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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: I-10 U 46/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 200 Satz 1
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 205
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 212 Abs. 1 Ziff. 1
BGB § 213
BGB § 214 Abs. 1
BGB § 548
BGB § 548 Abs. 1 Satz 1
BGB § 548 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 167
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 256
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Februar 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers wegen nicht bzw. schlecht ausgeführter Schönheitsreparaturen, Mängelbeseitigungs- und Rückbauarbeiten aus dem zum 31.12.2002 beendeten Mietverhältnis der Parteien über im 4. OG des Hauses G.-A.-Str. 45 in D. gelegene Mieträume. Wegen der getroffenen Feststellungen, einschließlich der gestellten Klageanträge, wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (GA 161 - 163). Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen (GA 163 ff.). Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Zahlungs- und Feststellungsbegehren weiter verfolgt. Der Senat hat den Klägervertreter durch den Berichterstatter telefonisch am 13.6.2006 auf die Entscheidung BGH VIII ZR 123/05 hingewiesen. Der Kläger hält die aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Verjährungsbeginn bei vorzeitiger Rückgabe der Mieträume für korrekturbedürftig. Es widerspreche der Gesetzessystematik und sei vom Gesetzgeber auch so nicht gewollt, dass die Verjährungsfrist auch dann bereits mit der Rückgabe der Mietsache beginne, wenn der Anspruch noch gar nicht entstanden sei. Die mietvertragliche Endrenovierungsvereinbarung enthalte eine Vereinbarung i.S. des § 205 BGB, so dass die Verjährung nicht bereits mit der Rückgabe der Mieträume im April 2002 begonnen habe. Zudem habe die Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Ziffer 1 BGB mit der Aufnahme der Rückbau- und Renovierungsarbeiten neu zu laufen begonnen. Die endgültige Rückgabe der Mieträumlichkeiten sei erst am 14.12.2004 erfolgt, als die Beklagte die zurückerhaltenen Schlüssel wieder ausgehändigt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (GA 182 ff.) und den Schriftsatz vom 23.6.2006 (GA 203 ff.) Bezug genommen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 31.7.2006 (GA 213 ff.) um Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Beurteilung. Das Landgericht hat mit einer in jeder Hinsicht überzeugenden Begründung angenommen, dass etwaigen Schadensersatzansprüchen des Klägers gemäß § 214 Abs. 1 BGB die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegensteht. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung nach Maßgabe der folgenden durch das Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen.

1.

Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, auch soweit sie auf unerlaubte Handlung gestützt sind, in sechs Monaten. Hierzu gehören neben Schadensersatzansprüchen wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen und Beschädigung der Mietsache auch die hier in Rede stehenden Ansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache sowie der unterlassenen Entfernung von Einbauten und anderer vom Mieter zurückgelassener Gegenstände. Nach § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger die Mieträume im April 2002 zurückerhalten hat. Hiervon ausgehend sind die geltend gemachten Schadensersatzansprüche des Klägers spätestens Ende Oktober 2002 verjährt (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Da die Klageschrift erst am 7.6.2005 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 22.7.2005 zugestellt worden ist, ist die sechsmonatige Verjährungsfrist vor ihrem Ablauf nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO gehemmt worden.

Hiergegen wendet sich der Kläger ohne Erfolg. Unerheblich ist insbesondere, dass das Mietverhältnis der Parteien erst zum 31.12.2002 beendet worden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH wird die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters gemäß §§ 548 Abs. 1 Satz 2, 200 Satz 1 BGB auch dann mit dem Zeitpunkt in Gang gesetzt, in dem er die Mietsache zurückerhält, wenn die Ansprüche erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen; denn mit § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB ist im Sinne des § 200 Satz 1 BGB "ein anderer Verjährungsbeginn" als der der Entstehung des Anspruchs bestimmt worden (BGHZ 162, 30, 35 ff.; BGH, NJW 2005, 2004). Entgegen der Ansicht des Klägers gilt das nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung aber nicht nur dann, wenn der Mietvertrag zum Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bereits beendet ist, sondern auch dann, wenn er, wie hier, erst später endet (unausgesprochen bereits BGH, NJW 2005, 2004; BGH, ZMR 2006, 507; zuletzt Urt. v. 23.5.2006, VI ZR 259/04). Die hiergegen vom Kläger mit Schriftsatz vom 23.6.2006 vorgebrachten Bedenken geben keine Veranlassung, von der in der Rechtsprechung des BGH als geklärt anzusehenden Rechtsfrage abzuweichen. Der Kläger als Vermieter wird durch diese Auslegung des § 548 BGB auch nicht unangemessen benachteiligt. Für den Fall der hier vereinbarten Endrenovierung hatte er die Möglichkeit, gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Hemmung der Verjährung - nach § 213 BGB auch für den Schadensersatzanspruch - noch vor Beendigung des Mietverhältnisses durch Erhebung der Feststellungsklage (§ 256 ZPO), dass der Mieter zur Renovierung verpflichtet ist, herbeizuführen (BGH, NJW 2005, 507). Hiervon hat er keinen Gebrauch gemacht.

