältnis - wie hier - vorzeitig durch fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus vom Mieter zu vertretenden Gründen, hat der Mieter dem Vermieter grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, der diesem in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Miete entsteht (BGH, DWW 2005, 151 = GE 2005, 607 = GuT 2005, 113 = MDR 2005, 618 = NZM 2005, 340 = ZMR 2005, 433). Hier verlangt die Klägerin zu Recht den Mietausfallschaden bis zur Neuvermietung am 1.10.2005. Zwar muss der Vermieter sich nach § 254 BGB darum bemühen, den Schaden, gegebenenfalls durch anderweitige Vermietung, gering zu halten. Daraus folgt aber nicht die Verpflichtung, sofort um jeden Preis zu vermieten. Die Beweislast für einen Verstoß des Vermieters gegen seine Schadensminderungspflicht trägt der Mieter. Hier lag zwischen Rückgabe der Mietsache im April 2005 und der Neuvermietung zum 1.10.2005 ein Zeitraum von nicht mehr als fünf Monaten. Dieser liegt noch innerhalb der Karenzzeit, die der Klägerin als Vermieterin hier einzuräumen war. Auch der BGH (a.a.O.) geht davon aus, dass sich aus einem Zeitraum von 8 1/2 Monaten zwischen Räumung und Neuvermietung eine Vermutung, die Klägerin habe gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, nicht herleiten lässt. Rechtserhebliches hierzu ist der Berufung nicht zu entnehmen. Der Beklagte legt nicht dar, dass die Klägerin die Räume zu einem früheren Zeitpunkt hätte vermieten können. Das bloße Bestreiten einer Neuvermietung zum 1.10.2005 ist unzureichend. Mit dem neuen Vortrag im Schriftsatz vom 4.8.2006 (GA 407), der Nachmieter habe die streitgegenständlichen Mieträume bereits zum 25.8.2005 angemietet, ist der Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, da der hierzu in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragte zuständige Mietsachbearbeiter der Klägerin eine Neuvermietung vor dem 1.10.2005 verneint hat.

Der Schaden besteht im wesentlichen in der dem Vermieter infolge der Kündigung entgehenden Gegenleistung, also in dem Betrag, den der Zahlungssäumige bei normalem Ablauf der Vertragserfüllung hätte zahlen müssen, ggf. unter Berücksichtigung einer Vorteilsausgleichung (BGH, BB 1998, 9 = MDR 1998, 95 = NJW 1998, 372 = NZM 1998, 75 = ZMR 1998, 20). Als nicht mehrwertsteuerpflichtigen Schadensersatz kann die Klägerin danach grundsätzlich die ihr entgangene Nettomiete zzgl. Nebenkostenvorauszahlungen (hier: 1.984,56) verlangen (BGH, a.a.O.; BGH, DWW 1996, 250 = GE 1996, 600 = MDR 1996, 354 = NJW-RR 1996, 460 = WPM 1996, 463 = ZMR 1996, 131). Da die Klägerin aber im Wege des Schadensersatzes lediglich so zu stellen ist wie sie bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung gestanden hätte, sind etwaige zwischen Beendigung des Mietverhältnisses und bis zur Neuvermietung eintretende Tauglichkeitsbeschränkungen nach allgemeinen Schadensgrundsätzen ebenso zu berücksichtigen wie sie bei einem fortbestehenden Mietverhältnis zu berücksichtigen gewesen wären, denn auch insoweit hätte die Klägerin bei Auftreten eines Mangels nur einen gemäß § 536 Abs. 1 BGB reduzierten Mietzins verlangen können. Der Entscheidung BGH LM Nr 3 a zu § 557 BGB lässt sich für diesen Fall Gegenteiliges nicht entnehmen.

Dementsprechend hätte der Beklagte wegen des fortbestehenden Toilettenmangels ab Mai lediglich eine um 10 % reduzierte Teilmiete (Grundmiete + Nebenkostenvorauszahlung, keine Mehrwertsteuer), d.h. lediglich eine Miete von 1.786,10 € (= 1.984,56 € - 10 %) geschuldet. Wegen des Ausfalls der Toilettenschüssel (im Dezember 2004) wäre die Miete um weitere 20 % zu reduzieren gewesen, so dass sich insgesamt eine angemessene Minderungsquote von 30 % ergibt (§ 287 ZPO). Eine höhere Minderung wegen des Ausfalls der Toilettenschüssel kommt nach den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in Betracht und ist zudem nicht dargelegt. Zwar konnte der Beklagte die in den Mieträumen gelegene Toilette nicht benutzen, er hatte aber - insoweit unstreitig - die Möglichkeit, die Toilettenräume in den Nachbargeschäften mitzubenutzen. Darüber hinaus handelt es sich nicht um Wohnräume, in denen die Sanitärräume einem 24-stündigen Mietgebrauch ausgesetzt sind, sondern um Geschäftsräume eines Pelzateliers, dass lediglich zu den üblichen Geschäftszeiten geöffnet war. Der Beklagte hat sich durch den Toilettendefekt auch nicht davon abhalten lassen, sein Geschäft noch über den Dezember 2004 hinaus zu betreiben und die Mieträume erst im April 2005 zurückzugeben. Auch dies zeigt, dass der Beklagte die Gebrauchsbeeinträchtigung selbst nicht als so gravierend angesehen hat, dass eine Fortführung seines Geschäfts nicht mehr möglich gewesen wäre. Das streitgegenständliche Baugerüst war im April 2005 bereits abgebaut, so dass sich hieraus eine Minderung nicht herleiten lässt.

Insgesamt steht der Klägerin als Schadensersatz danach für fünf Monate eine entgangene Miete von (1.984,56 € - 30 % = 1.389,19 € x 5 Monate =) 6.945,96 € zu.

4.

Aus den Ausführungen zu 3 a-c) errechnet sich eine Gesamtforderung der Klägerin von 20.426,76 € (= 5.063,85 € + 8.416,95 € + 6.945,96 €). Hiervon abweichend hat das Landgericht der Klägerin 30.134,66 € zuerkannt, so dass die Berufung in Höhe von 9.707.90 € Erfolg hat.

5.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 70.294,36 € (= Klage: 30.134,66 €; Widerklage: 40.159,70 €); für die mündliche Verhandlung vom 17.8.2006: 30.134,66 €

Ende der Entscheidung

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