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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: I-10 U 61/06
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1357 |
Tenor:
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Klägerin das am 13.03.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach - Einzelrichter - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der weitergehenden Klage werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin EUR 688,62 zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen zu 88 % die Klägerin und zu 12 % die Beklagten. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 92 % die Klägerin und zu 8 % die Beklagten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin schloss mit den Beklagten am 30.04.2005 einen Mietvertrag über noch zu renovierende/fertigzustellende Gewerberäumlichkeiten und eine Privatwohnung. Die Büroräume sollten zum 01.06.2005, die Privatwohnung zum 01.09.2005 vermietet werden. Der Mietbeginn für die Büroräume wurde nach den landgerichtlichen Feststellungen auf den 01.07.2005 hinausgeschoben. Die Beklagten kündigten mit Schreiben vom 26.07.2005 (Bl. 14 GA) wegen vermeintlichen Zahlungsverzuges fristlos, was nach den nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts unberechtigt war.
In der Berufungsinstanz streiten die Parteien noch um die klageweise geltend gemachten Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung geleisteter EUR 350,- sowie Schadensersatz wegen überlassener Badeinrichtung, Umzugskosten und Maklerkosten, die das Landgericht als unbegründet abgewiesen hatte.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch nur in Höhe von EUR 350,- nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückerstattung von unstreitig gezahlten EUR 350,- nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit.
Es mag dahinstehen, ob und inwieweit die Gewerberäumlichkeiten der Klägerin Anfang Juli 2005 zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Verfügung standen und insoweit eine berechtigte Mietforderung bis zur fristlosen Kündigung entstanden ist. Die Beklagten machen selbst geltend, dass die Zahlung von EUR 350,- auf die vertraglich vereinbarte Kaution erfolgt sei. Über die Kaution ist binnen einer angemessenen Prüfungsfrist nach Beendigung des Mietverhältnisses abzurechnen, der nicht verbrauchte Betrag auszukehren. Die Abrechnungsfrist ist hier verstrichen, ohne dass die Beklagten dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin aufrechenbare Gegenansprüche gegenüber gestellt hätten. Die Beklagten haben mit Schreiben vom 04.08.2005 (Bl. 17 GA) erklärt, dass sie auf Schadensersatzansprüche verzichten. Offene Mietforderungen haben sie zu keiner Zeit geltend gemacht, insbesondere nicht bezüglich des Zeitraumes 01. bis 26.07.2005.
Der Rückzahlungsanspruch ist mangels vorheriger Fälligkeit und Geltendmachung zu verzinsen ab Rechtshängigkeit.
2.
Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Zurückweisung der Schadensersatzansprüche bezüglich der Badeinrichtung, Umzugskosten und Maklerkosten.
1. Badeinrichtung
Einen Anspruch auf Ersatz der Anschaffungskosten für die Badkeramik in Höhe von EUR 2.400,- hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Dieser Anspruch ist jedenfalls zur Höhe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, weil der Vortrag höchst widersprüchlich ist. Nach wie vor ist nicht schlüssig dargelegt, dass Badkeramik im Werte von EUR 2.400,- in die fraglichen Mieträume eingebracht worden ist. Hierzu hätte es der Darlegung bedurft, welche Sanitärkeramikartikel zu welchem Preis von der Klägerin zur Verfügung gestellt und eingebaut worden sein sollen. Entsprechender Vortrag ist nach wie vor nicht erfolgt.
Erstinstanzlich hat die Klägerin vorgetragen, die Sanitärkeramik gemäß Rechnung S. vom 04.08.05 (Bl. 27 f GA) als Restposten günstig in einem Fachmarkt erworben zu haben (Bl. 68 GA). Diese Artikel seien gemäß Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag vom 30.04.2005 (Bl. 10 GA) in das Bad im Dachgeschoss eingebaut worden. Die Rechnung enthält - worauf auch das angefochtene Urteil abgestellt hat - keine entzifferbaren Angaben zum Käufer sowie zu den vermeintlich eingebauten Sanitärartikel und deren Preisen. Überdies erstaunt das Datum der vorgelegten Rechnung: Am 04.08.2005 hatten die Beklagten bereits die fristlose Kündigung erklärt und die Klägerin hatte durch ihren Rechtsanwalt erklären lassen, dass sie weder Büro noch Wohnung beziehen wolle; unerklärlich bleibt dann, wieso die Klägerin vor diesem Hintergrund am 04.08.2005 Badkeramik gekauft und den Einbau in der fraglichen Wohnung veranlasst haben will (Bl. 68 GA).
Auch der zweitinstanzliche Vortrag vermag die Widersprüchlichkeiten - ungeachtet etwaiger Unbeachtlichkeit wegen Verspätung - nicht aufzulösen. Hier wird nunmehr ein Kauf durch den Ehemann der Klägerin von einem Herrn S. behauptet, der die Sanitärartikel gekauft, aber infolge von Umbauarbeiten nicht mehr habe gebrauchen können und an die Klägerin bzw. deren Ehemann weiterverkauft habe (Bl. 132 GA). Auch hiermit ist die Rechnung der Fa. S. vom 04.08.2005 nicht in Einklang zu bringen. Insoweit hilft auch die Erklärung des Ehemannes der Klägerin durch Zwischenruf in der Sitzung vor dem Senat am 21.09.2006, denen die Klägerin beipflichtete, nicht weiter, er habe sich im Nachhinein die fragliche Rechnung der Fa. S. besorgt. Es hätte doch näher gelegen, eine Rechnung von Herrn S. vorzulegen oder dessen Rechnung aus dem Fachmarkt. Im übrigen geht aus der Rechnung der Fa. S. hervor, dass am 30.06.2005 eine Akonto-Zahlung in Höhe von EUR 1000,- geleistet worden ist, wobei es sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung um eine Anzahlung gehandelt haben wird. Eine Rechnungsstellung unter Verrechnung einer Akonto-Zahlung erfolgt auch in Fachmärkten regelmäßig bei Abholung/Lieferung der Ware.