Der Kläger hat die Mieträume auch im April 2002 zurückerhalten. Entscheidend für den Beginn der Verjährung nach § 548 BGB ist nicht die Rückgabe der Mietsache durch den Mieter, sondern nur, dass der Vermieter in die Lage versetzt wird, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen zu machen, und dass der Mieter mit Kenntnisnahme des Vermieters den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt, weil das Mietverhältnis sonst sein tatsächliches Ende nicht findet (st. Rspr., BGH, Urt. v. 23.5.2006, VI ZR 259/04; Urt. v. 22.2.2006, GE 2006, 646 - XII ZR 48/03; Urt. v. 28.7.2004, NJW-RR 2004, 1566 - XII ZR 153/03). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Aus dem außergerichtlichen Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 7.6.2002 (GA 146) geht hervor, dass die Beklagte dem Kläger die Schlüssel im April 2002 zurückgeschickt hat mit dem Bemerken, aus ihrer Sicht sei das Mietverhältnis nunmehr beendet. Damit hatte der Kläger zum einen nicht nur die Möglichkeit, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Mietsache zu machen, von der er ersichtlich auch Gebrauch gemacht hat (GA 147 a.E.). Zum anderen hatte die Beklagte für den Kläger erkennbar mit der Rücksendung der Schlüssel ihren Besitz vollständig und eindeutig aufgegeben. Ob der Kläger verpflichtet war, die Mieträume vorzeitig zurückzunehmen, mag dahin stehen. Denn nach dem Inhalt des Anwaltsschreibens vom 7.6.2002 hat er die Mieträume zurückgenommen. Der Kläger hat die Beklagte - insoweit rechtlich zutreffend - danach zwar darauf hingewiesen, dass das Mietverhältnis erst zum 31.12.2002 ende und sie daher verpflichtet sei, Miete und Nebenkosten weiter zu zahlen. Er hat jedoch die Rücknahme der Schlüssel nicht zurückgewiesen, sondern der Beklagten lediglich angeboten, ihr jederzeit wieder Zugang zu dem Objekt gewähren zu wollen und insoweit seine Bereitschaft bekundet, ihr hierzu auch die Schlüssel wieder auszuhändigen. Einen etwaigen, einer vorzeitigen Rückgabe der Mietsache entgegenstehenden Willen hat er damit nicht nach außen dokumentiert. Hieran muss er sich festhalten lassen (§ 116 Satz 1 BGB).

2.

Die Verjährung war auch nicht gemäß § 205 BGB gehemmt, weil die Endrenovierung nach der mietvertraglichen Vereinbarung erst zum 31.12.2002 geschuldet war. Die Fälligkeitsregelung stellt weder ein pactum de non petendo dar noch steht sie einem vertraglichen vorübergehenden Leistungsverweigerungsrecht gleich. Nach § 205 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist. Das setzt nach Sinn und Zweck der Vorschrift eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner voraus, wonach letzter berechtigt ist, eine bereits fällige Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen. Ist die Leistung - wie hier - jedoch von Anfang an erst zu einem bestimmten Zeitpunkt - nämlich bei Vertragsende - fällig, ist für eine Hemmung der Verjährung kein Raum. Die schlichte Fälligkeitsvereinbarung begründet kein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht des § 205 BGB.

Auch aus einer Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ergibt sich zugunsten des Klägers schon deshalb kein anderes Ergebnis, weil ein etwaiges Anerkenntnis der Beklagten nach Eintritt der Verjährung diese nicht beseitigt. Für einen etwaigen Verzicht auf die Einrede der Verjährung ist nichts dargetan. Im Übrigen hätte aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt (UE S. 8), eine etwaige, durch die Aufnahme von Renovierungsarbeiten neu in Gang gesetzte Verjährung spätestens im Mai/Juni 2003 zu laufen begonnen und wäre spätestens im Dezember 2003 abgelaufen. Die Berufung zeigt keine Umstände auf, die eine hiervon abweichende Beurteilung rechtfertigen.

3.

Mangels durchsetzbarer Schadensersatzansprüche fehlt der Feststellungsklage bereits das nach § 256 ZPO vorausgesetzte Feststellungsinteresse.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 15.940,58 € (14.206,65 € + 1.733,93 €)

Ende der Entscheidung

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