Aber selbst dann, wenn man von dem behaupteten Erwerb durch den Ehemann der Klägerin ausginge, wäre ein etwaiger "Schaden" ausschließlich dem Ehemann entstanden. Diesem stehen jedoch keine eigenen mietvertraglichen Ansprüche gegen die Beklagten zu, weil er nicht Mietvertragspartei war. Die hier fraglichen Kosten für die Badkeramik könnte die Klägerin auch nicht über die Grundsätze der Drittschadensliquidation geltend machen, weil die Voraussetzungen - insbesondere typische Schadensverlagerung - nicht vorliegen.
b.
Soweit die Klägerin aus eigenem Recht Ansprüche auf Ersatz der Umzugskosten und Maklerkosten geltend macht, scheitern diese bereits daran, dass ein Schaden der Klägerin nicht ersichtlich ist. Die Rechnungen der Fa. V. vom 15.08.2005 sowie der Fa. O. vom 18.08.2005 richten sich an den Ehemann der Klägerin, der auch die entsprechenden Aufträge erteilt hat.
Es mag dahinstehen, ob § 1357 BGB überhaupt zur Anwendung gelangt. § 1357 BGB ist nicht anwendbar in Bezug auf gewerbliche Mietverhältnisse. Hier war der Mietvertrag über die Wohnung ausweislich der Zusatzvereinbarung vom 30.04.2005 (Bl. 48 GA) gekoppelt an die Anmietung der Geschäftsräume, so dass die formell getrennten Mietverträge materiell-rechtlich als einheitlicher Mietvertrag zu behandeln sind. Ausschlaggebend für die Beurteilung als gewerbliches oder als Wohnraummietverhältnis ist die überwiegende Nutzungsart. Dies ist nach dem Vertragszweck und dem Parteiwillen zu entscheiden, bei deren Feststellung die Mietzins- und Flächenanteile mitbestimmende Gesichtspunkte sind. Insoweit spricht hier wegen der vereinbarten Mieten und der Koppelung des Wohnraummietvertrages an den Gewerberaummietvertrag einiges dafür, dass der Schwerpunkt auf der gewerblichen Vermietung lag, sich der Vertrag mithin insgesamt nach dem Gewerberaummietrecht beurteilt mit der Folge, dass § 1357 BGB keine Anwendung findet. Jedenfalls aber scheitert ein auf § 1357 BGB gestützter Schadensersatzanspruch daran, dass weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Beklagte aufgrund des § 1357 BGB als (Mit)Schuldnerin dieser Ansprüche in Anspruch genommen worden ist; ein Schaden der Klägerin ist daher nicht ersichtlich.
Erfolglos trägt die Klägerin mit der Berufung vor, die Schadensersatzansprüche seien zwischenzeitlich abgetreten worden, und legt hierzu eine Abtretungserklärung vor (Bl. 136). Die Abtretungserklärung ist einerseits nicht datiert, andererseits mit "gezeichnet" unterschrieben, ohne dass der tatsächliche Verfasser dieser Erklärung in Erscheinung tritt. Überdies ist der Tatsachenvortrag der Abtretung neu und kann nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden, weil die dort aufgeführten Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Landgericht ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre oder die Klägerin ohne Nachlässigkeit entsprechenden Vortrag unterlassen hätte. Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass ausweislich des Sitzungsprotokolls unter anderem die Frage der Rechnungsadressaten Gegenstand der Verhandlung war; dies bestreitet auch die Klägerin nicht. Dennoch hat die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen, die fehlende Abtretung vorzutragen oder um entsprechende Schriftsatzfrist zwecks Nachholung des Vortrags zu ersuchen. Dass sie hiervon abgehalten worden sei, weil aufgrund der Erklärungen des Vorderrichters der Eindruck entstanden sei, eine formelle Abtretung sei nicht mehr erforderlich, ist durch nichts belegt. Hierzu hätte es eingehenderen Vortrags bedurft, weil diese Bewertung angesichts der eindeutigen Rechnungsadressierung juristisch kaum nachvollziehbar ist.
Abgesehen von der verspätet vorgetragenen Abtretung sind aber auch hier keine abtretungsfähigen Ersatzansprüche des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagten in Bezug auf Makler- und Transportkosten ersichtlich. Die Voraussetzungen einer Drittschadensliquidation liegen auch in Bezug auf die Makler- und Transportkosten nicht vor.
Das Vorbringen der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.09.2006 gibt keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, § 543 Abs. 2 ZPO.
Streitwert für die Berufung: EUR 4.316,-.
Ende der Entscheidung
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